Zum Inhalt springen

Kurs:Mathematik für Anwender (Osnabrück 2023-2024)/Teil I/Vorlesung 15/latex

Aus Wikiversity

\setcounter{section}{15}






\bild{ \begin{center}
\includegraphics[width=5.5cm]{\bildeinlesung {Waeller379.jpg} }
\end{center}
\bildtext {Schon in jungen Jahren zeigte Vorli ihre soziale Ader, indem sie Kuscheltiere um sich versammelte.} }

\bildlizenz { Waeller379.jpg } {} {Odatrulle} {Commons} {CC-by-sa 4.0} {}







\zwischenueberschrift{Höhere Ableitungen}

Die Ableitung $f'$ einer \zusatzklammer {in jedem Punkt} {} {} differenzierbaren Funktion nennt man häufig auch die \stichwort {erste Ableitung} {} von $f$. Unter der nullten Ableitung versteht man die Funktion selbst. Höhere Ableitungen werden rekursiv definiert.


\inputdefinition
{}
{

Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ I }
{ \subseteq }{ \R }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ein \definitionsverweis {Intervall}{}{} und sei \maabbdisp {f} {I } { \R } {} eine \definitionsverweis {Funktion}{}{.} Die Funktion $f$ heißt $n$-mal \definitionswort {differenzierbar}{,} wenn sie
\mathl{(n-1)}{-}mal differenzierbar ist und die
\mathl{(n-1)}{-}te Ableitung, also
\mathl{f^{(n-1)}}{,} \definitionsverweis {differenzierbar}{}{} ist. Die Ableitung
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ f^{(n)} (x) }
{ \defeq} {(f^{(n-1)})' (x) }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} nennt man dann die $n$-te \definitionswort {Ableitung}{} von $f$.

}

Die zweite Ableitung schreibt man auch als
\mathl{f^{\prime \prime}}{,} die dritte Ableitung als
\mathl{f^{\prime \prime \prime}}{.} Wenn eine Funktion $n$-mal differenzierbar ist, so sagt man auch, dass die Ableitungen bis zur $n$-ten \stichwort {Ordnung} {} existieren. Eine Funktion $f$ heißt \stichwort {unendlich oft differenzierbar} {,} wenn sie $n$-mal differenzierbar für jedes $n$ ist. Die Funktion $x \betrag { x }$ ist differenzierbar, aber nicht zweifach differenzierbar, siehe Aufgabe 14.1.

Eine differenzierbare Funktion ist nach Korollar 14.6 stetig, allerdings muss die Ableitung keineswegs stetig sein. Daher ist der folgende Begriff nicht überflüssig.


\inputdefinition
{}
{

Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{I }
{ \subseteq }{ \R }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ein \definitionsverweis {Intervall}{}{} und \maabbdisp {f} {I} {\R } {} eine \definitionsverweis {Funktion}{}{.} Man sagt, dass $f$ \definitionswort {stetig differenzierbar}{} ist, wenn $f$ \definitionsverweis {differenzierbar}{}{} ist und die \definitionsverweis {Ableitung}{}{} $f'$ \definitionsverweis {stetig}{}{} ist.

}

In Beispiel 19.10 wird eine differenzierbare, aber nicht stetig differenzierbare Funktion beschrieben. Eine Funktion heißt $n$-mal stetig differenzierbar, wenn sie $n$-mal differenzierbar ist und die $n$-te Ableitung stetig ist.






\zwischenueberschrift{Extrema von Funktionen}

Wir untersuchen jetzt mit Mitteln der Differentialrechnung, wann eine differenzierbare Funktion \maabbdisp {f} {I} {\R } {,} wobei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{I }
{ \subseteq }{ \R }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ein Intervall ist, \zusatzklammer {lokale} {} {} Extrema besitzt und wie ihr Wachstumsverhalten aussieht.




