Kurs:Elliptische Kurven (Osnabrück 2021-2022)/Vorlesung 14

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Isogenien

Definition  

Es seien und elliptische Kurven über einem Körper . Eine Isogenie ist ein Morphismus

mit .

Die konstante Abbildung mit dem Wert betrachten wir hier als eine Isogenie, die Konventionen sind unterschiedlich. Oft wird diese konstante Abbildung nicht als Isogenie angesehen und nur unsere nichtkonstanten Isogenien gelten als Isogenie. So oder so sind die nichtkonstanten Isogenien interessant.

Anders als in der Definition 10.5 von Isogenien zwischen komplexen Tori wird hier nicht verlangt, dass eine Isogenie ein Gruppenhomomorphismus ist. Allerdings werden wir in Satz 15.8 beweisen, dass die Isogenien im algebraischen Sinn stets Gruppenhomomorphismen sind.

Als eine nichtkonstante Abbildung zwischen projektiven Kurven ist nach Satz 7.11 eine nichtkonstante Isogenie eine surjektive endliche Abbildung von einem bestimmten Grad, und der Grad stimmt mit dem Grad der Körpererweiterung überein. Wir betrachten zunächst Isogenien auf einer elliptischen Kurve , die unmittelbar mit der Gruppenstruktur auf zusammenhängen. Zu jeder (additiv geschriebenen) kommutativen Gruppe und jeder ganzen Zahl ist durch

ein Gruppenendomorphismus gegeben. Bei ist dies die Identität, bei die Negation und bei die konstante Abbildung auf . Der Kern ist die Menge

der Torsionselemente zur Ordnung .

Bei einem komplexen Torus über den komplexen Zahlen zu einem Gitter und liegt die Untergitterbeziehung und das kommutative Diagramm

von Gruppenhomomorphismen vor, vergleiche Lemma 10.6. Dabei ist die obere horizontale Abbildung bijektiv und die untere horizontale Abbildung surjektiv mit dem Kern

wenn und eine Basis des Gitters bezeichnet, siehe Lemma 10.6. Insbesondere besteht der Kern von aus Elementen. Allgemeiner besteht das Urbild unter zu aus

wenn ein Urbild ist. Insbesondere bestehen sämtliche Urbilder ebenfalls aus Elementen was bedeutet, dass der Grad dieser Abbildung gleich ist.

Nach Lemma 7.14 sind die Multiplikationen Morphismen und damit Isogenien. Auch die Gradeigenschaft gilt über jedem Körper.



Satz  

Es sei eine elliptische Kurve über einem Körper und .

Dann ist der Grad der Multiplikationsabbildung

gleich .

Beweis  

Nach Korollar 6.8 wird die -te Vervielfachung durch mit rekursiv definierten rationalen Funktionen beschrieben. Mit erheblichem Aufwand kann man zeigen, dass der Grad des Zählers von gleich und der Grad des Nenners kleiner ist. Dann kann man mit Lemma 13.11 schließen.


Insbesondere sind die Multiplikationsabbildungen nicht konstant, wobei allerdings eventuell alle -Punkte auf abgebildet werden können.



Lemma  

Es seien

Isogenien zwischen den elliptischen Kurven und .

Dann ist auch

eine Isogenie.

Beweis  

Dies folgt aus

da die Hintereinanderschaltung von Morphismen wieder ein Morphismus ist und insgesamt auf abgebildet wird.



Definition  

Zu elliptischen Kurven und über einem Körper bezeichnet

die Gruppe der Isogenien von nach zusammen mit der konstanten Abbildung nach .


Definition  

Zu einer elliptischen Kurve über dem Körper nennt man

mit der Addition und der Hintereinanderschaltung von Isogenien den Endomorphismenring von .

Es handelt sich in der Tat um einen Ring, wobei alle Eigenschaften bis auf die Distributivität klar sind. Diese wird sich aus Satz 15.8 ergeben, siehe Aufgabe 15.4. Der Endomorphismenring enthält die ganzen Zahlen als Unterring, und zwar entspricht der Zahl die Multiplikationsabbildung mit . Es ist eine wichtige Frage, wann es über diese Multiplikationsabbildungen hinaus weitere Isogenien gibt.



Weildivisoren

Wir haben in Beispiel 7.2 gesehen, dass es für eine rationale Funktion auf einer elliptischen Kurve keine eindeutige Darstellung als Bruch gibt. Dies hängt damit zusammen, dass der affine (und auch homogene) Koordinatenring der elliptischen Kurve nicht faktoriell ist. Ein Maß für die Nichtfaktorialität eines Ringes und einer Varietät wird durch die Divisorenklassengruppe beschrieben, die auch in der algebraischen Zahlentheorie eine wichtige Rolle spielt.

