Benutzer:SimonFrank/Protokoll der Sitzungen am 06.05.09

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Protokoll zu Sitzung mit Schwerpunkt Aristoteles[Bearbeiten]

Der Renaissance-Humanismus des 15. Jahrhunderts führte zur Wiederentdeckung der Antike und damit zur Rezeption antiker Autoren. Aristoteles bezog in seinem Werk „Poetik“ Stellung zum Kunstdiskurs. Als Theorie gehört die Poetik in den Bereich der Literaturwissenschaft, als Reflexion über den Charakter von Kunstwerken ist sie Teil der Ästhetik.

Erkenntnisvermögen:

Die Rolle des Erkenntnisvermögens betreffend vertrat Aristoteles in seiner „Metaphysik“ die Meinung, dass Sinnlichkeit begrenzt sei und dass diese für die Wissenschaft folglich nicht brauchbar sei. In diesem Zusammenhang führte er das Beispiel des Feuers an, dessen sinnliche Wahrnehmung zwar Kenntnis des Einzelnen gibt, aber keine Einsicht in die Gründe gibt, warum das Feuer wärmt. Die einzige Kenntnis ist, dass das Feuer wärmt (vgl. Aristoteles: Metaphysik). Ebenso wenig sei aber die reine Theorie laut Aristoteles erkenntnisstiftend. Die Frage, ob die Ideen unabhängig von der Materie existieren können, verneint Aristoteles. Entgegen Platons Meinung der Zwei-Welten-Lehre, dass Ideen unabhängig existieren, sind für Aristoteles Idee und Materie nicht abgrenzbar voneinander. Die Idee kann folglich nicht ohne die Materie existieren. Dies ist Aristoteles` deutlichste Kritik an Platon.

Nachahmung:

Mimesis (griechisch: Nachahmung) ist der Begriff, der die Kunst unter das Dogma einer Nachahmung der Natur stellt. Nachahmung war sowohl für Platon als auch für Aristoteles ein wesentliches Merkmal von Kunstwerken. Beide haben in erster Linie an das Theater gedacht, in zweiter erst an die bildende Kunst (vgl. Reicher, Maria (2005): Einführung in die philosophische Ästhetik, Darmstadt, S. 142). Bei Platon waren nur die Ideen wirklich. Die Einzeldinge hatten nur insofern an der Realität teil, als sie Nachahmung und Abbildungen dieser Ideen waren. Nach der „Poetik“ des Aristoteles bildete sich dann ein mimetischer Kunstbegriff aus, der unter dem Aspekt der „Wahrscheinlichkeit” allerdings durchaus antizipatorische Darstellungen erlaubte. Neben der Dichtung im engeren Sinne (Epik, Tragödie, Komödie) zählten auch Teile der Musik und des Tanzes für Aristoteles zu den mimetischen Künsten (vgl. Aristoteles Poetik Kap. 1). Abbildende Künste wie Malerei und Plastik behandelte Aristoteles nicht weiter, sondern erwähnte nur, dass sie ebenfalls nach dem Prinzip der Nachahmung arbeiten. Die Orientierung bei der Nachahmungstheorie ist objektivistisch, denn ihr Hauptaxiom ist das „Ars-imitatur-naturam“-Prinzip. Hier gilt die Natur, die äußere Realität als Lehrmeisterin und die Kunst steht zu ihr in einem dienenden Verhältnis. Kunst bedeutet in dieser Bestimmung eine Assimilation an die Natur. Zugleich soll die Mimsesis aber auch der Ergötzung und der Erholung dienen (vgl. Schneider, Norbert (1996): Geschichte der Ästhetik von der Aufklärung bis zur Postmoderne, Stuttgart, S. 14).

Katharsis:

Nach Aristoteles erfüllt die Nachahmung in der Tragödie die Funktion der Katharsis (der Reinigung). Das Durchleben heftiger psychischer Affekte wie Trauer oder Angst soll die Katharsis durch die Erregung von „Furcht” und „Mitleid” eine von Erleichterung begleitete innere „Reinigung” des Betrachters über die durch die Handlung erzeugten seelischen Regungen bewirken. Konträr zu Platon ist Aristoteles der Ansicht, dass die Nachahmung den Menschen naturgegeben ist, dass sie eine anthropologische, allen Menschen gemeinsame Grundgegebenheit ist.

Mythos:

Der Mythos - die Nachahmung von Handlung - steht im Vordergrund der Tragödie. Im Unterschied zu Platon erlaubte Aristoteles Fiktionalität: Der Mythos diente dazu, zu sagen, was passieren könnte. Aus dieser Tatsache wird eine Neubewertung der Kunst eingeleitet: Für Aristoteles teilt der Geschichtsschreiber das wirklich Geschehene mit, wohingegen der Dichter das Mögliche präsentiert. Nach Aristoteles teilt die Dichtung daher das Allgemeine und die Geschichtsschreibung das Besondere mit (vgl. Aristoteles Poetik, Kap. 9).

Was bewirkte die Aristoteles-Rezeption?

1. Überwindung der „Zwei-Welten-Lehre“: Die Idee ist nicht mehr „getrennt“ von der wahrgenommen Wirklichkeit sondern ein Teil von ihr (inneres Formprinzip)

2. Die reinigende Funktion („Katharsis“) macht Dichtung bzw. Kunst auch im Staat „brauchbar“

3. Dichtung ist nicht mehr „unwahr“; Mythen sind keine fiktiven Märchen sondern Ausdruck menschlicher Verhaltensweisen und damit ein Beitrag zur „Wahrheit“ bzw. Erkenntnis

Verfasserin: Milena Hoffmann

Seminar: Kunsttheorie SoSe 2009