§9 Der Stokessche Integralsatz für glatt berandete
-Mannigfaltigkeiten[Bearbeiten]
Wir wählen
und betrachten die
-
dimensionale Ebene
(1)

Ähnlich wie im Beispiel aus §8 erklären wir zu vorgegebenem
und
den Halbwürfel

der Kantenlänge
. Dieser hat die obere begrenzende Seite

Die Symbole
und
fassen wir als Flächen im
wie folgt auf:
(2)

mit

für

sowie
(3)

mit

für

.
Seien nun
und
fest gewählt, so setzen wir
bzw.
. Mit der Bedingung
stelle
(4)

eine Fläche dar, welche auf eine
enthaltende offene Menge im
als reguläre
-Fläche fortsetzbar ist. Definieren wir
(5)

so erhalten wir die folgende
-dimensionale Fläche im

deren Rand die
-dimensionale Fläche

enthält. Sei nun eine
-Form
(6)

der Regularitätsklasse
. Dieses bedeutet, dass auf einer offenen Menge
die Regularitätsforderung
erfüllt ist.
- Seien die Fläche
mit dem Randstück
sowie eine
-dimensionale Differentialform
wie oben gegeben. Dann gilt

Unter Verwendung der Sätze sowie dem Beispiel aus §8 erhalten wir

q.e.d.
- Seien
sowie die Menge
gegeben. Wir nennen
eine
-dimensionale
-Mannigfaltigkeit, falls es zu jedem
ein
sowie offene Umgebungen
von
und
von
sowie eine reguläre, eingebettete Fläche

- gibt, so dass
und 
- richtig ist; dabei ist
gewählt worden. Hier nennen wir
eine Karte der Mannigfaltigkeit. Die Gesamtheit aller Karten

- bildet einen Atlas der Mannigfaltigkeit. Sind
mit
zwei Karten von
, so dass
richtig ist, dann betrachten wir die Parametertransformation
. Falls für solche beliebige Karten aus dem Atlas jeweils deren Funktionaldeterminante die Bedingung

- erfüllt, so wird die Mannigfaltigkeit durch den Atlas orientiert.
- Sei
eine beschränkte,
-dimensionale, orientierte
-Mannigfaltigkeit im
der Dimensionen
vom Differentiationsgrad
. Den topologischen Abschluss der Punktmenge
bezeichnen wir mit
und die Menge der Randpunkte mit
. Wir sprechen von einer glatt berandeten
-Mannigfaltigkeit, wenn für jeden Randpunkt
folgendes gilt:
- Es gibt einen Halbwürfel
im
mit
zu einem
sowie eine reguläre eingebettete Fläche

- so dass
zum orientierten Atlas
von
gehört und eine offene Umgebung
von
mit den folgenden Eigenschaften:

1. Wir lassen auch den Fall
zu und sprechen dann von einer geschlossenen
-Mannigfaltigkeit.
2. Seien
und
aus Definition 2 mit den Karten
gegeben. Dann bildet
(8)

gehört zum orientierten Atlas

von

einen orientierten Atlas von dem glatten Rand
. Also wird
zu einer orientierten,
-dimensionalen, geschlossenen
-Mannigfaltigkeit.
Sei
eine
-dimensionale, beschränkte, orientierte, glatt berandete
-Mannigfaltigkeit mit dem glatten Rand
. Sei weiter
(9)

eine auf dem Abschluss
stetige Differentialform. Wir wollen nun das Integral
der Differentialform
über die Mannigfaltigkeit
erklären. Wir betrachten den kompakten Träger von
, nämlich
(10)

