Projekt:Dresdner Glossar/Kanalisation

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1548[Bearbeiten]

  • Baubeginn der Dresdner Kanalisation [1]


1739/1755[Bearbeiten]

Der älteste Kanal unter dem Theaterplatz

Die Italiener leisteten nicht nur beim Bau der Hofkirche Wertarbeit in Dresden. Denn unter dem Theaterplatz gibt es ein noch genutztes sehr altes kleines Kanalnetz. Nach Männigs Recherchen wurde es zwischen 1739 und 1755 angelegt, als auch die Hofkirche gebaut wurde. Deren italienischer Architekt Gaetano Chiaveri hatte dafür Handwerker und Künstler aus seinem Heimatland nach Dresden geholt.

Auf dem heutigen Theaterplatz errichteten sie nach dem Prinzip der Dombauhütten zahlreiche Häuschen. Im Volksmund wurde der kleine Stadtteil mit seinen Werkstätten, Unterkünften und Schenken bald Italienisches Dörfchen genannt. "Diese italienischen Handwerker haben offenbar den Kanal mit gebaut", sagt Männig. Für die damalige Zeit liegt der aus Sandsteinquadern errichtete Hauptkanal mit drei Metern sehr tief. Die Hauptröhre ist 1,40 Meter hoch, die flacher liegenden Querkanäle 50 Zentimeter.

Ein Blick in Dresdens ältesten Kanal unter dem Theaterplatz.

In den Plänen der Stadtentwässerung war für das kleine, etwa 200 Meter lange Kanalsystem das Baujahr 1871 ausgewiesen. Eine ehemalige Kollegin hatte Männig jedoch erzählt, dass es deutlich älter sein muss. Sein Forscherdrang war geweckt. „Ich habe mich danach intensiv damit befasst“, nennt der Abwasserfachmann den Ursprung. Er schaute sich alte Stadtpläne an und stellte fest, dass die Kanäle nicht zur Bebauung des Theaterplatzes im späten 19. Jahrhundert passten. Sehr wohl jedoch zur Struktur des Italienischen Dörfchens und des Morettischen Opernhauses, das daneben stand. Von dort wurde also offenbar das Abwasser durch diese Kanäle abgeleitet. Alte Stadtkarten und Ansichten würden das belegen. Später führte ein Hinweis auf einen alten Lageplan aus dem Landesamt für Denkmalpflege Sachsen zur Bestätigung dieser Vermutungen.

Dieser Einstiegsschacht zu Dresdens ältestem Kanal ist mit einem gusseisernen Deckel verschlossen, der über 140 Jahre alt ist.

„100-prozentig ist damit zumindest belegt, dass der Kanal vor 1800 gebaut wurde. Die Kanalstruktur passt aber genau zur damaligen Gebäudestruktur des Italienischen Dörfchens“, erklärt der Experte. Auf dem Einstiegsschacht liegt ein gusseiserner Deckel. An der Aufschrift wird noch heute sichtbar, dass er von der Firma C.E. Rost auf dem Rosenweg in der Wilsdruffer Vorstadt stammt. 1878 wurde der Rosenweg in Rosenstraße umbenannt. Also ist der Schachtdeckel mindestens 143 Jahre alt und zählt damit zu den ältesten Dresdens.

Kanalnetzchef Frank Männig steigt wieder aus Dresdens ältestem Kanal hinauf. Der wurde zu der Zeit angelegt, als italienische Handwerker die Hofkirche bauten. Denn auf dem heutigen Theaterplatz hatten sie ihr "Italienisches Dörfchen".

Besondere Einblicke in Dresdens Unterwelt Sächs. Z. 8.8.2021

Warum Italiener den ältesten Kanal Dresdens anlegten, wie ein Neubau über 4.000 Kubikmeter stauen kann und wo Besucher ganz alte Röhren sehen.


1809/1821[Bearbeiten]

Im Zuge der Beseitigung der Festungsanlagen in Dresden musste durch die Verfüllung der Wallgräben die Entwässerung neu geordnet werden. Erstmals entstand eine planmäßig angelegte Entwässerung in Dresden, die Entwässerungskanäle (Schleusen) mündeten direkt in die Elbe. Diese wurden als Bauwerke untergeordneter Bedeutung angesehen und dementsprechend mit minderer Qualität und Tiefenlage ausgeführt, sie genügten jedoch den Ansprüchen zur Aufnahme und Ableitung des Regenwassers aus den Straßenschleusen und des Wassers des Kaitzbaches. Die Entsorgung der Fäkalien erfolgte weiterhin über Abortgruben, deren Inhalt mittels Dungwagen regelmäßig geleert und außerhalb der Stadt entsorgt wurde.

w:de:Kläranlage Dresden-Kaditz#Vorgeschichte


Das Abwasser-Bauwerk im alten Festungsgraben

Zwischen 2018 und 2020 hat die Stadtentwässerung ein unterirdisches Trenn- und Steuerbauwerk unter dem Rathenauplatz an der Carolabrücke errichtet. Es ist 15 Meter lang und hat ein 2,50 Meter hohes Wehr, das teils beweglich ist. Dort können bis zu 4.100 Kubikmeter Abwasser in einem großen Kanal gestaut werden. Somit wird die Elbe bei Regen vor übermäßiger Belastung von ungereinigtem Mischwasser geschützt. Läuft es nach einiger Zeit dennoch über die hohe seitliche Überlaufschwelle, filtern feine Siebe Schmutz heraus. Ist der Regen vorbei, kann das Abwasser wieder zur Kaditzer Kläranlage geleitet werden. „So muss das überschüssige Abwasser nicht in die Elbe geleitet werden und der Fluss wird geschützt“, erklärt Kanalnetzchef Männig.

Hinter dem Altstädter Ende der Carolabrücke hat die Stadtentwässerung dieses unterirdische Bauwerk errichtet. Bei Regen können unter dem Rathenauplatz bis zu 4.100 Kubikmeter Abwasser gestaut werden. Somit läuft es nicht in die Elbe über.

Für das Projekt hatte die Stadtentwässerung rund 3,5 Millionen Euro investiert. Das Bauwerk liegt im alten Festungsgraben, der um das Jahr 1810 verfüllt wurde.

Unter dem Rathenauplatz verläuft ein 2,80 Meter hoher Hauptkanal, durch den das Abwasser aus einem großen Einzugsgebiet kommt, das von der Südvorstadt bis Mockritz reicht. Außerdem mündet dort die bei der Verfüllung des Festungsgrabens gebaute „Wallgrabenschleuse“ ein, der zweitälteste Kanal Dresdens, erläutert Männig. Sie führt vom Rathaus über den Pirnaischen Platz bis zum Rathenauplatz. Durch die Wallgrabenschleuse fließt der Kaitzbach in die Elbe.

Das ist die Wallgrabenschleuse, Dresdens zweitältester Kanal. Die Schleuse wurde bei der Verfüllung des Festungsgrabens Anfang des 19. Jahrhunderts gebaut.

Bei Hochwasser gibt es einen zusätzlichen Schutz, um einen Rückstau der Elbe und des Kaitzbachs zu verhindern. „Dafür ist im Auslasskanal in die Elbe ein Hochwasserschieber installiert, der bei einem Pegel von 4,80 Metern schließt“, sagt Männig. In dem Fall wird der Kaitzbach Richtung Kläranlage geleitet.

Besondere Einblicke in Dresdens Unterwelt Sächs. Z. 8.8.2021

Warum Italiener den ältesten Kanal Dresdens anlegten, wie ein Neubau über 4.000 Kubikmeter stauen kann und wo Besucher ganz alte Röhren sehen.

1841[Bearbeiten]

Auf der Grundlage eines von ihm 10 Jahre zuvor konstruierten selbst schärfenden Steinbohrers, mit dem ab 1841 60,7 Kilometer gebohrte Steinblöcke verlegt wurden, errichtete Blochmann für Dresden ein vollwertiges Kanalisationssystem mittels Sandsteinröhren, das 1864 vollendet wurde. Es bestand aus 9 Hauptsträngen und leitete Wasser aus dem Weißeritzmühlgraben und aus dem Heiligen Born in die Wasserhäuser.[2]

Neben sandsteinernen Wasserröhren zeigte Blochmann 1845 auf der Ersten großen sächsischen Gewerbe-Ausstellung, organisiert vom Gewerbe-Verein, auch das Modell einer Lokomotive.[3]

Rudolf Sigismund Blochmann (* 13. Dezember 1784 in Reichstädt; † 21. Mai 1871 in Dresden) war ein Pionier der Gasbeleuchtung in Deutschland und der städtischen Kanalisation und gehörte 1828 zu den Gründern der Königlichen Technischen Bildungsanstalt in Dresden.


1850[Bearbeiten]

1889 übernahm Hermann Klette von dem damaligen Tiefbauamtsleiter Carl Mank die Stelle des Vorstands des städtischen Tiefbauwesens. Bereits sein Vorgänger hatte ab 1850 versucht, erste unterirdische Kanäle in Dresden anzulegen. Aber erst Klette gelang es, den weiteren Ausbau der Dresdner Kanalisation zu systematisieren und die Kanäle hydraulisch zu verbessern.

w:de:Hermann Klette


1855[Bearbeiten]

Im Zuge der Beseitigung der Festungsanlagen in Dresden musste durch die Verfüllung der Wallgräben die Entwässerung neu geordnet werden. Erstmals entstand eine planmäßig angelegte Entwässerung in Dresden, die Entwässerungskanäle (Schleusen) mündeten direkt in die Elbe. Diese wurden als Bauwerke untergeordneter Bedeutung angesehen und dementsprechend mit minderer Qualität und Tiefenlage ausgeführt, sie genügten jedoch den Ansprüchen zur Aufnahme und Ableitung des Regenwassers aus den Straßenschleusen und des Wassers des Kaitzbaches. Die Entsorgung der Fäkalien erfolgte weiterhin über Abortgruben, deren Inhalt mittels Dungwagen regelmäßig geleert und außerhalb der Stadt entsorgt wurde. Dies erfolgte ab 1871 durch die „Dresdner Düngerexport-Actiengesellschaft“.

Dieses System genügte im 19. Jahrhundert den wachsenden Anforderungen aus Industrialisierung und Bevölkerungswachstum nicht mehr. So wurde um 1855 eine „Kellerwasserplage“ festgestellt, die ihre Ursache in den undichten Straßenschleusen und Gruben hatte, auch waren hygienische Probleme wie die Choleraepidemie von 1874 Anlass zu einer kompletten Neuordnung der Entwässerung und umfassenden Einführung der Schwemmkanalisation, die in der Bauordnung der Stadt Dresden, bekannt gemacht am 17. März 1906 offiziell geregelt wurde.

w:de:Kläranlage Dresden-Kaditz#Vorgeschichte

1865/69[Bearbeiten]

Die Trichter-Kunst am Seetor

Seit 2011 lädt das Kunstwerk „Der Trichter“ Passanten am Dr.-Külz-Ring zum Hinabsteigen ein. Die begehbare Installation der Berliner Kunstprofessorin Franka Hörnschemeyer führt über eine Treppe, die mit einer trichterförmigen Betonwand eingefasst ist, hinab. Hinter einer Plexiglasscheibe sind an der Ecke von Dr.-Külz-Ring und Seestraße Teile des Abwasserkanals und des historischen Seetors zu sehen. Zuvor hatte es einen internationalen Wettbewerb gegeben, den die Stadt ausgeschrieben hatte.

Kanalnetzchef Männig steht im "Trichter" neben dem Dr.-Külz-Ring. In Höhe des früheren Seetors wurde das Kunstwerk errichtet, das einen Einblick in einen der ältesten Dresdner Kanäle ermöglicht.

Hinweisen soll das Werk auf eine sonst versteckte, aber bedeutende Ingenieurleistung der Dresdner. Im 19. Jahrhundert gehörte Dresden zu den ersten Städten in Deutschland, die ein Kanalsystem für das Abwasser bauten. Der freigelegte Abwasserkanal wurde bereits 1869 zur Ableitung der Abwässer zur Elbe gebaut, erklärt Kanalnetzchef Frank Männig. „Er ist ein Zeugnis der Zeit der Industrialisierung, als Dresden stark gewachsen war.“ So war die Bevölkerung von rund 61.000 im Jahr 1850 auf über 300.000 um 1900 gestiegen.


Kurz nachdem der Generalentwässerungsplan für Dresden 1865 fertiggestellt war, wurde dieser Kanal gebaut.

Dresden hatte im 19. Jahrhundert wichtige Verkehrsanbindungen erhalten. So wurde 1848 die Eisenbahnstrecke Dresden-Pirna als erster Abschnitt der Strecke Richtung Böhmen in Betrieb genommen. Am 6. April 1851 war die Eröffnungsfahrt der „Sächsisch-Böhmischen Staatseisenbahn“ von Dresden über Bodenbach nach Prag. Der Generalbauplan von 1862 steckte die Entwicklung der Stadt ab. Er sah die ringförmige Gliederung des Stadtgebietes mit zwei konzentrisch angelegten Ringstraßen vor. Er sollte ein unkontrolliertes Wachstum der Stadt verhindern.

„1865 entstand der Generalentwässerungsplan“, erläutert Männig. „Er enthielt auch die Konzeption für den Bau dieses Hauptkanals vom Zentrum in Richtung Südhang.“ Mit seinem Baujahr 1869 ist er einer der ältesten Kanäle Dresdens. Aber bereits in den 1880er-Jahren war er zu klein. Deshalb wurde ein größerer Kanal unter der heutigen Reitbahn- und Marienstraße in Richtung Zwinger errichtet. Dennoch ist der am „Trichter“ sichtbare alte Kanal noch heute in Betrieb. Durch ihn fließt Abwasser aus dem Gebiet der Prager Straße.

Besondere Einblicke in Dresdens Unterwelt Sächs. Zeitung 8.8.2021

Warum Italiener den ältesten Kanal Dresdens anlegten, wie ein Neubau über 4.000 Kubikmeter stauen kann und wo Besucher ganz alte Röhren sehen.


Warum man im „Klo-Kino“ so wenig sehen kann[Bearbeiten]

5. Juli 2011

„Wo iss’n nun eigentlich dieser komische ‚Trichter‘ von der Künstlerin?“, fragen sich gegenwärtig manche Dresdner. Andere fragen sich „ist das hier ein neuer Fußgängertunnel?“, wenn sie vom Altmarkt zum Karstadt gehen. Und manche fragen auch: „Wo geht’s denn da unten hin? Ist hinter der Scheibe irgend etwas?“. Manche dagegen wissen Bescheid: „Das hier ist das Seetor!“

Nein, dieser Eingang ist nicht das Seetor, sondern das ist das Kunstwerk „Trichter“ von Franka Hörnschemeyer. Hier war nur früher mal das Stadttor „See Thor“, als Dresden noch eine Stadtmauer hatte. Im „Trichter“ kann man einen Blick in die Dresdner Kanalisation werfen. Theoretisch. Denn leider sieht man nichts, weil die mannshohe Glasscheibe ständig beschlagen ist. Und zwar so vollständig beschlagen, dass man auch bei dichtestem Herangehen absolut nichts erkennen kann.

Trichter, Hörnschemeyer Vom Altmarkt kommend, Blick Richtung Karstadt: Die Mauer rechts im Vordergrund ist der "Trichter"

Trichter, Hörnschemeyer Nein, das ist kein Fußgängertunnel

Trichter, Hörnschemeyer Ein Blick durch die Scheibe ...

Trichter, Hörnschemeyer ... ist leider absolut unmöglich.

Frau Hörnschemeyer (oder demjenigen, der dieses Detail umgesetzt hat) war durchaus bewusst, dass Abwasser immer etwas warm ist und zu beschlagenen Scheiben führen würde. Deshalb sollte ursprünglich eine stärkere Scheibe aus Spezialglas eingebaut werden, um diesen absehbaren Effekt zu vermeiden. Als es dann aber zur Umsetzung kam, konnte die Firma nicht mehr liefern und man musste einfacheres Glas nehmen. Um den Beschlag zu vermeiden, wurde aber zusätzlich eine Heizung für die Scheibe mit eingesetzt.

Und die ist lediglich noch nicht angeschlossen. Weil noch nicht klar ist, wer überhaupt dafür zuständig ist, wer den Strom dafür bezahlen darf, wo der Schalter zum Auslösen hinkommen soll … ein Schalter? Wie jetzt – denkt hier etwa jemand, dass die Besucher wirklich immer solange warten, bis die Heizung auf Touren gekommen und die Scheibe wieder klar ist? Wäre stattdessen nicht ein Dauerbetrieb oder eine wärme- oder zeitgeregelte Heizung besser? Genau solche Fragen sind es jedenfalls, die alle noch unklar sind. Letztlich wird die Umsetzung wohl bei der Stadtentwässerung Dresden hängen bleiben. Und es ist sogar nachvollziehbar, dass die so etwas erst klären müssen – immerhin war man dort nicht darauf vorbereitet, mal spontan irgendwo eine Heizung einbauen zu müssen. Und entsprechende Stromkosten waren sicher auch nie eingeplant.

Wenn man sich einige Minuten neben den „Trichter“ stellt (für den der Volksmund längst einen anderen Namen gefunden hat), kann man lustige Unterhaltungen von Passanten mit anhören. Eine große Rolle spielen darin Bemerkungen über „die da oben“ und „unsere Steuergelder“. Außerdem scheinen die Leute eine große Bewunderung für Künstler zu hegen, denn Sätze wie „Künstler müsste man sein!“, kann ich mir nicht anders deuten.

Besser beantworten kann man aber inzwischen diese Frage: Ist das nun Kunst oder nicht? Auch wenn es abgedroschen klingt – Kunst kommt tatsächlich von „können“. Und da man über den „Trichter“ nicht direkt sagen kann, er sei gekonnt umgesetzt …

Nachtrag 06.12.2011: Es ist doch Kunst, denn sonst hätte Franka Hörnschemeyer heute ja nicht einen mit 50 000 Euro dotierten Preis dafür erhalten.

Nachtrag 08.12.2011: Es gibt schon wieder Streit, zumindest ist die Dresdner Morgenpost eifrig bestrebt, welchen herbei zu führen: „Rücken Sie die Kohle raus!“

Nachtrag 2, 08.12.2011: Die Stadt Dresden hat einen Dokumentarfilm veröffentlicht, der den „Trichter“ erklärt

Nachtrag 19.12.2011: So sieht es übrigens hinter der Scheibe aus, seitdem die Heizung wohlige Wärme verbreitet:


Die Kosten für diese Heizung dürften übrigens doch eher zu den geringsten Dresdner Problemen gehören: Reinigung (Treppe kehren, Scheibe putzen) und Heizkosten belaufen sich jährlich auf (und das ist ironiefrei gemeint) gerade einmal 7000 € im Jahr. Ich nehme an, dass die Reinigung hierbei der größere Posten ist, für die man Frau Hörnschemeyer aber nicht verantwortlich machen kann. Ich habe das Ganze hier zwar auch kritisiert, aber die durch die Heizung entstehenden Mehrkosten scheinen sich ja wohl doch mehr um eine Lappalie zu handeln, zumindest wenn man bedenkt, was uns andere Dinge kosten. Mir fällt spontan das Wiener Loch ein.

Ähnliche Artikel:

Kostenexplosion am „Trichter“?

Ein Dokumentarfilm erklärt unverstandene Kunst

Kunst im öffentlichen Raum: Schon wieder Dilettantismus am „Trichter“!

Warum Dresdens Straßenmusiker zahlen sollen


muyserin sagt: 5. Juli 2011 um 14:17 Uhr Treffer, versenkt. Habe mich beim Lesen sehr amüsiert.

Michael sagt: 5. Juli 2011 um 18:02 Uhr Tja, das kommt davon, wenn man sich gerne Mr. Hankey ansieht und jede noch so hirnrissige Idee unter „Kunst“ firmieren kann. vgl. w:de:Mr. Hankey, der Weihnachtskot

muyserin sagt: 5. Juli 2011 um 22:26 Uhr Ich habe weniger ein Problem mit dem Kunstwerk – ich finde, Kunst darf auch mal hirnrissig sein – aber wenn es so schlecht gemacht ist, dass die zugrunde liegende Idee nicht funktioniert, wähnt man sich schon in Schilda.

Hicknhack sagt: 5. Juli 2011 um 22:37 Uhr So ein Schwachsinn. Und dafür ewig Baustelle.

stefanolix sagt: 5. Juli 2011 um 22:50 Uhr Das ist keine Kunst, das ist Volksbildung 😉

Dieses Abwasser könnte einen Teil unserer Energieprobleme lösen helfen. Zum einen durch die Wärme, zum anderen wohl auch durch die Fließgeschwindigkeit. Und die dritte Möglichkeit ist ja fast schon in Betrieb: Faultürme zur Gewinnung von Biogas.

Insofern soll uns die beschlagene Scheibe nur zeigen: Abwasser ist warm.

Frank sagt: 6. Juli 2011 um 09:49 Uhr Das mit der Volksbildung sehe ich eigentlich auch so, denn die Kanalisation ist ja eine wichtige (und sogar interessante) Sache, von der man als Normalbürger kaum etwas mitbekommt. Und wenn man etwas davon sehen könnte, wäre das durchaus interessant.

Allerdings wird von Fachleuten kritisiert, dass die Stelle gar nicht so interessant ist, weil dort kaum Abwasser durchkommt: Da wird (angeblich) nur das Abwasser durchgeleitet, welches vom Hotel Pullman Dresden Newa kommt.

jensi sagt: 6. Juli 2011 um 18:06 Uhr wollt ihr wirklich Abwasser sehen…geht nach Kaditz Scharfenberger Strasse…..da ist Abwasser,sogar zum riechen,anfassen……

übrigens–> man redet darüber,miteinander,übereinander–>das bewirkt KUNST !

grussi……

Ilona sagt: 29. Juli 2011 um 11:55 Uhr Auch ich bin der meInung, dass hier sinnlos auf Teufel komm raus ein Projekt durchgedrückt wurde, um eine unbefriedigte Künstlerseele zu befriedigen, da dieses Objekt aber überhaupt nichts mit Kunst zu tun hat. Hier wäre es doch mal sinnvoll, nicht die Kulturkasse zu belasten, sondern die Erschafferin selbst an den Kosten zu beteiligen!!! Zumindest an den Folgekostenvertrag wie Wartung, Heizung, Reinigung.

schwertfisch sagt: 22. August 2011 um 19:48 Uhr Heute war die Scheibe nicht beschlagen, sondern komplett verschmiert (Schweißfinger und plattgedrückte Nasen). Zu sehen gibts dahinter ja nix, bisschen gefliest, bisschen Betonklotze, und ein kleiner Rinnsaal. Jensi hat schon irgendwie Recht, Kunst ist was draus gemacht und drüber reden reicht da am Ende schon. Trotzdem, die Umsetzung ist schlecht und ich mich schauderts wenn ich mir überlege wieviel alternative (Kunst-)-Projekte davon hätten finanziert werden können.