\inputfaktbeweis
{Reelle Funktion/Offenes Intervall/Lokales Extremum/Differenzierbar/Ableitung null/Fakt}
{Satz}
{}
{

\faktsituation {Es sei \maabbdisp {f} {{]a,b[} } {\R } {} eine \definitionsverweis {Funktion}{}{,}}
\faktvoraussetzung {die in
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{c }
{ \in }{ {]a,b[} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ein \definitionsverweis {lokales Extremum}{}{} besitze und dort \definitionsverweis {differenzierbar}{}{} sei.}
\faktfolgerung {Dann ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{f'(c) }
{ = }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Wir können annehmen, dass $f$ ein lokales Maximum in $c$ besitzt. Es gibt also ein
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \epsilon }
{ > }{0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{f(x) }
{ \leq }{f(c) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} für alle
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{x }
{ \in }{ [c - \epsilon, c + \epsilon] }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Es sei
\mathl{{ \left( s_n \right) }_{n \in \N }}{} eine Folge mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ c- \epsilon }
{ \leq }{s_n }
{ < }{ c }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{,} die gegen $c$ \zusatzklammer {\anfuehrung{von unten}{}} {} {} konvergiere. Dann ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ s_n- c }
{ < }{0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{f(s_n) -f(c) }
{ \leq }{0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und somit ist der Differenzenquotient
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \frac{ f (s_n )-f (c) }{ s_n -c } }
{ \geq} { 0 }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{,} was sich dann nach Lemma 7.12 auf den Limes, also den Differentialquotienten, überträgt. Also ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{f'(c) }
{ \geq }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Für eine Folge
\mathl{{ \left( t_n \right) }_{n \in \N }}{} mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ c + \epsilon }
{ \geq }{ t_n }
{ > }{ c }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} gilt andererseits
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \frac{ f (t_n )-f (c) }{ t_n -c } }
{ \leq} { 0 }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.} Daher ist auch
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{f'(c) }
{ \leq }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und somit ist insgesamt
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{f'(c) }
{ = }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.}

}







\bild{ \begin{center}
\includegraphics[width=5.5cm]{\bildeinlesung {X_Cubed.svg} }
\end{center}
\bildtext {} }

\bildlizenz { X Cubed.svg } {} {Pieter Kuiper} {Commons} {PD} {}

Man beachte, dass das Verschwinden der Ableitung nur ein notwendiges, aber kein hinreichendes Kriterium für die Existenz eines Extremums ist. Das einfachste Beispiel für dieses Phänomen ist die Funktion \maabbele {} { \R } {\R } {x} {x^3 } {,} die streng wachsend ist, deren Ableitung aber im Nullpunkt verschwindet. Ein hinreichendes Kriterium wird in Korollar 15.9 weiter unten gegeben, siehe auch Satz 17.4.






\zwischenueberschrift{Der Mittelwertsatz der Differentialrechnung}





\inputfaktbeweis
{Reelle Funktion/Satz von Rolle/Fakt}
{Satz}
{}
{

\faktsituation {Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{a }
{ < }{b }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und sei \maabbdisp {f} {[a,b]} {\R } {} eine \definitionsverweis {stetige}{}{,} auf
\mathl{]a,b[}{} \definitionsverweis {differenzierbare Funktion}{}{}}
\faktvoraussetzung {mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{f(a) }
{ = }{f(b) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.}}
\faktfolgerung {Dann gibt es ein
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{c }
{ \in }{ {]a,b[} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} mit
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{f'(c) }
{ =} { 0 }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Wenn $f$ konstant ist, so ist die Aussage richtig. Es sei also $f$ nicht konstant. Dann gibt es ein
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{x }
{ \in }{{]a,b[} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{f(x) }
{ \neq }{ f(a) }
{ = }{ f(b) }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Sagen wir, dass
\mathl{f(x)}{} größer als dieser Wert ist. Aufgrund von Satz 11.13 gibt es ein
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{c }
{ \in }{ [a,b] }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{,} wo die Funktion ihr \definitionsverweis {Maximum}{}{} annimmt, und dieser Punkt kann kein Randpunkt sein. Für dieses $c$ ist dann
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{f'(c) }
{ = }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} nach Satz 15.3.