Eine rationale Funktion auf einer glatten Kurve besitzt in jedem Punkt eine Ordnung, die sich über die Ordnung im zugehörigen diskreten Bewertungsring ergibt. Sie ist positiv, wenn dort eine Nullstelle vorliegt, und die negativ ist, wenn dort eine Polstelle vorliegt. Bis auf endlich viele Punkte ist die Ordnung gleich , das Null- und Polstellenverhalten einer Funktion wird also vollständig dadurch beschrieben, dass einer endlichen Punktemenge ganze Zahlen zugeordnet sind. Man kann sich umgekehrt fragen, ob eine solche Vorgabe durch eine rationale Funktion realisiert werden kann. Dies ist die Idee der Weildivisoren.


Definition  

Es sei eine irreduzible glatte Kurve über einem algebraisch abgeschlossenen Körper . Unter einem Weildivisor versteht man eine formale endliche Summe .

Die Menge der Weildivisoren bildet eine Gruppe.


Definition  

Es sei eine irreduzible glatte Kurve über einem algebraisch abgeschlossenen Körper und sei , , ein Element des Funktionenkörpers. Man nennt den Hauptdivisor zu .


Definition  

Zwei Divisoren auf einer glatten Kurve über einem algebraisch abgeschlossenen Körper heißen linear äquivalent, wenn ein Hauptdivisor ist.



Lemma

Es sei eine irreduzible glatte Kurve über einem algebraisch abgeschlossenen Körper mit Funktionenkörper .

Dann ist die Zuordnung

ein Gruppenhomomorphismus.

Beweis

Siehe Aufgabe 14.10.



Definition  

Es sei eine irreduzible glatte Kurve über einem algebraisch abgeschlossenen Körper mit Funktionenkörper . Dann nennt man die Restklassengruppe

die Divisorenklassengruppe von .


Definition  

Es sei eine glatte projektive Kurve über einem algebraisch abgeschlossenen Körper . Zu einem Weildivisor auf ist der Grad als

definiert.



Der Rückzug eines Weildivisors

Definition  

Zu einem nichtkonstanten Morphismus

zwischen glatten Kurven über einem algebraisch abgeschlossenen Körper und einem Weildivisor auf nennt man

den zurückgezogenen Weildivisor.

Insbesondere gilt für einen Punkt

Die Abbildung

ist ein Gruppenhomomorphismus.



Satz  

Zu einem nichtkonstanten Morphismus

zwischen irreduziblen glatten Kurven über einem algebraisch abgeschlossenen Körper und einem Hauptdivisor auf mit , ,

stimmt der zurückgezogene Divisor mit dem Hauptdivisor zu auf überein.

Beweis  

Wegen der Nichtkonstanz gehört zu eine Körpererweiterung und zu jedem Punkt liegt ein kommutatives Diagramm

von injektiven Ringhomomorphismen vor, wobei in der ersten Zeile diskrete Berwertungsringe stehen. Wenn

mit einer Einheit und einer Ortsuniformisierenden gilt, so ist

mit einer Orstuniformisierenden von , woraus die Aussage folgt.


Die vorstehende Aussage sichert, dass

einen Gruppenhomomorphismus

induziert.



Korollar  

Es sei eine glatte irreduzible Kurve über einem algebraisch abgeschlossenen Körper und sei der Funktionenkörper von . Es sei , , und

der nach Lemma 7.13 zugehörige Morphismus zu einem Element .

Dann gilt für den zurückgezogenen Divisor

Beweis  

Der Funktionenkörper der projektiven Geraden ist mit . Die Erweiterung der Funktionenkörper ist durch

gegeben. Der Hauptdivisor zu auf ist , wobei zwei Beschreibungsmöglichkeiten für die Punkte verwendet wurden. Daher folgt die Aussage aus Satz 14.13.



Satz  

Es sei eine glatte projektive Kurve über einem algebraisch abgeschlossenen Körper .

Dann ist der Grad eines Hauptdivisors gleich .

Beweis  

Für konstant ist die Aussage klar. Es sei also nicht konstant. Wir betrachten den im Sinne von Lemma 7.13 zugehörigen endlichen Morphismus

vom Grad . Nach Korollar 14.14 ist

Nach Satz 13.2 besitzen die beiden schematheoretischen Fasern beide die -Dimension und diese ist die Gesamtmultiplizität der Faser.

Die vorstehenden Resultate erlauben folgende Definition.


Definition  

Es sei eine glatte projektive Kurve über einem algebraisch abgeschlossenen Körper . Man nennt

die Divisorenklassengruppe vom Grad 0 zu .


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