Projekt:Dresdner Glossar/Sorben

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DDR: 1974[Bearbeiten]

DDR

Blume in der Sonne

Die Lausitzer Sorben, slawische Minderheit in der DDR, fühlen sich von ihren Mitbürgern und der ostdeutschen Presse verkannt -- als »immerfort trachtentragende, ostereiermalende« Randgruppe.

20.10.1974, 13.00 Uhr • aus DER SPIEGEL 43/1974

Sieghard Kosel, DDR-Bürger und SED-Mitglied, mochte kein Deutscher sein. Auf der Schreibstube reklamierte der Rekrut der Nationalen Volksarmee die Nationalitätsbezeichnung in seinem Wehrpaß -- mit Erfolg. Seither lautet die Eintragung im Armee-Ausweis des Reservisten korrekt: »Nationalität: Sorbe«.

Kosel, heute Chefredakteur der obersorbischen Tageszeitung »Nowa Doba« (Neue Epoche) gehört jener kleinen slawischen Minderheit zwischen Chosebuz und Drjezdzany, Lubnjow und Budysin* in Deutsch-Ost an, die sich von den Einheitssozialisten bislang nur zögernd vereinnahmen läßt. Der SED-Ableger Domowina, die »Sozialistische nationale Organisation der Lausitzer Sorben«, beharrt darauf, ihre Landsleute seien DDR-Bürger sorbischer Nationalität.

Die Hartnäckigkeit der DDR-Sorben hat zählebige Tradition. Die von ihrer deutschen Umwelt meist Wenden titulierte elbslawische Minderheit, die seit mehr als 1000 Jahren als Bauernvolk an der oberen und mittleren Spree ansässig ist, überdauerte die Mordbrennereien der deutschen Ostlandreiter des Mittelalters ebenso wie den SS-Reichsführer Heinrich Himmler, der die Ur-Lausitzer »als führerloses Arbeitsvolk ... für besondere Arbeitsvorkommen« (Straßen, Steinbrüche, Bauten) eingeplant hatte. Die Sorben übernahmen von den deutschen Oberherren zwar den Glauben, nicht aber deren Kultur. Sie behielten ihre Sprache, dem Polnischen und Tschechischen verwandt, ihre eigenen Sagen, ihre Volkslieder und entwickelten eine eigenständige Literatur.


DDR-Menschen abseits der Lausitz freilich wissen von den Nachfahren der Wenden meist wenig oder nichts. So traf etwa ein sorbisches Autoren-Kollektiv überall in der Republik auf verdutzte Mitbürger, die »verwundert fragen: in welcher Volksrepublik liegt denn das Sorbenland?«

Die Befreier von 1945 wußten es. Sowjet-Marschall Iwan Stepanowitsch Konjew gab nach der Einnahme von Görlitz, Bunzlau und Bautzen seinen Armeen per Tagesbefehl strikte Anweisung, »ein gutes, brüderliches Verhältnis« zu den Lausitzer Sorben zu schaffen. Denn, so Konjew 20 Jahre später: »Das kleine Volk, das auf dem Territorium Deutschlands lebt und im Faschismus soviel erdulden mußte, verdiente es, unterstützt zu werden.«


Zu jener Zeit war es gut, wenn man eine blau-rot-weiße Binde mit den sorbischen Nationalfarben am Arm trug oder in kyrillischen Buchstaben ans Scheunentor schreiben konnte: »Freundschaft. Hier wohnt eine slawische Familie.« Noch bevor es den besiegten Deutschen erlaubt war, wieder Organisationen zu gründen, erhielten die Sorben am 17. Mai 1945 -- neun Tage nach der Kapitulation -- die vorläufige Genehmigung der sowjetischen Militäradministration, ihren Heimatbund Domowina neu zu beleben -- »zur Erhaltung und Förderung des sorbischen Volkstums und seiner Kultur auf allen Gebieten des öffentlichen Lebens«.