}


Der vorstehende Satz heißt \stichwort {Satz von Rolle} {.}




\bild{ \begin{center}
\includegraphics[width=5.5cm]{\bildeinlesung {Mvt2_italian.svg} }
\end{center}
\bildtext {Der Mittelwertsatz der Differentialrechnung besagt anschaulich gesprochen, dass es zu einer Sekante eine parallele Tangente gibt.} }

\bildlizenz { Mvt2 italian.svg } {} {4C} {Commons} {CC-by-sa 3.0} {}

Der folgende Satz heißt \stichwort {Mittelwertsatz der Differentialrechnung} {.} Er besagt beispielsweise, dass bei einem differenzierbaren eindimensionalen Bewegungsvorgang die Durchschnittsgeschwindigkeit mindestens einmal als Momentangeschwindigkeit auftritt.




\inputfaktbeweis
{Reelle Funktion/Differentialrechnung/Mittelwertsatz/Fakt}
{Satz}
{}
{

\faktsituation {Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{a }
{ < }{b }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und sei \maabbdisp {f} {[a,b]} {\R } {} eine \definitionsverweis {stetige}{}{,} auf
\mathl{]a,b[}{} \definitionsverweis {differenzierbare Funktion}{}{.}}
\faktfolgerung {Dann gibt es ein
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{c }
{ \in }{{]a,b[} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} mit
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ f'(c) }
{ =} { { \frac{ f(b)-f(a) }{ b-a } } }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Wir betrachten die Hilfsfunktion \maabbeledisp {g} {[a,b]} {\R } {x} {g(x) \defeq f(x)- { \frac{ f(b) -f(a) }{ b-a } } (x-a) } {.} Diese Funktion ist ebenfalls \definitionsverweis {stetig}{}{} und in
\mathl{]a,b[}{} \definitionsverweis {differenzierbar}{}{.} Ferner ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{g(a) }
{ = }{f(a) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{g(b) }
{ =} {f(b) -(f(b)-f(a)) }
{ =} {f(a) }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.} Daher erfüllt $g$ die Voraussetzungen von Satz 15.4 und somit gibt es ein
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{c }
{ \in }{ {]a,b[} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{g'(c) }
{ = }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Aufgrund der Ableitungsregeln gilt also
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ f'(c) }
{ =} { { \frac{ f(b) -f(a) }{ b-a } } }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.}

}





\inputfaktbeweis
{Reelle Funktion/Ableitung null/Konstant/Fakt}
{Korollar}
{}
{

\faktsituation {Es sei \maabbdisp {f} {{ ]a,b[}} {\R } {} eine \definitionsverweis {differenzierbare Funktion}{}{}}
\faktvoraussetzung {mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ f'(x) }
{ = }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} für alle
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ x }
{ \in }{ {]a,b[} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.}}
\faktfolgerung {Dann ist $f$ konstant.}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

 Wenn $f$ nicht konstant ist, so gibt es
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{x }
{ < }{x' }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ f(x) }
{ \neq }{ f(x') }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Dann gibt es aufgrund von Satz 15.5 ein
\mathbed {c} {}
{x <c < x'} {}
{} {} {} {,} mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{f'(c) }
{ = }{ \frac{f(x') - f(x)}{x'-x} }
{ \neq }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{,} ein Widerspruch zur Voraussetzung.

}


Der folgende Satz heißt \stichwort {Monotoniesatz} {,} er stiftet eine Beziehung zwischen dem Wachstumsverhalten der Funktion und der Positivität ihrer Ableitung.




