Fuzzylogik

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Begriff: Fuzzylogik[Bearbeiten]

Fuzzylogik einer Temperaturregelung

Fuzzylogik (engl. fuzzy ‚verwischt‘, ‚verschwommen‘, ‚unbestimmt‘; fuzzy logic, fuzzy theory ‚unscharfe Logik‘ bzw. ‚unscharfe Theorie‘) ist eine Theorie, welche vor allem für die Modellierung von Unsicherheit und Vagheit von umgangssprachlichen Beschreibungen entwickelt wurde. Sie ist eine Verallgemeinerung der zweiwertigen Booleschen Logik.


Aufgabe für Lernende[Bearbeiten]

  • Betrachten Sie Entscheidungsprozesse im Alltag und betrachten Sie Beurteilung, Einschätzung, Bewertungen, ... . Welche dieser Aspekte können Sie eher mit der Fuzzylogik verbinden? Welche dieser Aspekte könnte eher durch die klassische Logik beschrieben werden?
    • Die Klausur hat die Schülerin bestanden.
    • Der Student hat Schmerzen.
    • ...

Beispiele allgemein[Bearbeiten]

Beispielsweise kann damit die sogenannte Fuzziness von Angaben wie „ein bisschen“, „ziemlich“, „stark“ oder „sehr“ in mathematischen Modellen erfasst werden. Die Fuzzylogik basiert auf den Fuzzy-Mengen (Fuzzy-Sets) und sogenannten Zugehörigkeitsfunktionen, die Objekte auf Fuzzy-Mengen abbilden, sowie passenden logischen Operationen auf diesen Mengen und ihrer Inferenz. Bei technischen Anwendungen müssen außerdem Methoden zur Fuzzyfizierung und Defuzzyfizierung betrachtet werden, das heißt Methoden zur Umwandlung von Angaben und Zusammenhängen in Fuzzylogik und wieder zurück, zum Beispiel als Stellwert für eine Heizung als Resultat.

Historische Entwicklung[Bearbeiten]

Platon[Bearbeiten]

Die Überlegungen zu einer Logik der Unschärfe reichen zurück in die griechische Antike. Bereits der Philosoph Platon postulierte, dass zwischen den Begriffen wahr und falsch ein dritter Bereich liege. Dies stand ganz im Gegensatz zu seinem Zeitgenossen Aristoteles, welcher die Präzision der Mathematik darin begründete, dass eine Aussage nur entweder wahr oder falsch sein kann.

Hegel[Bearbeiten]

Bezüge zum modernen Begriff der Unschärfe hat auch der von Hegel geprägte Begriff der Gedoppelten Mitte.

Zadeh[Bearbeiten]

Die Fuzzy-Set-Theorie, also die unscharfe Mengenlehre, wurde 1965 von Lotfi Zadeh an der University of California, Berkeley entwickelt.[1]

Mehrwertige Logik[Bearbeiten]

Die Fuzzy-Set-Theorie ist von der mehrwertigen Logik zu unterscheiden, die in den 1920er Jahren der polnische Logiker Jan Łukasiewicz beschrieb. Im engeren Sinne kann die so genannte Fuzzylogik zwar als eine mehrwertige Logik gedeutet werden, und insofern gibt es eine gewisse Nähe zur mehrwertigen Logik, für deren Wahrheitswert einer logischen Aussage Zahlen aus dem reellen Einheitsintervall [0, 1] (die reellen Zahlen von 0 bis 1) verwendet werden.

Zugehörigkeit zu Mengen[Bearbeiten]

Lotfi Zadeh fasst die Fuzzy-Set-Theorie als Formalisierung einer graduellen Zuweisung von Eigenschaften zu Elementen einer Grundmenge auf. Die Grad der Zugehörigkeit zu einer Menge erlaubt es, die Unschärfe der Zugehörigkeit von Objekten als Elemente der zu definierenden Mengen graduell über numerische Werte zwischen 0 und 1 anzugeben.

Beispiel - linguistischer Wert alt[Bearbeiten]

Sei die Grundmenge, die das Alter eines Menschen numerisch angibt. Betrachtet man den linguistischen Wert "alt" wird durch eine Zugehörigkeitsfunktion . Ein gerade geborenes Baby mit dem Alter von 0 Jahren wäre sicher nicht alt und damit würde , während eine Person mit 98 Jahren wahrscheinlich als "alt" bezeichnet würde, also . Der Graph der Funktion wird man im Allgemeinen als monoton steigend annehmen.