Getreu der Nationalitätenpolitik Stalins, der den Völkern der Sowjet-Union nicht politische, wohl aber eine gewisse kulturelle Autonomie zubilligte, beeilten sich die aus der Ost-Emigration heimgekehrten deutschen Kommunisten, die vom »großen slawischen Brudervolk« (Sorben-Funktionär Hans Nowusch) Befreiten ihrerseits zu umwerben. Die SED rief alle Sorben auf, sich unter ihrer wahren Nationalität registrieren zu lassen. Der sächsische Landtag beschloß auf Antrag der SED-Fraktion im Frühjahr 1948 ein »Gesetz zur Wahrung der Rechte der sorbischen Bevölkerung«, und Altkommunist Wilhelm Koenen, Erster Sekretär der sächsischen Partei-Organisation, erklärte es zur »Ehrenpflicht eines jeden Deutschen«, die »bisher im Schatten gestandene schöne Blume der sorbischen nationalen Kultur in die Sonne zu stellen« -- zur »Verschönerung unseres gemeinsamen Vaterlandes Deutschland«.


Die nationalbewußteren Landsleute unter den Sorben indes tendierten in den ersten Nachkriegsjahren eher zum Anschluß an die Tschechoslowakei.

Vertreter des in Prag wiedergegründeten »Sorbischen Nationalausschusses« (Narodny Wuberk) plädierten auf der Londoner Außenminister-Konferenz 1947 leidenschaftlich, wenn auch vergeblich, für eine weitgehende Autonomie im tschechischen Staatsverband. Da diese Pläne die Chance geboten hätten, das Sudetenland mit einer dritten slawischen Nation zu besiedeln, unterstützten tschechische wie slowakische Bürgerliche und Kommunisten die Forderung.

Auch die Polen zeigten zeitweilig Interesse an der slawischen Minderheit im Westen. So konstituierte sich in Warschau ein Befreiungskomitee« dem zwar kein einziger Sorbe angehörte, das aber gleichwohl den Sorben-Anschluß an Polen forderte und die Oder-Neiße-Linie zuungunsten Ostdeutschlands in eine »Oder-Elster-Linie« verwandeln wollte.


Die Sowjets förderten die separatistischen Tendenzen nicht, zeigten sich gleichwohl aber an einer Re-Slawisierung der Lausitz interessiert. Sie führten sorbische Ortsnamen wieder ein und erklärten das Sorbisch zur Amtssprache in den zweisprachigen Gebieten Sachsens. Zeitungen erschienen ebenso wie Adreß- und Telephonbücher in Sorbisch, und sogar die Bautzener Kinos waren gehalten, ihre Programme in Sorbisch zu annoncieren, obwohl kaum mehr als drei Prozent der Stadtbevölkerung der Sprache mächtig waren. Zeitweilig ließen die Besatzungsbehörden sogar die Übergänge zur CSSR für einen kleinen Grenzverkehr öffnen -- in der Hoffnung, das slawische Bewußtsein in der Lausitz dadurch zu heben.


Die Ur-Lausitzer indes blieben gegenüber derlei Appellen an ihre nichtgermanische Herkunft mißtrauisch. Als 1952 die ersten Gerüchte über ein »sorbisches Aktionsprogramm« der SED umliefen, wonach alle deutschen Familien in die Niederlausitz um Cottbus, alle wendischen in die Oberlausitz um Bautzen umgesiedelt werden sollten, gingen die Sorben auf die Barrikaden.

Bauern prügelten sich mit den Umsiedlungskommissaren, kippten deren Fahrzeuge um, boykottierten das von der SED gesteuerte Blatt »Nowa Doba« und mieden jeglichen Kontakt zu kommunistischen Domowina-Leuten. Beim Aufstand von 1953 war, durchaus nicht zufällig, eines der Widerstandszentren die sorbische Hochburg Niesky. Und als die SED die Lage wieder unter Kontrolle hatte, mußten einige Domowina-Mitglieder, die schon von den Nazis verfolgt worden waren, wieder ins republikweit bekannte Zuchthaus des heimatlichen Bautzen einrücken.


Dabei hatte sich gerade der von den Kommunisten umgemodelte Sorben-Bund als besonders tauglich für die von den Sowjets verordnete Slawisierungs-Kampagne erwiesen. Während sich noch 1928 kaum 25 000 Lausitzer zum Wendentum bekannt hatten, präsentierte die Domowina schon kurz nach Kriegsende eine halbe Million angeblich waschechter Sorben.