\inputfaktbeweis
{Reelle Funktion/Ableitung/Monotonieverhalten/Fakt}
{Satz}
{}
{

\faktsituation {Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{I }
{ \subseteq }{ \R }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ein \definitionsverweis {offenes Intervall}{}{} und \maabbdisp {f} {I} {\R } {} eine \definitionsverweis {differenzierbare Funktion}{}{.}}
\faktuebergang {Dann gelten folgende Aussagen.}
\faktfolgerung {\aufzaehlungdrei{Die Funktion $f$ ist genau dann auf $I$ \definitionsverweis {wachsend}{}{} \zusatzklammer {bzw. fallend} {} {,} wenn
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{f'(x) }
{ \geq }{0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} \zusatzklammer {bzw.
\mavergleichskettek
{\vergleichskettek
{f'(x) }
{ \leq }{0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{}} {} {} für alle
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{x }
{ \in }{I }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ist. }{Wenn
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{f'(x) }
{ \geq }{0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} für alle
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{x }
{ \in }{I }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ist und $f'$ nur endlich viele \definitionsverweis {Nullstellen}{}{} besitzt, so ist $f$ \definitionsverweis {streng wachsend}{}{.} }{Wenn
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{f'(x) }
{ \leq }{0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} für alle
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{x }
{ \in }{I }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ist und $f'$ nur endlich viele \definitionsverweis {Nullstellen}{}{} besitzt, so ist $f$ \definitionsverweis {streng fallend}{}{.}}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

(1). Es genügt, die Aussagen für wachsende Funktionen zu beweisen. \teilbeweis {}{}{}
{Wenn $f$ wachsend ist, und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{x }
{ \in }{I }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ist, so gilt für den \definitionsverweis {Differenzenquotienten}{}{}
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \frac{f(x+h) -f(x) }{h} }
{ \geq} { 0 }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} für jedes $h$ mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{x+h }
{ \in }{I }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Diese Abschätzung gilt dann auch für den Grenzwert für
\mathl{h \rightarrow 0}{,} und dieser ist
\mathl{f'(x)}{.}}
{} \teilbeweis {}{}{}
{Es sei umgekehrt die Ableitung $\geq 0$.    Nehmen wir an, dass es zwei Punkte
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{x }
{ < }{x' }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} in $I$ mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{f(x) }
{ > }{f(x') }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} gibt. Aufgrund des Mittelwertsatzes gibt es dann ein $c$ mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{x }
{ < }{c }
{ < }{x' }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} mit
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{f'(c) }
{ =} {\frac{f(x') - f(x)}{x'-x} }
{ <} {0 }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} im Widerspruch zur Voraussetzung.}
{} \teilbeweis {}{}{}
{(2). Es sei nun
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{f'(x) }
{ > }{0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} mit nur endlich vielen Ausnahmen.  Angenommen es wäre
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{f(x) }
{ = }{f(x') }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} für zwei Punkte
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{x }
{ < }{x' }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Da $f$ nach dem ersten Teil wachsend ist, ist $f$ auf dem Intervall
\mathl{[x,x']}{} konstant. Somit ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{f' }
{ = }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} auf diesem gesamten Intervall, ein Widerspruch dazu, dass $f'$ nur endlich viele Nullstellen besitzt.}
{}

}


\inputfaktbeweis
{Polynomfunktion/Funktionsverlauf aus Differenzierbarkeit/Fakt}
{Korollar}
{}
{

Eine reelle \definitionsverweis {Polynomfunktion}{}{} \maabbdisp {f} {\R} {\R } {} vom \definitionsverweis {Grad}{}{}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ d }
{ \geq }{ 1 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} besitzt maximal
\mathl{d-1}{} \definitionsverweis {lokale Extrema}{}{,} und die reellen Zahlen lassen sich in maximal $d$ Intervalle unterteilen, auf denen abwechselnd $f$ \definitionsverweis {streng wachsend}{}{} oder \definitionsverweis {streng fallend}{}{} ist.

