Benutzerin:Julia Kasser/Experteninterview

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Interview mit Dr. Christian Flandera[Bearbeiten]

"Zerstreute Sammlungen in der Salzburger Landesausstellung wiedervereint" 18. Oktober 2016, Neue Residenz Salzburg/Salzburg Museum

Wie geht man bei der Objektsuche für eine Ausstellung vor, wenn man die Objekte nicht selber im Haus hat? Die Ausstellung besteht aus drei Teilen. Der Ausstellungsteil Schatzkammer wurde von Mag. Peter Husty kuratiert. Sein Ansinnen war es, Objekte auszuwählen, die unterschiedliche Geschichten erzählen, die aus unterschiedlichen Materialien hergestellt worden sind und die aus unterschiedlichen Jahrhunderten stammen. Das war also die Überlegung, und es sollten natürlich alles Objekte sein, die, weil es eine Landesausstellung ist, derzeit nicht in Salzburg sind, die wir uns also irgendwo ausleihen müssen. Das war also die Grundidee, und davon ausgehend überlegt man sich dann und recherchiert dann, welche Objekte werden überhaupt verliehen vom Museum in dem es jetzt ist, und zu welchen Konditionen werden sie verliehen, und kann man sich am Ende des Tages den Transport, die Versicherung etc. leisten oder eben auch nicht. Und ergibt das ganze dann am Ende, wie Sie unten gesehen haben, ein rundes Bild oder nicht. Das ist die Überlegung, die man im Vorfeld hat, wenn man so eine Ausstellung zusammenstellt.

Deshalb sind bei der Harnischgarnitur des Wolf Dietrich von Raitenau nur die Teile aus München in der Ausstellung zu sehen? Ja genau, weil die anderen Sachen zu teuer gewesen wären bzw. wenn ich mich recht erinnere die "Wallace Collection" (London) gar nichts verleiht. Aber zum Beispiel der Helm aus Sankt Petersburg, der war schon einmal bei einer früheren Landesausstellung in Salzburg in den 1980er Jahren. Da ist er schon einmal gezeigt worden.

Also wird auch geschaut, ob Objekte früher schon einmal gezeigt wurden? Genau, das war auch zum Beispiel ein Auswahlkriterium, weil gerade zum Beispiel Objekte aus dem Palazzo Pitti aus Florenz, das sind diese Goldobjekte die unten in der SChatzkammer sind, die waren immer wieder mal in Salzburg, und da war es natürlich schon ein bestreben, nicht das gleiche wieder nach Salzburg zu bringen, sondern wirklich zu sagen, es ist etwas ganz was besonderes, eine tolle Auswahl, die wir hier haben, und entweder eine Auswahl, die es schon lange nicht mehr zu sehen gegeben hat, wie diese Rüstung, die war glaub ich letztmals Mitte der 80er Jahre in Salzburg, oder die eben noch nie in Salzburg waren. Das muss man natürlich auch immer mitbedenken, weil man natürlich auch sehr viele bewanderte Museumsbesucher hat, die dann sagen: "Das hab ich doch erst vor 3 oder 5 Jahren gesehen". Also, das muss man immer mitbedenken, neben den anderen Sachen, die ich bereits gesagt habe.

Gibt es Unterschiede in der Präsentation eines Objektes aus dem eigenen Bestand oder einer Leihgabe? Nein, also es hängt immer vom Objekt ab. Und es hängt immer davon ab, welche konservatorischen Anforderungen an das Objekt gestellt werden. Also es gibt da unten in diesem Schatzkammerbereich zum Beispiel einige Klimavitrinen, weil die Objekte eben sehr sensibel sind. Das heißt, da muss dann geschaut werden, dass dieses Klimagerät immer ein konstantes Klima in der Vitrine erzeugt, beziehungsweise haben Sie auch gesehen wir haben eine Reihe von Vitrinen, die abgedeckt sind. Da sind die ganzen Papierobjekte drinnen, die man eben nur zur Betrachtung selber öffnet und dann wieder schließt, weil selbst die schwache Beleuchtung dort unten das Papier überdimensional altern lassen würde. Das allein war noch zu wenig, sondern diese Papierobjekte sind nicht über den gesamten Zeitraum gezeigt worden, sondern da haben wir während der Landesausstellung diese Papierobjekte, also das heißt diese Bücher oder Urkunden, ausgetauscht und durch andere ersetzt, damit diese Objekte eben nicht die ganzen 6 Monate, auch wenn sie immer abgedeckt sind, dem Licht ausgesetzt sind.

