Kurs:Grundlagen der Führung/Gruppe SMILE

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Führungsverhalten im Change Management


Abstract

Hintergrund/Einführung: Warum ist das Thema bedeutsam?: Weil es durch den internationalen Wettbewerb immer häufiger zu Umstrukturierungen in Organisationen kommt.

Ziel/Problem: Worum geht es?: Es soll definiert werden, welche Strategien Führungskräfte im Change Management verfolgen sollten.

Vorgehensweise: Was wurde getan?: Basierend auf theoretischen Grundlagen wurde ein auf den Praxisfall maßgeschneiderter Lösungsvorschlag erstellt (rückblickend).

Ergebnisse/Erkenntnisse: Was kam dabei heraus?: Durch Einbeziehung der Mitarbeiter in den Umstrukturierungsprozess kann eine Umsetzung effizienter vollzogen werden.

Fazit: Besonders in kleinen Organisationen, wo einzelne Mitarbeiter sehr viel Know-How bündeln, empfiehlt sich die Anwendung der Evolutionsstrategie.


These 1: Die Mitarbeiter hätten entspannter auf die Umstrukturierung reagiert, wenn sie von Anfang an informiert worden wären.

Grundsätzlich wird Change Management immer mit dem Begriff Widerstand in Verbindung gebracht. Gibt es in einem Unternehmen keine Veränderungen, gibt es für Mitarbeiter auch keinen Grund unzufrieden zu sein, da ja sowieso alles wie immer läuft. Gibt es jedoch Veränderungen, treten bei vielen Mitarbeitern Widerstände auf. Friedrichsmeier und Frühauf unterteilen Mitarbeiter auf folgende drei Gruppen [1]

  • 50 – 60 % der Mitarbeiter gehen bei einer Änderung mehr oder weniger mit
  • 30 – 40 % der Mitarbeiter stehen Änderungen eher neutral gegenüber
  • 10 – 20 % der Mitarbeiter sind unverbesserliche Querulanten, die Änderungen sehr skeptisch gegenüberstehen

Die Problematik dabei liegt oft darin, dass der geringe Anteil der Mitarbeiter, die Änderungen gegenüber sehr skeptisch gegenüberstehen, andere Mitarbeiter beeinflussen und dazu bewegen sich gegen etwaige Änderungen aufzulehnen.


These 2: Die Erarbeitung der Organisationsstruktur hätte deutlich mehr Zeit in Anspruch genommen, wenn die Mitarbeiter aktiv im Zentralisierungsprozess mitgearbeitet hätten.

Durch die Einbeziehung vieler Organisationsmitglieder dauert die Veränderung in der Regel wesentlich länger als bei einer patriarchalisch-autoritären Durchsetzung von Veränderungen. Der ganze Vorgang wird auch deutlich komplexer, da viele Schnittstellen entstehen. Das ist auch der Grund, weshalb die Evolution wesentlich mehr Koordinations- und Planungsaufwand in Anspruch nimmt. Durch die längere Dauer der Veränderung, ergibt sich auch das Problem, dass die Unsicherheit bei den Mitarbeitern länger andauert, auch wenn die Unruhen punktuell nicht so heftig sind, wie bei anderen Methoden. Die Entscheidung zur Veränderung muss bei allen Beteiligten erfolgen, da jede Person ihre Aufgabe im Prozess bekommt, die zu erledigen ist. Weiters besteht durch die Zurückhaltung der Führungskräfte die Gefahr, dass das notwendige Know-How für die Veränderung fehlt oder zu wenig Unterstützung von den Organisationsmitgliedern erbeten wird.[2] In Großunternehmen und internationalen Konzernen wird die Einbindung vieler Mitarbeiter in den Veränderungsprozess jedoch von vornherein ausgeschlossen, weil meist Profitziele und der Druck von Investoren hin zu Veränderungsprozessen und Optimierungen im Vordergrund stehen[3].