}
{ Siehe Aufgabe 15.14. }


\inputfaktbeweis
{Reelle Funktion/Extremum/Zweite Ableitung/Fakt}
{Korollar}
{}
{

\faktsituation {Es sei $I$ ein \definitionsverweis {reelles Intervall}{}{,} \maabbdisp {f} {I} {\R } {} eine zweimal \definitionsverweis {stetig differenzierbare}{}{} \definitionsverweis {Funktion}{}{} und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{a }
{ \in }{I }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ein innerer Punkt des Intervalls.}
\faktvoraussetzung {Es gelte
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ f'(a) }
{ = }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.}}
\faktuebergang {Dann gelten folgende Aussagen.}
\faktfolgerung {\aufzaehlungzwei {Wenn
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{f^{\prime \prime }(a) }
{ > }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ist, so besitzt $f$ in $a$ ein \definitionsverweis {isoliertes lokales Minimum}{}{.} } {Wenn
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ f^{ \prime \prime}(a) }
{ < }{0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ist, so besitzt $f$ in $a$ ein \definitionsverweis {isoliertes lokales Maximum}{}{.} }}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{ Siehe Aufgabe 15.15. }

Eine Verallgemeinerung dieser Aussage werden wir in Satz 17.4 kennenlernen.






\zwischenueberschrift{Der zweite Mittelwertsatz und die Regel von l'Hospital}

Die folgende Aussage heißt auch \stichwort {zweiter Mittelwertsatz} {.}




\inputfaktbeweis
{Differentialrechnung/Mittelwertsatz/Quotientenversion/Fakt}
{Satz}
{}
{

\faktsituation {Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{b }
{ > }{a }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und seien \maabbdisp {f,g} {[a,b]} {\R } {} \definitionsverweis {stetige}{}{,} auf
\mathl{]a,b[}{} \definitionsverweis {differenzierbare Funktionen}{}{} mit
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ g'(x) }
{ \neq} {0 }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} für alle
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{x }
{ \in }{{]a,b[} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.}}
\faktfolgerung {Dann ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ g(b) }
{ \neq }{ g(a) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und es gibt ein
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{c }
{ \in }{{]a,b[} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} mit
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \frac{f(b)-f(a)}{g(b)-g(a)} }
{ =} {\frac{f'(c)}{g'(c)} }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Die Aussage
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{g(a) }
{ \neq} {g(b) }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} folgt aus Satz 15.4. Wir betrachten die Hilfsfunktion
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ h(x) }
{ \defeq} { f(x)- { \frac{ f(b)-f(a) }{ g(b)-g(a) } } g(x) }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.} Es ist
\mavergleichskettealign
{\vergleichskettealign
{ h(a) }
{ =} { f(a)- { \frac{ f(b)-f(a) }{ g(b)-g(a) } } g(a) }
{ =} { { \frac{ f(a) g(b) - f(a)g(a) -f(b)g(a)+f(a)g(a) }{ g(b)-g(a) } } }
{ =} { { \frac{ f(a) g(b)-f(b)g(a) }{ g(b)-g(a) } } }
{ =} { { \frac{ f(b)g(b) - f(b) g(a)-f(b)g(b)+f(a)g(b) }{ g(b)-g(a) } } }
} {
\vergleichskettefortsetzungalign
{ =} {f(b) - { \frac{ f(b)-f(a) }{ g(b)-g(a) } } g(b) }
{ =} {h(b) }
{ } {}
{ } {}
} {}{.} Also ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{h(a) }
{ = }{h(b) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und Satz 15.4 liefert die Existenz eines
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{c }
{ \in }{{]a,b[} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} mit
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{h'(c) }
{ =} { 0 }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.} Umstellen ergibt die Behauptung.

}


Aus dem zweiten Mittelwertsatz erhält man den ersten Mittelwertsatz zurück, wenn man für $g$ die Identität nimmt.






\bild{ \begin{center}
\includegraphics[width=5.5cm]{\bildeinlesung {Guillaume_de_l'Hopital.jpg} }
\end{center}
\bildtext { L’Hospital (1661-1704)} }

\bildlizenz { Guillaume de l'Hôpital.jpg } {} {Bemoeial} {Commons} {PD} {}

Zur Berechnung von Grenzwerten einer Funktion, die als Quotient gegeben ist, ist die folgende \stichwort {Regel von l'Hospital} {} hilfreich.