Definition - Zugehörigkeitsfunktion[Bearbeiten]

Ein Zugehörigkeitsfunktion auf einer Grundmenge ist eine Abbildung

Zugehörigkeitsfunktion als individuelle Einschätzungen[Bearbeiten]

Die Fuzzy-Bewertung durch eine Zugehörigkeitsfunktion für "alt", sieht ggf. für unterschiedlich alte Personen unterschiedlich aus. Ein Kind mit 6 Jahren wird einen Erwachsenen mit 25 Jahren als "alt" bezeichnen, während eine Person mit 98 Jahren eine Person im Alter von 25 Jahren ggf. als nicht als "alt" bezeichnen würde. Zugehörigkeitsfunktionen können daher dazu verwendet werden, individuelle Interpretation eines linguistischen Wertes wie "alt" zu mathematisieren.

Fuzzy-Set-Theorie als Logik der Unschärfe[Bearbeiten]

Damit eröffnete sich eine weitergehende, linguistische Interpretation der Fuzzy-Set-Theorie als Basis einer Logik der Unschärfe. Der Begriff der Fuzzy Logic wurde zunächst auch nicht von Zadeh, sondern erst später von dem ebenfalls in Berkeley lehrenden Linguisten George Lakoff benutzt, nachdem Joseph Goguen, ein Doktorand Zadehs, eine Logik unscharfer Begriffe[2] eingeführt hatte.

Linguistische Semantik[Bearbeiten]

In der linguistischen Semantik wird seither die Fuzzylogik aber mehrheitlich als nicht geeignet angesehen, um ein Modell für Vagheit und ähnliche Phänomene der natürlichen Sprache zu liefern.[3]. In dem obigen Beispiel ist "alt" ein Begriff, der über Zugehörigkeitsfunktionen eine mathematische funktionale Beschreibung erhält.

Graph einer Zugehörigkeitsfunktion[Bearbeiten]

Fuzzy-Zugehörigkeitsfunktion für den linguistischen Wert "alt"

Zugehörigkeitsfunktionen als Funktionenfolgen[Bearbeiten]

Die Zugehörigkeitsfunktionen können sich in der Zeit ändern. Z.B. wird sich im Allgemeinen die Zuordnung eines Alters mit dem eigenen Altern ebenfalls ändern. Analog kann man auf das Temperaturempfinden und den linguistischen Wert "warm" übertragen. Wenn man bei frostigen Temperature von -10 Grad in einen Raum mit 15 Grad kommt, wird man den eher als "warm" empfinden. Ist es aber außen 39 Grad im Sommer empfindet man den Innerraum eher als angenehm kühl bzw. als kalt. Daher kann man Zugehörigkeitsfunktionen im Kontext von Funktionenfolgen betrachten, wobei die Zugehörigkeitsfunktion zum Zeitpunkt beschreibt.

Fuzzy-Technologie[Bearbeiten]

Die Fuzzy-Technologie nahm in den 1980er Jahren vor allem in Japan ihren Aufschwung mit der sogenannten japanischen Fuzzy-Welle. Ein historisches Beispiel ist die Regelung der vollautomatischen U-Bahn Sendai, die erste erfolgreiche Großanwendung mit Fuzzylogik in der Praxis. Später fand die Fuzzylogik auch in Geräten der Unterhaltungselektronik breite Anwendung. Die europäische Fuzzy-Welle kam erst Mitte der 1990er Jahre, als die Grundsatzdiskussionen über die Fuzzylogik verebbten.

Aufgabe - Fuzzy-Controller[Bearbeiten]

Sei das Temperaturintervall von -20 bis +50 Grad. Betrachtet man z.B. die Temperatureinstellung für einen Raum, so kann man an dem Regelverhalten der Nutzer:innen für die Heizkörper im Raum erkennen, ob es den Nutzer:innen im Raum zu warm oder zu kalt ist.

  • Zeichnen Sie für Ihr gegenwärtiges Temperaturempfinden eine Zugehörigkeitsfunktion für .
  • Erläutern Sie, wie man eine Zugehörigkeitsfunktion aus dem Regelungsverhalten der Nutzer:innen ermitteln kann, wenn der Fuzzy-Controller gleichzeitig einen Temperatursensor besitzt.
  • Wie kann man damit einen lernfähigen Fuzzy-Controller erstellen, der die Temperatur automatisch für die Nutzer:innen regelt in Abhängigkeit von der (Jahres-)Zeit regelt? (siehe auch Maschinelles Lernen)

Unscharfe Mengen und Operatoren[Bearbeiten]

UND-ODER-NICHT-Operatoren zur Verknüpfung von Zugehörigkeitsfunktionen (Teilmengen).

