Benutzer:SimonFrank/Protokoll der Sitzungen am 10.06.09

Aus Wikiversity

Hegels Philosophie der schönen Kunst[Bearbeiten]

von Julia Klein, Protokoll der Sitzung vom 10.6.2009

Die Kunst als Medium der Erkenntnis[Bearbeiten]

Die Frage, ob Kunst Erkenntnis vermitteln kann, wird angestoßen von Alexander Gottlieb Baumgarten. Dieser ist der Ansicht, dass Kunst das Schöne vermittelt und den Menschen dadurch zu Erkenntnis verhilft. Immanuel Kant schränkt diese Überlegungen ein, indem er erklärt dass Kunst zwar das freie Spiel der Erkenntniskräfte auslöst, jedoch den Rezipienten keine neuen Erkenntnisse, dafür aber eine grundlegende Erkenntnis der Welt bringt. Hegel lieferte mit seinen Vorlesungen über die Ästhetik eine Art Antwort auf diese Erläuterung. Im Vergleich zu Kant betrachtet Hegel Kunst als das Medium der Erkenntnis. Er vertritt die Ansicht, dass Kunst die Fähigkeit besitzt, den Rezipienten Inhalte zu vermitteln. Bei perfekten Kunstwerken scheint das Göttliche durch, dessen Verständnis das Ziel aller Menschen ist. Dieser erkenntnistheoretische Aspekt steigerte die Wichtigkeit von Kunst drastisch – besonders im Vergleich zur vorhergehenden Epoche. Hegel geht sogar einen Schritt weiter, indem er behauptet, dass einige Erkenntnisse nicht über Religion, Philosophie oder andere Wissenschaften vermittelt werden können. Nur die Kunst ist in der Lage, den Menschen die absolute Wahrheit zu offenbaren, da nur bei ihr das Zusammenwirken von Inhalt und Form möglich ist. Diese Vermittlung sieht Hegel als die höchste Aufgabe der Kunst. In diesem Zusammenhang spricht er allerdings auch vom nahenden Ende der Kunst, das eintritt, sobald sich Religion und Philosophie weit genug entwickelt haben, um die Kunst überflüssig zu machen.


Hegels Position zu Kant[Bearbeiten]

Da Kants Erläuterung des Kunstbegriffs Hegel nicht zufriedenstellt, nimmt er in vielen Fragen die Gegenposition zu Kant ein. Beispielsweise steht ist für Kant die höchste Form des Erhabenen in der Natur zu finden; das Naturschöne ist demnach ästhetisch hochwertiger als das von Menschenhand geschaffene Naturschöne. Für Hegel hingegen steht das Kunstschöne über dem Naturschönen, da es einen Denkprozess und damit auch die Beteiligung des Geistes, voraussetzt. Der Geist des Künstlers überträgt sich während des Schaffensprozesses auf das Kunstwerk und damit entsteht gleichzeitig eine Verknüpfung mit dem historisch-kulturellen Kontext. Bei der Unterscheidung von freier und unfreier Kunst hingegen scheinen sich Kant und Hegel einig zu sein. Hegel erläutert, dass die freie Kunst eine eigene Wahrheit in sich selbst besitzt, während die unfreie Kunst einen Zweck, wie etwa Zierde oder Unterhaltung verfolgt. Eine ähnliche Überlegung stellt zuvor auch Kant an, der am Beispiel der Lustgärtnerei zeigt, dass diese – wie auch Wandtapeten oder Kleidung – ein bestimmtes Ziel erreichen wollen und damit den Anspruch der Zwecklosigkeit nicht erfüllt. Für beide steht damit die freie über der unfreien Kunst.


Die Kunst im historischen-kulturellen Kontext[Bearbeiten]

Hegels Überzeugung nach kann Kunst stets in ihren historischen-kulturellen Kontext eingebettet und kann demnach nie losgelöst davon behandelt werden. So müssen beispielsweise die griechischen Götterstatuen in Zusammenhang mit der klassischen Zeit betrachtet werden, da sie auch immer das damalige Selbstverständnis verkörpern. Als weiteres Beispiel dafür führt Bertram das Gemälde „Guernica“ auf, das Pablo Picasso 1937 schuf. Kant vertritt diesbezüglich die These, dass das freie Spiel der Erkenntniskräfte auch losgelöst vom historisch-kulturellen Zusammenhang durch ein Kunstwerk in Gang gesetzt werden kann (Formästhetik). Für Hegel ist eine Erkenntnis durch ein Kunstwerk nur im geschichtlich-kulturellen Kontext möglich (Inhaltsästhetik). Die Idee des Kunstwerks scheint durch – mit anderen Worten, der Rezipient empfängt die Botschaft des Künstlers, die das Leid der Kriegsopfer thematisiert. Dieses Vermögen sowie der historischen Kontext des Werks machen es laut Hegels Theorie zu einem großartigen Kunstwerk.


Das Kunstwerk als konkretes Zeichen[Bearbeiten]

Hegel bezeichnet ein Kunstwerk aufgrund seiner Verknüpfung von Darstellung und Inhalt als konkretes Zeichen. Will der Rezipient den Inhalt eines Gemäldes verstehen, so muss er sich dennoch immer wieder an seiner Form orientieren, beispielsweise an den Farben und der Technik. Die Funktion des Gemäldes wird also nur erfüllt, wenn man sowohl Inhalt als auch Darstellung berücksichtigt. Abstrakte Zeichen – wie die Wörter einer Sprache – hingegen funktionieren auch losgelöst von ihrer Form. Sie lassen sich problemlos durch andere Zeichen mit unterschiedlicher Darstellung (Synonyme) austauschen, ohne dass sich ihr Inhalt und damit die funktionelle Bedeutung verändert. Auch die historische Entwicklung der Form der Zeichen (Rechtschreibung, Aussprache) ändert nichts an ihrem Inhalt und ihrer Funktion.



Literatur: Bertram, Georg W. (2007): Kunst. Eine philosophische Einführung. Stuttgart. S.124 - 135.