Also das sind Objekte die normalerweise in einem Archiv lagern? Genau, das sind Objekte die normalerweise in einem Museumsdepot liegen oder gesondert in einer Bibliothek aufbewahrt werden, wo sie eben geschlossen sind, damit kein UV-Licht oder ein anderes Licht auf das Papier trifft, damit das Papier nicht altert, damit die Tinte nicht vergilbt oder welche immer chemischen Prozesse da sonst ausgelöst werden können. Natürlich muss man das ganze dann auch sorgsam transportieren und das ganze muss dann auch versichert werden etc. Aber sonst nachdem, das sind also die Grundparameter nach denen sich die Präsentation richtet, und natürlich, das gilt für die gesamte Ausstellung, haben wir einen Gestaltungswettbewerb gemacht: also wir haben im Vorfeld 6 Gestalter eingeladen, die haben ihre Entwürfe präsentiert, und dann gab es einen Bestgereihten. Das war das Gestaltungsbüro MARCH GUT industrial design OG aus Linz, die haben diesen Wettbewerb gewonnen, und die haben dann die gesamte Ausstellung gestaltet und haben sich überlegt, unter Berücksichtigung all der von mir genannten Parameter, wie man dann am besten die einzelnen Exponate präsentieren könnte. Also quasi, wie schaut die Vitrine aus, ist da sehr viel Glas, geht das überhaupt, wie gesagt zum Beispiel von der Aufhängung her, Sie haben gesehen bei der Wolf Dietrich-Vitrine ist halt auf der Rückseite braucht man was massiveres, weil da hängt die drauf. All dies ganzen Sachen müssen berücksichtigt werden, vom Klima über die Sicherheit bis zu dem was natürlich der Leihgeber sagt, das damit gemacht werden darf oder was nicht gemacht werden darf. Das muss alles berücksichtigt werden, wird geplant, wird extra, wie es bei dieser Ausstellung war, extra für diese Ausstellung prodziert, und dann kann es erst eingeräumt werden.

Was passiert, wenn der Leihgeber Maßnahmen verlangt, die aus Expertensicht nicht unbedingt notwendig wären? Man muss immer das machen, was der Leihgeber verlangt, weil sonst leiht er es einem nicht oder ich sage diese Sicherheitsvorkehrungen oder was auch immer sind mir zu teuer, dann muss ich mir ein anderes Exponat suchen. Also man muss immer schauen, dass das was man sich zusammenstellt, dass das ganze dann auch finanzierbar ist, weil wir haben für die Gesamtausstellung ein Budget von 1,5 Mio Euro gehabt, und da haben wir eben vom Marketing über den Bau bis zum Transport und Versicherung alles damit zahlen müssen und da muss man schon genau rechnen, damit sich das am Ende des Tages ausgeht, weil das ist halt für eine Ausstellungsfläche von 1500m² keine übertriebene Summe. Also das ist das kleinste Budget aller österreichischen Landesausstellungen gewesen, diese 1,5 Mio Euro.

Im Rahmen anderer Landesausstellungen werden zum Beispiel auch Gebäude umfangreich renoviert und restauriert. Wir haben natürlich auch Objekte restaurieren müssen, bevor man die Ausstellung, also nicht in diesem Teil, sondern im Ausstellungsteil der Zimmer Salzburg, wo wir hauptsächlich eigene Exponate haben, die haben wir extra, also nicht alle, aber einige mussten extra restauriert werden für die Ausstellung. Natürlich muss man das auch einplanen im Budget. Man hat die Summe XY zur Verfügung und das wäre auch schön, aber es geht sich dann halt im Budget nicht mehr aus. Wir sind hier mit einer Landesausstellung in einem bestehenden Museum, und das ist halt der wesentliche Unterschied zu Oberösterreich oder Niederösterreich, die mit einer Landesausstellung immer einen neuen Ort quasi promoten oder einweihen nach der Restaurierung wie Sie gerade gesagt haben. In Oberösterreich sind in Stadl-Paura einige Gebäude restauriert worden, da ist die Landesausstellung drinnen bis 6. November und dann werden die Räume anderwertig genutzt. Bei uns ist halt die Landesausstellung in einem bestehenden Museum zu Gast, also das ist auch ganz was anderes.