Um diese -- häufig genug freilich nur auf dem Papier existente -- Sammlungsbewegung nicht zusätzlich zu stören, tolerierte die SED sogar den starken Einfluß der katholischen Kirche unter den Obersorben -- etwa im Kreis Kamenz, wo noch heute Parteifunktionäre wie selbstverständlich am geschlossenen Kirchgang des Dorfes teilnehmen. Domowina-Funktionär Nowusch weiß, daß derlei Anpassungsfähigkeit auch heute noch längst nicht jeden älteren Sorben überzeugt hat: »Für manche sind und bleiben wir eben die rote Dornowina -- da kann man nichts machen.«


Journalist Kosel gibt sich optimistischer. In der preußischen Niederlausitz, so sagt er, sei schon den Sorben-Kindern von ihren deutschen Lehrern beigebracht worden: »Rede deutsch, als Wende kommst du nicht weit.« Kosel: »Und sie kamen nicht weit; allenfalls wenn sie Mädchen waren und den entsprechenden Busen hatten -- als wendische Ammen an den Königshof nach Berlin.« Heute sei das Verhältnis zu den Herrschenden jedoch ganz anders: Sorbische Abgeordnete säßen in der DDR-Volkskammer, über 2000 Vertreter repräsentierten die slawische Minderheit in anderen Volksvertretungen, und 119 Sorben versähen gar ein Bürgermeisteramt.


Zu detaillierterer Auskunft über den tatsächlichen Einfluß der SED-gelenkten Domowina ist jedoch auch Kosel nicht bereit. So hütet die Domowina beispielsweise ihre Mitgliederzahlen wie ein Staatsgeheimnis. Kosel: »Die erfahren auch DDR-Journalisten nicht.« Auch die Auflage seines Blattes mag der »Nowa Doba«-Chefredakteur nicht preisgeben: »Es ist doch noch zuwenig.« Selbst die Gesamtstärke der Kosel-Landsleute ist unbekannt. Domowina- Funktionäre sprechen lediglich vage von mehr als 100 000.

Kenner der sorbischen Minderheits-Situation in der DDR vermuten, daß kaum mehr als 5000 von ihnen in der Domowina sind -- und daß es eher weniger als mehr werden. Selbst Jan Kosk, Leiter der Sektion sorbische Kultur im DDR-Kulturministerium, räumt ein, »daß es noch einen nennenswerten Prozentsatz von Sorben gibt, die keine Domowina-Mitglieder sind«.


Die Sorben-Sorgen der SED könnten sich indes in absehbarer Zeit von selbst erledigen. Denn die slawische Minderheit in den zehn zweisprachigen DDR-Kreisen -- sieben im Bezirk Cottbus, drei im Bezirk Dresden -- scheint der Diaspora müde zu werden. Immer mehr Sorben assimilieren sich ihrer sozialistisch-deutschen Einheitsgesellschaft. Denn sie wissen, daß man -- trotz des in der DDR-Verfassung verankerten Minderheitenschutzes -- auch im SED-Staat zuerst einmal Deutscher sein muß, um voranzukommen.

Immer mehr Sorben fühlen sich zudem zum folkloristischen Zierat der Ost-Republik degradiert. Sorbische Lieder, sorbische Bräuche, sorbischer Volkstanz -- all das wird vom sozialistischen Neupreußen subventioniert und gefördert. Und was immer die DDR-Presse über die Sorben vermeidet, allemal sind es »bunte Röcke, weiße Hauben, ornamentbestickte Bänder und Volksbräuche wie Osterwasserschöpfen« ("Neues Deutschland") oder »Tänze in farbenfrohen Trachten« (Ost-»Berliner Zeitung").


Sorben-Funktionäre empfinden die Festlegung als Ärgernis. »Wir führen einen ständigen Kampf«, so Detlev Kobela, Musikdramaturg des »Staatlichen Ensembles für sorbische Volkskultur«, »das klischeehafte Folklore-Bild der Sorben abzutragen« Und: »Wir müssen herunter vom Image der immerfort trachtentragenden, ostereiermalenden Minderheit.«

»Sorbisch«, bekennt denn auch ein junger Maurer aus Bautzen freimütig. »das wäre nichts für mich« -- allenfalls noch etwas für seine Schwester, die im sorbischen Ensemble tanzt und singt, denn »die kommt natürlich ganz schön rum«. Und der Schriftsteller Jurij Koch ahnt bereits: »Unser Ende ist absehbar geworden.«

  • Sorbische Ortsbezeichnungen für Cottbus, Dresden, Lübbenau und Bautzen.

https://www.spiegel.de/politik/blume-in-der-sonne-a-07d9e51a-0002-0001-0000-000041599072


Sorbische Bräuche[Bearbeiten]

Sorbische Traditionen und Bräuche Sorbische Traditionen und Bräuche zu den verschiedensten Anlässen sind bis heute lebendig geblieben und oft auch von der deutschen Bevölkerung übernommen worden.