Zugehörigkeitsfunktionen[Bearbeiten]

Grundlage der Fuzzylogik sind die sogenannten unscharfen Mengen (engl.: fuzzy sets). Im Gegensatz zu traditionellen Mengen, die im Kontext der Fuzzylogik auch scharfe Mengen genannt werden, wird eine unscharfe (fuzzy) Menge nicht durch die Objekte definiert, die als Elemente zu gehören (entspricht ) bzw. nicht gehören (entspricht ), sondern für jedes aus eine Grundmenge wird festgelegt, zu welchem Grad ein Element zu dieser Menge gehört.

Definition - Integrable Zugehörigkeitsfunktion[Bearbeiten]

Eine Zugehörigkeitsfunktion , die bzgl. einen Maßes auf eine integrable Abbildung ist, nennt man integrable Zugehörigkeitsfunktion und notiert dieses als Integral:

Bemerkung[Bearbeiten]

Das Integral über die Zugehörigkeitsfunktion, die jedem Element der Definitionsmenge X eine Zahl aus dem reellwertigen Intervall [0,1] der Zielmenge zuordnen, erlaubt eine mittlere Zugehörigkeit zu ermitteln, wenn das Maß auf endlich ist. Der folgende Quotient gibt dann die mittlere Zugehörigkeit an.

Bemerkung - Indikatorfunktion - scharfe Mengen[Bearbeiten]

Damit sind Zugehörigkeitsfunktionen ein Spezialfall einer Indikatorfunktion , die zum Element der Grundmenge angibt, ob zur Menge gehört bzw. nicht zur Menge gehört .

Aufgabe[Bearbeiten]

Wenn eine Fuzzy-Funktion den Zugehörigkeitsgrad von jedem Elements x zur so definierten unscharfen Menge A angibt, können Sie damit auch ein Wahrscheinlichkeitmaß angeben, das jeder Fuzzymenge analog zu eine crispen/scharfen Menge eine Wahrscheinlichkeit zuordnet. Erläutern Sie, wie das mit Maßtheorie und einem auf 1 normierten endlichen positiven Maß möglich ist.

Ursprung der Zugehörigkeitsfunktion[Bearbeiten]

Zadeh erklärte hierzu neue Mengenoperationen, die als Operationen eines neuen Logikkalküls die mehrwertige Fuzzylogik begründen und sie als eine Verallgemeinerung der zweiwertigen, klassischen Logik ausweisen, welche als Spezialfall in ihr enthalten ist. Diese Operationen auf unscharfen Mengen sind wie auf scharfen Mengen definierbar, wie z. B. die Bildung von Schnittmengen (UND), Vereinigungsmengen (ODER) und Komplementmengen (NICHT). Zur Modellierung der logischen Operatoren der Konjunktion (UND), der Disjunktion (ODER) und der Negation (NICHT) bedient man sich der Funktionsklassen der T-Norm und T-Conorm.

Räumliche Zugehörigkeitsfunktionen[Bearbeiten]

CAS4Wiki: Darstellung einer räumlichen Zugehörigkeitsfunktion, bei dem der Definitionsbereich ein Rechteck in der Ebene darstellt,

Räumliche Zugehörigkeitsfunktion

Logische Operationen[Bearbeiten]

Analog zur klassischen (crispen) Logik kann man in der Fuzzylogik auch logische Operatoren definieren, die konsistent zu klassischen Logik sind, d.h. in den crispen Grenzfällen von 0 und 1 für falsch und wahr den Operatoren in der klassischen Logik nicht widersprechen.

Negation[Bearbeiten]

Die Negation in der Fuzzylogik erfolgt durch Subtraktion der Eingabewerte von 1. Also

  NOT(A)=1-A

Nicht ausschließende-ODER-Schaltung[Bearbeiten]

Die Adjunktion erfolgt durch Wahl des jeweils höheren Wertes der Eingabewerte. Also

  OR(A;B)=A wenn A>B
          B wenn A<=B

Dies kann man analog auch durch das Maximum ausdrücken

UND-Schaltung[Bearbeiten]

Die Konjunktion erfolgt durch Wahl des jeweils niedrigeren Wertes der Eingabewerte. Also