Gibt es für Forschung Vor- oder Nachteile dadurch, dass zusammenhängende Objekte zerstreut sind? In Zeiten des Internets und der hochauflösenden Fotografie kann man viele Nachteile, die sich daraus ergeben würden, wenn man sich halt mit einem bestimmten Thema, zum Beispiel Kunstgegenstände der Salzburger Fürsterzbischöfe befasst, kann man wahrscheinlich vieles abfedern, aber es wird einen nicht davon befreien trotzdem gewisse Objekte sich vorort anzuschauen, weil halt, auch wenn die meisten Bücher schon hochauflösend eingescannt sind, es doch ein Unterschied ist, ob man es sich im Original anschauen kann, vielleicht mit einem Vergrößerungsglas oder sowas. Also ich würde sagen, heute ist das kein Nachteil mehr. Der Vorteil in den letzten 200 Jahren war, dass die Exponate überhaupt erhalten geblieben sind. Denn wer weiß, wären die Exponate in Salzburg geblieben, ob sie den 2. Weltkrieg überstanden hätten. Das Salzburg Museum, es hieß damals noch Carolino Augusteum, ist während dem 2. Weltkrieg teilweise zerstört worden. Man hätte also nicht Garantie, dass eines dieser Exponate vielleicht, auch wenn viele Exponate ausgelagert worden sind, nicht vielleicht doch zerstört worden wäre oder das Salzburg Museum hat nach dem 2. Weltkrieg große Verluste seiner Münzsammlung gehabt, die bis heute nicht aufgetaucht sind. Würde man nicht wissen, ob nicht eines dieser Exponate dabei ist, und unten haben Sie ja diese Vitrine gesehen, vielleicht erinnern Sie sich an diese Vitrine. Diese Große, wo nur ein Foto dieses Gewehrs vom Erzbischof Wolf Dietrich drinnen ist, dieses Radschloss-Karabiners. Das ist zum Beispiel so ein Exponat, das war in Salzburg, aber ist halt nach dem 2. Weltkrieg leider abhanden gekommen. Wie gesagt auch das ist keine Garantie, dass ein Exponat bis heute bei uns ist. Wir versuchen jetzt dieses Exponat wieder anzukaufen, damit es wieder in den Bestand des Salzburg Museums zurückkehren kann.

Man versucht also die Objekte aus Salzburg wieder nach Salzburg zurückzubringen? Wenn sie zum Verkauf angeboten sind, und wir es uns leisten können, ja.

Weil diese Objekte aus Salzburg sind, und wieder nach Salzburg kommen sollen? Nein, weil gewisse Objekte einfach gut zu unserem Bestand und unserer Sammlung passen. Das muss man sich gut überlegen, denn es ist ja auch nicht alles was man ankauft oder was man geschenkt bekommt, vorher irgendwie in einer wesentlichen Salzburger Sammlung gewesen. Sondern es gibt Sachen, wo man sich denkt: "Das würde gut dazu passen, aus dieser Epoche haben wir noch nichts" und wir können es uns leisten, dann ist man natürlich bestrebt, das anzukaufen. Wie jetzt gerade bei diesem Gewehr, das natürlich besonders symbolisch ist, weil es die Nummer 1 unserer Waffensammlung war. Es ist halt dann etwas ganz besonderes, aber solche Sachen gibt es halt auch nur sehr selten.

Also man sucht sich nur bestimmte Objekte und nimmt nicht alles, was einem zugetragen wird? Das kann man sich sowieso nicht leisten, das ist einfach zu teuer am Kunstmarkt etc. Sie schauen zum Beispiel im Dorotheum, um das bekannteste zu nennen, gewisse Bilder kosten. Sicher wäre es schön, wenn wir die hätten, aber soviel Ankaufsbudget haben wir leider nicht.