- Sei eine reelle Folge. Die reelle Reihe heißt bedingt konvergent, falls konvergent und nicht absolut konvergent ist.
Eine überraschende Eigenschaft bedingt konvergenter Reihen besteht darin, dass mit Veränderung der Summationsreihenfolge – einer sogenannten Umordnung der Reihenglieder – sich auch der Wert der Reihe verändert! Dieses beobachtet man am Beispiel der alternierenden harmonischen Reihe oder Leibnizschen Reihe
.
Sie ist nach dem Leibniz-Kriterium konvergent, aber gemäß Beispiel 1 aus §6 nicht absolut konvergent.
- Sei die Folge gegeben. Weiter sei eine bijektive Abbildung
(1)
vermöge
- zwischen den natürlichen Zahlen gegeben, die wir – unendliche – Permutation nennen. Dann betrachten wir die Folge mit den Gliedern
(2)
.
- Die Reihe heißt eine Umordnung der Reihe . Also geht die Reihe aus der Reihe durch eine Permutation der Indices (1) hervor!
Satz 1 (Umordnungssatz von Riemann)[Bearbeiten]
- Sei eine reelle Folge, so dass die Reihe bedingt konvergent ist. Dann gibt es zu jeder reellen Zahl eine Umordnung von , so dass gilt.
1. Da die verschwindenden Terme der Reihe für die Aussage des Satzes irrelevant sind, nehmen wir ohne Einschränkung für unsere Folge an. Wir definieren dann für die Koeffizienten
falls
und
falls
gilt
sowie
falls
und
falls
gilt.
Dann beachten wir
für
.
Da die Reihe konvergiert, folgt und somit
(3)
Weiter ist
(4)
und
erfüllt. Da nämlich richtig ist, muss mindestens eine der beiden Reihen in (4) divergent sein. Würde aber eine der beiden Reihen konvergieren und die andere divergieren, so ergäbe sich ein Widerspruch zur Konvergenz der Reihe
.
2. Wir nehmen nun ohne Einschränkung für unseren zu erreichenden Grenzwert an. Wir teilen die natürlichen Zahlen auf in die beiden Indexmengen und . Beginnend mit dem kleinsten Element wählen wir unter Beachtung von (4) aufsteigend Zahlen abwechselnd in und nach der folgenden Vorschrift: Wir wählen die Indices
mit minimalem , so dass
erfüllt ist. Wir wählen dann Indices
mit minimalem , so dass
erfüllt ist. Wir wählen dann wieder Indices mit minimalem , so dass
richtig ist. Durch Fortsetzung des Verfahrens schöpfen wir die Indexmengen und aus. Wir erhalten eine Umordnung unserer Reihe mit der Eigenschaft ; hierbei setzen wir . Die konstruierten Partialsummen oszillieren nämlich um den Grenzwert , wobei der Abstand zu wegen (3) gegen Null strebt.
q.e.d.
Satz 2 (Umordnungssatz)[Bearbeiten]
- Seien die Folgen und so gegeben, dass die Reihe eine Umordnung der Reihe gemäß Definition 2 darstellt. Wenn nun absolut konvergiert, so ist das auch für die umgeordnete Reihe der Fall und ihre Werte stimmen gemäß überein.
1. Wir gehen aus von der Konvergenzeigenschaft sowie der vorgegebenen Permutation
mit der Bijektion
.
Zu einem festen gibt es ein , so dass die Inklusion
erfüllt ist. Somit folgt
(5)
für alle . Also ist erfüllt und die Reihe ist absolut konvergent.
2. Zu vorgegebenem gibt es eine Zahl , so dass
(6)
für alle
erfüllt ist. Weiter gibt es eine natürliche Zahl , so dass die Inklusion
für alle richtig ist. Es folgt für alle die Abschätzung
(7)
.
Wir erhalten damit
.
q.e.d.
Leider ist die oben verwendete suggestive Doppelindizierung durch für unsere Permutation nur schwer lesbar.
- Eine Doppelfolge ist eine Abbildung
vermöge .
- Diese bezeichnen wir durch .
- Wir betrachten eine bijektive Abbildung
- auf das Gitter . Dann nennen wir
- eine Abzählung des Gitters.
- Sei die Doppelfolge gegeben und
- eine beliebige Abzählung des Gitters. Dann nennen wir die zugehörige Doppelreihe absolut konvergent, falls
- ausfällt. Wir setzen dann
- für den Wert der Doppelreihe.
1. Der Wert der absolut konvergenten Doppelreihe ist unabhängig von der gewählten Abzählung des Gitters nach dem Umordnungssatz.
2. Üblicherweise prüft man die absolute Konvergenz einer Doppelreihe wie folgt nach: Man bestimmt eine Konstante , so dass die Abschätzung
für alle
erfüllt ist.
3. Entsprechend erklärt man absolut konvergente -fache Reihen
mit den Termen
für
.
Satz 3 (Multiplikationssatz für Reihen)[Bearbeiten]
- Seien und Folgen komplexer Zahlen, so dass deren zugehörige Reihen bzw. absolut konvergieren. Dann konvergiert auch die Doppelreihe absolut und es gilt
(8)
.
- Dabei ist
- gesetzt worden und die Konvergenzbedingung erfüllt.