Frank sagt: 6. Dezember 2011 um 15:03 Uhr Es ist doch Kunst, denn sonst hätte Franka Hörnschemeyer heute ja nicht einen mit 50 000 Euro dotierten Preis dafür erhalten: http://www.dresden.de/de/02/035/01/2011/12/pm_025.php

randomdd sagt: 8. Dezember 2011 um 09:34 Uhr Hier gibt’s meinen Kommentar dazu: http://www.dresdner-rand.de/kunst-muss-nicht-jeder-verstehen/

Frank sagt: 8. Dezember 2011 um 14:23 Uhr Na toll – die Dresdner Morgenpost titelt in ihrer üblichen sachlichen Weise: „50.000-€-Preis für Klo-Kino – Erster Politiker fordert von Künstlerin: ‚Rücken Sie die Kohle raus!'“ Hier der Artikel

Kurzform:

Da die Besucher das Werk nicht zu verstehen scheinen, will die Stadtverwaltung es besser erklären: Anke Hoffmann vom Presseservice derStadt: „Es sind zwei Hinweisschilder vorgesehen, die das Kunstwerk erklären. Ein Dokumentarfilm wird derzeit für die Veröffentlichung im Internet vorbereitet.“ Der Film soll etwa zwölf Minuten „Trichter“-Erklärung bieten. Wie viel Film und Schilder kosten, wollte das Rathaus noch nicht verraten auch nicht ob die bisher veranschlagten 300000 Euro fürs Kunstwerk reichen.

CDU-Stadtrat Sebastian Kieslich hat Franka Hörnschemeyer aufgefordert, das gerade kassierte Preisgeld für den „Trichter“ nach Dresden zu stiften: „Die Kosten waren bereits von ursprünglich 180000 Euro gestiegen, das Werk heftig umstritten und sorgte auch nach der Einweihung für Gesprächsstoff – so musste eine Scheibenheizung eingebaut werden, um den Durchblick zu gewährleisten. Deshalb fordert Kieslich nun: „Das Werk war immer umstritten und wurde deutlich teurer. Deshalb sollte die Künstlerin zur Befriedung das Preisgeld stiften. Dresden hat der Künstlerin den Preis erst möglich gemacht, da das Werk in der Stadt und an so zentraler Stelle steht.“

Ist Kieslichs Idee gerechtfertigt? Eigentlich war es ja so, dass zunächst die Stadt (2002) selbst einen internationalen künstlerischen Wettbewerb zur Gestaltung des „Seetores“ in Dresden ausgelobt hat. Man kann aber nicht erst selbst einen Kunstwettbewerb durchführen, dabei einen später zu bauenden Siegerentwurf auswählen und anschließend dem Künstler in Rechnung stellen, dass keiner sein Werk versteht. Das ist nicht logisch. Dann hätte man ein anderes auswählen sollen. Wenn Besucher nichts mit dem Bauwerk anfangen können und verwundert sind, dann ist es schon die Aufgabe der Stadtverwaltung, hier ein paar Erklärungstafeln anzubringen. Das wäre aus meiner Sicht sogar von vornherein notwendig gewesen. Insofern ist es jedenfalls Unfug, was Kieslich verlangt.

Andererseits sind aber Mehrkosten entstanden und fallen noch an (z.b. für die Scheiben-Heizung). Deshalb könnte man nun schon darüber nachdenken, ob eine Beteiligung von Frau Hörnschemeyer so völlig abwegig ist. Das bedeutet nicht, dass ich das verlange (wenn Hörnschemeyer keinen Preis bekommen hätte, würde das Geld ja trotzdem bezahlt. Wahrscheinlich ist es längst in irgendeinem Budget mit eingeplant und es ist fraglich, ob der Kunst-Preis dort überhaupt mit gebucht werden kann).

Ich habe mich ja im Artikel gefragt, ob das nun Kunst ist. Nur mal angenommen:

1. es wäre als Architekturwettbewerb ausgelobt und von einem Architekten entworfen worden

2. Der Architekt hätte das Detail mit der Heizung übersehen, so dass der Stadt oder der Stadtentwässerung Zusatzkosten entstehen

3. Der Architekt hätte nun einen Architektur-Preis, also Geld dafür erhalten

Würden wir dann auch sagen, es sei absolut vermessen, dass der Herr Architekt sich doch nun bitte etwas finanziell beteiligen möge? Nicht unwichtig wäre dabei, das halbwegs höflich zu tun. „Rücken Sie die Kohle raus“, wäre etwas unverschämt – allerdings bezweifle ich, dass Kieslich das so gesagt hat.

Michael Winkler sagt: 9. Dezember 2011 um 17:22 Uhr 50:50 wäre wohl okay … so als nette Geste seitens Frau Hörnschemeyer. Mehr jedoch auf keinen Fall. Du sprachst es schon an, Frank … erst ein Werk wählen, dann noch nen Preis und dann wieder Geld zurück – das ist albern. Allerdings vielleicht auch etwas medienverzerrt rübergekommen … oder eben Dresden wie es leibt und lebt 🙂

Anonymous sagt: 14. Dezember 2011 um 12:27 Uhr Das Klo-Kino ist und bleibt der grösste Schwachsinn aller Zeiten. Und ob es Kunst ist oder nicht, haben mal wieder ganz andere entschieden als diejenige die es betrifft. Und genauso hat irgendjemand auch immer der Künstlerin das Preisgeld zugeschustert, Keiner hat eine Ahnung wer den Preis unter welchen Kriterien gestiftet hat. Und der Hammer ist doch die Reaktion der Politik: erst sich rigeros einsetzen, dass so eine Sch… gebaut wird und dann das Geld zurückfordern. Wer macht sich denn da mehr lächerlich? Ich kann nur einem meiner Vorredner zustimmen: wenn jemand so was sehen will, soll nach Kaditz gehen!

Peter Macheli sagt: 14. Dezember 2011 um 21:50 Uhr Kunst, über die so viel und kontrovers geredet wird, muss man erstmal schaffen zu erschaffen. Nicht mal 1 Euro/Einwohner Investition ergeben zig Diskussionen über den Kunstbegriff. Und wir haben für ganz anderen Blödsinn genug Geld – wenn die „Bürger“ sich mal so über das Wiener (Geld)Loch aufregen würden…

Frank sagt: 15. Dezember 2011 um 09:29 Uhr @ Peter Macheli: würde auf jeden Fall eine sehr kontroverse Diskussion bei den Einwohnern hervorrufen, wenn man unser berühmtes „Wiener Loch“ einfach zur Kunst erklären (oder unter Denkmalschutz stellen) würde. Die BILD- und MoPo-Schlagzeilen sehe ich schon vor mir 🙂

@Anonymus: Der „größte Schwachsinn aller Zeiten“ ist es ganz bestimmt nicht. So dumm finde ich die Idee nicht. Sie wurde nur nicht sehr konsequent umgesetzt.

Übrigens hat Herr Kieslich meine Anfrage sogar beantwortet: http://www.abgeordnetenwatch.de/frage-143-44573–f319590.html#q319590 Ich werde aber noch mal einige Details nachfragen. Mache ich heute oder in den nächsten Tagen. Frau Hörnschemeyer hätte ich übrigens – wenn ich nun schon mal dabei bin – auch gern gefragt (was Herr Kieslich ihr gegenüber geäußert hat), aber ich habe keinen öffentlichen Kontakt gefunden.

Muyserin sagt: 15. Dezember 2011 um 12:39 Uhr @Frank: Versuche es doch über ihre Galerie Nordenhake. Die haben eine Website mit E-Mail-Adresse,

Frank sagt: 15. Dezember 2011 um 15:00 Uhr Danke, guter Tipp.

Frank sagt: 19. Dezember 2011 um 20:14 Uhr Ich war heute mal wieder dort und habe fotografiert, was man inzwischen hinter der – nun beschlagfreien – Scheibe sehen kann. Siehe Nachtrag im Artikel.

PK sagt: 4. Januar 2013 um 00:25 Uhr Ich hab ja echt nichts gegen Kunst, aber dann sollte es auch korrekt ausgeführt werden und nicht erst mit zig Fehlern.

https://www.frankshalbwissen.de/2011/07/05/warum-man-im-klo-kino-so-wenig-sehen-kann/

Der Blick von der anderen Seite der Scheibe[Bearbeiten]

1871[Bearbeiten]

Die Entsorgung der Fäkalien erfolgte weiterhin über Abortgruben, deren Inhalt mittels Dungwagen regelmäßig geleert und außerhalb der Stadt entsorgt wurde. Dies erfolgte ab 1871 durch die „Dresdner Düngerexport-Actiengesellschaft“.

w:de:Kläranlage Dresden-Kaditz#Vorgeschichte


1874[Bearbeiten]

Im Zuge der Beseitigung der Festungsanlagen in Dresden musste durch die Verfüllung der Wallgräben die Entwässerung neu geordnet werden. Erstmals entstand eine planmäßig angelegte Entwässerung in Dresden, die Entwässerungskanäle (Schleusen) mündeten direkt in die Elbe. Diese wurden als Bauwerke untergeordneter Bedeutung angesehen und dementsprechend mit minderer Qualität und Tiefenlage ausgeführt, sie genügten jedoch den Ansprüchen zur Aufnahme und Ableitung des Regenwassers aus den Straßenschleusen und des Wassers des Kaitzbaches. Die Entsorgung der Fäkalien erfolgte weiterhin über Abortgruben, deren Inhalt mittels Dungwagen regelmäßig geleert und außerhalb der Stadt entsorgt wurde. Dies erfolgte ab 1871 durch die „Dresdner Düngerexport-Actiengesellschaft“.

Dieses System genügte im 19. Jahrhundert den wachsenden Anforderungen aus Industrialisierung und Bevölkerungswachstum nicht mehr. So wurde um 1855 eine „Kellerwasserplage“ festgestellt, die ihre Ursache in den undichten Straßenschleusen und Gruben hatte, auch waren hygienische Probleme wie die Choleraepidemie von 1874 Anlass zu einer kompletten Neuordnung der Entwässerung und umfassenden Einführung der Schwemmkanalisation, die in der Bauordnung der Stadt Dresden, bekannt gemacht am 17. März 1906 offiziell geregelt wurde.

w:de:Kläranlage Dresden-Kaditz#Vorgeschichte

1875[Bearbeiten]

Der Tummelsbach (auch Tümmelsbach) fließt in den Ortschaften Mobschatz und Cossebaude durch den Tummelsgrund. In Alt-Leuteritz hat der Bach heute seinen Beginn. Ursprünglich war die Quelle nördlich von Podemus. Allerdings wurde der Bach durch die Autobahn A4 zerschnitten. Der abgeschnittene Teil wird als Tummelsbach-Oberlauf bezeichnet. Eine Anbindung an den heutigen Bach mit Unterquerung der Autobahn ist geplant.

In der Nähe des Haltepunktes Stetzsch der Eisenbahnlinie nach Meißen findet der Bach in der Kanalisation sein Ende. In früheren Zeiten, vor dem Bau der Eisenbahnlinie, floss der Tummelsbach noch bis zur Elbe.

  • Als Konkurrenz hierzu baute die 1872 gegründete Berlin-Dresdener Eisenbahn-Gesellschaft eine zwölf Kilometer kürzere Verbindung über Elsterwerda. Diese Strecke wurde am 17. Juni 1875 eröffnet.

w:de:Bahnstrecke Berlin–Dresden:

10,717 Radebeul-Naundorf 111 m

Elbebrücke Niederwartha (354 m)

8,969 Niederwartha 112 m

Anst Pumpspeicherwerk Niederwartha

6,785 Cossebaude 110 m

5,275 Dresden-Stetzsch 110 m

3,890 Dresden-Kemnitz 108 m

2,220 Dresden-Cotta 116 m

von Dresden-Altstadt Elbufer

0,260 Dresden-Friedrichstadt 114 m

0,000 (ursprünglicher Streckenbeginn)

von/nach Dresden-Neustadt

von/nach Werdau Bogendreieck

nach Dresden Hbf–Děčín


Das Wasserwerk Saloppe war seit 1875 das erste Dresdner Trinkwasserwerk, das seit 1995 nur noch Brauchwasser für die nördöstlich der Elbe gelegenen Industriebetriebe liefert. Das Wasserwerk liegt direkt an der Elbe und wird manchmal im Volksmund auch als viertes Elbschloss bezeichnet. Der Name Saloppe leitete sich von dem russischen Wort chalupka ab, das nach den Napoleonischen Befreiungskriegen eine Hütte, genauer ein einfaches Wirtshaus an dieser Stelle an der Elbe bezeichnete.

Der Name Saloppe leitet sich ab von chalupka. Er bedeutet auf Hochdeutsch etwa „Hütte“ oder „Bude“ und war seit der Zeit der Befreiungskriege die Bezeichnung der damals in der Umgebung anwesenden russischen Soldaten für ein einfaches Wirtshaus in der Nachbarschaft des heutigen Wasserwerks. Diese Bezeichnung wurde, da von der deutschsprachigen Bevölkerung nicht korrekt verstanden, im Laufe der Jahre über Schaluppe zur heutigen Form verfälscht und schließlich von der Schankwirtschaft auf das Wasserwerk an der Saloppe übertragen.

"Saloppe" geht auf den Namen "Schaluppe" zurück, der um 1815 für ein nahe gelegenes Gasthaus aufkam (im Griechischen bedeutet chalupa soviel wie kleine wertlose Hütte oder Bauernhaus). In Schumann's Lexikon von Sachsen (1830, Bd. 17, S. 988) steht: "Die Schaluppe, fälschlich Saluppe und von Vornehmern Saloppe genannt, war ursprünglich eine blose Schaluppe, d.h. eine Bretterhütte, die sich durch gute Bewirthung und eine treffliche Aussicht (denn sie steht auf einem niedrigen Bergvorsprunge des Gebirges) zu einem eleganten Hause erhoben hat und oft so stark (von Allerlei, auch hohen Klassen der Dresdner) besucht ist, daß die Späterkommenden weder Sitz noch Erdäpfel (welche hier die wichtigste Rolle spielen) bekommen können." (mit Erdäpfeln sind Kartoffeln - sächsisch "Abborn" - gemeint).

w:de:Kaluppe Kaluppe, auch Chaluppe, kommt vom westslawischen „chalupa“, welches ein einfaches Häuschen (Bauernhaus, Bauernhütte, Landhaus) mit Garten oder kleinem Acker zur Eigenversorgung bezeichnet. Daraus bildete sich im Volksmund das umgangssprachliche Kaluppe oder Kaluppbude für ein einfaches, schlecht oder leichtfertig gebautes Haus. Diese Bezeichnung ist heute vor allem im Österreichischen Deutsch gebräuchlich. Im Sudetenland erscheint oft „Chalupner“ als Häusler, abgeleitet vom tschechischen chalupa = Hütte, bzw. chalupář = Häusler. Heute wird in Tschechien der Begriff chalupa häufig neben dem Wort chata als Bezeichnung für Wochenendhäuser verwendet, aber auch für kleinere Umgebindehäuser benutzt. vgl. w:de:Kate (Hütte)

Hütte = w:ru:Хата - Hata (von der altungarischen Form des modernen ungarischen ház „Haus“ oder vom altiranischen; vgl. auch deutsch hütte, englisch hut – „ Hütte “) – das traditionelle Haus der Ukrainer, Weißrussen, Westler und Südrussen, Teile der Polen, mit einem Ofen, historisch - mit einem vierteiligen Stroh- oder Schilfdach.

Halupka ( slowak. Chalupka ) ist ein slowakischer Familienname. w:ru:Халупка


Das Wort Hütte ist im Deutschen seit dem 9. Jahrhundert belegt, im Althochdeutschen noch als hutta. Aus der angenommenen indogermanischen Wortwurzel *hud- im Sinne „Schutz“ soll sich auch Haus, Haut sowie Hüten, Hut, Obhut ableiten.[6] Ein Zusammenhang mit *[s]keu- „bedecken, umhüllen“ und Scheune[3] wird angenommen, auch zu Kote/Kate mnd. „Hütte“.[7] Das deutsche Wort wurde in mehrere Sprachen als Entlehnung übernommen, beispielsweise im Französischen als hutte, im Englischen als hut.[3] Auch in den nordischen Sprachen findet sich der Wortstamm (norw. Hytte „Ferienhäuschen“). Sinnverwandt ist auch das Wort Koje (urspr. lat. cavea über nl. kooi „Käfig, Verschlag, Stall“, schwed. koja, norw. koie aber jeweils „Hütte“) In der ursprünglichen Bedeutung war ein vor der Witterung bedeckter Ort oder ein mit einfachen Mitteln erstellter Bau als Zufluchtsort oder als Aufbewahrungsort gemeint. Noch im Mittelhochdeutschen wird nicht streng zwischen Hütte und Zelt (tentorium) unterschieden:


Im Siebenjährigen Krieges während der Belagerung von Dresden im Juli 1760 errichteten preußische Soldaten einen Feldposten in einer einfachen Bretterbauweise, der auf einem Weinberg nordöstlich der Dresdner Altstadt nahe einer Fährstelle lag. Nach dem Abzug der preußischen Armee wurde sie dem Fährmann und dessen Frau überlassen, die bislang als Marketender fungiert hatten und hier fortan einen öffentlichen Ausschank betrieben.

Um 1813 befand sich während der Schlacht von Dresden ein Kosakenfeldposten in dem Gebäude, das in dieser Zeit bei den Russen unter dem Namen Wutki Chalupka (deutsch Schnapsbude) bzw. Schaluppe fälschlich Saluppe (deutsch Bretterhütte) bekannt war, woraus sich die heutige Bezeichnung Saloppe entwickelte.

Nach dem Abriss der Bretterbude im April 1822 errichtete man an gleicher Stelle einen Neubau, der eine beliebte Gastwirtschaft war, aber wieder beseitigt wurde, nachdem die Stadt Dresden 1864 das Grundstück erworben hatte, um das Wasserwerk darauf zu bauen. Nach der Fertigstellung des Wasserwerks errichtete dessen Erbauer Theodor Friedrich einen neoromanischen Ersatzneubau für die Schankwirtschaft.

Ab 1876 entstand ein großzügiger Restaurantkomplex mit Aussichtsturm und Gartenterrasse. Er entwickelte sich zu einer der beliebtesten und größten Gaststätten Dresdens.Noch bis 1945 konnten die Besucher hier einkehren.

Sowohl Wasserwerk Saloppe wie auch die benachbarte Gastwirtschaft wurden 1945 ein Opfer des Luftangriffs.

1952 wurde an Stelle der früheren Ausflugsgaststätte in der Nachkriegszeit wieder eine Schankwirtschaft eingerichtet. Das Gebäude war bis 1991 vor allem als Wohngebietsgast- & Kulturstätte mit verschiedenen Tanzveranstaltungen und Sommerfesten von Bedeutung.

Die Saloppe wurde durch uns ab 1997 als Veranstaltungsort von verschiedenen Veranstaltungen (Dresdner Seifenkistenrennen, Afterwork Parties, Kinder- & Familienfeste, etc.) bekannt und gilt als älteste Schankwirtschaft Dresdens.

Der Finanzausschuss der Stadt Dresden hat 2007, trotz großer Bedenken der städtischen Ämter, eine 3 jährige Option verabschiedet, welche die Bebauung des Grundstückes der Sommerwirtschaft Saloppe mit exklusiven Wohnhäusern vorsieht. Ein Architektenwettbewerb ist ausgeschrieben, um einen Vorschlag zur zukünftigen Bebauung dem Stadtrat vorzustellen.

21.06.2008 Oberbürgermeisterin Frau Orosz setzt sich für die Erhaltung der Saloppe ein. Die Betreiber reichen einen Antrag auf einen Erbaupachtvertrag bei der Stadt Dresden ein.- 2008

12.03.2009 Der Stadtrat Dresden beschließt einstimmig das die Saloppe erhalten bleibt und verhindert damit das private Baurecht einer “sogenannten“ Investorengruppe.

UNESCO fordert Bericht zu Saloppe

19.09.2008 Dresden (ddp-lsc). Das UNESCO-Welterbezentrum Paris hat einem Zeitungsbericht zufolge Auskunft über die zwei umstrittenen Projekte Saloppe-Bebauung und Loschwitz-Höhe im Welterbegebiet angefordert. Wie die «Dresdner Neuesten Nachrichten» heute berichten, hat das Welterbezentrum den Bericht über das Auswärtige Amt von der Stadtverwaltung Dresden verlangt. Laut Baubürgermeister Herbert Feßenmayr (CDU) reagierte Paris auf Beschwerden, die dazu eingegangen sind. (Dokument)

Im Zusammenhang mit dem Grundstücksverkauf am Elbhang sprechen wir uns auch gegen den Verkauf des Wasserwerkes Saloppe am Elbufer aus: "Privatisierungen in diesem sensiblen Teil des Elbhanges sind falsch. Die Öffentlichkeit muss langfristig die Kontrolle über die Entwicklung behalten.

1889[Bearbeiten]

1889 übernahm Hermann Klette von dem damaligen Tiefbauamtsleiter Carl Mank die Stelle des Vorstands des städtischen Tiefbauwesens. Bereits sein Vorgänger hatte ab 1850 versucht, erste unterirdische Kanäle in Dresden anzulegen. Aber erst Klette gelang es, den weiteren Ausbau der Dresdner Kanalisation zu systematisieren und die Kanäle hydraulisch zu verbessern. In den Folgejahren entstanden die rechtwinklig zur Elbe führenden Gebietshauptkanäle und die beiden Hauptadern des Abwassersystems, der Altstädter und Neustädter Abfangkanal. Bezogen auf die Kanalisation gilt Hermann Klette als der geistige Vater des Dresdner Freispiegelnetzes. Seine planerischen Grundsätze genügen im Wesentlichen auch noch den heutigen Anforderungen.

1892[Bearbeiten]

Durch die Eingemeindung wurde Striesen an die Dresdner Wasserversorgung und Kanalisation angeschlossen.

  • Die Eingemeindung wurde am 1. Juli 1892 in einem Festakt mit Dresdens Bürgermeister Stübel im Striesener Gemeindehaus (Tittmann-/Ecke Wartburgstraße) mit dem Gemeindevorstand Clauß besiegelt. Der feierliche Akt fand um 12.00 Uhr im Sitzungssaal des Gemeinderates Striesen statt. ... Der Rath verpflichte sich, mit der Zuführung von Wasser aus dem städtischen Wasserwerke zu beginnen, ebenso mit der Gaszuführung, zum Beispiel auf der Straße J bis zum Sächsischen Prinzen, und mit der Beschleusung. ... Die Grenze gegen Blasewitz ist heute noch deutlich an der plötzlichen Verbreiterung der Straßen auf der Striesner Seite zu erkennen. Straßenknicke in der dicht bebauten Gegend um die Huttenstraße lassen erkennen, dass hier zwei nicht aufeinander abgestimmte Baubauungspläne aneinander stoßen. Um 1900 war Johannstadt mit Striesen zusammengewachsen, und die Baulücke im Norden zwischen Blasewitzer und Dürerstraße geschlossen. Durch die Eingemeindung wurde Striesen an die Dresdner Wasserversorgung und Kanalisation angeschlossen.