  AND(A;B)=A wenn A<B
           B wenn A>=B

Dies kann man analog auch durch das Minimum ausdrücken

Ausschließende-ODER-Schaltung[Bearbeiten]

Für die Disjunktion komplementiert man den kleineren zweier Werte und wählt den kleineren der beiden. Für mehr als zwei Eingabewerte setzt man das Ergebnis der letzten Operation rekursiv mit dem jeweils nächsten Eingabewert ein. Einfacher: man nimmt die Differenz des weniger Extremen von dem ihm gegenüberliegenden Extremwert. Also

  XOR(A;B)=A   wenn A>B und A<(1-B)
           1-B wenn A>B und A>=(1-B)
           B   wenn B>=A und B<(1-A)
           1-A wenn B>=A und B>=(1-A)


In vielen Fällen werden Fuzzyfunktionen über Tabellen aus statistischen Erhebungen erzeugt. Diese können auch von der Anwendung selbst erhoben werden soweit eine Rückkopplung gegeben ist, wie in der Fahrstuhlsteuerung. Praktisch bedeutsam ist auch, die Erfahrungen und Intuitionen eines Experten auf dem jeweiligen Gebiet in eine Fuzzyfunktion mit einfließen zu lassen, insbesondere dann, wenn überhaupt keine statistischen Aussagen vorhanden sind, beispielsweise dann, wenn es sich um ein komplett neu zu beschreibendes System handelt.

Diese Dreiecksgestalt ist allerdings keineswegs zwingend, generell können die Werte von Fuzzy-Funktionen beliebige Gestalt haben, solange deren Funktionswerte im Intervall [0,1] bleiben. In der Praxis werden solche Dreieckfunktionen aufgrund ihrer einfachen Berechenbarkeit jedoch gerne verwendet. Relativ weit verbreitet sind noch Trapeze (nicht notwendigerweise spiegelsymmetrisch), aber auch Halbkreise finden sich in einigen Anwendungen. Auch können sich prinzipiell mehr als zwei Abschnitte einer Fuzzy-Funktion überlappen (beim hier betrachteten Beispiel scheint das aber nicht sinnvoll zu sein).

Beispiel für eine nicht-lineare Fuzzy-Funktion[Bearbeiten]

Ein Beispiel für eine nicht-lineare Zugehörigkeitsfunktion bildet die folgende Sigmoidfunktion:

Die Kurve drückt durch die Form des Buchstabens S eine ansteigende Zugehörigkeit zu der jeweils beschriebenen Menge durch einen Wert im Wertebereich [0,1] aus. Je nach Anwendungsfall lässt sich eine abnehmende Zugehörigkeit durch eine entsprechende Z-Kurve ausdrücken:

Der Parameter α gibt hierbei den Wendepunkt der S-Kurve an, der Wert δ bestimmt die Neigung der Kurve. Je größer δ gewählt wird, desto flacher wird der Verlauf der resultierenden Funktion.

Datei:Fuzzy-alter.svg
Fuzzyfunktion für das Alter eines Menschen

Das Alter eines Menschen lässt sich mittels dieser Kurve wie folgt als Fuzzy-Funktion darstellen:

Alter eines Menschen
Bezeichnung Zugehörigkeitsfunktion
sehr jung
jung
nicht sehr jung
mehr oder weniger alt
alt
sehr alt

Dabei können die umgangssprachliche Modifikatoren sehr, mehr oder weniger sowie nicht sehr durch einfache Modifikation einer gegebenen Funktion dargestellt werden:

  • Der umgangssprachlich verstärkende Modifikator sehr kann in Form eines erhöhten Exponenten dargestellt werden (im Beispiel ). Das Ergebnis ist ein steilerer Kurvenverlauf im Vergleich zur Ausgangsfunktion.
  • Der umgangssprachliche Modifikator mehr oder weniger kann durch Verwendung eines niedrigeren Exponenten bzw. der Quadratwurzel auf eine gegebene Funktion ausgedrückt werden(). Das Ergebnis ist ein flacherer Kurvenverlauf im Vergleich zur Ausgangsfunktion.
  • Die Negation eines umgangssprachlichen Ausdrucks lässt durch eine einfache Subtraktion darstellen ().

