Kurs:Lineare Algebra II/Vektorräume (Ergänzungen)

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Wir wollen hier zwei allgemeine Konstruktionen mit Vektorräumen ergänzen, die auch bei anderen Strukturen immer wiederkehren werden.

Quotientenraum und Homomorphiesatz[Bearbeiten]

Betrachten wir lineare Gleichungssysteme , mit fester Koeffizientenmatrix und variabler rechter Seite . Dann sind die Lösungsmengen affine Unterräume mit gleichem Untervektorraum , wobei eine spezielle (aber beliebige) Lösung von ist (sofern es überhaupt eine Lösung gibt). Wir wissen bereits: Sind und , dann sind . Damit erhält die Menge der Lösungsräume die Struktur eines Vektorraumes.
Jeder Unterraum induziert auf ein Äquivalenzrelation gdw. . Wir bezeichnen mit die Menge der zugehörigen Äquivalenzklassen .

Definition 2.1[Bearbeiten]

ist ein -Vektorraum, genannt der Quotientenraum von nach , durch die folgende Festsetzung der Addition und skalaren Multiplikation und .

Corollar 2.2[Bearbeiten]

Die natürliche Abbildung ist eine surjektive lineare Abbildung mit . Insbesondere gilt .

Beispiel: Sei , dann gilt und .

Satz 2.3 (Homomorphiesatz)[Bearbeiten]

Sei eine lineare Abbildung, dann gibt es eine eindeutige lineare Abbildung mit . Dabei induziert einen Isomorphismus .

Dabei entsprechen die Elemente von den Fasern (Urbildmengen) von .
Die Konstruktion von Restklassenstrukturen ist nicht an Vektorräume gebunden. Dahinter steckt ein allgemeines Prinzip. Dies gilt auch für den folgenden Isomorphiesatz.

Satz 2.4[Bearbeiten]

Sind und Unterräume von , dann gilt .

Dualer Vektorraum[Bearbeiten]

Definition 2.5[Bearbeiten]

Der duale Raum eines Vektorraumes ist der Raum der linearen Funktionale .

Beispiel: Der duale Raum von ist und umgekehrt, der duale Raum von ist isomorph zu . Eigenschaften und spezielle Konstruktionen:

  • Die Anwendung linearer Funktionale auf Vektoren induziert eine (kanonische) Bilinearform .
  • Zu jeder Basis von gibt es eine eindeutig bestimmte Basis von , genannt duale Basis zu . Dabei wird durch lineare Fortsetzung der Zuordnung definiert. Dann gelten ähnliche Rechenregeln wie für ONBs, beispielsweise bestimmen sich die Koordinaten eines Vektors bzgl. durch .
  • Zu einem Unterraum lässt sich ein Unterraum zuordnen
.

Testfrage: Man bestimme als Funktion von .

  • Ein endlich-dimensionaler Vektorraum ist isomorph zu seinem dualen Raum (allein aus Dimensionsgründen), es gibt jedoch keinen ausgezeichneten Isomorphismus, der basisunabhängig definiert werden kann.
  • Dagegen ist die Abbildung , wobei durch die Festlegung für alle bestimmt ist, ein kanonischer Isomorphismus für jeden endlich erzeugten Vektorraum.
  • Ist ein endlich erzeugter Vektorraum euklidisch, dann existiert ein basisunabhängiger Isomorphismus induziert durch das Skalarprodukt durch .
  • Jeder linearen Abbildung ist eine duale (oder auch adjungierte) lineare Abbildung zugeordnet. Dabei wird definiert durch .

Beispiel für nützliche Aussagen in Termen dualer Räume:

  • ,
  • ,
  • ist lösbar gdw. oder anders geschrieben: .

Anwendungsbeispiel: Langrangesche Interpolationspolynome
Betrachte zu , den Polynomen von Grad , dann bilden die Evaluierungsabbildungen in verschiedenen Werten eine Basis von . Wir suchen eine Basis von , so dass die duale Basis mit übereinstimmt.
Lösung: Die Lagrange-Polynome bilden die gesuchte Basis . Wir wollen ein Polynom finden, dass an den Stellen vorgegebene Werte annehmen soll: . Dann gilt .