Um 1900[Bearbeiten]

So zählte Löbtau im Jahre 1834 nur 163 Einwohner, doch vervielfachte sich die Bevölkerungszahl in den nächsten Jahrzehnten und Löbtau wurde zur größten Landgemeinde Sachsens. Im Jahre 1875 wurde der Neue Annenfriedhof angelegt. 1881 erhielt Löbtau einen Pferdebahnanschluss nach Dresden, diese Strecke wurde 1900 elektrifiziert. Im Ort gab es entlang des Weißeritzmühlgrabens mehrere Mühlwerke. 1898 wurde das Rathaus eingeweiht. Anfang des 20. Jahrhunderts war Löbtau eine Fabrik- und Arbeitervorstadt, zum großen Teil mit geschlossener Bebauung. Am 1. Januar 1903 wurde es mit etwa 39.000 Einwohnern nach Dresden eingemeindet.

Der Roßthaler Bach im Stadtteil Naußlitz ist 1,4 km lang und überwindet von der Quelle bis zur Mündung in die Kanalisation einen Höhenunterschied von rund 60 m. Er entspringt etwa 180 m südwestlich des Roßthaler Schlosses, das heute als Berufliches Schulzentrum für Agrarwirtschaft und Ernährung genutzt wird, und fließt dann Richtung Osten.

Unterhalb des Schlosses wurde der Bach zum Roßthaler Schlossteich angestaut. Anschließend durchquert das Gewässer die Kleingartensparte „Am Roßthaler Bach“, wo sich seit 1934 ein Hochwasserrückhaltebecken mit 6000 Kubikmetern Fassungsvermögen befindet, die sogenannte Bachwiese hinter dem „Kaiserhof“ Altnaußlitz. Der Bach unterquert die Kreuzung Altnaußlitz/Kölner Straße, fließt am Rand der Naußlitzer Streuobstwiese entlang und mündet an der Kreuzung Clara-Zetkin-/Lange Straße in das städtische Mischwasserkanalnetz.

Früher durchfloss der Bach das Gebiet des heutigen Stadtteils Löbtau und mündete in die Weißeritz. Über die genaue Mündung ist die Quellenlage differenziert. Der Roßthaler Bach wurde wahrscheinlich an die Kanalisation angeschlossen, als der damalige Vorort Löbtau am Ende des 19. Jahrhunderts ausgebaut wurde. Der Roßthaler Bach wird auch vom 400 m kurzen Dölzschgraben gespeist, der unterhalb des Friedhofes Dölzschen entspringt und parallel zur Hainichener Straße verläuft.

Beim Hochwasser 2013 führte auch der sonst nahezu ausgetrocknete Roßthaler Bach große Wassermengen.


Der Roßthaler Bach ist ein linkselbisches Gewässer im Dresdner Südwesten. Er liegt linksseitig im Einzugsgebiet der Vereinigten Weißeritz, mündet aber nicht in diese, sondern in die Mischwasserkanalisation. Die Hauptfließrichtung des Roßthaler Baches ist Nordost.

Der Roßthaler Bach entspringt etwa 180 Meter südwestlich des Roßthaler Schlosses und fließt zunächst in nordöstliche und dann in nordwestliche Richtung. Nach etwa 100 Metern Fließstrecke wechselt die Richtung wieder nach Nordost und kurz darauf beginnt eine etwa 200 Meter lange Verrohrung, in der der Roßthaler Bach die Straße Altroßthal und den Roßthaler Schlossteich unterquert. Etwa 75 Meter unterhalb Roßthaler Schlossteich tritt der Roßthaler Bach wieder zutage (vgl. Abbildung im Abschnitt Anlagen) und fließt weiter Richtung Nordost. Nach etwa 240 Metern mündet der Dölzschgraben von rechts in den Roßthaler Bach. Nach 200 weiteren Metern Fließweg durchquert das Gewässer das Hochwasserrückhaltebecken Roßthaler Bach (vgl. Abschnitt Anlagen und Abschnitt Hochwassergefahren). Etwa 250 Meter unterhalb des Hochwasserrückhaltebeckens zweigt der Abschlagsgraben Roßthaler Bach ab. Sowohl der Abschlagsgraben Roßthaler Bach als auch der Roßthaler Bach selbst münden in der Clara‐Zetkin‐Straße in die Mischwasserkanalisation, der Roßthaler Bach nach etwa 280 Metern weiteren Fließweg in Höhe der Kreuzung Lange Straße/Clara‐Zetkin‐Straße.

Zwischen Roßthaler Schlossteich und Clara‐Zetkin‐Straße hat sich der Verlauf des Gewässers im Laufe der Jahre nicht wesentlich geändert. Ursprünglich führte der Roßthaler Bach jedoch vom westlichen Ende der Clara‐ Zetkin‐Straße über Löbtauer Flur in nordöstlicher Richtung weiter und mündete vermutlich im Bereich der heutigen Hirschfelder Straße in die Vereinigte Weißeritz. Die Einbindung in die Kanalisation erfolgte wahrscheinlich im Rahmen der städtebaulichen Erschließung am Ende des 19. Jahrhunderts. In Karten von 1881 und 1892 (Kartenforum der Sächsische Landesbibliothek ‐ Staats‐ und Universitätsbibliothek Dresden (SLUB)) ist noch ein offener Verlauf bis Altlöbtau/ Burgkstraße verzeichnet. In einer Karte von 1910 (SLUB) ist der Bach dagegen nur noch etwa bis zur heutigen Einmündung in die Kanalisation dargestellt. Die Kanalisierung im Bereich Altroßthal erfolgte entsprechend der vorliegenden historischen Unterlagen wahrscheinlich in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, wurde aber später noch verändert.

In Altroßthal münden unterhalb des Roßthaler Schlossteiches zwei Regenwassereinleitungen und eine Einleitung der Straßenentwässerung in den verrohrten Roßthaler Bach Zulauf (Ablauf des Roßthaler Schlossteiches). Angaben zu den Einleitmengen liegen nicht vor. Außerdem gibt es eine Einleitung aus einer privaten Kleinkläranlage in einen Nebengraben des Roßthaler Baches. Weitere Einleitungen in den Roßthaler Bach sind nicht bekannt. Der Roßthaler Bach ist aber eng mit dem Kanalnetz verknüpft, er mündet an der Clara‐Zetkin‐Straße in das Mischwasserkanalnetz. Es sind keine Regenrückhaltebecken bekannt, die in den Roßthaler Bach einleiten. Das im Nordwesten des Einzugsgebietes des Roßthaler Baches an der Stadtgrenze gelegene und in der Karte dargestellte Regenrückhaltebecken leitet nicht in den Roßthaler Bach sondern in den Geyersgraben ein.

Aus den letzten Jahren sind keine größeren Probleme mit Hochwasser bekannt. Hochwasserabfluss wie im Frühjahr 2006, im Juni 2013 und im Mai 2014 konnte überflutungsfrei abgeführt werden. Lediglich am Einlauf in die Kanalisation an der Clara‐Zetkin‐Straße kam es wegen Rückstau und Verklausung zu kritischen Situationen.

Hochwassergefahren

Die größten Abflüsse im Roßthaler Bach entstehen bei kurzen Starkregenereignissen von etwa 90 Minuten Dauer, die Spitzenabflüsse sind der oben stehenden Tabelle zu entnehmen.

Begrenzt wird der Abflussscheitel durch die Wirkung des Hochwasserrückhaltebeckens in Naußlitz, das 2018 ertüchtigt wurde. In Verbindung mit dem Hochwasserrückhaltebecken ist das Gerinne des Roßthaler Baches ausreichend dimensioniert, um diese Hochwasserabflüsse überflutungsfrei abzuführen. Überstaugefahr besteht nur an Bauwerken im Falle von Verklausungen. Eine Schwachstelle bleibt aber der Einlauf in das städtische Mischwasserkanalnetz an der Clara‐Zetkin‐Straße, da das Kanalnetz grundsätzlich nicht geeignet ist, Hochwasser aus Gewässern aufzunehmen.


Abb. 6: Roßthaler Bach ‐ Blick stromab auf den Durchlass Altnaußlitz; 11.12.2019

Abb. 7: Einlauf Clara‐Zetkin‐Straße des Roßthaler Baches in die Kanalisation mit Treibgutfang RFT033; 15.04.2019


Abb. 23: Einlauf Roßthaler Bach in die Kanalisation nach Hochwasserabfluss; 27.05.2014


Clara-Zetkin-Straße Kreuzung Lange Straße: Mündung des Roßthaler Bachs in die städtische Kanalisation

1901[Bearbeiten]

Anfang Juli 2015 stellte die Stadtentwässerung Dresden eine originalgetreue Kopie des historischen Kanaleinstiegshäuschens auf, das ab etwa 1901 den Bönischplatz zierte und vermutlich 1945 verbrannt ist. Neben dem wiederaufgebauten Häuschen gibt es nur noch ein weiteres in Dresden – am Bernhard-von-Lindenau-Platz.

  • Simone Burig: Der Einstieg in Dresdens Unterwelt. In: SZ 17.7.2015, S. 20. Simone Burig: Kanalhäuschen stinkt Anwohnern. In: freitagSZ 20.11.2015, S. 3

Photo


Am Bernhard-von-Lindenau-Platz steht ein Kanaleinstiegshäuschen, durch das man in die Kanalisation einsteigen kann. Es wurde 2013 rekonstruiert. Daneben gibt es nur noch ein weiteres solches Häuschen in Dresden – am Bönischplatz.


1903[Bearbeiten]

Dresdner Abwässer - Neustadt; Vorstädte Pieschen, Mickten, Übigau, Cotta. Februar 1903.

1906[Bearbeiten]

Im Zuge der Beseitigung der Festungsanlagen in Dresden musste durch die Verfüllung der Wallgräben die Entwässerung neu geordnet werden. Erstmals entstand eine planmäßig angelegte Entwässerung in Dresden, die Entwässerungskanäle (Schleusen) mündeten direkt in die Elbe. Diese wurden als Bauwerke untergeordneter Bedeutung angesehen und dementsprechend mit minderer Qualität und Tiefenlage ausgeführt, sie genügten jedoch den Ansprüchen zur Aufnahme und Ableitung des Regenwassers aus den Straßenschleusen und des Wassers des Kaitzbaches. Die Entsorgung der Fäkalien erfolgte weiterhin über Abortgruben, deren Inhalt mittels Dungwagen regelmäßig geleert und außerhalb der Stadt entsorgt wurde. Dies erfolgte ab 1871 durch die „Dresdner Düngerexport-Actiengesellschaft“.

Dieses System genügte im 19. Jahrhundert den wachsenden Anforderungen aus Industrialisierung und Bevölkerungswachstum nicht mehr. So wurde um 1855 eine „Kellerwasserplage“ festgestellt, die ihre Ursache in den undichten Straßenschleusen und Gruben hatte, auch waren hygienische Probleme wie die Choleraepidemie von 1874 Anlass zu einer kompletten Neuordnung der Entwässerung und umfassenden Einführung der Schwemmkanalisation, die in der Bauordnung der Stadt Dresden, bekannt gemacht am 17. März 1906 offiziell geregelt wurde.

w:de:Kläranlage Dresden-Kaditz#Vorgeschichte

Aktuell[Bearbeiten]

Industriesammler Nord[Bearbeiten]

Stadtentwässerung baut neuen Sammler für Industrieabwasser – Zeitplan für Sanierung der Neuländer Straße steht

20. Dezember 2022 | Winfried Schenk

Auf Anwohner und Anlieger in der Neuländer Straße kommen ab Oktober 2023 umfangreiche Bauarbeiten zu. Die Stadtentwässerung Dresden wird hier Rohre für einen neuen Abwasser-Kanal, den Industriesammler Nord, verlegen. „Dieser, rund zehn Kilometer lange, Hauptkanal soll Voraussetzungen für die weitere industrielle Entwicklung im Dresdner Norden schaffen und das rechtselbische Kanalnetz entlasten“, erklärte Torsten Seiler, der als Gebietsleiter Investitionen für den Ausbau des Kanalnetzes zuständig ist, im Gespräch mit dem Onlinejournal Pieschen Aktuell. Anschließend würde die von den Anwohnern seit Jahren geforderte grundhafte Sanierung der Neuländer Straße folgen.


Über eine Länge von 10 Kilometer führt der Hauptkanal vom Klärwerk bis zum Infineon-Werk.

Vor allem die Halbleiter-Industrie wachse. „Allein die Werke von Globalfoundries, Infineon, Bosch und X-Fab leiten schon jetzt mit ihren knapp 8,7 Millionen Kubikmetern 93 Prozent der Dresdner Industrie-Abwässer ein. Zum Vergleich: Aus der Feldschlößchen-Brauerei kommen knapp 400.000 Kubikmeter jährlich. Jetzt will Infineon noch seinen Dresdner Standort kräftig ausbauen. An der Südostecke des Werks an der Königsbrücker Straße mit rund 3.200 Beschäftigten sind Flächen freigehalten worden. Geplant ist, dort bis 2026 einen Neubau für rund 1.000 zusätzliche Jobs zu schaffen“, erläutert der Investitionschef die Hintergründe.

Torsten Seiler ist Gebietsleiter Investitionen bei der Stadtentwässerung Dresden.

Deshalb plane die Stadtentwässerung, einen rund zehn Kilometer langen Hauptkanal vor allem für die Abwässer der Mikroelektronik-Betriebe zu bauen, den Industriesammler Nord. Mit rund 47 Millionen Euro will die Stadtentwässerung Dresden eine beträchtliche Summe in das Großprojekt investieren. „Wir brauchten darum zunächst Gewissheit über die geplanten Ansiedlungen, bevor wir das Projekt in Angriff genommen haben“, so Seiler. Dies sei letztlich auch der Grund, warum sich Sanierung der Neuländer Straße noch einmal verzögert habe.

Der erste, sieben Kilometer lange, Abschnitt des Hauptkanals wird vom Klärwerk entlang der A 4 bis zum Autobahnanschluss Wilder Mann entstehen. Hier werden sich offene Bauweise und unterirdischer Rohrvortrieb abwechseln, erklärte Seiler.

Industriesammler Nord: offene Bauweise und unterirdischer Rohrvortrieb

Abschnitt Klärwerk bis Flutrinne: offene Bauweise

Abschnitt Flutrinne – Grimmstraße – Riegelplatz: unterirdischer Rohrvortrieb

Abschnitt Riegelplatz bis Ecke Grimmstraße / Gleinaer Straße: offene Bauweise

Abschnitt Kreuzung Grimmstraße / Gleinaer Straße – parallel zur A4 – Sternweg – Kreuzung Sternweg / Neuländer Straße: unterirdischer Rohrvortrieb (hier wurde die Planung abweichend zur Karte angepasst)

Abschnitt Neuländer Straße bis Schedlichstraße: offene Bauweise

Abschnitt Moritzburger Landstraße: unterirdischer Rohrvortrieb unter der Moritzburger Landstraße

Abschnitt Diebweg bis Radeburger Straße: offene Bauweise

Abschnitt Radeburger Straße – Augustusweg bis zum Moritzburger Weg: unterirdischer Rohrvortrieb

Abschnitt Moritzburger Weg bis Infineon: offene Bauweise, Königsbrücker Landstraße wird durchörtert

Industriesammler Nord – Übersichtskarte (13 MB)

Im Juni 2023 sollen die Arbeiten für den Abschnitt Klärwerk bis zum Riegelplatz beginnen. „Hier werden die Bürger von der großen Baumaßnahme nicht viel mitbekommen“, meinte Seiler. In der Grimmstraße wird die erste tiefe Grube für den unterirdischen Rohrvortrieb ausgeschachtet. Sie ist etwa 7 Meter tief und rund, damit die hydraulische Presseinheit gedreht werden kann. Die Maschine soll die zwei Meter dicken Rohre sowohl in Richtung Flutrinne als auch in Richtung Riegelplatz vorantreiben – 400 Meter in die eine und 600 Meter in die andere Richtung. Nach der Unterquerung der Meißner Straße folge dann in der Grimmstraße ein weiterer Abschnitt in offener Bauweise, bevor es wieder – parallel zur Autobahn A4 – unter die Erde geht. Zu den Planungen des Hauptkanals gehört ein sehr detailliertes Baugrundgutachten. Dies sei vor allem für den unterirdischen Rohrvortrieb wichtig. Aber, so Seiler, auf Überraschungen müsse man dennoch jeder Zeit gefasst sein.


Mit einer hydraulischen Presse werden die Rohre in 5 Meter Tiefe durch das Erdreich gedrückt. Foto: SEDD

Ab Oktober 2023 geht es dann in der Neuländer Straße los. Stadtentwässerung, Sachsenenergie und Straßen- und Tiefbauamt bauen hier gemeinsam. Die 1,60 Meter dicken Abwasserrohre werden in einer Tiefe von fünf Metern verlegt. Hinzu kommen neue Wasserleitungen und weitere Medien. Der Untergrund der Straße wird völlig neu aufgebaut, inklusive der Straßenentwässerung. Dann folgen Straßenbelag und Fußwege. Während der Bauzeit müssen die Grundstücke der Anwohner und der Anlieger immer erreichbar sein. Etwa zweieinhalb Jahre später, Mitte 2026, sollen die Bauarbeiten beendet sein. Die Fertigstellung des neuen Industriesammlers Nord ist für das Jahresende 2026 geplant.

https://pieschen-aktuell.de/2022/stadtentwaesserung-baut-neuen-sammler-fuer-industrieabwasser-zeitplan-fuer-sanierung-der-neulaender-strasse-steht/


Das Crystal-Wasser von Dresden[Bearbeiten]

DAS CRYSTAL-WASSER VON DRESDEN

So drogenverseucht ist unsere Kanalisation

14.12.2016 - 20:50 Uhr

Dresden – Auf der Suche nach Drogen nahm eine europaweite Studie jetzt das Abwasser in mehr als 60 Großstädten unter die Lupe. Das Ergebnis ist erschreckend.

Nirgendwo in Deutschland fließt so viel Crystal Meth durch die Kanäle wie in Dresden!

Laut den Forschern werden im Schnitt 136,7 Milligramm der Droge pro 1000 Menschen konsumiert – und das jeden Tag.

Im München wurden im gleichen Zeitraum 24,8 Milligramm gemessen, in Dortmund sogar nur 3,7.

Kann das gefährliche Crystal auch in unser Trinkwasser gelangen?

Gunda Röstel (53), Chefin der Dresdner Stadtentwässerung beruhigt: „Die Droge gehört zu den Mikroschadstoffen und wird zu mehr als 75 Prozent herausgefiltert.“

In den Klärwerken sorgen bio-chemische Prozesse für die Reinigung, Millionen kleiner Mikroorganismen beseitigen die Reste der Droge.


Röstel: „Täglich gelangt nur eine Messerspitze in die Elbe. Wir reden hier vom Würfelzucker im Bodensee. Es besteht also keine Gefahr.“


https://www.bild.de/regional/dresden/crystal-meth/so-drogenverseucht-ist-unsere-kanalisation-49322788.bild.html

Geschichte[Bearbeiten]

https://www.dwa-st.de/de/rb.html

Älteste Zeugnisse[Bearbeiten]

Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall

Rundbrief für die Mitglieder im Landesverband Sachsen/Thüringen Nr. 54, April 2019

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Geschichte der Alten Dresdner Kanalisation

Teil 1: Einführung und älteste Zeugnisse

Abb. 1: Ältestes Menselblatt, datiert auf 1856 mit Eintragungen von 1899 (bis 2018 im Besitz der Stadtentwässerung Dresden GmbH, jetzt im Stadtarchiv)

[Hauptkanal von der Marienbrücke unter der Hauptstraße entlang]

Abb. 2: Bauperioden der Dresdner Kanalisation

bis 1560 - Rinnensysteme und Bruchsteinkanäle

um 1560 - erste aktenkundige Schleusenbauten - Steinerne Schleusen

1809-1830 - Entfestigung der Stadt - Schleusen in Vorstädten

1865 - MANK baut städt. Schleusenbauwesen auf - Manksches Schleusensystem

1890 - Neuorganisation des Tiefbauamtes durch KLETTE - Neue Kanalisation

  • 1909 Tod KLETTES
  • 1910 Inbetriebnahme KA Kaditz

1945 - Zerstörung und Neubeginn - DDR-Netzerweiterungen

  • ab 1960er Jahre: Niedergang der Abwasserwirtschaft

ab 1989 - Neuorganisation und Bestandsaufnahme - Erweiterung und Sanierung

  • 2004 Teilprivatisierung der Stadtentwässerung Dresden

Der Grad des Wissens über die Epochen der Geschichte ist unterschiedlich. Während manche Zeiträume gut belegt sind, tappt man bei anderen eher im Dunkeln. Grundsätzlich könnte man meinen, dass die Zeugnisse mit zunehmendem Alter spärlicher werden. So ist es aber nicht immer, denn auch bei den bisherigen Veröffentlichungen zur Geschichte der Abwasserentsorgung in Dresden standen beispielsweise reichlich Informationen über das Mittelalter und die frühe Neuzeit eher wenig Erkenntnissen aus der Zeit der Industrialisierung gegenüber. Vermutlich lag dies auch an der schwereren Zugänglichkeit von Informationen zu dieser Zeit. Diese Zugänglichkeit ist in den letzten Jahren durch die Digitalisierung von Archiven und damit verbundene Recherchefunktionen sowie die Möglichkeiten des Internets an sich extrem erleichtert worden. Auch ist es jetzt viel besser möglich, Parallelen und Zusammenhänge z. B. zur Entwicklung in anderen Städten zu erkennen. Aber nach wie vor existieren viele weiße Flecken und es bleibt zu hoffen, dass wir in den nächsten Jahren noch einiges Neues erfahren, vielleicht auch über die DDR-Zeit, die zwar vergleichsweise noch nicht lange zurückliegt, bislang aber scheinbar nicht besonders attraktiv für die historische Aufarbeitung war. Wenig ist z. B. darüber bekannt, wie der Neuanfang nach dem Krieg erfolgte. Übrigens: Wer ins Detail gehen will, wird aber auch in Zukunft noch den Gang in das Archiv antreten müssen.