\inputfaktbeweis
{Hospital/Differenzierbar im Innern/Fakt}
{Korollar}
{}
{

\faktsituation {Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{I }
{ \subseteq }{ \R }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ein \definitionsverweis {offenes Intervall}{}{} und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ a }
{ \in }{ I }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ein Punkt. Es seien \maabbdisp {f,g} {I} {\R } {} \definitionsverweis {stetige Funktionen}{}{,}}
\faktvoraussetzung {die auf
\mathl{I \setminus \{ a \}}{} \definitionsverweis {differenzierbar}{}{} seien mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ f( a ) }
{ = }{ g( a ) }
{ = }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ g'(x) }
{ \neq }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} für
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{x }
{ \neq }{a }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Es sei vorausgesetzt, dass der \definitionsverweis {Grenzwert}{}{}
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{w }
{ \defeq} { \operatorname{lim}_{ x \in I \setminus \{ a \} , \, x \rightarrow a } \, \frac{f'(x)}{g'(x)} }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} existiert.}
\faktfolgerung {Dann existiert auch der Grenzwert
\mathdisp {\operatorname{lim}_{ x \in I \setminus \{ a \} , \, x \rightarrow a } \, \frac{f(x)}{g(x)}} { , }
und sein Wert ist ebenfalls $w$.}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Zur Ermittlung des Grenzwertes benutzen wir das Folgenkriterium. Da $g'$ im Intervall keine Nullstelle besitzt und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{g(a) }
{ = }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ist, besitzt auch $g$ nach Satz 15.4 außer $a$ keine Nullstelle. Es sei
\mathl{{ \left( x_n \right) }_{n \in \N }}{} eine \definitionsverweis {Folge}{}{} in
\mathl{I \setminus \{ a \}}{,} die gegen $a$ \definitionsverweis {konvergiert}{}{.} Zu jedem $x_n$ gibt es nach Satz 15.10, angewandt auf \mathkor {} {I_n \defeq [x_n, a ]} {bzw.} {[ a ,x_n]} {,} ein $c_n$ \zusatzklammer {im Innern\zusatzfussnote {Unter dem \definitionswort {Innern}{} eines \definitionsverweis {reellen Intervalls}{}{}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ I }
{ \subseteq }{ \R }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} versteht man das Intervall ohne die Intervallgrenzen.} {} {} von $I_n$} {} {} mit
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \frac{f(x_n)-f( a )}{g(x_n)-g( a ) } }
{ =} {\frac{f'(c_n)}{g'(c_n)} }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.} Die Folge
\mathl{{ \left( c_n \right) }_{n \in \N }}{} konvergiert ebenfalls gegen $a$, so dass nach Voraussetzung die rechte Seite gegen
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \frac{f'( a )}{g'( a )} }
{ = }{ w }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} konvergiert. Daher konvergiert auch die linke Seite gegen $w$, und wegen
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{f( a ) }
{ = }{g( a ) }
{ = }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} bedeutet das, dass
\mathl{\frac{f(x_n)}{g(x_n)}}{} gegen $w$ konvergiert.

}





\inputbeispiel{}
{

Die \definitionsverweis {Polynome}{}{}
\mathdisp {3x^2-5x-2 \text{ und } x^3-4x^2+x+6} { }
haben beide für
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{x }
{ = }{2 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} eine \definitionsverweis {Nullstelle}{}{.} Es ist also nicht von vornherein klar, ob der Limes
\mathdisp {\operatorname{lim}_{ x \rightarrow 2 } \, \frac{ 3x^2-5x-2}{x^3-4x^2+x+6}} { }
existiert und welchen Wert er besitzt. Aufgrund der Regel von l'Hospital kann man den Grenzwert über die Ableitungen bestimmen, und das ergibt
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \operatorname{lim}_{ x \rightarrow 2 } \, \frac{ 3x^2-5x-2}{x^3-4x^2+x+6} }
{ =} { \operatorname{lim}_{ x \rightarrow 2 } \, \frac{ 6x-5}{3x^2-8x+1} }
{ =} { \frac{7}{-3} }
{ =} { - \frac{7}{3} }
{ } { }
} {}{}{.}


}