Den Anwendungsfällen entsprechend handelt es sich bei dieser Form der Repräsentation um linguistische Variablen. Letztlich wird aus den einzelnen gewichteten Aussagen ein einziger Zahlenwert berechnet, der das Alter in mathematischer Form auszudrücken vermag. Mit diesem Wert lässt sich dann präzise weiterarbeiten. Auch bei dieser so genannten Defuzzyfikation sind viele Verfahren möglich, das bekannteste (aber bei weitem nicht immer beste) ist sicherlich die Methode Center-of-Gravity, bei der der Zahlenwert gewichtet nach der Masse der geometrischen Form der einzelnen Abschnitte der Zugehörigkeitsfunktion gebildet wird. Eine andere Möglichkeit ist, einfach einen gewichteten Mittelwert der Funktionswerte zu bilden.

Anwendungsbeispiele[Bearbeiten]

Fuzzylogik wird heute in unterschiedlichen Bereichen eingesetzt: Eine wesentliche Anwendung sind Fuzzy-Regler, z. B. in der Automatisierungstechnik, Medizintechnik, Unterhaltungselektronik, Fahrzeugtechnik und anderen Bereichen der Regelungstechnik, in denen Fuzzy-Regler mit konventionellen Reglern konkurrieren. Anwendung findet sie auch in der künstlichen Intelligenz, in Inferenzsystemen, in der Spracherkennung und anderen Bereichen, wie zum Beispiel in der Elektrosicherheit (quantitative Bewertungen).[4]

Nützen kann die Verwendung von Fuzzylogik, wenn keine mathematische Beschreibung eines Sachverhaltes oder Problems vorliegt, sondern nur eine verbale Beschreibung. Auch wenn – wie fast immer – das vorhandene Wissen Lücken aufweist oder teilweise veraltet ist, bietet sich der Einsatz von Fuzzylogik an, um noch zu einer fundierten Aussage über einen aktuellen oder künftigen Systemzustand zu gelangen. Dann wird aus sprachlich formulierten Sätzen und Regeln mittels Fuzzylogik eine mathematische Beschreibung gewonnen, die in Rechnersystemen genutzt werden kann. Interessant ist dabei, dass mit der Fuzzylogik auch dann Systeme sinnvoll gesteuert (bzw. geregelt) werden können, wenn ein mathematischer Zusammenhang zwischen den Ein- und Ausgabegrößen eines Systems nicht darstellbar ist – oder nur mit großem Aufwand erfolgen könnte, so dass eine Automatisierung zu teuer oder nicht in Echtzeit realisierbar wäre.

Weitere Anwendungen sind die Regelung von U-Bahnen, die Prognose der zukünftigen Last in Routern, Gateways oder Mobilfunk-Basisstationen, die Steuerung automatischer Getriebe in Automobilen, Alarmsysteme für die Anästhesie, Zwischenfrequenzfilter in Radios, Antiblockiersysteme für Automobile, Brandmeldetechnik, die Prognose des Energieverbrauchs bei Energieversorgern, AF-gekoppelte Mehrfeld-Belichtungsautomatiken und AF-Prädiktion in Spiegelreflexkameras etc.

Auch in betriebswirtschaftlichen Anwendungen hat Fuzzylogik erfolgreich Einzug gehalten. Ein erfolgreiches Beispiel ist die Intelligente Schadenprüfung (ISP), mit der sich weltweit Versicherungsunternehmen vor Versicherungsbetrug schützen.

Begriffsabgrenzung[Bearbeiten]

Nicht zu verwechseln mit der Fuzzylogik ist die Fuzzy-Suche, die eine unscharfe Suche in Datenbanken ermöglicht, zum Beispiel, wenn die genaue Schreibweise eines Namens oder Begriffes nicht bekannt ist. Auch wenn die Zugehörigkeits-Werte aus dem Intervall [0,1] formal wie Wahrscheinlichkeitswerte aussehen, so ist Unschärfe etwas grundsätzlich anderes als Wahrscheinlichkeit. Vor allem ist zu beachten, dass die Summe der Werte zweier Funktionen, die sich überschneiden, nicht 1 sein muss. Sie kann gleich 1 sein, aber auch darüber oder darunter liegen.