Das Hauptinteresse des Autors galt also der Entwicklung des Dresdner Abwassersektors im 19. Jahrhundert, welche eng mit der Stadtentwicklung zu Beginn des industriellen Zeitalters verbunden war. Im Rahmen der nächsten Ausgaben des Rundbriefes wird versucht, eine Brücke zu schlagen zwischen „abwassertechnischer Vorzeit“ in Form archäologischer Befunde im Dresdner Stadtzentrum zwischen Schloss, Alt- und Neumarkt und der „abwassertechnischen Neuzeit“, die mit dem Bau der Abfangkanäle und der Kläranlage in den damals noch vor der Stadt liegenden Dorffluren von Kaditz begann. Der damals dabei im Mittelpunkt des Handelns stehende Dresdner Stadtbaurat Hermann Klette prägte Anfang des 20. Jahrhunderts dafür den Begriff der „Neuen Kanalisation“. Alles was vor 1890 vorhanden war, gehörte zur „Alten Kanalisation“. Klette war sich schon damals bewusst, mit der Konzeption und Umsetzung seiner sich später als überaus nachhaltig erwiesenen technischen Lösungen eine neue Ära begründet zu haben. Das Wissen über die bestehenden Anlagen wurde ihm allerdings von seinem Vorgänger nur

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spärlich übertragen. Die in den zurückliegenden Jahrzehnten und Jahrhunderten errichteten Kanäle waren nämlich nicht kartiert worden. Und so dauerte es etwa zwei Jahrzehnte, bis Vermesser und Zeichner dies nachgeholt hatten und Pläne der Alten Kanalisation vorlagen. Ergebnis dieser mühsamen, verdienstvollen Arbeit waren insbesondere die Eintragungen der damals als „Schleußen“ (diese Bezeichnung wird im Folgenden, mit „Schleuse“ an die neue Rechtschreibung angepasst, beibehalten) bezeichneten Abwasserkanäle in die sogenannten Mensel-Blätter (Mensel=Messtisch), welche die Stadtkarte der 1850er bis 1870er Jahre als Grundlage beinhalteten. Soweit damals bekannt, wurden neben den Fließquerschnitten und Materialien auch die Baujahre der Kanäle dokumentiert. Interessant und Zeugnis des kompromisslosen Agierens Klettes ist es, dass viele der in dieser Zeit dokumentierten Kanalquerschnitte dann im Zuge des Umbaus zur Neuen Kanalisation schnell ersetzt wurden und oft für immer verschwanden.

Bauperioden der Dresdner Kanalisation

Es ist vor allem die Bauart der Kanäle, die uns heute bei fehlenden schriftlichen Zeugnissen eine Zuordnung zu den verschiedenen Bauepochen ermöglicht. Bauweise, Material und Querschnittsformen wurden über die Jahrhunderte weiterentwickelt und so kann man die in Abbildung 2 dargestellten Perioden voneinander abgrenzen. Die mittelalterlichen Wasserkanäle (oft multifunktionell der Wasserversorgung und Abwasserentsorgung dienend) wiesen noch eine sehr primitive Bauweise aus Bruchsteinen und ohne befestigte

Sohlen auf. Ihnen folgten an der Wende zur Neuzeit Schleusen aus Sandstein, was sicher als Eigenheit der Städte in der Nähe der Sächsischen Schweiz gelten kann. Diese Bauwerke waren bereits auf hohem handwerklichen Niveau und so dauerhaft, dass sie teilweise noch heute bestehen und es keinen Grund anzunehmen gibt, dass sie ohne mechanische Einwirkungen irgendwann einmal infolge Materialermüdung einzustürzen drohen. Sandstein ist ein sehr dauerhafter Baustoff, dem auch biogene Schwefelsäurekorrosion wenig anhaben kann. Mit der Neuen Kanalisation hielt um 1890 der Baustoff Beton massenhaft Einzug. Beton war vergleichsweise billig und konnte in einer Phase rasanten Stadtwachstums leicht in ausreichender Menge hergestellt werden. Dabei kamen sowohl vorproduzierte Rohre als auch in situ gefertigter Beton, meist unbewehrt, zur Anwendung. Auch das gegen chemische Angriffe sehr widerstandsfähige und somit dauerhafte Steinzeug wurde nun industriell produziert und in großem Umfang als Kreis-, Ei- oder Ovalprofil eingesetzt. Der große Elbdüker wurde aus Stahl gefertigt. Seit dem Beginn der Ära der Neuen Kanalisation sind allerdings auch schon 130 Jahre vergangen und das Dresdner Abwassernetz hat weitere Bauphasen erlebt, etwa in den Plattenbaugebieten in den 1970er und 1980er Jahren und während der Nachwendezeit, die durch Erschließungsmaßnahmen für Stadterweiterungen, Neubaugebiete und die nachträgliche Erschließung von Altbebauung geprägt war. Derzeit stehen vor allem Erneuerungs- und Renovationsmaßnahmen an, darunter die noch andauernde Komplettsanierung der Abfangkanäle. Später wird man rückblickend auf unsere heutige Zeit eine ver


mutlich verwirrende Vielfalt an Rohrmaterialien konstatieren und erst dann feststellen, welche davon tatsächlich die Zeiten gut überdauert haben… So wie es eine sich im Nachhinein als positiv erweisende Folge fehlender Wirtschaftskraft der DDR war, dass viele Gründerzeitviertel und andere alte Bauten, anders als in westdeutschen Städten, nicht abgerissen worden sind und somit jetzt noch das jeweilige Stadtbild prägen, ist es eine Eigenheit von Kanalnetzen der Städte der ehemaligen DDR, dass während eben dieser DDRZeit wenig alte Kanäle erneuert wurden. Demzufolge sind die älteren Baujahre noch in hohem Maße vertreten. Im Dresdner Netz sind dies vor allem die ca. 750 Kilometer der Neuen Kanalisation. Das Säulendiagramm mit Kanallängen verschiedener Bauperioden belegt dies. Es zeigt auch, dass noch 65 Kilometer der Alten Kanalisation, meist aus Sandsteinmauerwerk, in Betrieb sind. Darunter befindet sich ein großer Anteil aus den 1870er Jahren, welcher jetzt bereits fast 150 Jahre in Betrieb ist! Den alten Kanälen sollte man mit Respekt begegnen und im Falle notwendiger baulicher Ertüchtigungen prüfen, ob nicht eine Rekonstruktion einem Neubau vorgezogen werden kann.

Die ältesten noch in Betrieb befindlichen Kanäle im Dresdner Netz stammen aus der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts, sind also um die 250 Jahre in Funktion und damit ohne Zweifel ein Stück erhaltenswerter Historie!

Abb. 3: Neue Kanalisation – Einbau des Elbdükers am Flügelweg, 1907 (Quelle: Philipp-Holzmann-Archiv Berlin)

Abb. 4: 2016 noch in Betrieb befindliche Kanäle aus verschiedenen Bauperioden

bis 1888: 65 km, fast alle saniert

1889-1945: über 750 km, davon knapp 700 km saniert

1946-1989: gut 200 km, fast alle saniert

nach 1990: fast 700 km, fast alle saniert


Zur Entwässerung des mittelalterlichen Dresdens

Während heute Transportkanäle Abwässer über viele Kilometer zu Behandlungsanlagen leiten, waren im Mittelalter und der frühen Neuzeit


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kurze Wege gefragt – ein Prinzip, welches seit einiger Zeit hierzulande für die Regenwasserbewirtschaftung wieder neu entdeckt wurde. Ein Blick auf die Situation Dresdens im 13. Jahrhundert zeigt, dass die Stadt erstaunlicherweise nicht unmittelbar an der Elbe lag. Die mittelalterliche Stadt hatte sich südlich eines slawischen Dorfes, welches sich im Bereich des heutigen Neumarktes befand, entwickelt. Gleichwohl waren aber der Stadtgraben und der Kaitzbach (Dresdner Stadtbach), später auch der Weißeritzmühlgraben, als Vorfluter von jedem Punkt der Stadt problemlos erreichbar. Die neuere, nicht nur auf historischen Karten, sondern auf einer Vielzahl von geologischen und Grabungsaufschlüssen basierende Forschung hat nachgewiesen, dass der Altstadtkern und die vor den Toren der Stadt gelegene Frauenkirche auf hochwassersicheren Kuppen lagen. Die Höhen umgaben Niederungen, die von Überflutungen durch die Elbe, mehreren Kaitzbacharmen und Seen geprägt waren und Niederschlagswasser sowie Abwasser von den höher gelegenen Arealen aufnahmen. Bei den in der Mitte der 1990er Jahre im Bereich des Altmarktes vorgenommenen Ausgrabungen wurden Rinnensysteme freigelegt, die Ende des 12. Jahrhunderts entstanden waren und wohl diesem Zwecke gedient hatten. Zudem wurde eine große Zahl von Fäkalien- und Abfallgruben sowie Brunnen gefunden. Vermutlich noch 100 Jahre älter sind Reste des der Wasserversorgung und Abwasserentsorgung des Dresdner Schlosses dienenden Kaitzbachkanalsystems, somit die ältesten Zeugnisse entwässerungstechnischer Art in Dresden

m Jahre 2009 fasste der Archäologe Dr. J. Beutmann den neuesten Erkenntnisstand aus den Ausgrabungen rund um den Neumarkt in einem Beitrag zum „Wasserbau im mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Dresden“ zusammen. Beutmann berichtet, dass an verschiedenen Stellen in Dresden kleine, gedeckte, mittelalterliche Wasserkanäle aus der Zeit um 1200 gefunden wurden. Der am besten dokumentierte Kanal befindet sich unter dem Ostflügel des Residenzschlosses. Er besteht aus Plänerplatten (Pläner=lokaler Kalkstein), mit denen er auch gedeckt ist, was auf eine unterirdische Lage hindeutet. Der Kanal hatte wohl hauptsächlich die Aufgabe der Zuführung von Wasser, wird aber auf seinem Weg zur Vorflut vermutlich auch Entwässerungszwecken gedient haben. Ein ähnlich konstruierter Kanal mit einer Sohle aus Brettern, gebaut im 14. Jahrhundert, wurde auf dem Neumarkt entdeckt. Er verfügt über zwei Zuflüsse, die Traufwasser eines Hauses in den Kanal leitete - also wohl einer der ältesten bekannten Dresdner Hausanschlüsse. Die kleinen Bruchsteinkanäle dieser Ära wurden dann in der Mitte des 16. Jh. durch technisch aufwändigere und dauerhaftere Kanäle aus Pläner- bzw. Sandsteinblöcken abgelöst. Auch Granitplatten kamen z. B. für Kanalsohlen zum Einsatz. Zur Zeit Klettes Bestandsaufnahme zwischen 1890 und 1910 waren diese alten Kanäle wie schon erwähnt noch in größerer Zahl vorhanden gewesen (siehe Abbildung einer Auswahl alter Kanalprofile), wurden aber kurz darauf durch modernere

Im Jahre 2009 fasste der Archäologe Dr. J. Beutmann den neuesten Erkenntnisstand aus den Ausgrabungen rund um den Neumarkt in einem Beitrag zum „Wasserbau im mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Dresden“ zusammen. Beutmann berichtet, dass an verschiedenen Stellen in Dresden kleine, gedeckte, mittelalterliche Wasserkanäle aus der Zeit um 1200 gefunden wurden. Der am besten dokumentierte Kanal befindet sich unter dem Ostflügel des Residenzschlosses. Er besteht aus Plänerplatten (Pläner=lokaler Kalkstein), mit denen er auch gedeckt ist, was auf eine unterirdische Lage hindeutet. Der Kanal hatte wohl hauptsächlich die Aufgabe der Zuführung von Wasser, wird aber auf seinem Weg zur Vorflut vermutlich auch Entwässerungszwecken gedient haben. Ein ähnlich konstruierter Kanal mit einer Sohle aus Brettern, gebaut im 14. Jahrhundert, wurde auf dem Neumarkt entdeckt. Er verfügt über zwei Zuflüsse, die Traufwasser eines Hauses in den Kanal leitete - also wohl einer der ältesten bekannten Dresdner Hausanschlüsse. Die kleinen Bruchsteinkanäle dieser Ära wurden dann in der Mitte des 16. Jh. durch technisch aufwändigere und dauerhaftere Kanäle aus Pläner- bzw. Sandsteinblöcken abgelöst. Auch Granitplatten kamen z. B. für Kanalsohlen zum Einsatz. Zur Zeit Klettes Bestandsaufnahme zwischen 1890 und 1910 waren diese alten Kanäle wie schon erwähnt noch in größerer Zahl vorhanden gewesen (siehe Abbildung einer Auswahl alter Kanalprofile), wurden aber kurz darauf durch modernere ersetzt. Die wenigen Überbleibsel sind nunmehr dankbare Objekte für Archäologen und Historiker. Frank Männig, Dresden Literaturempfehlungen

• Wasserbau im mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Dresden, Landesamt für Archäologie, 2009

• Zur Geschichte der Stadtentwässerung Dresdens, 3. Auflage, 2007


Abb. 5: Traufanschluss an einen Regenwasserkanal, Neumarkt, 14. Jahrhundert (Landesamt für Archäologie Sachsen)

Abb. 6: Beispiele für Profilformen der Alten Dresdner Kanalisation, 14.-17. Jahrhundert

  • [Nebenkanäle; Abgedeckte Rinnslücken-Kanäle.]

Abb. 7: Frühneuzeitlicher Abwasserkanal DN 45/28 (?), Neumarkt, 16./17. Jahrhundert (Landesamt für Archäologie Sachsen)

https://www.dwa-st.de/files/_media/content/PDFs/LV_ST/pub/rb/DWA-Mitglieder-Rundbrief_54_April_2019.pdf


Die Kanalisation der Festungsstadt[Bearbeiten]

Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall

Rundbrief für die Mitglieder im Landesverband Sachsen/Thüringen Nr. 55, November 2019

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Geschichte der Alten Dresdner Kanalisation

Teil 2: Die Kanalisation der Festungsstadt

Im Spätmittelalter war Dresden von einer Stadtmauer samt Stadtgraben umgeben. Im 16. Jh. wurde diese Verteidigungsanlage zu einer Festung ausgebaut und in den folgenden zwei Jahrhunderten immer wieder den aktuellen militärischen Anforderungen angepasst. Das städtische Leben spielte sich in der Enge dieser Mauern ab. Trotz vieler Beschwerlichkeiten der damaligen Zeit machte der technische Fortschritt vor der renaissancezeitlichen Stadt aber nicht halt. Ergänzend zum Wasser aus Hausbrunnen und dem Kaitzbach wurde auch „Röhrwasser“ aus verschiedenen Quellen der Stadt zugeleitet, die beste Wasserqualität vom Heiligen Born freilich nur für den Fürstenhof. Getrübt wurde das Bild von Abfall- und Abortgruben, welche sich in den Hinterhöfen oft in unmittelbarer Nähe der Trinkwasserbrunnen befanden und deren Wasserqualität minderten. Diese verhängnisvolle Interaktion wurde allerdings erst Mitte des 19. Jh. wissenschaftlich belegt und danach schrittweise beseitigt. Für die Abfuhr der Grubeninhalte galten festgeschriebene Regeln der Stadtobrigkeit, denn die Grubeninhalte stellten einen unverzichtbaren Wertstoff dar und wurden als Düngemittel eingesetzt.

Indessen waren in Dresden auch gepflasterte Straßen vereinzelt schon vor dem 15. Jh. vorhanden. Im Zuge der Straßenpflasterung erfolgte ab dem Jahre 1559 auch der Bau von Kanalisationen, damals als „Schleußen“ bezeichnet. Dies führte zu deutlich besser passierbaren Straßen und bewirkte damit eine Verbesserung der Lebensqualität. Die offenen Rinnensysteme der mittelalterlichen Straßen wurden durch an den Straßenrändern liegende

Traufsteine (zur Aufnahme der Dachwässer) oder mittig liegende, flache, teilweise mit Holzbohlen abgedeckte Rechteckgerinne ersetzt. Die Traufsteine wiesen etwa 20 cm Breite und 20 cm Tiefe auf (Abb. 2). Innerhalb der Stadtmauern verfügten bald die meisten Straßen über Schleusen (Abb. 3). Als Vorflut dienten Elbe, Kaitzbach und an vier, heute nicht mehr gänzlich nachvollziehbaren Stellen, der die Stadt umgebende Festungsgraben. Der Kaitzbach war von zentraler Bedeutung - er durchfloss die Stadt und war Brauch- und Löschwasserlieferant, Abwasserkanal und Vorfluter zugleich. Die Wilsdruffer Vorstadt verfügte zudem über den Weißeritzmühlgraben.

Schleusenbau und Betrieb

Anfangs kam der Schleusenbau offenbar nicht zügig genug voran. So forderte im Jahr 1620 ein kurfürstlicher Befehl den Stadtrat auf, dafür zu sorgen, dass die angefangene Schleuse in der Kleinen Brüdergasse fertiggestellt werden solle. Sie wies eine Höhe von 2 ½ Ellen (1,42 m) auf. Als Baumaterial kam fast durchweg das „in Dresden ziemlich wohlfeile und vortreffliche Sand

steinmaterial“ zum Einsatz. Sohlauskleidungen erfolgten zum Teil auch mit Pflastersteinen. Bauherrenschaft und Unterhaltspflicht der Schleusen waren nicht einheitlich geregelt. Dort, wo viel Abwasser beseitigt werden musste, agierte die Stadt, andernorts überließ man den Schleusenbau den nicht immer finanzkräftigen Anliegern. Unter Strafe war es verboten, Grobstoffe wie Fäkalien oder auch Kehricht einzuleiten. Aus gutem Grund, denn Sinkstoffe bilden Ablagerungen, Ablagerungen faulten, verpesteten die Luft und mussten deswegen vermieden bzw. beseitigt werden. Dies bereitete mit den damaligen technischen Möglichkeiten einen großen Aufwand. Aus dem Jahr 1635 sind diesbezüglich Abrechnungen von Peter Bäume erhalten. Er übte die Tätigkeit eines Schleusenfegers aus, der Abortanlagen und Schleusen auf dem Festungsgelände inspizierte und renovierte. Noch im Jahre 1878 schildert der Leiter des Dresdner Straßen-, Schleusenbau- und Wasserleitungswesens, Karl Mank, diesen Aufwand dahin gehend, dass kleinere Schleusen bis 1,20 m Höhe zweimal pro Woche per Schwallspülung und zweimal jährlich durch Ausbürsten gereinigt werden müssen.


Abb. 1: Die Altstädter Kanalisation bis Anfang des 19. Jahrhunderts (F. Männig, 2017)

Abb. 2: Traufstein, gefunden bei Ausgrabungen am Altmarkt (Foto: F. Männig, 2017)


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Trotz der Reinigungsmaßnahmen bereitete das in den Schleusen teilweise stagnierende Abwasser immer wieder Ärgernisse. In den Sommern wurde über Geruchsprobleme und Gesundheitsgefahren geklagt. In den Wintern froren die Abdeckungen ein und das Kaitzbachwasser stand zu Löschzwecken nicht zur Verfügung. Während die offenen Gerinne durch Hausanrainer und Regenabflüsse regelmäßig gereinigt wurden, waren die geschlossenen Schleusen oftmals verstopft und immer wieder Ursache für üble Gerüche. Auch mussten die Hartholzabdeckungen regelmäßig erneuert werden, was nicht immer leicht zu finanzieren war. Holz war damals teuer! So kam der Schleusenbau für einige Zeit zum Erliegen. Erst nach einem Befehl des Kurfürsten Johann Georg IV. wurde er nach 1693 unter Leitung des kurfürstlichen Landbaumeisters wieder aufgenommen. Für den Unterhalt der Schleusen sorgte fortan die Stadt. Anfang des 18. Jh. erfolgten schließlich erste Schleusenbauten auch in Hauptstraßen des rechtselbigen Altendresdens, welches das 1549 eingemeindet worden war sowie in den Vorstädten.


Ältester Dresdner Abwasserkanal

Der wohl älteste, sich noch in Funktion befindende Kanal Dresdens stammt vermutlich aus der Zeit zwischen 1739 und 1755. Er befindet sich vor dem Semperbau auf dem Theaterplatz, ist 140 cm hoch, 53 cm breit und aus großen Sandsteinquadern gefertigt (Abb. 3).

Abb. 3: Ältester in Betrieb befindlicher Abwasserkanal Dresdens auf dem Theaterplatz (Foto: F. Männig, 2017)


In den Kanal münden mehrere, ebenfalls sandsteinerne Seitenkanäle mit quadratischem Querschnitt. Es ist anzunehmen, dass dieses Kanalsystem der Entwässerung des damals an dieser Stelle befindlichen „italienischen Dörfchens“ mit Werkstätten, Unterkünften und Schenken der aus Italien stammenden Erbauer der Hofkirche diente. Auch das alte Opernhaus wurde darüber entwässert. Heute fließt darin das Oberflächenwasser des Theaterplatzes ab. Ein ähnlich alter Kanal, allerdings mit deutlich anderer Bauweise, befindet sich in der Pirnaischen Vorstadt (Abb. 4).

Abb. 4: Zweitältester, in Betrieb befindlicher Abwasserkanal Dresdens aus der Zeit um 1770, ehem. Lange Gasse (Foto: F. Männig, 2017)


Die Stadt wird entfestigt

Nachdem die Stadtbefestigung in der Mitte des 18. Jahrhunderts ihren militärischen Wert verloren hatte, wurde Dresden zu Beginn des 19. Jahrhunderts „entfestigt“, wozu schon 1763 Pläne existierten. Der damals damit beauftragte Oberlandbaumeister Julius Heinrich Schwarze wies auf ein Problem bei der Demolierung der Festungsanlagen hin: die in den Stadtgraben mündenden vier Schleusen. Sie müssten alle überwölbt und in eine moderne, neue Schleuse geführt werden. Die äußere Festungsmauer könnte kostensparend die eine Seite der Schleuse bilden. Die Pläne wurden aber aus Kostengründen zunächst aufgeschoben. Das Abtragen der Befestigungsanlagen begann dann im Jahr 1809 durch das Militärbauamt. Zu den zu bewältigenden Schwierigkeiten zählten die Abführung


der „Tage- und Röhrwasser“ und die Errichtung von Schleusen. Während die Arbeiten in der Neustadt schnell vorangingen, kam es in der Altstadt im April 1812 zu einer Einstellung der Arbeiten. Die Wiederaufnahme erfolgte erst im Jahre 1817, also nach dem Ende der napoleonischen Kriege. Nunmehr organisiert durch eine „Demolitionskommission“ unter Mitwirkung des königlichen Hofbaumeisters Gottlob Friedrich Thormeyer, wurde die Entfestigung um 1829/1830 abgeschlossen.

Die Wallgrabenschleuse

Neben der Schleuse „Am See“ entstand um 1810/1812 auch die „Wallgrabenschleuse“ entlang der heutigen St. Petersburger Straße aus Steinen, die aus der alten Festungsmauer gewonnen wurden (Abb. 5). Karl Mank berichtet, dass sie gebaut wurde, „um den verschütteten, aber noch stark mit Wasser durchdrungenen Stadtgraben trocken zu legen…“ Mank wies der Wallgrabenschleuse in dem von ihm ab 1865 konzipierten Kanalnetz keine gehobene Bedeutung zu. Dass sie heute noch existiert, verdankt sie wohl ihrer Tiefenlage, Dimensionierung und soliden Bauweise. 1902/03 stattete man ihre Sohle mit einer Trockenwetterrinne aus. Seit 2001 dient sie dem Kaitzbach als unterirdisches Bett. Für den seit 2018 laufenden Bau eines Kanalnetzsteuerungsbauwerks am Rathenauplatz hat der altehrwürdige Kanal noch einmal besondere Bedeutung erlangt und dient der Umleitung größerer Mischwasserabflüsse.