These 3: Die Organisation würde heute wesentlich effizienter arbeiten, wenn man alle Mitarbeiter in den Prozess eingebunden hätte und somit Ideen aus allen „Ecken“ der Organisation gekommen wären.

Nach Kostka ist es essenziell für den Erfolg von Veränderungsprozessen, wenn sich Führungskräfte in die Situation der betroffenen Mitarbeiter hineinversetzen können. Im Zuge angestrebter organisatorischer Veränderungen kommt es bei Mitarbeitern zu einer Art Selbstreflexion, indem sie versuchen ihre eigene Lage zu analysieren. Kostka spricht dabei von sieben Phasen der wahrgenommenen eigenen Kompetenz. Dabei wird die (neue) Situation in der Organisation durch Betroffene deutlich wahrgenommen und die eigene Rolle darin wird mehrfach hinterfragt.[4] Lewin geht davon aus, dass es in Organisationen eine Gleichgewicht zwischen drängenden (akzelerierenden) und behindernden (retardierenden) Kräften gibt. Kommt es nun in einer Organisation zu einem Veränderungsprozess, kommt es durch behindernde Kräfte zu Widerstand und die Performance der Organisation sinkt. Da Systeme - und damit Organisationen - aber stets nach einem Gleichgewichtszustand streben, wird trotz durchgeführter Veränderung eine erneute Stabilität hergestellt.[5] Auf jeden Fall führen Veränderungsprozesse über einen bestimmten Zeitraum zu Performance-Einbußen. Die Phase der Veränderung muss auch von Mitarbeitern mitgestaltet werden, um das Leistungsniveau wieder anheben zu können. Sobald dieses Niveau jenes vor dem Veränderungsprozess übertroffen hat, liegt es an der Unternehmensleitung, den Zustand zu erhalten.


These 4: Ob Mitarbeiter in den „Strukturfindungsprozess“ miteingebunden werden, hängt stark von der Unternehmenskultur ab.

Organisationen unterscheiden sich neben Produkten und Dienstleistungen vor allem durch ihre Unternehmenskultur bzw. durch den Führungsstil der leitenden Angestellten. Bei der Implementierungen organisatorischer Veränderungen kann je nach Unternehmenskultur oder Führungsstil die Verantwortung für den Erfolg von Veränderungsprozesse unterschiedliche Ausprägungen haben. Krause unterscheidet dabei in sieben Implementierungsstile[6]:

  • autoritäre Implementierung: Unternehmensleitung setzt Veränderungen unter Zwang nach ihren Vorstellungen durch
  • patriarchalische Implementierung: Mitarbeiterbedürfnisse werden bei Veränderungsprozessen berücksichtigt; Umseetzung unter Zwang/Manipulation
  • informierende Implementierung: Veränderungen werden versucht über Erklärungen umgesetzt zu werden; ansonsten über Anordnungen
  • beratende Implementierung: Unternehmensleitung informiert/diskutiert mögliche Anpassungen und Mitarbeitervorschläge
  • kooperative Implementierung: Betroffene entwickeln selbst Einführungs- und Anpassungswege; Unternehmensleitung entscheidet
  • partizipative Implementierung: Betroffene selbst entwickeln generelle Vorschläge und verabschieden diese zusammen mit der Unternehmensleitung
  • demokratische Implementierung: Betroffene selbst entscheiden über Anpassungen; Unternehmensleitung hält Veränderungsprozess in Gang

Gattermeyer hebt hier die Sinnhaftigkeit der Einbindung der betroffenen Mitarbeiter, insbesondere der Mitarbeiter mit Kundenkontakt, in den Veränderungsprozess hervor[7].


These 5: Bei starker Verankerung der Mitarbeiter in der Organisation ist die Evolutionsstrategie der Revolutionsstrategie vorzuziehen.

