Projekt:Klassifikation der Expressionen und Ausdrucksverhalten/Katalog/Theorien zum Kuss

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Theorien zum Kuss[Bearbeiten]

Der w:Kuss ist eine komplexe Verhaltensweise, die es als Memoausdruck gibt, der nicht in allen Kulturen gebräuchlich ist, und auch als ausdruckstragende Zweckbewegung, die weltweit vorkommt.

Als entwicklungsgeschichtlicher Vorläufer aller küssenden Verhaltensweisen wird heute der w:Fütterungskuss gesehen, der ein Zweckverhalten ist. Mit ihm wurde vor der Erfindung der w:Kindernahrung Säuglinge und Kleinkinder mit vorgekauter Nahrung gefüttert. Dieses Verhalten setzt in der kindlichen Wahrnehmung den Mund des Fürsorgers als Nahrungsquelle gleich, d.h. letztendlich als Quelle positiver Empfindungen. Der Fütterungskuss entspricht einer reinen Zweckbewegung, die Ansatzpunkt zu memetischen Ausdrucksbewegungen und ausdruckstragenden Zweckbewegungen gab.

Aus diesem Ursprung könnte sich auch der erotische Kuss entwickelt haben, der bis heute zweckhaft ist, zu den sexuellen Handlungen zählt und in der KEA wegen seinem Ausdruckscharakter unter die ausdruckstragenden Zweckbewegungen geordnet wird.

In vielen Kulturen sind heute auch Ausdrücke wie Freundschaftskuss, Bruderkuss, Vaterkuss, Schwesterkuss usw. gebräuchlich, die ebenfalls Fürsorglich sind. Weil jedoch unter dem Einfluss der monotheistischen Religionen eine weitgreifende Verfolgung homoerotischen Verhaltensweisen eintrat, an welche die o.g. Kombinationen gleichzeitig erinnern, kommen fürsorgende Küsse unter gleichgeschlechtlichen Personen oder nicht legitimerweise Küssenden heute in manchen Kulturkreisen nur noch selten vor. Aus dieser Sicht stellt jeder Kuss eine erotische Handlung dar, was von der Ausdruckspsychologie jedoch nicht bestätigt werden kann. Selbst Liebende zeigen den Fürsorgekuss mitunter, der dann keineswegs erotischen Inhalts ist, sondern als Versicherungsausdruck eher Geborgenheit und Angenommensein symbolisiert. Er wirkt dann ähnlich wie der kooperative Handschlag, nur sehr viel stärker, da er nicht nur symmetrische Kooperation, sondern auch einseitigen oder bedingungslosen Versorgungswillen ausdrückt. Der umsorgte Gegenüber muss nichts tun, um versorgt zu werden, was ihm Geborgenheit vermittelt. Vielleicht aus dieser Verwandtschaft heraus zeigt sich der fürsorgliche Kuss zu ähnlichen Gelegenheiten wie der Handschlag, nämlich mit der Begrüßung und der Verabschiedung des Gegenübers, ohne selbst ein Begrüßungsausdruck zu sein.

Fußnoten[Bearbeiten]