Abb. 5: Die Wallgrabenschleuse (Foto/Montage: F. Männig, 2017)


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Die industrielle Revolution erreicht die Residenzstadt

Im 19. Jh. brach auf technischem, wissenschaftlichem, wirtschaftlichem und kulturellem Gebiet eine neue Ära an. Die Stadt wuchs wie noch in keinem Jahrhundert vorher. Seit 1769 arbeitete in der Friedrichstadt eine erste Dampfmaschine. 1828 wurde die Technische Bildungsanstalt, Vorläufer der TU Dresden, gegründet und ein Gaswerk brachte im gleichen Jahr die Kandelaber auf dem Theaterplatz zum Leuchten. 1834 kam Gottfried Semper nach Dresden, 1837 dampfte die „Königin Maria“ auf der Elbe und ab 1839 reiste man bereits per Eisenbahn nach Leipzig. Die Vorstädte, jahrhundertelang nur mit provisorischem Status, wuchsen schnell. Postplatz und Pirnaischer Platz entstanden. Die Stadtverwaltung hatte Mühe, sich von ihrem „Kleinstädtertum“ zu lösen und sich den Erfordernissen der neuen Zeit anzupassen. Eine Vielzahl von Wasserversorgungsunternehmen war bemüht, eine Deckung des steigenden Wasserverbrauchs zu ermöglichen. Neben ausgebohrten Baumstämmen und Bleileitungen kamen auch sandsteinerne Wasserleitungen zum Einsatz, die „Blochmann’schen Röhren“. Viel Neues wurde ausprobiert. Der „Dresdner Anzeiger“ berichtet im Jahre 1837, dass sich bei starkem Regen „ganze Ströme über den Häuptern der Vorübergehenden“ entluden. Neue Trottoirs aus Sandstein oder (den für Dresden typischen) Granitplatten und die Schleusenneubauten in den Vorstädten


sorgten aber alsbald für trockene Füße. 1830 wurde z. B. der zum Weißeritzmühlgraben führende, geruchsintensive „Entenpfützenkanal“ am Freiberger Platz von einer Straßenschleuse abgelöst. Eine Vielzahl weiterer Kanalneubauten folgten. Die alte Kanalisation im Stadtzentrum musste allerdings noch ein paar Jahrzehnte mehr schlecht als recht ihren Dienst versehen (Abb. 6). Die Gründe dafür, dass bis auf wenige Ausnahmen kaum Schleusen aus alter Zeit mehr erhalten oder gar in Betrieb sind, fasste Karl Mank 1865 im Rahmen seiner Bestandserfassung etwa wie folgt zusammen: sie waren wegen ihrer

schlechten Bauweise baufällig und undicht, lagen zu flach und hatten zu geringes bzw. unregelmäßiges Gefälle, sodass neue Baugebiete nicht mehr angeschlossen werden konnten. Zudem waren sie alsbald von anderen Medien wie Telegrafenkabel, Gas- und Wasserleitungen durchzogen (Abb. 7).

Abb. 6: Die Erweiterungen der Kanalisation zwischen 1810 und 1865 (F. Männig)

Abb. 7: Flach liegende Schleuse in der Johannisgasse mit einer Vielzahl querender Leitungen vor dem Umbau 1905 (Quelle: Deutsche Bauzeitung, 1906)

Frank Männig, Dresden

Literaturempfehlungen

• Papke, Eva: Festung Dresden, Sandsteinverlag Dresden, 1997

• Zur Geschichte der Stadtentwässerung Dresdens, 3. Auflage, 2007

https://www.dwa-st.de/files/_media/content/PDFs/LV_ST/pub/rb/DWA-Mitgliederrundbrief_55_November_2019.pdf

Manksches Schleusensystem[Bearbeiten]

Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall

Rundbrief für die Mitglieder im Landesverband Sachsen/Thüringen Nr. 56, Mai 2020

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Geschichte der Alten Dresdner Kanalisation

Teil 3: Carl Mank und das „Schleußensystematisierungs-Project“

Zwischen 1865 und 1888 leitete über 23 Jahre ein Mann das Dresdner Straßen-, Schleusenbau- und Wasserleitungswesen – Oberingenieur Carl Friedrich August Mank. Obwohl Dresden bis heute voller Zeugnisse seines Wirkens steckt, ist er weitgehend vergessen. Keine Straße trägt seinen Namen, keine Büste erinnert an seine Leistungen und wer weiß schon, dass er sich zwischen 1875 und 1877 für den Bau der Albertbrücke verantwortlich zeichnete und als Anerkennung den Albrechtsorden I. Klasse verliehen bekam?

Biografisches

Carl Mank wurde 1838 geboren, anfangs noch mit „ck“ im Nachnamen. Seine Ausbildung begann er 1853 auf der 25 Jahre zuvor gegründeten KöniglichSächsischen Polytechnischen Schule in Dresden. Er studierte in Sektion B, wo unter Leitung des berühmten Professor Andreas Schubert Wasser-, Straßen- und Brückenbau gelehrt wurde. Mank beendete sein Studium 1858 und fand Anstellung bei der kgl. Wasserbaudirektion, „zunächst als Hilfsarbeiter, später als Assistent und Kondukteur“. 1865 wechselte er in den städtischen Dienst. Ab 1878 leitete er bis zu seinem recht frühen Tod im Alter von 50 Jahren als Oberingenieur die neu

gegründete Abteilung Tiefbauwesen im Dresdner Stadtbauamt. Er war in dieser Funktion unter anderem verantwortlich für die Neuanlage und die Pflasterung von bedeutenden Straßen und Plätzen sowie die Überwölbung des Weißeritzmühlgrabens in mehreren Teilabschnitten zwischen 1867 und 1887 (siehe Abb. 1 und 2).

Abb. 1: Der zum Gesundheitsrisiko gewordene offene Weißeritzmühlgraben entlang der Kanalgasse, um 1860 (Quelle: Deutsche Fotothek)

Abb. 2: Kanalgasse nach Überwölbung des Mühlgrabens (Quelle: Wikipedia)

Mank als Abwasseringenieur

Einen Schwerpunkt in Manks Wirken stellte der Ausbau des Dresdner Kanalisationsnetzes dar. Auf Betreiben des einflussreichen Stadtrats Peschel erarbeitete Mank zusammen mit seinem Partner im Stadtbauamt, Theodor Friedrich, das 1867 erschienene „Schleußensystematisierungs-Project für AltstadtDresden“. Dieses war vom Anspruch getragen, Struktur in die bislang wenig planvoll angelegten Schleusen der sich auch schon vor der Gründerzeit schnell entwickelnden Stadt zu bringen – ein erster Generalentwässerungsplan. Die darin konzipierten Hauptnetzstrukturen wurden in 1870er Jahren weitestgehend baulich umgesetzt, genügten allerdings kurze Zeit später den Anforderungen nicht mehr


Zudem beharrte Mank auf der überholten Tonnenabfuhr für häusliche Fäkalien, da er die – heute eindeutig nachgewiesenen – Vorzüge einer Schwemmkanalisation, als der Abschwemmung von Fäkalien mit dem Abwasser, nicht erkennen konnte oder wollte. Die Fäkalienabfuhrwagen blieben den Dresdnern so noch viele Jahre lang erhalten (Abb. 3).

Abb. 3: Bautzner Fäkalienwagen – ähnliche Gefährte waren wohl in Dresden bis zur Einführung der Schwemmkanalisation auch unterwegs; undatiert, vermutlich um 1900 (Quelle: Deutsche Fotothek) - S. 13

Auch die Frage der Abwasserreinigung wurde nicht zufriedenstellend beantwortet. Zwar hatte sich Mank seit 1879 mit diesen Fragen auseinandergesetzt, sein Ansatz, „sämtliche menschliche Auswurfstoffe vermittelst eines für diese Zwecke neu zu erbauenden Kanalnetzes nach zwei unterhalb der Stadt gelegenen Endpunkten abzuführen“ und das dafür von ihm konzipierte spezielle „Klosettkanalsystem“ blieben aber unverwirklicht. Immerhin wurden auch damals schon kleinere Gewässer wie der Prießnitzbach vor Abwassereinleitungen geschützt. Ein in seiner Sohle verlegter Sammelkanal nahm die Abläufe der einmündenden Schleusen auf und führte sie bis zur Elbe (Abb. 4).

Abb. 4: Relikte des Kanals im Bachbett der Prießnitz, vermutlich aus den 1870er Jahren (Foto: F. Männig) - S. 13

In den späten 1870er Jahren wurden durch Mank die bislang vielfältigen Profil- bzw. Querschnittsformen


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der Dresdner Abwasserkanäle standardisiert. Bei Eiprofilkanälen wurde z. B. das Verhältnis 3 : 2 von Höhe zu Breite eingeführt. 1881 ließ Mank auf der Schnorrstraße eine – noch heute in recht gutem Zustand befindliche – erste Versuchsstrecke aus Beton-FertigteilEiprofilen der Größe 40/60 verlegen. Zuvor war 1873 erstmals Steinzeug als Kanalbaumaterial eingesetzt worden. Die Ablösung des teuren und nur aufwändig bearbeitbaren Sandsteines, dem über Jahrhunderte wichtigsten Dresdner Baumaterial, begann somit auch beim Schleusenbau (Abb. 5).

Abb. 5: Kanalprofile aus den 1870er Jahren (Fotos: F. Männig)

Mank schuf somit Grundlagen für den unter seinem Nachfolger, Hermann Klette, folgenden Bau der „Neuen Dresdner Kanalisation“ mit billigem Beton als Hauptkanalwerkstoff. Unter Klettes Führung wurden allerdings 73 km der alten Schleusen nach zwei, drei Betriebsdekaden wieder rück- bzw. umgebaut, da sie sich nicht in das neu konzipierte Kanalsystem integrieren ließen. Ungeachtet dessen bleibt heute respektvoll zu konstatieren, dass etwa 65 km der alten Mank’schen Schleusen noch immer in Betrieb sind.


Mank als Autor

In seinen späteren Lebensjahren trug Mank dann auch zur damals aktuellen, öffentlichen Diskussion um Regeln der Kanaldimensionierung bei. Am Beispiel der von ihm geplanten neuen Südvorstadtschleuse verfasste er eine auf seinen zwischen 1885 und 1887 durchgeführten Regenbeobachtungen und Abflussmessungen basierende Abhandlung über die hydraulische Bemessung dieses damals größten Dresdner Abwasserkanals. Ferner veröffentlichte


Mank Fachbeiträge zur Druckfestigkeit von Beton, Grundwasserbeobachtungen und eine von ihm ersonnene Dampfwalzenkonstruktion. Sichtbarstes Zeichen des Wirkens von Carl Mank ist aber wohl die erst jüngst sanierte Albertbrücke. Ihr Bau erfolgte nach seinen Plänen unter seiner Leitung zwischen 1875 und 1877. „Sein Begräbnis fand unter ehrendster Theilnahme der Stadtvertretung, seiner Kollegen, Freunde und Beamten statt“, heißt es in der Deutschen Bauzeitung in einem Nachruf auf ihn.


Auslöser des „Schleußensystematisierungs-Projectes“

Einen der Meilensteine in der Entwicklung des Dresdner Abwassersystems stellt das von ihm 1866 verfasste und ein Jahr später in gedruckter Form erschienene „Schleußensystematisierungs-Project für Altstadt-Dresden“ dar. Anlass war die im Jahr 1863 während der Planung der Stadterweiterung südlich der 15 Jahre zuvor in Betrieb genommenen Bahnstrecke nach Böhmen gewonnene Erkenntnis, dass „eine rationelle Entwässerung des projectirten Stadttheils ohne Herstellung einer neuen, die Altstadt durchschneidenden tiefen Schleuße nicht ausführbar sei.“ Ähnliche Erkenntnisse gewann man 1865 auch in Bezug auf die Entwässerung der westlichen Stadtteile, insbesondere der Gegend um die Ammonstraße.


Die Kellerwasser-Calamität

In der jüngeren Vergangenheit war aber noch eine weitere Episode im Gedächtnis der Verantwortlichen haften geblie

ben: die 1854 bis 1856 in den linkselbigen Stadtteilen aufgetretene „Kellerwasser-Calamität“ – ein dramatischer Anstieg des Grundwassers. Schon 40 Jahre zuvor war ein solcher zu verzeichnen gewesen. Hiptmair/Kroker/ Olbrich schreiben dazu in ihrem Buch „Zwischen Wallstraße und Altmarkt – Archäologie eines Altstadtquartiers in Dresden“: „Als 1813 der (Festungs-) Graben für die Schlacht bei Dresden nach langer Zeit wieder geflutet und kurz darauf vollkommen verschüttet wurde, erhöhte sich der Grundwasserspiegel in der Altstadt um 2,5 m, da das drückende Grundwasser nicht mehr in die Elbe abgeleitet wurde. Das Ergebnis waren feuchte Grundmauern und Keller, in denen teilweise das Wasser stand, denn seit dem Bau des Grabens in der Mitte des 16. Jahrhunderts hatte man aufgrund des abgesunkenen Wasserspiegels bedenkenlos Keller und Fundamente ohne besondere Sicherung in den Boden eingetieft… (Man) fürchtete durchaus die Folgen, denn „… es kann kommen, dass das gesunde, freundliche, von den Fremden aufgesuchte Dresden sich in eine ungesunde, verrufene und möglichst gemiedene Sumpfgegend verwandeln könnte“. In einigen Häusern erfolgte die Anhebung des Bodenniveaus der Keller, allerdings nur mit mäßigem Erfolg. Das Wasser zog in den Wänden nach oben, und die Erdgeschosse der Häuser wurden feucht.“ Die Kellerbodenaufschüttungen wurden archäologisch nachgewiesen. An dieser Stelle sei angemerkt, dass seinerzeit in Dresden eine nicht unbeträchtliche Zahl von Kellerwohnungen existierte. Nun also schon wieder Gesundheitsgefahren wegen hohen Grundwassers! 1856 kommt ein Bericht des für das


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Dresdner Gesundheitswesen zuständigen Stadtrats F. M. Hempel allerdings nicht zu diesem Schluss, sondern, „dass die Kellerwasser-Calamität an vielen Stellen nicht dem sogenannten Grundwasser, sondern der häufig vorkommenden Undichtheit der Entwässerungsschleußen sowie vorhandenen Brüchen der sandsteinernen Wasserleitungsröhren zuzuschreiben, und dass es hohe Zeit sei, eine systematische Entwässerung der Stadt anzubahnen.“ Letztere Folgerung war sicher richtig, die von Peschel genannten Hauptgründe vermutlich aber wohl eher nicht, berücksichtigt man, dass Frischwasser in dieser Zeit nur in relativ bescheidener Menge in unterirdischen Röhrensystemen floss (Abb. 6). Die Verantwortlichen in der Stadt überlegten angestrengt, wie die Stadthygiene verbessert werden könnte. Der Vorstand der „Wasserleitungs-Direction“, Stadtrat Oskar Teucher, erteilte den Auftrag zu untersuchen, „ob es nicht rätlich sei, quer durch die Mitte der Altstadt, möglichst parallel zur Elbe, eine zur Aufnahme aller unreinen Effluvien („Ausscheidungen“) geeignete Hauptader bis nach dem unterhalb der Stadt gelegenen Dorfe Briesnitz zu führen und das bis dahin geleitete Schleußenwasser vor der Abgabe in den Elbstrom zu reinigen.“ Kurzum, es gab genug gute Gründe und politischen Willen für eine geordnete Kanalisation und eine Kläranlage!


Abb. 6: Lösten ab 1838 die alten Wasserleitungen aus Holz ab: Blochmann‘sche Röhren aus Sandstein (Foto: F. Männig)


Mank macht sich an‘s Werk

Carl Mank und sein Team machten sich an die Arbeit. Im „Schleußensystematisierungs-Project für Altstadt-Dresden“ wurden zwei grundsätzlich unterschiedliche Ansätze gegenübergestellt. Erstens: ein Entwässerungssystem, bei welchem mehrere Hauptkanäle direkt in die Elbe führten. Zweitens: die von Oskar Teucher ins Gespräch gebrachte Idee eines Abfangkanals quer durch die Stadt oder entlang des Elbufers - von vornherein wohl die Vorzugsvariante. Die Nachteile von Variante 1 bestanden in der Verunreinigung des Flusses im Stadtgebiet, den verloren gehenden „Düngestoffen“ und dem nur in wenigen Wochen im Jahr gegebenen rückstaufreien Abfluss.


Bestandsaufnahme

Zunächst stellte Mank sich die Frage, worauf er bei seinen Planungen aufbauen kann. Er erfasste den baulichen und betrieblichen Zustand des damaligen Kanalnetzes mit dem Ergebnis, dass die bestehenden Schleusen mangelhaft waren und keine längerfristige Perspektive bildeten: zu flach verlegt, zu geringes und unregelmäßiges Gefälle bzw. Gegengefälle, ablagerungsanfällig, undicht, baufällig, nicht erweiterbar. Den überwiegend schlechten Zustand führte er auf Alter, schlechtes Baumaterial und die Herstellung im Akkord und ohne fachliche Aufsicht zurück. Viele Schleußen mündeten zudem in den Weißeritzmühlgraben, was aus wohlfahrtspolizeilicher Rücksicht neuerdings aber verboten worden war und bald zu dessen Überwölbung führte (siehe Abb. 2). Mank führt in seiner Bestandsübersicht drei tief liegende Schleußen auf, die sich allerdings nicht ohne weiteres in das „neue System“ eingliedern ließen:

1. den Kanal von der Oberseergasse zur Straße „Am See“ und weiter in den Weißeritzmühlgraben

2. die „Wallgrabenschleuse“ (vom heutigen Georgplatz bis zum ehemaligen Gondelhafen)

3. den 1863 erbauten Kanal Parkstraße – Bürgerwiese – Lange Straße – Pillnitzer Straße – Ausschiffungsplatz an der Elbe (beginnend an der heutigen Zinzendorfstraße)


Die unter 1. und 2. genannten Kanäle waren im Zuge der Verfüllung der Festungsgräben verlegt worden. Nr. 1 ist nicht mehr erhalten, Nr. 2 ist nach wie vor in Betrieb, in gutem Zustand und auf Teilstrecken gleichzeitig auch das Bett des Kaitzbaches. Nr. 3 ist noch teilweise erhalten.

Die im Rundbrief Nr. 55 abgebildete Karte zeigt ein ungefähres Bild der Situation des Dresdner Kanalnetzes um 1865 mit den o. g. alten Kanälen.


Die Vermessung der Stadt

Und noch ein weiteres Problem galt es zu lösen: Für die Planung des neuen Entwässerungssystems wie auch zur Dokumentation des Bestandes fehlte es an Lage- und Höhenplänen mit Bezug auf Gelände- und Sohlhöhen der Kanäle. „Es fehlt an der Aufnahme der Altstadt zurzeit noch der größte Theil der inneren Stadt, der gerade am notwendigsten gebraucht wird. Es ist voraussichtlich, dass erstens bei der geringen Anzahl der Arbeitskräfte sich die Vollendung des Grundrisses in weite Ferne verschieben wird, und dass zweitens durch die immerwährenden Veränderungen, welche die Stadt erleidet, die Menselblätter, wenn sie wirklich beisammen sind, mit der Wirklichkeit nicht mehr übereinstimmen… Ohne Grundriss und ohne Höhenkarte ist die Detailarbeit für die Schleußensystematisirung ein Ding der Unmöglichkeit.“ Das Vorwort zum Projekt endet mit einem Hilferuf an die Adresse der Stadtoberen. Dieser wurde erhört und bis 1873 lagen die Menselblätter quasi flächendeckend für das damalige Stadtgebiet vor. Bis zur Genehmigung der Schwemmkanalisation und eine erste Versuchskläranlage sollten jedoch weitere vier Jahrzehnte ins Land gehen.

Frank Männig, Dresden

Literaturempfehlungen

• Zur Geschichte der Stadtentwässerung Dresdens, 3. Auflage, 2007

• www.weisseritzmuehlgraben.de

• www.deutschefotothek.de

https://www.dwa-st.de/files/_media/content/PDFs/LV_ST/pub/rb/DWA-Mitgliederrundbrief_56_Mai_2020.pdf


Unter dem Einfluß der Miasmentheorie[Bearbeiten]

Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall

Rundbrief für die Mitglieder im Landesverband Sachsen/Thüringen Nr. 57, November 2020

Geschichte der Alten Dresdner Kanalisation

Teil 4: Die Lösung der „Systemfrage“

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Abb. 1: Früher Gegenentwurf zur Schwemmkanalisation: Die Fäkalienabfuhr. Aus Gruben geförderte oder mittels Eimer oder Kübel gesammelte Fäkalien werden mit Pferdewagen abtransportiert – Bremer Karikatur um 1850 (Quelle: https://wkgeschichte.weser-kurier.de/wenn-es-zum-himmel-stinkt )


Abb. 2: Der Tod auf der Themse – die katastrophalen hygienischen Verhältnisse beschleunigten in London die Einführung einer Schwemmkanalisation - Karikatur aus der Mitte des 19. Jh. (Grafik: imago/United Archives International)


In der Mitte des 19. Jahrhunderts fanden unter Hygienikern und Bauingenieuren hitzige Diskussionen um den Sinn und Zweck der Einführung von Schwemmkanalisationen statt. Immer wieder wurde die „Systemfrage“ für den Umgang mit menschlichen Exkrementen gestellt: Ausschaffung per Fuhrwerk mit landwirtschaftlicher Nutzung oder Abschwemmung mit ungewissen Nutzungschancen? Schmutz- oder Mischwasserkanalisation, ausgenommen Druck- und Vakuumentwässerungen, basieren auch heute noch auf dem Schwemmkanalisationsprinzip. Der seinerzeit vieldiskutierte Begriff beinhaltet den Transport des Abwassers mit seinen Bestandteilen mittels der Schleppkraft des Wassers ohne zusätzlichen Energieeintrag. Er entstand in Abgrenzung zur Grubenoder Tonnenabfuhr bzw. den herkömmlichen Kanalisationen, die – zumindest offiziell – nur zur Ableitung von Niederschlagswasser sowie der flüssigen Phase diverser Abwässer genutzt werden sollten. Bedingung für „das Abschwemmen“ ist ein ausreichendes Trink- bzw. Brauchwasserdargebot, respektive eine auskömmliche Wasserversorgung und ein daraus resultierender, mehr oder minder kontinuierlicher Abfluss der

Abwässer. Heute wird dieser durch WCs, Duschen, Badewannen, Waschmaschinen usw. erzeugt. Im damaligen Dresden gab es das alles noch nicht. Jeder Eimer Wasser musste in Handarbeit aus Brunnen gezogen oder von den Verteilern der Röhrwasserversorgung abgeholt werden. Um 1840 wurden der Stadt über 53 Hauptleitungen ca. 10.000 m³ Wasser zugeführt, wovon etwa nur die Hälfte zum Abfluss kam. Entsprechend gering war die Schleppkraft in den Schleusen, die häufig verstopft waren. Mit der Errichtung einer Schwemmkanalisation sollte also ein ablagerungsund rückstaufreier Abfluss erreicht werden. Wie wichtig ein solcher ist, zeigt(e) eine 1902 vorgelegte Untersuchung des Reichsgesundheitsrates beispielhaft an der Rückstaustatistik der Friedrichstädter Hauptschleuse: 172 Tage im Jahr war sie „in ihrem Abflusse gestört“, fast 50 % eines Jahres also Stagnation, Ablagerungen, Fäulnis, Gasbildung, Hort für Keime aller Art, Gesundheitsgefahren.