Literatur[Bearbeiten]

  • Benno Biewer: Fuzzy-Methoden. Praxisrelevante Rechenmodelle und Fuzzy-Programmiersprachen. Springer, Berlin 1997, ISBN 3-540-61943-7.
  • Christoph Drösser: Fuzzy logic. Methodische Einführung in krauses Denken. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1996, ISBN 3-499-19619-0.
  • Siegfried Gottwald: Fuzzy Sets and Fuzzy Logic. Foundations of Application – from a Mathematical Point of View. Vieweg und Teknea, Braunschweig/Wiesbaden Toulouse 1993.
  • Berthold Heinrich [Hrsg.:] Messen, Steuern, Regeln. Elemente der Automatisierungstechnik. 8. Auflage. Vieweg, Wiesbaden 2005, ISBN 3-8348-0006-6.
  • Ulrich Höhle, Stephen Ernest Rodabaugh: Mathematics of Fuzzy Sets: Logic, Topology, and Measure Theory. Springer, 1999, ISBN 0-7923-8388-5.
  • Michels, Klawonn, Kruse, Nürnberger: Fuzzy-Regelung. Grundlagen, Entwurf, Analyse. Springer-Verlag, ISBN 3-540-43548-4.
  • George J. Klir, Bo Yuan: Fuzzy Sets and Fuzzy Logic: Theory and Applications. 1995, ISBN 0-13-101171-5.
  • Thomas Kron: Fuzzy-Logik für die Soziologie. In: Österreichische Zeitschrift für Soziologie, 2005, H. 3, S. 51–89.
  • Thomas Kron, Lars Winter: Fuzzy Systems – Überlegungen zur Vagheit sozialer Systeme. In: Soziale Systeme, 2005, H. 2, S. 370–394.
  • Andreas Mayer [u.a.]: Fuzzy Logic. Einführung und Leitfaden zur praktischen Anwendung. Addison-Wesley, Bonn 1993, ISBN 3-89319-443-6.
  • Daniel McNeill u. Paul Freiberger: Fuzzy Logic. Die unscharfe Logik erobert die Technik. Droemer Knaur, München 1994, ISBN 3-426-26583-4.
  • Rodabaugh, S.E.; Klement, E.P (Eds.): Topological and Algebraic Structures in Fuzzy Sets: A Handbook of Recent Developments in the Mathematics of Fuzzy Sets. Springer, 2003, ISBN 978-1-4020-1515-1.
  • Carsten Q. Schneider, Claudius Wagemann: Qualitative Comparative Analysis (QCA) und Fuzzy Sets. Barbara Budrich, 2007, ISBN 978-3-86649-068-0.
  • Rudolf Seising: Die Fuzzifizierung der Systeme. Die Entstehung der Fuzzy Set Theorie und ihrer ersten Anwendungen – Ihre Entwicklung bis in die 70er Jahre des 20. Jahrhunderts. (Boethius: Texte und Abhandlungen zur Geschichte der Mathematik und der Naturwissenschaften, Band 54). Franz Steiner Verlag, Stuttgart 2005, ISBN 3-515-08768-0.
  • Hans-Jürgen Zimmermann: Fuzzy Set Theory and its Applications. 2001, ISBN 0-7923-7435-5.
  • Wolfgang Anthony Eiden: Präzise Unschärfe – Informationsmodellierung durch Fuzzy-Mengen. Ibidem, 2002, ISBN 3-89821-230-0.
  • Magdalena Mißler-Behr: Fuzzybasierte Controllinginstrumente – Entwicklung von unscharfen Ansätzen, Wiesbaden 2001, ISBN 3-82449-0498.

Weblinks[Bearbeiten]

 Commons: Fuzzylogik – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Software und Tools

Einzelnachweise[Bearbeiten]

  1. Zadeh, L. A.: Fuzzy sets. Information and Control, 8, 1965: 338–353
  2. J. A. Goguen: The logic of inexact concepts. Synthese 19 (3/4) 1969, S. 325–373.
  3. Ein klassischer Aufsatz zu diesem Thema ist: Hans Kamp, Barbara H. Partee: Prototype theory and compositionality. Cognition, 57 (1995), S. 129–191. Für eine Suche nach Kompromissmöglichkeiten: Uli Sauerland: Vagueness in Language: The Case Against Fuzzy Logic Revisited. In P. Cintula, C. Fermüller, L. Godo, P. Hájek (eds.): Understanding Vagueness – Logical, Philosophical, and Linguistic Perspectives (Studies in Logic 36). College Publications, London 2011, S. 185–198.
  4. Altmann, S.: Elektrosicherheit - Quantitative Bewertungsverfahren. Selbstverlag 2013 und 2015, ISBN 978-3-00-035816-6, Abstracts (deutsch und englisch) mit 105 Seiten, Anlagenband mit 56 eigenen Publikationen, Vertiefungsband (Angewandte Qualimetrie und Fuzzylogik) mit 115 Seiten und 26 Anlagen (Inhalte: http://profaltmann.24.eu).


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