Die Revolutionsstrategie ist auch unter den Bezeichnungen Bombenwurfstrategie bzw. transformationaler Wandel bekannt. Diese Strategie wird speziell dann angewandt, wenn die Umsetzung prompt erfolgen muss und somit unter hohem Zeitdruck steht[8]. Die Reaktion der betroffenen Mitarbeiter nach erfolgter Umsetzung der Änderung ist zweigeteilt. Zum einen gibt es jene Art von Mitarbeitern die verantwortungsbewusst reagieren und sich versuchen den neuen Gegebenheiten anzupassen. Zum anderen reagieren Mitarbeiter auf die vollzogenen Änderungen entrüstet und versuchen sogar das Projekt zu sabotieren bzw. abzulehnen. Die ersparten Kosten und die ersparte Zeit durch den geringen Aufwand vor der Umsetzung, werden dann oft im Anschluss nach Verkündung der Änderungen wesentlich erhöht bzw. ausgedehnt[9].

Die Evolutionsstrategie ist ein klassisches Modell im Change-Management, das versucht, die Organisationsmitglieder, die direkt von den Veränderungen betroffen sind, in den Prozess einzubinden. Die Verwendung des Begriffs Evolution kommt daher, dass hier ein länger andauernder, sich langsam entwickelnder Lern- oder Weiterentwicklungsprozess geschaffen wird. Die Evolutionsstrategie versucht die Änderungen Bottom-Up durchzusetzen, was bedeutet, dass sowohl die Analyse, als auch die Umsetzung auf der operativen Ebene beginnt. Die Vorteile der Evolutionsstrategie liegen ganz klar darin, dass die betroffenen Organisationsmitglieder über das nötige Detailwissen verfügen und auch den Prozessablauf sehr genau kennen. Die Widerstände gegen die bevorstehenden Veränderungen sind wesentlich geringer, als wenn die Veränderung von oben dirigiert wird, da bei den betroffenen Mitarbeitern die Bereitschaft zur Veränderung wesentlich größer ist.[10]



Nachweise und Anmerkungen

  1. Vgl. Friedrichsmeier (2009), S. 45
  2. Vgl. Frost (2006), S. 251-252
  3. Vgl. Berner (2002)
  4. Vgl. Kostka (2009); S. 12-13
  5. Vgl. Wörpel(2011); S. 17-18
  6. Vgl. Krause (2008), S. 67
  7. Vgl. Gattermeyer (2001), S. 13
  8. Vgl. Walter-Busch (2008), S. 112-113
  9. Vgl. Plog (2011), S. 206
  10. Vgl. Frost (2006), S. 248-251


Literaturverzeichnis

  • Friedrichsmeier, Helmut; Heinz Frühauf (2009): Durch Veränderung zum Erfolg: mit Fallbeispielen aus Wirtschaft und Verwaltung., Wien: Linde.
  • Gattermeyer, Wolfgang (2001): Change Management und Unternehmenserfolg. Grundlagen – Methoden – Praxisbeispiele., 2. Auflage, Wiesbaden: Gabler.
  • Kostka, Claudia; Annette Mönch (2009): Change Management. 7 Methoden für die Gestaltung von Veränderungsprozessen, München: Hanser.
  • Krause, Lars (2008): Methode zur Implementierung von integriertem Produktdatenmanagement (PDM)., 2. Auflage, Berlin: Gito.
  • Osterloh, Margit; Jetta Frost (2006): Prozessmanagement als Kernkompetenz. Wie Sie Business Reengineering strategisch nutzen können., 5. Auflage, Wiesbaden: Gabler.
  • Plog, Kirsten (2011): ): Konzept Changemanagement: Leitfaden und Verhandlungsstrategien für firmeninterne Veränderungen., Münster: Wachsmann.
  • Wörpel, Christian (2011): Change Management in der öffentlichen Verwaltung. Die Verwaltungsbeschäftigten im Fokus von IT Veränderungsprozessen, Hamburg: Diplomica.
  • Walter-Busch, Emil (2008): Arbeits- und Organisationspsychologie im Überblick Wien: Facultas.