Ideen für ein neues Kanalnetz

Obwohl noch keine Entscheidung für die Einführung einer Schwemmkanalisation getroffen war, konzipierte der Dresdner Tiefbauchef Carl Mank schon im 1866 verfassten „Schleußensystematisierungs-Project“ (siehe Teil 3) zusätzlich zu den bisher direkt in die Elbe ausleitenden Kanälen auch eine „Hauptgangader“, einen Abfangkanal, welche die Abwässer aus der Stadt leiten und einer Reinigungseinrichtung


zuführen sollte. Seine Ideen gingen in zwei Richtungen: Entweder quer durch die Stadt oder entlang des Elbufers (siehe Abbildung 4). In den Abfangkanal sollten acht Gangschleusen V. Klasse (d. h. begehbare Kanäle) einmünden. Mank begrenzte deren Anzahl, um den baulichen Aufwand der Zusammenführungsbauwerke niedrig zu halten. Zunächst sollten drei dieser Hauptzubringer, jeweils mit Spülmöglichkeiten, entstehen bzw. vollendet werden:

• Gangschleuse Nr. I mit Spülung mittels Mühlgrabenwassers an der Güterbahnhofstraße

• Gangschleuse Nr. II (seit einigen Jahren am ehemaligen Seetor im Kunstobjekt „Trichter“ öffentlich zugänglich) mit Spülung durch die Hochplauensche Wasserröhre h III auf der Prager Straße – siehe Abbildung 5

• Gangschleuse Nr. III, die „bereits durch den Kaitzbach ausreichend und dauerhaft gespült“ ist

Wie auch die Kanäle der kleineren Nennweiten konzipierte Mank sie als – überhöhte – Eiprofile. Später, in den 1880er Jahren, schwenkt er auf RegelEi-Querschnitte um. Der englische Ingenieur Sir Joseph William Bazalgette (1819 - 1891, siehe Abbildung 3) hatte in den 1840er Jahren die für den Stofftransport besonders vorteilhafte Eiprofilform als Erster angewendet. Die kleineren Kanäle sollten über eine Mindesttiefe von 2,27 m alle 57 m (100 Ellen) über Schlammschrote verfügen. „Im Frühjahr und im Herbst werden die Schleußen samt ihren Abgesümpfen gereinigt und die Schleußensinkstoffe in der Nacht abgefahren“, so der Plan.


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Abb. 3: Sir Joseph Bazalgette (1819 - 1891) – Chefingenieur des Londoner Abwassernetzes und Erfinder des Eiprofils (Quelle: Wikipedia)


Elbnah oder durch die Stadt

Mank führte im „Schleußensystematisierungsproject“ einen Vergleich der beiden Trassenvarianten für den Abfangkanal durch, stellte hydraulische Berechnungen an, wertete die Pegelstände der Elbe aus und plante eine möglichst lange Zeit, in welcher der Kanal freien Abfluss in die Elbe hat. Er machte sich über die Beseitigung der Ablagerungen Gedanken und konstruierte ein Auslaufbauwerk in Form von fünf aufgefächerten Kammern, die als Schlammfänge und somit der Abwasserreinigung vor Einleitung in die Elbe dienen sollten.


Letztendlich gaben wohl die Kostenvorteile der elbnahen Hauptader den Ausschlag für deren Empfehlung an den Stadtrat. Hinzu kamen Vorteile wie die Möglichkeit der stufenweisen Realisierung, der Schaffung einer neuen Uferstraße verbunden mit der Aufwertung des bislang vernachlässigten Elbufers und die Erwartung einer teilweisen Kostenübernahme durch den Staat. Mank machte zudem darauf aufmerksam, dass der in der Satzung von 1856 aufgestellte Finanzierungsgrundsatz, wonach Grundstückseigentümer nach der anteiligen Grundstückslänge zur Begleichung der Kanalbaukosten herangezogen wurden, beim Abfangkanalbau nicht sachgerecht und eine andere Regelung erforderlich sei. Da aber noch keine Systementscheidung getroffen war, wurde zunächst ein – teilweise bis heute erhaltenes – Entwässerungssystem ohne Abfangkanal und Kläranlage gebaut.


Typhus und Cholera


Die damaligen Typhus- und Choleraepidemien beschleunigten vielerorts die Entscheidungsprozesse, so auch in Dresden. In Sachsen waren die beiden Seuchen um 1840 aufgetreten und hatten viele Tote zur Folge gehabt.


Die genauen Krankheitsursachen waren da noch unbekannt, denn ihre über verunreinigtes Trinkwasser übertragenen Erreger wurden erst 1882/83 von Robert Koch entdeckt. Einige Wissenschaftler, darunter Rudolf Virchow


vermuteten diese Ursache allerdings schon seit längerem. Dessen ungeachtet vertraten renommierte Wissenschaftler, wie z. B. Max von Pettenkofer, weiterhin die schon in der Antike entstandene Theorie, wonach giftige Ausdünstungen des Bodens („Miasmen“) für die Weiterverbreitung dieser Krankheiten verantwortlich seien. Die Anhänger der Miasmentheorie waren deshalb meist Gegner von WCs und Schwemmkanalisation und wollten mit luftverbessernden Ansätzen zum Ziel kommen. Insbesondere gelte es auch, den Grundwasserspiegel unter den Städten abzusenken und damit trockenen, gesünderen Lebens bzw. Wohnraum zu schaffen. Pettenkofer hatte dies in München erfolgreich praktiziert und auf diese Weise letztlich den Choleraerregern die Vermehrungsmöglichkeiten genommen. Carl Mank versuchte 1866 in diesem Spannungsfeld eine für sein Dresden wegweisende Entwässerungslösung zu finden. „Bei der Anlage eines so wichtigen und kostbaren Schleußensystems, …, muss unwillkührlich die Frage auftauchen, ob es nicht von Vortheil sei, den Inhalt der Kloakengruben durch die Entwässerungsschleußen fortzuschaffen und hierdurch das lästige Transportieren der Kloakenstoffe zu vermeiden“, fragte er sich. Er analysierte die Entwässerungsplanungen verschiedener europäischer Städte. Vier Städte, die sich für eine Schwemmkanalisation entschieden hatten, wurden etwas ausführlicher betrachtet.


Abb. 4: Die verworfene Trasse eines Abfangkanals durch Dresdens Zentrum (Quelle: Schleußensystematisierungs-Project, Stadtarchiv)


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Frankfurt am Main, Danzig, London und Berlin

Auch in Frankfurt/M. diskutierten Hygieniker und Ingenieure damals kontrovers über den Nutzen einer Schwemmkanalisation. Eine maßgeblich vom Mediziner Georg Varrentrapp beeinflusste Kommission, der auch William Lindley und Eduard Wiebe angehörten, entschied sich aber dann klar für die Schwemmkanalisation. Bei der Planung der Entwässerung Danzigs (siehe KABetriebsinfo 01-02/19) ließ Wiebe ebenfalls keine Zweifel an deren Vorteilhaftigkeit aufkommen. Er fertigte darüber hinaus auch erste Pläne des später von James Hobrecht für Berlin konzipierten Radialsystems. Carl Mank und die übrigen Dresdner Verantwortlichen beeindruckten hingegen wohl am meisten die Gegenargumente, z. B. in der von dem Berliner Mediziner Friedrich Behrend verfertigten Oppositionsschrift zu Hobrechts Kanalisationsentwurf. Darin bezieht er sich vor allem auf die damaligen katastrophalen Verhältnisse in London (siehe Abbildung 2): den schlechten Bauzustand der Kanäle, der zur Verseuchung des Grundwassers geführt hatte, durch Gasbildung und Explosionen getötete Kanalarbeiter sowie gesunkene Immobilienwerte der an Kanalschächten liegenden Häuser. Zwar sollten, so hieß es, neue, aufwändig errichtete Kanäle Abhilfe bringen, man zweifelte aber


noch, ob dies gelingen würde. Zudem würden die Fäkalstoffe zu unbeherrschbaren Ablagerungen führen. Daraus entweichende giftige Gase würden in die Häuser aufsteigen und dort die Wohnungen der Menschen verseuchen Dresden folgt den Zweiflern – ins Abseits Mank schloss sich also den Zweiflern und Verfechtern der Miasmentheorie an. Er stellte die vermeintlichen Nachteile der Schwemmkanalisation ins Zentrum seiner Argumentation. Zudem verklärte er die damalige Situation der Dresdner Trinkwasserversorgung, die durch 44 % minderwertige oder schlechte Brunnenwasserqualität geprägt war: „Durch die Anlage von Kloakensystemen hat eine Stadt nicht mehr wie früher einzelne Orte, die die Auswurfstoffe der Menschen bergen, nein, die ganze Stadt wird in eine Abtrittsgrube umgewandelt, den Mundlöchern der Straßen entströmen erstickende Dünste, die Wohnungen der Menschen werden durch die aufsteigenden Gase, …, verpestet, die Fieberepidemien nehmen überhand… Unser Dresden, welches sich einer herrlichen frischen, gesunden Luft erfreut, und unser prächtiges wohlschmeckendes Trinkwasser, welches uns der Boden in Fülle spendet, diese Wohlthaten, die wir genießen, können wir unmöglich durch Anlage eines Systems, wie das des Kloakensystems, vernichten wollen. Aber noch


nicht genug, auch unser Elbstrom, dessen Anblick Fremde wie Einheimische erfreut, würde in eine Kloake umgewandelt werden, weil nach dem beantragten Project ein Abfangen der Düngstoffe am Ausflusse nicht möglich ist.“ Beantragt und beschlossen wurde folgerichtig ein „Verbot der Einführung von Kloakeninhalten in Entwässerungsschleußen“. Und so mussten die Dresdner die geruchsintensive Räumung der Kloakengruben und den Abtransport der Fäkalien per Pferdewagen noch einige Jahre ertragen. Ab den 1890er Jahren erkannte und berichtigte man dann diese Fehlentscheidung. Schon seit 1875 gewährleistete das Wasserwerk Saloppe mit dem dazugehörigen Verteilsystem eine zeitgemäße Wasserversorgung. Der Altstädter Abfangkanal wurde in den Jahren 1899 - 1901 im Bereich des heutigen Stadtzentrums errichtet. 1906 nahm an der Marienbrücke die erste zentrale Dresdner Abwasserreinigungsanlage ihren Versuchsbetrieb auf. Die Schwemmkanalisation war mit Verzögerung doch noch Wirklichkeit geworden.


Frank Männig, Dresden


https://www.dwa-st.de/files/_media/content/PDFs/LV_ST/pub/rb/DWA-Mitgliederrundbrief_57_November_2020.pdf

Umbau der alten Canäle[Bearbeiten]

Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall

Rundbrief für die Mitglieder im Landesverband Sachsen/Thüringen Nr. 58, April 2021


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Geschichte der Alten Dresdner Kanalisation

Teil 5: Entwässerungsplanung an der Schwelle zur Moderne

Der 1867 vom Stadtrat bestätigte Generalentwässerungsplan für die Dresdner Altstadt, das „Schleußensystematisierungskonzept“, wurde unmittelbar nach seinem Bekanntwerden nicht nur stadtintern kontrovers diskutiert (siehe Teile 3 und 4). Bald gab es auch Kritik von außen, z. B. auch im Rahmen der 1868 in Dresden stattfindenden „Versammlung deutscher Naturforscher und Ärzte“. Diese Veranstaltung dient bis heute dem alljährlichen interdisziplinären Austausch zwischen Wissenschaftlern verschiedener Fachdisziplinen, damals insbesondere auch Ingenieuren und Ärzten.

Versammlung deutscher Naturforscher und Ärzte in Dresden

Die 42. Auflage der Naturforscherversammlung war in 15 Sektionen gegliedert. Sektion 14 beschäftigte sich mit öffentlicher Gesundheitspflege und der damit verbundenen Kanalisationsproblematik. Sie tagte im Landes-Medizinalkollegium am Zeughausplatz, dem Kurländer Palais. Zwischen dem 18. und 24. September entwickelte sich dort ein turbulenter wissenschaftlicher Schlagabtausch um die Zusammenhänge zwischen Epidemien und zeitgemäßer Wasserversorgung, respektive Abwasserableitung. Insbesondere sei die „Korrection und Regulirung des Grundwassers“ (basierend auf der Miasmentheorie) von der großen Mehrheit als zwingende Notwendigkeit ange


sehen worden, so wird berichtet. Der Arzt Dr. Alfred Fiedler, ab 1868 Leiter der Universitätsklinik, referierte über den Zusammenhang zwischen hohem Grundwasserstand und einer Epidemie in der Friedrichstadt. Die Dresdner Abwasser-Ingenieure um Carl Mank nahmen an der Tagung nicht teil.


Abb. 1: Das Kurländer Palais – Tagungsort der 42. Naturforscherversammlung mit wegweisenden Diskussionen über die Abwasserentsorgung in Deutschland, im Vordergrund Kanalschrote; Grafik von J. Fr. Schröter, um 1800 (Quelle: deutschefotothek.de)


Georg Varrentrapp tritt auf den Plan

Am zweiten Sitzungstag verteilte der renommierte Frankfurter Kommunalpolitiker und Arzt Dr. Georg Varrentrapp in gedruckter Form seinen wegweisenden Vortrag „Über die Kanalisierung der Städte“. Varrentrapp hatte sich in seiner Heimatstadt am Main schon seit 1854 mit der Verbesserung des Entwässerungssystems befasst. 1863 war er in einer vom Frankfurter Senat zur Prüfung der Entsorgungskonzepte eingeladenen internationalen Kommission von Sachverständigen vertreten. Trotz auch in Frankfurt vorhandenen Widerstands plädierte die Expertenrunde für den Bau einer Schwemmkanalisation, deren Bau 1867 begann. Ein Jahr darauf, also begleitend zur Dresdner Naturforscherversammlung, veröffentlichte Varrentrapp als Antwort auf die Kritik der Kanalisationsgegner sein Max von Pettenkofer, William Lindley und Eduard Wiebe gewidmetes Hauptwerk mit dem recht langen Titel „Ueber Entwässerung der Städte, über Werth und Unwerth der Wasserclosette, über deren angebliche Folgen: Verlust werthvollen Düngers, Verunreinigung der Flüsse, Benachtheiligung der Gesundheit mit besonderer Rücksicht auf Frankfurt a.M.“ Auf den Eindrücken mehrerer Reisen nach England und in andere europäische Länder fußend, plädierte der Autor für trockene Wohnungen und die Abschwemmung von


Fäkalien in Kanälen, die infolge einer ausreichenden städtischen Wasserversorgung in der Lage sind, dafür genügend Schleppkräfte zu entwickeln. Varrentrapp verband dies mit einem Plädoyer für die Vorzüge von Wasserklosetts. Er schlussfolgerte, dass Grundwasserverunreinigungen durch undichte Abortgruben damit auch der Vergangenheit angehören werden. Die Verschmutzung von kleineren und mittelgroßen Flüssen könne durch Verrieselung der Abwässer (einschließlich gewerblicher, die nicht in Gruben gesammelt werden) auf Rieselfeldern verhindert werden. Varrentrapp rechnete zudem vor, dass die Bedeutung der Grubeninhalte als vermeintlich unersetzlicher Düngestoff überbewertet und ein Ersatz durch andere Dünger durchaus wirtschaftlich darstellbar ist. So hatte es sich auch herausgestellt, dass der 5-fach höhere Düngerwert des Kotanteils in der Praxis dazu führte, dass die flüssige Phase der Fäkalgrubeninhalte oft nicht zur Abfuhr gelangte, somit anderweitig abfloss und damit den Hauptvorwurf gegen das Schwemmkanalsystem – die Verunreinigung der Flüsse – zumindest relativierte. In der Diskussion standen dann die logistischen und hygienischen Nachteile der Fäkalienabfuhr im Mittelpunkt. Die Lobbyisten der „Tonnenabfuhr“ kamen dabei zunehmend ins Hintertreffen.


Heftige Kritik am Dresdner Abwassersystem

Ganz konkret und vehement kritisierte Varrentrapp die von Mank in Dresden auf den Weg gebrachten Entscheidungen. Zwar seien Millionenbeträge investiert und solide gebaut worden,

Abb. 2: Georg Varrentrapp (1809-1886); (Quelle: www.frankfurter-personenlexikon.de)


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die Verantwortlichen hätten jedoch die Gesamtaufgabe der Kanalisierung nicht erfasst. Vor allem fehlte die „Korrection und Regulirung des Grundwassers“. Varrentrapp äußerte sich aber auch zu konkreten Kanalbauten, so dem Verwerfen einer „Hauptader durch die Stadt“, welche im Vergleich zu einem elbnahen Abfangkanal weniger Rückstau von der Elbe her bedeutet hätte – theoretisch richtig, aber mit einem Hebewerk am Systemendpunkt weniger relevant, wie sich später zeigen wird. Auch der neu gebaute Kanal in der Schlossstraße sei viel zu flach angelegt, womit die angrenzenden Straßen nur mit oberflächlichen Rinnen entwässert werden könnten. „Man gehe, sehe und rieche, um sich von diesen schmutzigen gesundheitswidrigen Zuständen zu überzeugen, um zu lernen, wie man mit großen Kosten schlechte alte Zustände verewigt und stellenweise neue aber gleichfalls ungenügende anreiht.“ Der um 1867/68 neu gebaute Kanal auf der Schlossstraße wurde tatsächlich bereits 1898 durch einen wesentlich tiefer liegenden Kanal ersetzt. Die letzten Reste (siehe Abb. 3) wurden bei Bauarbeiten zwischen 1998 - 2000 entfernt.


Abb. 3: : Der alte Schlossstraßenkanal aus Sandstein mit nur ca. 1 m Überdeckung (Ausgrabungsfoto, Quelle: F. Walter: „Befunde zur historischen Wasserversorgung und Abwasserentsorgung im Ostflügel des Dresdner Schlosses“)


Epidemiebeschleunigtes Umdenken

Auch in der Dresdner Bürgerschaft brach sich nun die Kritik Bahn. Wenngleich anonym, so wurde mit der im Dezember 1869 erschienenen Schrift

„Die Wasser-, Schleussen- und Cloakenfrage. Den Einwohnern von Dresden gewidmet.“ fundamental gegen die bisherigen Ratsbeschlüsse argumentiert. Die Autoren, ein Kreis aus Sachverständigen verschiedener Richtungen, forderten den Einsatz einer „Commission aus Verwaltungsmännern, Technikern und Aerzten“, die eine wasserwirtschaftlich-stadthygienische Gesamtanalyse mit folgenden Schwerpunkten erarbeiten sollte:

• Trinkwasserversorgung

• Nutzwasser

• Spülwasser für die Kanalisation

• Sprengwasser für Straßen, Gartenanlagen usw.

• Bodenreinhaltungen und Grundwasserabsenkung

• Fäkalientransport („Düngerausfuhr“)

Deren Relevanz wurde 1873 nochmals sehr deutlich: Bei der sog. „Kleinen Choleraepidemie“ starben im Regierungsbezirk Dresden 325 Menschen. Im Jahr darauf konstituierte sich die „Gemischte Deputation für öffentliche Gesundheitspflege“. Sie plädierte unter dem Eindruck der internationalen Entwicklungen sanitärer Standards für die allgemeine Einführung von Wasserklosetts. Dresden verfügte zu dieser Zeit über 200.000 Einwohner, aber nur 300 WCs.


Dies stünde im Widerspruch zur Schönheit der Barockstadt und müsse geändert werden, so der Tenor. Mit der alten Kanalisation war dies aber nicht ohne weiteres möglich. Die Genehmigung für den Einbau eines WCs wurde deswegen nur widerruflich und auch nur dann erteilt, wenn eine Kanalverbindung vom Haus bis zur Elbe bestand und ein Schlammfang eingebaut wurde. Die stoffliche Belastung des Flusses blieb somit weiterhin hoch. Ungeachtet der Vorteile von WCs blieben aber Zweifel, ob man sich nicht im Seuchenfall bereits mit der Zulassung der Ableitung der flüssigen Phase die Möglichkeit einer Desinfektion vergäbe und somit WCs generell abzulehnen wären.

WCs setzen sich durch

Jedoch hatten sich längst die Annehmlichkeiten von WCs herumgesprochen und 1878 wurde mit einer neuen Bauordnung die nötige Rechtsgrundlage geschaffen. Noch im gleichen Jahr wurde ein erstes, öffentliches Damen WC an der Bürgerwiese fertig gestellt. Und schließlich leisten massenhaft eingebaute WCs einen nicht unerheblichen Beitrag zum Funktionieren einer Schwemmkanalisation, wie wir heute wissen. Vorher machten sich jedoch noch langwierige Verhandlungen mit

Abb. 4: Das Dresdner Kanalnetz bis 1888 (F. Männig, 2018)


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der Staatsregierung erforderlich, die aus Rücksicht auf die unterliegenden Elbanlieger Bedenken ins Feld führte. Ungeachtet dessen wurde derweil der 10 Jahre zuvor im „Schleußensystematisierungsproject“ beschlossene Kanalnetzausbau weiter fortgesetzt. Carl Mank berichtete in einer 1878 erschienenen Festschrift des „Deutschen Vereins für öffentliche Gesundheitspflege“, dass zwischen 1868 und 1874 die Altstädter Gangschleusen, der Friedrichstädter Kanal und auf Neustädter Seite die Palaisschleuse bis hin zur Uferstraße errichtet wurden. Und weiter: „Hand in Hand mit diesen Neubauten wurde mit dem Umbau der alten Canäle der Altstadt vorgegangen, sodass in dieser Beziehung nicht mehr viel zu thun übrig bleibt“. Obwohl dieses Zitat durchaus im engeren Wortsinn (auf die Altstadt bezogen) ausgelegt werden könnte, wurde es später eher als generelle Fehleinschätzung des angeblich bevorstehenden Endes des Kanalisationsausbaus gewertet.