1. Für alle gilt die Abschätzung
(9)
.
Ist nun eine beliebige Abzählung des Gitters , so liefert (8) die Ungleichung
(10)
.
Somit ist die Doppelreihe absolut konvergent und der Wert der Reihe ist unabhängig von der gewählten Abzählung des Gitters. Der Ungleichung (9) entnehmen wir auch die Abschätzung
für alle
,
welche die absolute Konvergenz der Reihe impliziert.
2. Durch den Grenzübergang in der Identität
(11)
erhalten wir schließlich die linke Identität in (7). Durch Wahl einer speziellen Abzählung erhalten wir ferner
(12)
und somit die rechte Identität in (7).
q.e.d.
Satz 4 (Cauchyscher Produktsatz)[Bearbeiten]
- Die Potenzreihen und seien konvergent für alle mit , wobei gegeben sei. Dann gilt für alle mit die Identität
- mit den Koeffizienten
.
Nach Satz 14 aus §6 konvergieren die angegebenen Reihen für alle mit absolut und mit Satz 3 multiplizieren wir wie folgt aus:
.
Wir erhalten damit die angegebene Identität.
q.e.d.
- Die Doppelfolge heißt konvergent, wenn es eine komplexe Zahl gibt, so dass für alle ein existiert mit der Eigenschaft
für alle .
Die Zahl ist eindeutig bestimmt und wir schreiben
(13)
oder
.
Satz 4 (Cauchysches Konvergenzkriterium für Doppelfolgen)[Bearbeiten]
- Eine Doppelfolge ist genau dann konvergent, wenn es zu jedem eine Zahl gibt, so dass für alle und ausfällt.
„“:
Sei konvergent. Dann gibt es einen Grenzwert und zu jedem ein , so dass die Abschätzung für alle richtig ist. Damit erhalten wir für alle und die Ungleichung
.
Somit stellt eine Cauchy-Folge dar.
„“:
Sei eine Cauchy-Folge. Dann gibt es zu jedem ein gibt, so dass für alle und gilt. Dann betrachten wir die Diagonalfolge mit für alle , welche ebenfalls eine Cauchy-Folge ist. Wegen der Vollständigkeit von nach Satz 2 in §5 existiert eine Zahl mit der Eigenschaft
.
Somit finden wir ein , welches für alle realisiert. Setzen wir , so folgt für alle die Abschätzung:
(14)
.
Damit ist gezeigt.
q.e.d.
Satz 6 (Iterierter Limes von Doppelfolgen)[Bearbeiten]
- Es sei eine konvergente Doppelfolge. Außerdem existiere für alle der Grenzwert . Dann existiert auch der Grenzwert und es gilt
.
Sei gesetzt. Zu beliebig vorgegebenem gibt es dann ein , so dass
für alle
richtig ist. Für festes betrachten wir in dieser Ungleichung den Grenzübergang und erhalten die Abschätzung
für alle
.
Somit folgt .
q.e.d.
- Sei eine Doppelfolge, so dass deren zugehörige Doppelreihe absolut konvergent ist. Dann ist die Doppelfolge ihrer Partialsummen
(15)
- konvergent und es gilt die Identität
(16)
- zwischen dem Limes der Doppelfolge ihrer Partialsummen und dem Wert der Doppelreihe.
Mit dem Cauchyschen Konvergenzkriterium für Doppelfolgen zeigen wir die Existenz des Grenzwerts . Da die Doppelreihe absolut konvergent ist, gibt es zu jedem ein , so dass die Abschätzung
(17)
erfüllt ist, wenn wir die angegebene Reihe über die zugehörige Indexmenge
summieren. Nun gilt für alle die folgende Abschätzung
(18)
.
Dabei erscheinen in der Reihe auf der rechten Seite offenbar die folgenden Faktoren:
(19)
für
und
,
(19)
für
oder
,
(19)
sonst.
Wir bemerken, dass sich damit die Reihe in (18) auf eine endliche Summe reduziert. Also folgt für alle die Ungleichung
(20)
.
Nach Satz 5 ist damit die Doppelfolge konvergent.
2. Der Wert der absolut konvergenten Doppelreihe ist unabhängig von der Auswahl der Abzählung des Gitters . Da weiter der Grenzwert einer konvergenten Doppelfolge mit dem Grenzwert der zugehörigen Diagonalfolge übereinstimmt, erhalten wir
(21)
.
Damit ist alles gezeigt.
q.e.d.
Satz 8 (Iterierte Summation)[Bearbeiten]
- Sei eine Doppelfolge, so dass deren zugehörige Doppelreihe absolut konvergent ist. Dann gilt
(22)
.
Wir betrachten die Doppelfolge der Partialsummen
.
Nach obigem Satz 7 besitzt diese einen Grenzwert
.
Wegen der absoluten Konvergenz der Doppelreihe existieren für alle die Grenzwerte
(23)
.
Satz 6 liefert dann die Existenz des Grenzwertes sowie die Gleichung
(24)
des iterierten Limes. Also folgt aus (23), (24) und Satz 7 die Identität:
(25)
.
Somit ist die linke Identität in (22) gezeigt; die rechte Gleichung beweist man genauso.
q.e.d.