Über die Weltsprache „Volapük“ und ihre Beziehungen zur Stenographie

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Textdaten
Autor: L. Cramer jr.
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Titel: Über die Weltsprache „Volapük“ und ihre Beziehungen zur Stenographie
Untertitel:
aus: Deutsche Stenographen-Zeitung, Jahrgang 3 (1888), Heft 12, Seiten 183–185
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Erscheinungsdatum: 1888
Verlag: Verband Rheinisch-Westfälischer Stenografen (System Gabelsberger)
Drucker: Wilh. Wandt in Barmen
Erscheinungsort: Mönchengladbach
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Quelle: Seiten 183, 184, 185
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Über die Weltsprache „Volapük“ und ihre Beziehungen zur Stenographie.
Skizze von L. Cramer jr., Volapükatidel 722.

In vielen stenographischen Kreisen beginnt das Interesse für die Weltsprache, „Volapük“, rege zu werden, wie die Organe der letzteren in neuester Zeit auch vielfach auf die Kunst der Kurzschrift hinweisen. Diese wechselseitige Anerkennung läßt schon darauf schließen, daß zwischen diesen beiden Gegenständen Beziehungen bestehen, die bewirken, daß die Anhänger der beiden Erfindungen sich gegenseitig für einander interessieren müssen.

Diesen Beziehungen auf den Grund zu gehen und damit die Anhänger der Stenographie für die Schleyersche Weltsprache, eine der neuesten wichtigen Fortschritte der Wissenschaft, zu gewinnen zu suchen, soll im folgenden unsere Aufgabe sein.

Der Gedanke, eine von allen Völkern der Erde verstandene Universalsprache zu schaffen, ist keineswegs ein neuer, vielmehr hat die Lösung dieser Aufgabe schon lange die größten Denker und Philologen beschäftigt, erinnert sei nur an Descartes und den großen Leibniz. Die Entwürfe dieser Männer zu einer solchen Sprache waren aber alle mehr oder weniger nicht annehmbar, einesteils weil ihre Erlernung zu große Schwierigkeiten bereitete, andernteils weil die Gedanken durch sie nicht zu klarem und bestimmtem Ausdruck gebracht werden konnten.

Ein brauchbares System einer Weltsprache brachte erst im Jahre 1879 der Pfarrer Johann Martin Schleyer zu stande, ein Sprachengenie [184] ersten Ranges, der, Kenner von mehr als 50 Sprachen, jedenfalls berufen war, ein solches Werk in Angriff zu nehmen.

Von dem Werte und der praktischen Brauchbarkeit der Schleyerschen „Volapük“ legt seine in den wenigen Jahren erfolgte staunenswert große Verbreitung in allen Ländern und die Anerkennung von seiten der größten Gelehrten ein beredtes Zeugnis ab.

Auf eine weitläufige Besprechung der Prinzipien und der Grammatik des Volapük uns einzulassen ist hier nicht der Ort, (den Interessenten empfehlen wir die vom Erfinder verfaßte mittlere Grammatik im Verlage von Schleyers Weltsprache-Zentral-Büreau in Constanz) wir wollen nachstehend nur versuchen, dasjenige hervorzuhben, was die Weltsprache mit der Schnellschaft gemeinsam hat.

Hier ist vor allem Grundsatz: „Weglassung alles Überflüssigen“, als da sind: Dehnungszeichen, Doppelkonsonanten und -Vokale, der sowohl in der Kurzschrift, welche da ihrem größten Prinzip: „Schreibe wie Du hörst“ gerecht wird, als in dem Volapük gefunden wird.

Außer seinem hohen, idealen Gedanken „Einer Menschheit eine Sprache“, sind Schleyers Grundsätze: „Einer Sprache eine Schrift“, „eine Schrift eine Lesung“, „jedem Zeichen nur eine Aussprache“, „kein Zeichen stumm und überflüssig“, Grundsätze, die wir freilich wohl nicht direkt auf die Stenographie anwenden können, im ganzen erkennt man aber, daß in beiden Erfindungen der Charakter der Einheit vorwaltet, wie in der Stenographie auch noch das ausnahmsloser Gesetz „Nur ein Alphabet“ aufgestellt ist.

Außer diesen mehr oder minder gleichen Grundsätzen haben auch unsere beiden Behandlungsgegenstände, wenn auch keine Übereinstimmung, so doch eine gewisse Ähnlichkeit in einem wichtigen Teil ihres Bestrebens aufzuweisen: Die Zeitersparnis. Diese ist bei der Stenographie ja so enorm und auch so unbestritten, daß Worte über diese ihre Eigenschaft zu verlieren unnütz wäre. Aber auch mit dem Problem Schleyers ist ein gewisser Gewinn an Zeit verbunden. Nicht nur, daß die Kunstsprache Volapük trotz ihrer unvergleichlich präzisen Ausdrucksweise viel kürzer als jede Natursprache ist, sondern man kann sie auch als eine zeitsparende bezeichnen, insofern als sie, ihre allgemeine Aufnahme vorausgesetzt, welche zu erlange sie auf dem besten Wege ist, (?) das zeitraubende Erlernen der vielen, zum Teil außerordentlich schwierigen Natursprachen überflüssig machen würde, wenn auch keineswegs für alle, so doch gewiß für viele, z. B. Kaufleute, die dann anstatt Zeit und Geld für mühsame Sprachstudien zu opfern, sich anderen Beschäftigungen hingeben könnten.

Man sieht nach diesen kurzen Andeutungen, daß ein gewisser innerer Zusammenhang der beiden ihrem Sein und Wesen nach so ganz verschiedenen Gegenstände unserer Betrachtung nicht zu verkennen und es wohl zu begreifen ist, daß kürzlich in der „Volapükagased“, 1888, Nr. 3, ein italienischer Professor den Vorschlag machte, Gabelsbergers [185] System auf Volapük zu übertragen und hinzufügte, daß die gewöhnliche Kurrentschrift doch nicht mehr zeitgemäß sei.

Fortschritt ist die Loosung der Stenographen, welche die Schrift, dieses so unentbehrliche Werkzeug des menschlichen Geistes, von ihrer alten unbeholfenen Form zu einer eines gebildeten Menschen würdigen machen wollen, und deren Ziel es ist „Idee und Wort im Flug der Zeit ans Räumliche zu binden.“

Fortschritt ist auch die Parole Schleyers, indes will er keineswegs die bestehenden Sprachen, die sich organisch aus jedem Volke gebildet haben, stürzen; sein Ausspruch ist: „Man kann der größte Freund seines engeren Vaterlandes und doch zugleich der beste und größte Kosmopolit sein.“

Darum, Stenographen, ihr Freunde des Fortschritts und der Aufklärung, seid Förderer der Sache Schleyers, denn nur durch die Förderung als entschieden gut anerkannter Neuerungen gelangen wir zum Fortschritt!