Carl Mank korrigiert sich

Es war aber durchaus nicht so, dass Mank die Realitäten nicht zur Kenntnis nahm. So wie er über seine Wirkungszeit die Prinzipien des Kanalbaus weiterentwickelte, so veränderte sich (natürlich auch unter dem Eindruck der kommunalpolitischen Diskussion) auch seine Meinung zum veralteten Tonnenabfuhrsystem. Ihm wurde Ende der 1870er Jahre klar, dass er wenig nachhaltige Entscheidungen auf den Weg gebracht hatte. Markantes Beispiel dafür ist der 1888 errichtete, noch unter Mank geplante neue Südvorstadtkanal, der die nur 20 Jahre vorher ebenfalls unter Mank erbaute, zu klein geratene Gangschleuse auf der Prager Straße hydraulisch entlastete und im Übrigen auch heutigen Anforderungen noch gerecht wird (siehe Fotos im Teil 4). Im Jahre 1880 legte Mank den Entwurf für ein (vermutlich vom Liernur-System inspiriertes) Abwassersystem vor, welches im Kern die Tonnenabfuhr ablösen, aber auch eine Abwasserreinigung vor Einleitung in die Elbe und eine Düngerrückgewinnung ermöglichen sollte. 1884 wurde die Idee aufgegriffen. Die Bevölkerungsprognose wies auf ein starkes Wachstum hin und lautete auf 688.000 Einwohner. Mank und seine Mitarbeiter Landgraf, Schneider und Seifert bewerteten zunächst die bisher in Europa angewendeten Ent


wässerungssysteme. Schlussendlich wurde das „Projekt einer Ableitung der menschlichen Auswurfstoffe mittels eines dazu nach neuem von ihm erfundenen System zu erbauenden besonderen Kanalnetzes“ zur Anwendung vorgeschlagen - eines von Manks letzten Projekten und posthum im Jahre 1889 erschienen. Mank plädierte darin für den Umbau aller Dresdner Abtrittanlagen zu WCs. Die Klosettstoffe jedes Hauses sollen über Fallröhren zunächst in Sammelbehälter geleitet werden, deren Ablauf mit Ventilen verschlossen sind. „Zu einer festgesetzten Tagesstunde werden alltäglich und gleichzeitig sämtliche Ventile vermittelst einer in Tätigkeit gesetzten Hochdruckwasserleitung geöffnet und nach erfolgter Entleerung dieser Gefäße in die Straßenklosettkanalanlage wieder gleichzeitig geschlossen“. Grund für diese aus heutiger Sicht ungewöhnliche technische Lösung war die Sorge um Ablagerungen in den „Klosettkanälen“. Mank wollte zudem im Falle von Epidemien die Möglichkeit der hausweisen Desinfektion der Abwässer erhalten und ging damit auf die stadtinternen Kritiker des Schwemmsystems zu. Das vorgeschlagene Klosettkanalsystem mit einer Länge von 247 km wäre neben dem bisher bestehenden Kanalnetz zu errichten gewesen. Regenwasser, aber auch die als durchaus gewässerverträglich eingestuften Küchenwässer sollten dem Klosettkanalsystem ferngehalten werden. Zum einen hatte man an Kanalausmündungen Fische beobachtet, die Speisereste fraßen, zum anderen vermied man dadurch, dass der auf 79 % quantifizierte Scheuersand

anteil im Schleusenschlamm Probleme in den gering dimensionierten Klosettkanälen bereiten könnte. Die Küchenwässer sollten aber auch im bestehenden Kanalnetz in Trockenzeiten für stetigen Abfluss sorgen…


      • Fünf Pumpstationen und zwei Kläranlagen

Die Wässer der Haupt-Klosettkanäle beider Elbseiten hätten jeweils mit insgesamt fünf Pumpstationen gehoben werden müssen. Endpunkte sollten Kläranlagen sein, die linkselbisch im Großen Gehege und rechtselbisch an der Flurgrenze zu Pieschen angeordnet werden sollten. Dort würde neben der Abwasserreinigung auch die Düngerrückgewinnung erfolgen. Zur Behandlungstechnik sollten Sammelbehälter, Dampfmaschinen und Trocknungseinrichtungen gehören. Die Gesamtkosten des Projektes bezifferte Mank auf 6,4 Mio. Mark. Jeder Grundstückseigentümer könne mit 15 Mark pro Frontmeter zur Finanzierung herangezogen werden, schlug Mank vor. Zur Ausführung gelangte das Projekt nicht mehr. Gut 130 Jahre später wissen wir auch, dass es einen Irrweg bedeutet hätte. 1888 starb Carl Mank. Sein Nachfolger, Hermann Klette, begründete bald darauf eine neue Ära der Stadtentwässerung in Dresden.


Abb. 5: Auch für den Kanalbau: Sandsteinumschlag und -bearbeitung am noch unbefestigten Elbufer in Höhe der jetzigen Carolabrücke, um 1870 (Quelle: SLUB / Deutsche Fotothek, Krone?, Hermann)


Frank Männig, Dresden

frank.maennig@se-dresden.de


https://www.dwa-st.de/files/_media/content/PDFs/LV_ST/pub/rb/DWA-Mitgliederrundbrief_58_April_2021.pdf

Die Anfänge der Neuen Kanalisation[Bearbeiten]

Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall

Rundbrief für die Mitglieder im Landesverband Sachsen/Thüringen Nr. 59, November 2021


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Geschichte der Alten Dresdner Kanalisation

Teil 6: Die Anfänge der Neuen Kanalisation

Die deutsche Wirtschaft erlebte nach der 1871 erfolgten Gründung des Deutschen Kaiserreichs einen gewaltigen Aufschwung. Ihr Anteil an der Weltindustrieproduktion steigerte sich von 4,9 % in den 1860er Jahren bis auf 14,8 % im Jahr 1913. Deutschland stieg damit auf den zweiten Platz hinter den USA (32 %) auf. Auch die Stadt Dresden spielte in diesem Prozess eine gewichtige Rolle. Die Verwaltung schuf die nötigen stadtplanerischen und infrastrukturellen Voraussetzungen, z. B. durch die Ausweisung von Fabrikbezirken entlang der Schienenwege und der Elbe. Bereits im Jahre 1852 hatte Dresden als vierte deutsche Stadt nach Berlin, Hamburg und Breslau die 100.000-Einwohner-Grenze überschritten und wurde zur Großstadt. Der Einwohnerzuwachs in und um Dresden hielt auch in den nächsten Jahrzehnten weiter an und basierte vor allem auf Zuzug. Es herrschte Wohnungsnot. In den 1890er Jahren wurden die bislang selbständigen Gemeinden Strehlen und Striesen, später noch Pieschen, Trachenberge, Hellerberge und der Albertpark mit insgesamt knapp 160.000 Menschen eingemeindet, was gewaltige Herausforderungen für die Stadt- und Infrastrukturplanung bedeutete. Hoyerswerdaer, Tieck- und Melanchtonstraße (Innere Neustadt) wurden angelegt. Grunaer und Schweriner Straße bildeten Haupterschließungsachsen für die Pirnaische und Wilsdruffer Vorstadt. Zwischen der Antonstadt und Pirnai

schen Vorstadt wurde mit dem Bau der Albertbrücke unter Leitung von Carl Mank eine dritte Elbquerung geschaffen. Die Schiffbarkeit der Elbe wurde verbessert. Zwischen 1874 und 1879 erfolgte der Ausbau der linkselbigen Uferbefestigungen, was auch Anpassungen der ausmündenden Abwasserkanäle erforderlich machte (Abb. 2). In diesem Zuge wurde dafür gesorgt, dass die bisher über die Uferböschungen laufenden Abwässer bis direkt in die Elbe geführt werden – ein zumindest kleiner Fortschritt. Überfällig war aber nicht weniger als ein Paradigmenwechsel im Abwassersektor.


Neustrukturierung des Dresdner Tiefbauwesens

Die Dresdner Stadtoberen waren sich der Notwendigkeit des Umdenkens

bewusst und ab 1889 wurde das Tiefbauwesen durch ein eigenständiges Amt gesteuert. Unter seinem neuen Leiter, Stadtbaurat Hermann Klette (1847 – 1909), wurde es organisatorisch und technisch neu ausgerichtet. Mit der Berufung zum Stadtbaurat erhielt Klette auch einen Sitz im Stadtrat. Für die Belange der Kanalisation wurde eine eigene technische Abteilung geschaffen.


Bestandsaufnahme und Kritik am Bisherigen

Wie schon sein Vorgänger Mank führte auch Klette zunächst eine Bestandsaufnahme durch. Er ließ alle vorhandenen Kanäle kartieren. Klette konstatierte neben einer zu geringen hydraulischen Leistungsfähigkeit – die seit 1885 auf dem Städtischen Bauhof durchgeführ-


Abb. 1: Der Pirnaische Platz um 1905, Blick in die neu angelegte König-Johann-Straße (kanalisiert 1886/87) und die Landhausstraße (Quelle: Deutsche Fotothek)

Abb. 2: Im Zuge der Ufermauerneugestaltung umgebauter Auslass „Zwingerteich“ (Quelle: Stadtentwässerung Dresden GmbH)

Abb. 3: Kanalprofile der Alten Kanalisation (gelb: unter Manks Ägide zwischen 1865 und 1888 gebaut) (Quelle: Stadtentwässerung Dresden GmbH)


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ten Regenmessungen zeigten, dass die bisherigen Bemessungsansätze unzureichend waren – eine „große Regellosigkeit“ der vorhandenen Kanalprofile (Abb. 3). Allerdings erstreckte sich Klettes Rückschau auf über 400 Jahre Schleusenbautätigkeit und die festgestellten Unzulänglichkeiten waren nicht allein seinem unmittelbaren Vorgänger anzulasten. Das trifft auch auf die 1906 in der „Deutschen Bauzeitung“ im Sinne einer neuen Erkenntnis dargestellten Vorteile des Eiprofils zu – Mank hatte diese Profilform bereits seit den 1870er Jahren zur Regel für Sammelkanäle erhoben. In vielen Punkten war Klettes Kritik an seinem Vorgänger aber berechtigt. Der Bau einer Schwemmkanalisation war viel zu lange blockiert worden. Dabei waren Schwemmkanalisationen vielerorts bereits seit Jahren Standard – in Hamburg seit 1842, in Frankfurt/Main seit 1867 und in Danzig, der ersten Stadt auf dem europäischen Festland mit einer Kläranlage, seit 1872. Klette stellte zudem fest, dass entlang der Elbe mit 23 Stück viel zu viele rückstaubehaftete Tiefpunkte bestanden, die bei Mittel- und Hochwasser Probleme bereiteten. In Bezug auf das von Mank entwickelte Druckentwässerungssystem (siehe letzten Rundbrief) zeigte er sich erleichtert, dass es nicht zur Ausführung gekommen war. Die anstehende Stadtentwicklung wäre damit nicht zu bewältigen gewesen.


Ungeklärte Reststoffproblematik

Die durch die neue Bauordnung in Dresden seit 1878 offiziell möglich gewordene Einführung von WCs konnte mangels einer geeigneten Kanalisation zunächst noch nicht richtig durchstarten und erstreckte sich später über viele Jahrzehnte. Demzufolge war die Verwendung von Trockentoiletten und Fäkaliengruben noch lange Zeit an der Tagesordnung – die mutmaßlich letzten ihrer Art wurden noch in den 1990er Jahren vorgefunden. Üblich war die Verbringung der Grubeninhalte in der Landwirtschaft. Durch die wachsende Stadt waren aber immer längere Wege notwendig, und auch der eingerichtete Bahntransport in entferntere Gegenden konnte die immer weiter ansteigenden Fäkalienmengen nicht bewältigen. Zudem bestand der landwirtschaftliche Bedarf nur zu Zeiten der Feldbestellung im Frühjahr und Herbst, in den übrigen Zeiten wurden zwei Speicher in Klotzsche und Mickten betrieben. Die Absatzmöglichkeiten des dort entwässerten Schlammes verschlechterten sich wegen seines geringeren Düngewertes aber zunehmend. Klette beschreibt in seinem Artikel in der Bauzeitung, dass „die mit den unverwertbaren Mengen angefüllten Transportwagen unmittelbar in die Elbe“ entleert wurden. Sarkastisch konstatiert er: „So wird in Dresden tatsächlich schon seit Jahren abgeschwemmt, freilich nicht einwandfrei und nicht auf geordnetem Wege!“


Unterstützung aus der Politik

Ob Mank zu seiner Zeit durch die Stadtpolitik bestärkt oder eher gebremst wurde, ist noch nicht erforscht. Bei Klette jedenfalls war es der Fall: Der Vorsteher der Stadtverordneten, Dr. Stöckel, wies immer wieder öffentlich auf die Annehmlichkeiten und gesundheitliche Vorteile bei der Einführung der Wasserklosetts hin. Auch Oberbürgermeister Beutler unterstützte Klettes technische Reformen und auf der Stadtratssitzung am 13. Dezember 1894 erfolgte ein Votum zur beschleunigten Einführung des Schwemmsystems, wenn auch zunächst nur in Teilstrecken. In einer weiteren Stadtratssitzung am 13. August 1895 wurde der vorher notwendige Umbau der Schleusen beschlossen. Der Stadtrat nahm zur Kenntnis, dass damit außergewöhnlich hohe Kosten verbunden sein werden.


Kanalneu- und Umbauten

Der Ausbau der Kanalisation schritt ungeachtet dessen auch schon am Anfang der 1890er Jahre kräftig voran, denn Manks „Schleußensystematisirungsproject“ lief zunächst weiter. So wurde z. B. der zweite Südvorstadtkanal 1888 nach alten Planungen als letzter seiner Art aus Sandsteinmauerwerk fertiggestellt. Im Bereich des Postplatzes entstand so eine eigenartige Kreuzung mit der alten, flacher liegenden Südvorstadtschleuse (Abb. 4). Hermann Klette berichtet im Jahr 1906 in der Deutschen Bauzeitung über die


Abb. 4: Kreuzung des alten und neuen Südvorstadtkanals unter dem Postplatz (Foto: F. Männig, 2017)

Abb. 5: Die Baustelle des Auslasses Carolabrücke bei erhöhtem Elbpegel um 1894 (Foto: Donadini, www.deutschefotothek.de)


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zurückliegenden 16 Jahre der Kartierungsarbeiten des Alten Kanalnetzes. Zeitgleich mussten unter Berücksichtigung der neu aufgestellten hydraulischen und bautechnischen Paradigmen bis 1908 noch weitere 73 km Schleusen umgebaut bzw. neu errichtet werden. Insbesondere die Innere Neustadt wurde kanalisiert, meist schon unter Verwendung von Eiprofil-Betonrohren, darunter 1893 die Königsstraße und 1895 die Carolastraße samt des zugehörigen Auslasskanals (Abb. 5). Einige der alten Schleusen konnten in Klettes neues System eingefügt werden, so z. B. die Gangschleuse auf der Grünen Straße. Bei den parallel zur Elbe gebauten Schleusen der Blumenstraße und Gerokstraße sah Klette keine Möglichkeit einer adäquaten Integration, obwohl sie bis heute in Betrieb sind (Abb. 6). In einigen Fällen waren an hydraulisch wenig ergiebige Altschleusen neuere, leistungsfähigere angeschlossen worden, was bei Gewitterregen zu Rückstau führte. Insgesamt mussten 10,5 km der alten Kanalisation beseitigt bzw. ersetzt werden. Aber auch andere Infrastrukturprojekte erzwangen Änderungen am Abwassersystem. So musste dem zur Jahreswende 1894/95 fertiggestellten Alberthafen ein Teil der erst reichlich 20 Jahre zuvor erbauten Friedrichstädter Hauptschleuse wieder weichen. Zur Umgehung des Hafenbeckens war 1892, also noch lange vor dem Bau des Abfangkanals in diesem Bereich, ein Ortbetonkanal (Haubenprofil 1600/1600) als Umgehungsstrecke errichtet worden.


Neue Großkanäle

Im Verlauf des Jahres 1893 wurde auf Altstädter Seite ein gewaltiger Abschnitt des Strehlener Flutkanals (die Eingemeindung Strehlens war 1892 erfolgt) zwischen Carolabrücke und Tiergartenstraße als Ortbeton-Haubenprofil in verschiedenen Profilgrößen (bis 2420/2800) errichtet - der erste, neu konzipierte Gebietshauptkanal Klettes. Es folgte dann 1896 der Gebietshauptkanal auf der heutigen Bundschuhstraße bis zur Gerokstraße, der, ergänzt um diverse Nebensammler, 1897 in Richtung Holbeinstraße verlängert wurde. Auch das auf dem Käthe-Kollwitz-Ufer befindliche große Wehrbauwerk sowie der Auslasskanal Bundschuhstraße wurden in dieser Zeit errichtet. Ein erster 2,6 km langer Bauabschnitt des Altstädter Abfangkanals wurde

1899/1900 zwischen Weißeritzstraße und Lothringer Straße fertiggestellt. Im Bereich des später errichteten städtischen Speichers bestand die bautechnische Herausforderung, den Weißeritzmühlgraben zu kreuzen (Abb. 7). Dieser überquerte den Abfangkanal, erhielt einen Ablass-Anschluss DN 1000 und war noch bis 1937 in Betrieb. Im Zuge der Renovation des Abfangkanals im Jahre 2010 wurden alle Verbindungen beider unterirdischer Röhren beseitigt. An der Weißeritzstraße erfolgte der Anschluss des Abfangkanals zunächst nur an den 10 Jahre zuvor gebauten Löbtauer Flutkanal. Abb. 8 zeigt den Zustand im Jahr 1904: Es fällt bereits eine große Menge Abwassers an, die direkt in die Elbe eingeleitet wird. Die damals noch zahlreichen Dresdner Elbebäder befanden sich glücklicherweise stromaufwärts…


Abb. 6: Durch den neuen Gebietshauptkanal zerschnittene Gangschleuse Gerokstraße (Quelle: Stadtentwässerung Dresden GmbH)

Abb. 7: Kreuzung des Weißeritzmühlgrabens mit dem Altstädter Abfangkanal – Anschluss an den bestehenden Graben, stromauf gesehen (Quelle: Stadtentwässerung Dresden GmbH)

Abb. 8: Einmündung des Löbtauer Flutkanals in die Elbe im Jahr 1904 (Quelle: Stadtentwässerung Dresden GmbH)

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Die Schwemmkanalisation wird behördlich genehmigt

Die entscheidenden Planvorgaben für die geplante Schwemmkanalisation samt Abwasserreinigungsanlage wurden 1904 durch die Königliche Amtshauptmannschaft geregelt. Grundlage war die 1903 von der Stadt Dresden vorgelegte „Planung E“. Folgende Bedingungen galt es einzuhalten:

1. Not- und Regenauslässe dürfen erst ab einer Verdünnung mit der 4- bis 5-fachen Menge Meteorwasser in Wirksamkeit treten und sind mit Gittern zum Rückhalt grober Stoffe auszurüsten

2. gröbere Schwimm- und Sinkstoffe bis 3 mm sind durch Sedimentieren oder auf andere Weise aus dem Wasser zu entfernen

3. Bei der Querung der Elbe unterhalb des König-Albert-Hafens und für den Kläranlagenauslass gegenüber der Mündung des Zschonergrundbaches sind die Dükerrohre so tief unter das Strombett einzulegen, dass auch bei Ausgestaltung der Stromsohle die Rohroberkante an der tiefsten Stelle des Strombetts noch 1 m tiefer liegt als letzteres.

Entscheidende Schritte für ein modernes Kanalsystem waren also getan. Die Abfangkanäle rechts und links der Elbe mussten noch bis nach Kaditz verlängert werden. Dort war die Kläranlage bereits im Bau und ging 1910 in Betrieb.

Zur Erprobung der geplanten Reinigungstechnologie war zuvor in den Jahren 1906/07 auf dem Gelände des heutigen Kanalstützpunktes an der Yenidze eine Versuchskläranlage betrieben worden.

Frank Männig

Stadtentwässerung Dresden GmbH

frank.maennig@se-dresden.de

https://www.dwa-st.de/files/_media/content/PDFs/LV_ST/pub/rb/DWA-Mitgliederrundbrief_59_November_2021.pdf

Fäkalienmanagement im 19. Jahrhundert[Bearbeiten]

Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall

Rundbrief für die Mitglieder im Landesverband Sachsen/Thüringen Nr. 60, April 2022


Geschichte der Alten Dresdner Kanalisation

Teil 7: Fäkalienmanagement im 19. Jahrhundert

Abb. 1: Priesterpumpe (Quelle: siehe Literaturempfehlung)

Abb. 2: Leipziger Kübel – von den Dresdner Fäkalienfässern ist bisher keine Gesamtdarstellung bekannt (Quelle: siehe Literaturempfehlung)

Abb. 3: Detailzeichnung eines Dresdener Fäkalienfasses (Quelle: siehe Literaturempfehlung)

Bei der Einführung der Schwemmkanalisation tat man sich nicht nur in Dresden schwer. Ein wesentlicher Grund lag in der damals weit verbreiteten Nutzung menschlicher Exkremente zu Düngezwecken. Grubeninhalte bzw. in Tonnen gesammelte Fäkalien wurden abtransportiert und verwertet. Diese wenig bekannte Seite der Entwässerungsgeschichte soll am Beispiel der Stadt Dresden etwas näher betrachtet werden. Das viel zitierte Mittelalter mit seinen schlechten stadthygienischen Bedingungen war zwar schon lange vorbei, die Verhältnisse hatten sich Ende des 18. Jh. aber nicht gebessert. Immerhin hatte Dresden schon lange eine Kanalisation, in die aber nur Niederschlags- und Waschwässer eingeleitet werden durften. Das Einleiten von Fäkalien war verboten. Die Abfuhr unterlag amtlichen Regularien, an die sich die Bürger allerdings nicht hielten, wie ein Erlass des Rates zu Dresden vom 15. Mai 1773 belegt. Man konstatiert darin, dass „die Herauswerfung des Cloac-Mists aus den Gruben und dessen Ausführung auf die Gassen und die Auspaßierung durch die Thore willkürlich veranstaltet und die vorgeschriebenen Tage und Stunden“ nicht beachtet würden. Die Folge seien üble Gerüche und unsaubere Straßen. Es werden deshalb Zeiten für die Entleerung der Gruben auf die Gassen und die Passage der Stadttore vorgegeben. Adressaten waren neben den Dresdner Bürgern auch Bauern und Fuhrleute des Umlandes. Die Anweisung lautete, „jedes Mal des Tages vorher, ehe sie aus denen Gruben den Mist auswerfen, zur Nachtzeit die Jauche ausschöppen, ihre Wagen aber tüchtig verwahren, die Gasse auch vor denen Häusern wiederum rein abspülen.“ Als Sanktion wurde eine „willkührliche Geld- oder Gefängnisstrafe“ angedroht. Um 1830 setzten Veränderungen ein. Zwei Düngerfabriken entstanden und die Einsammlung der Fäkalien wurde technisch und organisatorisch verbessert. 1864 begutachtete eine Berliner Kommission den Stand der „Abfuhr und Verwerthung der Dungstoffe in verschiedenen deutschen und ausserdeutschen Städten“. Sie stattete auch der Stadt Dresden mit ihren damals 128.152 Einwohnern [in 4.612 Häuser; Zählung von 1861; 3. Dezember 1864 bereits 145.728 Einwohner] einen Besuch ab. In ihrem Bericht wurden viele interessante Details festgehalten.

Fäkaliengruben und Latrinenfässer – Bericht der Berliner Kommission

Die „Aufsammlung“ der menschlichen Exkremente geschah in Gruben und in Tonnen [Kübeln], die Fortschaffung aber wurde von zwei „auf Widerruf konzessionierten Gesellschaften“, dem Hausbesitzerverein [Dirigent Borsche] und dem Actienverein für Düngerexport betrieben.

[Der letzter Verein hat sich seit einiger Zeit aufgelöst, und ist das Räumungsgeschäft desselben von der städtischen Behörde betrieben worden; jetzt ist das Unternehmen dem Fuhrwerksbesitzer Kaskel Mendel und zwar seit dem Jahre 1858 mit allen Utensilien, Gebäuden etc. gegen eine jährliche Pacht von 930 Thlr. und gegen eine Kaution von 1000 Thlr. übergeben. - Carl von Salviati: Die Abfuhr und Verwerthung der Dungstoffe in verschiedenen deutschen und ausserdeutschen Städten und darauf bezügliche Vorschläge für Berlin, Kapitel "Dresden (an der Elbe)", S. 84-88, hier: S. 84.]