Dann existieren offene Mengen
und
mit
sowie Karten
, so dass die offenen Mengen
die kompakte Menge
überdecken. Wir wählen nun im
eine dem Mengensystem
untergeordnete Zerlegung der Eins und erhalten das Funktionensystem
(11)
![{\displaystyle {\begin{matrix}\alpha _{k}(x):{\overline {\mathcal {M}}}\to [0,1]\in C^{1}({\overline {\mathcal {M}}}){\text{ mit }}\operatorname {supp} \,\alpha _{k}\subset U_{\iota _{k}}\cap {\overline {\mathcal {M}}}\\\mathrm {f{\ddot {u}}r\ } k=1,\ldots ,k_{0}{\text{ und }}\sum \limits _{k=1}^{k_{0}}\alpha _{k}(x)=1\mathrm {\ f{\ddot {u}}r\ alle\ } x\in \operatorname {supp} \,\lambda .\end{matrix}}}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/6c0d9631681a2ecf68790f5fd5e9358352f56d39)
- Das Integral der Differentialform
über die Mannigfaltigkeit
erklären wir durch
(12)

Wir wollen nun zeigen, dass in Gleichung (12) das Integral unabhängig von der Überdeckung des Trägers von
und von der verwendeten Zerlegung der Eins ist: Stellt nämlich

mit

ein weiteres
überdeckendes System von Karten dar, so wählen wir wiederum eine dem System
untergeordnete Teilung der Eins von
. Wir erhalten
(13)
![{\displaystyle {\begin{matrix}{\tilde {\alpha }}_{l}:{\overline {\mathcal {M}}}\to [0,1]\in C^{1}({\overline {\mathcal {M}}}){\text{ mit }}\operatorname {supp} \,{\tilde {\alpha }}_{l}\subset {\tilde {U}}_{\iota _{l}}\cap {\overline {\mathcal {M}}}\\\mathrm {f{\ddot {u}}r\ } l=1,\ldots ,l_{0}{\text{ sowie }}\sum \limits _{l=1}^{l_{0}}\alpha _{l}(x)=1\mathrm {\ f{\ddot {u}}r\ alle\ } x\in \operatorname {supp} \,\lambda .\end{matrix}}}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/da788e1087c14e1cebb9017ba7f52aacca59330e)
Wir beachten die Inklusionen
(14)

für

und

.
Unter der positiv-orientierten Abbildung
transformieren sich die Integrale gemäß
(15)

für
und
. Ihre Summation ergibt
(16)

Somit ist das in (12) aufgeschriebene Integral unabhängig von der Auswahl der Karten und der Zerlegung der Eins. Entsprechend erklären wir Integrale über die geschlossene Mannigfaltigkeit
.
Satz 1 (Stokesscher Integralsatz für glatt berandete
-Mannigfaltigkeiten)[Bearbeiten]
- Voraussetzungen:
- 1. Sei
eine beschränkte, orientierte,
-dimensionale
-Mannigfaltigkeit im
der Dimensionen
mit dem Atlas
. Durch den induzierten Atlas
wird der glatte Rand
zu einer beschränkten, orientierten,
-dimensionalen, geschlossenen
-Mannigfaltigkeit im
.
- 2. Weiter sei

- eine
-dimensionale Differentialform der Klasse
auf einer offenen Menge
.
- Behauptung:
- Dann gilt die Identität

Wie oben wählen wir eine Zerlegung der Eins
mit
auf
, welche dem überdeckenden Kartensystem untergeordnet ist. nun folgt unter Verwendung von Hilfssatz 1 die Identität
(17)

- Mit dem Weierstraßschen Approximationssatz kann man die Regularitätsforderung bei
und
von
auf
herabsetzen.
- Bei der Differentialform
brauchen wir nur die absolute Integrabilität von
auf
zu verlangen und man kann dabei auf die Stetigkeit der Ableitungen bis zum Rand verzichten.
- Die Mannigfaltigkeit darf auch einen singulären Rand der Kapazität Null enthalten.
- All diese Verallgemeinerungen werden bei der Anwendung in der Theorie partieller Differentialgleichungen benötigt. Darum werden wir in Kapitel I, §5 im Kurs Analysis III einen entsprechend allgemeineren Stokesschen Integralsatz für Mannigfaltigkeiten mit singulärem Rand bereitstellen.