Die Hausbesitzer hatten das Recht, ihre Gruben selbst zu räumen und den gewonnenen „Dünger“ auf nah gelegenen Gärten oder Feldern zu verwenden. [ohne über die Straße gebracht zu werden]


[Die Räumungs- und Abführungskosten sind nach der Kubikelle der in den Gruben befindlichen Massen zu berichtigen. Um dies besser zu übersehen, führt man über sämmtliche Gruben, deren Inhalt, die Lage derselben etc. ein Verzeichniss, auch werden vor und nach der Räumung die zur Berechnung erforderlichen Maasse genommen. ebd.]


Der flüssige Grubeninhalt wurde in 3,20 m langen, 80 cm im Durchmesser betragenden, außen geteerten Tonnen mit ca. 1,6 m³ Inhalt auf vierrädrigen, festverschlossenen, röhren- oder fassförmigen Kastenwagen abgefahren. Die Förderung erfolgte anfangs durch Priester-Pumpen über Kautschukschläuche, wobei die Saugschläuche bewehrt waren. Pumpen und Tonnen wurden im Sommer auch zum Besprengen der Straßen verwendet. Da sich Priester-Pumpen nicht bewährten, wurde später mit Kolbenpumpen


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– wie bei den damals üblichen Feuerspritzen – gearbeitet. Die beim Befüllen der Tonnen entweichenden Gase wurden nicht verbrannt, sondern entwichen über das Luftloch im Tonnendeckel in die Umgebungsluft. Füll- und Luftloch wurden mit Holzstöpseln verschlossen, entleert wurde durch ein am hinteren Ende der Tonne angebrachtes Schraubenventil. Der in den Gruben nach dem Auspumpen verbleibende Bodensatz wurde, desinfiziert und mit Torf vermischt, mit Kübeln herausgehoben und mittels eines Holztrichters in kleine, hölzerne Fässer von 73 cm Höhe und 52-63 cm Breite gefüllt. Das 29 cm weite Bodenloch mit gusseiserner Einfassung wurde mit einem Bohlendeckel, dessen Absatz mit Filz und Kautschuk gefüttert war, verschlossen. Neben der Grubenräumung erfolgte zudem noch die Abfuhr von Latrinenfässern, welche direkt unter die Fallröhren der Abtritte gestellt wurden. Diese Gefäße waren rund, oval oder eckig und besaßen nicht besonders gut schließende Deckel. Einige dienten der Trennung der flüssigen von der festen Phase, was durch ein an der Wandung angebrachtes dreizölliges, durchlöchertes Rohr mit eigenem Ausgang bewerkstelligt wurde. „Diese Einrichtung gibt leicht dem Missbrauche Anlass, die flüssige Masse, dem polizeilichen Verbote zuwider, in die Kanäle laufen zu lassen“.


Räum- und Abfuhrmanagement

Über sämtliche Gruben, deren Inhalt, Lage etc. wurde ein Kataster geführt. Vor und nach der Räumung wurde zur Abrechnung jeweils ein Aufmaß genommen. Für Gruben, die mit Pferden und Räumungsgerätschaften anfahrbar waren, betrug das Entgelt 3 Silbergroschen und 6 Pfennig. Die Tarife stiegen mit dem zu treibenden Aufwand, in der Nachtzeit gab es 50 % Zuschlag. Für die Abfuhr der Latrinenfässer galten gestaffelte Preise pro Fuhre in Abhängigkeit der Anzahl der Fässer. Die Abholung erfolgte tags und nachts in „ziemlich elegant aussehenden und mit Federn versehenen geschlossenen Wagen“ und auf „gewöhnlichen Brauerwagen“. Für die in Fässern transportierten flüssigen Grubenrückstände wurden festverschlossene, röhren- oder fassförmige Kastenwagen verwendet. Gerätschaften wie Pumpen, luftdicht schließende Tonnen und Wagen mussten so verwendet werden, dass ein Verschütten und Beschmutzen in den Häusern und auf den Straßen verhindert wurde.


Abb. 4: Fäkalienabfuhr mittels Vakuum-Saugwagen – der eingelassene Dampf erkaltet und erzeugt das notwendige Saugvakuum (Quelle: siehe Literaturempfehlung)


Guano-Boom und Sächsische Guano-Compagnie

Im Jahr 1864 existierten in Dresden zwei Abfuhr- und Verwertungsunternehmungen – die Sächsische Guano-Compagnie an der Königsbrücker Landstraße und der „Actienverein für Düngerexport“ am Tatzberg. Beide Gesellschaften versuchten, vom „Guano-Boom“ der damaligen Zeit zu profitieren. Anfang des 19. Jahrhunderts war der Bedarf an Düngemitteln zur Versorgung der wachsenden Bevölkerungen in den sich industriell entwickelnden Ländern der Welt stark angestiegen. Besonders begehrt war Guano, eine feinkörnige Mischung von verschiedenen Phosphaten, Nitraten und organischen Verbindungen, welche aus Exkrementen von Seevögeln entsteht. Alexander von Humboldt brachte 1806 erste Proben aus Übersee nach Europa. Später entstand daraus der „Guano-Boom“, der zwischen 1845 bis 1880 seinen Höhepunkt erreichte.


Poudrettefabrikation

Auch Ersatzprodukte versprachen großen Gewinn. Vielerorts entstanden „Poudrettefabriken“, die einen Streudünger aus verarbeiteten menschlichen Exkrementen mit Zusätzen von Asche, Schwefelsäure, Kalisalzen, Superphosphat, allerlei Abfällen, Erde, Torf etc. produzierten. Die wohl erste auf dem heutigen Dresdner Stadtgebiet war um 1829 eine Fabrik in Blasewitz. Anfang der 1830er Jahre wurde auch innerhalb der damaligen Dresdner Stadtgrenzen


eine Fabrik gegründet. Kammerherr von Hartmann aus Großwelka hatte sich entschieden, „Cloakmassen“ fabrikmäßig zu trocknen, auf eigens dazu erbauten Wagen auf sein Landgut zu schaffen und dort als Poudrette-Dünger zum Einsatz zu bringen. Sie firmierte offiziell als „Sächsische Guano-Compagnie“.


Die sächsische Guanofabrik des Hausbesitzervereins in Dresden

Nach 1850 übernahm die Fabrik Dr. Otto Rudolph Abendroth (1811 – 1864), ein Apotheker, studierter Chemiker und Gründer des Sächsischen Pharmazeutischen Instituts aus Pirna. In städtischem Auftrag führte er eine „neue, weniger belästigende Methode der Grubenräumung ein“. Außerdem unternahm er Versuche zur landwirtschaftlichen Verwertung der städtischen Düngerabfälle, die in ein patentiertes Verfahren mündeten, was sich deutlich von der einfachen Poudrette-Produktion unterschied. Ein Verein von etwa 250 Hausbesitzern beteiligte sich am Unternehmen. Man überließ der Firma die Fäkalien der Grundstücke gegen unentgeltliche Grubenräumung. Wirtschaftlich lief das Geschäft wohl nicht sehr gut, denn bald konnte Dr. Abendroth seinen Verpflichtungen gegenüber dem Hausbesitzerverein nicht mehr nachkommen und verkaufte die Fabrik. Er starb „in dürftigen Verhältnissen“. 1855 übernahm der Chemiker R. Schulze die technische Leitung. Vom Abendroth’schen Verfahren wurde nur die Behandlung der flüssigen Düngermassen in Dampfkesseln beibehalten, die trockene Destillation der fes-


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Abb. 5: Guanoverladung auf Chincha Islands zwischen 1842 und 1853 (Quelle: Wikipedia)


ten pflanzlichen und tierischen Abfälle dagegen aufgegeben. Zudem wurde die Fabrik vergrößert, denn die vorhandenen technischen Anlagen konnten nur ein Viertel der täglich anfallenden Fäkalienmenge verarbeiten. Auch begann man mit der Verarbeitung tierischer Abfälle. Zwar lief das Geschäft danach besser, aber immer noch nicht einträglich. 1857 verpachtete der Verein die Compagnie an Schulze. Der Reporter der Deutschen Gewerbezeitung erfreute sich im gleichen Jahr an „der wohlersonnenen und zweckmäßigen Anordnung des technischen Betriebs.“


Die Verarbeitungstechnologie

Der angelieferte Rohstoff wurde zunächst in einem Dampfkessel gekocht. Dämpfe und Gase leitete man in ein fest verschlossenes, granitenes Gefäß, in welchem ihr Ammoniakgehalt durch Schwefelsäure gebunden wurde. Danach wurden sie zur Beheizung verwendet und in einen langen, gemauerten, oben mit Sandsteinplatten und Erde bedeckten, aber unten offenen unterirdischen Kanal geleitet. Hier kondensierte der Wasserdampf und versickerte in die Erde. Die übrigen Gase gingen zunächst noch durch einen Koksbehälter, strömten schlussendlich in die Flamme über dem Rost, der sich unter dem Abtreibekessel befand und verbrannten dort zum größten Teil. Abgase entwichen durch eine hohe Esse. Die entstandenen Lösungen von schwefelsaurem Ammoniak samt den zugegebenen, völlig zersetzten tierischen Abfällen wurden mit pulverförmiger Torfmasse vermengt und getrocknet. Der Kesselrückstand enthielt die wertvollen phosphorsauren und Kalisalze des Urins und wurde ebenfalls für die Mischung des „sächsischen Guanos“ verwendet. 1856 stand die Anstalt wegen „unangenehmer Durchduftung“ in der Kritik und es wurden Gegenmaßnahmen getroffen. Ein amtliches Gutachten bescheinigte bald darauf, „dass die Behauptung der weiteren Verbreitung übler Gerüche zu den üblen Gerüchten gehört…“. Reporter Wiek spricht nach dem Besuch der Fabrik, „die ganz dicht am Walde, weit von der eigentlichen Stadt entfernt liegt“ (dort, wo heute das Quality Hotel Plaza steht) zurückhaltend von einem „säuerlich-faden“ Geruch.


Preise und Absatz

Man verkaufte den künstlichen Guano mit einem Gehalt von 3,5 % Stickstoff (= 4,25 % Ammoniak) zu 1 Taler und 20 Neugroschen pro Zentner in Fässern bzw. als Uratdünger zum Preis von 20 Neugroschen pro Zentner. Ein großer Teil ging auch unbehandelt an die Bauern, die flüssige Phase insbesondere im Frühjahr für 0,6 Silbergroschen pro Eimer. Monatlich wurden 1000 bis 3000 Zentner abgesetzt. Noch vor 1866 wurde die Firma insolvent. Es begann die Zeit des Fäkalienabfuhrunternehmens des Kaskel Mendel (1812 – 1870). Mendel war seit 1864 Pächter und Direktor des Unternehmens, eines Vorläufers der späteren „Dünger-Export-Gesellschaft“.


Fäkalienmanagement am Dresdner Tatzberg

Der Transport der gesammelten Fäkalien erfolgte ab 1864 durch den Actienverein für Düngerexport hin zum Ablagerungsplatz am Tatzberg. Die Latrineninhalte wurden zum Abtrocknen in 4 Fuß tiefe Bassins geschüttet, die mit Dämmen aus Pferdemist begrenzt waren. Das Sickerwasser sammelte man in niedriger gelegenen Becken. Sowohl die flüssigen als auch die abgetrockneten Fäkalien wurden an Bauern verkauft. Ein Eimer kostete 0,6 Silbergroschen. Ein geringer Teil der eingedickten Masse wurde im Sommer

mit Schwefelsäure versetzt, in einem Schuppen, dessen Boden aus Gaskalk bestand, ausgebreitet und weiter getrocknet. Im Winter erfolgte die Trocknung mit einem Ofen. Die getrocknete Masse wurde mit Schlägeln pulverisiert, gesiebt, in Säcke oder (billige) Heringstonnen verpackt und pro Zentner für 1 bis 1 ¼ Taler verkauft.


Die Dresdner Dünger-Export-Gesellschaft

Nach Mendels Tod bereitete die Stadt 1871 die (Neu-)Gründung der DüngerExport-Gesellschaft in Form einer Aktiengesellschaft vor. Um Hausbesitzern und anderen Anlegern, wie schon für die Guanofabrik praktiziert, eine Beteiligung zu ermöglichen, wurde das Aktienpaket stark gestückelt und 5000 Aktien zu je zehn Talern ausgegeben. 1873 wurde die Gründung vollzogen. 1875 erweiterte der Stadtrat den Vertrag, der dann bis zum 31.12.1890 galt. Ab 1891 übertrug die Stadt Dresden der Dünger-Export-Gesellschaft die alleinige Verantwortung über die Fäkalienentsorgung aus über 9000 Gruben der nicht kanalisierten Grundstücke sowie die Stadtreinigung im Stadtgebiet. Die Gesellschaft nutzte dazu die Grundstücke auf dem Tatzberg 25-27 und somit einen kleinen Teil des ehemaligen Mendelschen Betriebsgeländes. Es gab ausgedehnte Stallungen für über 100 Pferde sowie Remisen für 60 Jauchewagen, 1800 Fässer á 200 Liter, 7 Jauchepumpen, 3 Luftpumpapparate sowie 400 m Gummischläuche in 12 m-Stücken.


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Abb. 6: Lage der Fabrik des „Actienvereins für Düngerexport“ auf dem Stadtplan von 1868 (Quelle: Themenstadtplan Dresden)


Fäkalientransport per Bahn

Ein interessanter Aspekt dieses Kapitels der Dresdner Abwassergeschichte ist auch der durch die Dünger-Export-Gesellschaft veranlasste Fäkalientransport per Eisenbahn. Die gesammelten Fäkalien wurden dazu per Fuhrwerk in am Stadtrand gelegene Abfüllstationen gebracht, in Latrinenwaggons gepumpt, zu betonierten Sammelgruben in ländlichen Bereichen befördert und an Landwirte verkauft. Züge mit Fäkalienkesselwagen fuhren bis nach Schlesien!


Es gab drei Kategorien von Latrinenwaggons: Fass- oder Bottichwagen mit hölzernen Aufbauten, Tankwagen mit stählernen Behältern und offene Wagen. Die Dünger-Export-Gesellschaft hatte bei der Königlich Sächsischen Staatseisenbahn bis zu 12 solcher SpezialWaggons eingestellt. Ein Teil von ihnen wurde zwischen 1876 und 1878 von der Firma „Saxonia“ in Radeberg gebaut, andere in Görlitz. In Klotzsche wurden anfangs Kesselaufsätze – ähnlich heutigen Containern – auf Schmalspurwagen Richtung Königsbrück umgeladen. 1897 war die Schmalspurstrecke dann auf Normalspur umgebaut und das Umladen entfiel.


Auch der „Lößnitzdackel“ transportierte bis um 1930 Fäkalien für die Dünger-Export-Gesellschaft mit schmalspurigen Kesselwagen, die in RadebeulOst auf Normalspur umgesetzt wurden. Selbst die 1895 eröffnete Standseilbahn vom Körnerplatz nach Oberloschwitz führte in den ersten fünf Betriebsjahren im Rahmen des Güterverkehrs talwärts auch Fäkalientransporte durch, wobei diese wegen der damit verbundenen Geruchsbelästigungen nur nachts erlaubt waren.


Abb. 7: Modell eines Fasswagens der Dünger-Export-Gesellschaft bzw. K.Sächs.St.E. (Quelle: eurorailhobbies.com)


Das Ende der Abfuhr im großem Stil

Auch in späteren Jahren gab es weiterhin Versuche, Fäkalien zu Dünger (und Geld!) zu veredeln. So wurde z. B. 1881/82 eine Poudrettefabrik gegründet, die durch Fällen mit Kieselsäure und Kalk eine sogenannte Kieselsäure-Poudrette herstellte. Diese Fabrik bestand allerdings nicht lange. 1934 fassen Brix, Imhoff und Weldert in ihrem Werk „Die Stadtentwässerung in Deutschland“ die Entwicklung wie folgt zusammen: „… Mit dem schnellen Anwachsen der Stadt konnte die Abfuhr nicht schritthalten, sodass Kotstoffe mit in die Kanäle entleert werden mussten. Da die Landwirtschaft nicht alle abgefahrenen Mengen aufnehmen

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konnte, …, musste die Dünger-Export-Gesellschaft im Jahre 1894 mit dem Antrag kommen, ihr zu gestatten, die abgefahrenen Kotstoffe (bei Cotta) in die Elbe zu schütten. Dem Antrag wurde zunächst in den Nachtstunden stattgegeben, dann von 1896 an von Dezember bis Februar auch während der Tagesstunden. Diese Zustände konnten nicht bestehen bleiben.“ Blieben sie auch nicht, denn zu diesem Zeitpunkt waren der Bau der Abfangkanäle und die Planungen für eine Kläranlage bereits im Gange.

Abb. 8: Modell eines 2-achsigen Kippwagens der Dünger-Export-Gesellschaft von 1892 (Quelle: sachsen.museum-digital.de)

Die Notwendigkeit der Fäkalienabfuhr ist in Dresden gleichwohl bis in die heutige Zeit erhalten geblieben - allerdings nur für etwas mehr als 100 Gruben von peripher gelegenen Wohngrundstücken.

Frank Männig

Stadtentwässerung Dresden GmbH

frank.maennig@se-dresden.de

Literaturempfehlung

Abfuhr und Verwerthung der Dungstoffe in verschiedenen deutschen und ausserdeutschen Städten, Berlin, 1865,

https://digital.zlb.de/viewer/toc/15818622/35/-/

- Ende der Reihe -


https://www.dwa-st.de/files/_media/content/PDFs/LV_ST/pub/rb/DWA-Mitgliederrundbrief_60_April_2022.pdf

Literatur[Bearbeiten]

Dresdner Heft 149: Erlebbare Geschichte der Alten Dresdner Kanalisation[Bearbeiten]

Frank Männig: Erlebbare Geschichte der Alten Dresdner Kanalisation, S. 27-35

DNN 2011: alljährliche Öffnung des Einstiegs hinter der Semperoper[Bearbeiten]

Führungen durch die Kanalisation - Stadtentwässerung öffnet Einstieg hinter Semperoper DNN 18.8.2011

Das Dresdner Stadtfest hat seine Traditionen. Zu denen gehört auch die alljährliche Öffnung des Einstiegs hinter der Semperoper. Samstag und Sonntag jeweils von 11 bis 17 Uhr bietet die Stadtentwässerung Dresden (SEDD) so für Laien die Möglichkeit, einmal in die Dresdner Kanalisation hinab zu steigen.

18.08.2011, 17:26 Uhr

Experten der SEDD erläutern während der Führungen unter anderem die Abflusssteuerung und den Hochwasserschutz. Abgerundet wird das Informationsangebot mit dem Film "Der Weg des Dresdner Abwassers" sowie der Möglichkeit, mit einer fahrbaren Kamera einen Kanal zu untersuchen.

Treffpunkt für diesen außergewöhnlichen Ausflug ist auf der Wiese hinter der Semperoper gegenüber dem Sächsischen Landtag. Der Eintritt ist frei.

DAWO 2018: alljährliche Öffnung des Einstiegs hinter der Semperoper[Bearbeiten]

Einfach abtauchen in Dresdens Unterwelt

14. August 2018 Franziska Sommer Schaufenster Dresden

Die Dresdner Kanalisation kann am Wochenende besichtigt werden.

Wem es zum Stadtfest zu laut ist, der kann hinter der Semperoper abtauchen. An der Einfahrt zur Tiefgarage gegenüber dem Sächsischen Landtag steht ein historisches Bauwerk der Stadtentwässerung, das diese traditionell während des Stadtfestes für die Festgäste öffnet. Der kleine Rundbau ähnelt einer Litfaßsäule. Doch statt bunter Plakate umfassen hölzerne dunkelbraune Lamellen die Außenwände. Das Häuschen wird durch ein verwittertes Kupferdach geschützt, das ursprünglich vom Dresdner Schloss stammt. Auf der Spitze thront eine kleine Schale, die früher der Regenmessung diente. Was nur wenige Dresdner wissen: Es handelt sich hier um einen Zugang zur Unterwelt der Stadt. Das Einstiegsgebäude dient normalerweise Kanalarbeitern, die über eine Wendeltreppe und einen rund 15 Meter langen Stollen hinunter in das Regenüberlaufbauwerk gelangen.

Interessierte können nun am kommenden Wochenende den Abstieg in rund sechs Meter Tiefe wagen, ohne Anmeldung oder Eintritt – trockenes Wetter und normaler Elbpegel vorausgesetzt. (DAWO)

Besichtigung der Kanalisation:

18./19.8., 11 bis 16 Uhr, Treff auf der Wiese gegenüber dem Landtag

https://dawo-dresden.de/2018/08/14/einfach-abtauchen-in-dresdens-unterwelt/

DNN: Rattentöter[Bearbeiten]

Mitarbeiter der Dresdner Stadtentwässerung bekämpfen die Ratten im Kanalnetz

DNN 28.01.2022


Joachim Thomas und Robby Horn (v.l.) - beide Mitarbeiter bei der Stadtentwässerung Dresden - lassen eine Kugel mit einem Rattenköder in die Kanalisation auf der Hauptstraße an der Dreikönigskirche.

Blick von oben in den Abwasserkanal. Auf der einen Seite sieht man kleine schwarze Krümel. Das ist Rattenkot. Auf der anderen Seite steht der Rattenköder.


Die Rattenfalle wird mit einem Köder bestückt. Fressen die Ratten von dem Köder, sterben sie. Aber erst Tage später. Dadurch wird vermieden, dass die Ratten den Tod ihres Artgenossen mit dem Köder in Verbindung bringen.


Ein Gewicht unten und die Befestigung mittels eines Stahlseiles im Kanal sorgen dafür, dass die Rattenköderkugel nicht abtreibt. Steigt der Wasserstand, schwimmt die Kugel obenauf.


Aus der Baggerschaufel, die aus dem Sandfang eines Hauptkanales schon mal ein bisschen Grobes rausfischt, hängt zwischen Unrat eine tote Ratte.


Der sogenannte Sandfang nahe der Flügelwegbrücke an der Elbe. Die Stelle im Hauptkanal, der in die Kläranlage nach Kaditz führt, ist breiter und tiefer, so dass sich Sand und Unrat absetzen können.


Kanalnetzmeister Torsten Kantim. Er betreut mit 17 Mitarbeitern allein 900 km Abwasserkanalnetz in Dresden. Die Rattenbekämpfung ist ein Teil der Arbeit.

  1. Dresden 8000, eine archäologische Zeitreise, Dresden 2006
  2. Blochmann'sche Wasserleitung (ausgebohrte Sandsteinröhren). Aufnahme März 1953. Deutsche Fotothek.
  3. Katalog der Ersten großen sächsischen Gewerbe-Ausstellung, 1845: Drei sandsteinere Wasserleitungsröhre a 10, 6 und 2 Zoll innere Weite und a 10 Fuß lang, in dem Bohrwerke der Stadt Dresden gebohrt nach Construction des Ausstellers. Comissionsratz Rudolph Blochmann in Dresden.