Vogelhochzeit[Bearbeiten]

Jedes Jahr am 25. Januar feiern die Vögel Hochzeit und alle Kinder feiern mit. Die Elster ist die Braut und die Krähe der Bräutigam. Und das geht so: am Vorabend stellen die Kinder einen Teller auf das Fensterbrett oder vor die Tür. Am nächsten Morgen finden sich darauf Süßigkeiten in Form von Vögeln und Vogelnestern, meist sind es mit Zuckerguss überzogene Teigvögel. Die Vögel bedanken sich so bei den artigen Kindern, von denen sie im Winter gefüttert wurden. Nun wird gemeinsam die Vogelhochzeit gefeiert. Kinder aber, welche die Vögel nicht gefüttert haben, bekommen keine Geschenke.

Im den Kindergärten und in den Schulen feiern die Kinder als Vögel verkleidet die Vogelhochzeit mit Gesang, szenischem Spiel oder Festumzügen. In manchen Kindergärten wird auch die sorbische Hochzeitstracht angezogen.

Zampern[Bearbeiten]

Ein wichtiger Brauch zu Fastnacht ist das „Zampern“, das sich vor allen hier in der mittleren Lausitz großer Beliebtheit erfreut. Hier gehen die Erwachsen, aber auch Kindergarten- und Schulkinder in traditioneller Verkleidung jeweils getrennt auf Zampertour, um für ihre Faschingsfeier genügend Geld, Schnaps und Eier einzusammeln.

Nach dem Heischegang zu den einzelnen Gehöften treffen sich die Zamperer am Abend mit den Dorfbewohnern zum Fastnachtstanz. Vielerorts, z.B. in Zeißig, Bröthen/Michalaken, Schwarzkollm, nehmen Mädchen und Frauen in sorbischer Tanztracht daran teil.

Ostern – Ostereierverzieren[Bearbeiten]

Wie im Schleifer Kirchspiel und in der Niederlausitz werden vor dem Fest auch in Hoyerswerda in den Familien Ostereier verziert. Dabei wird vornehmlich die Wachsreservetechnik angewandt, aber auch Kratz-, Ätz- und Wachsbossiertechnik werden von verschiedenen Volkskünstlern gepflegt.

Veranstaltungstipps: Jährlich zwei/drei Wochen vor Ostern findet der Große Ostermarkt in der Lausitzhalle Hoyerswerda statt. Auf dem größten Markt der Region erwarten Sie Handwerker und Ostereierverzierer der Region und auch aus dem Ausland.

Kleinere Ostereiermärkte finden auch in unseren Ortsteilen, Bröthen/Michalken, Schwarzkollm und Zeißig statt. Zu allen Ostereiermärkten kann man die kleinen Kunstwerke direkt von den Ostereiermalern erwerben. An den Ständen ortstypischer Händler werden weitere Erzeugnisse rund um das Osterfest verkauft.

Ostersingen[Bearbeiten]

Noch in den 1950er Jahren war das Ostersingen vielerorts bei den evangelischen Sorben üblich. Die aus der Spinte hervorgegangene Singegemeinschaft der Mädchen schritt, in Reihen geordnet und geistliche Lieder singend, durch das Dorf und um die Fluren. Diese Flurumschreitungen sollten vor Bösem schützen und für eine gute Ernte sorgen. Es begann vier Wochen vor Ostern, hatte seinen Höhepunkt am Karfreitag und in der Osternacht und endete am Ostersonntagnachmittag.


Osterwasser[Bearbeiten]

Vereinzelt wird in der Osternacht vor Sonnenaufgang aus einem Fließ oder Brunnen Osterwasser geholt, dem eine besondere Kraft zugesprochen wird. Es heilt Mensch und Tier, fördert die Gesundheit, Schönheit und Fruchtbarkeit und es verdirbt nicht. Das Osterwasser muss schweigend geschöpft und heimgetragen werden, sonst wird es kraftlos und ist „Plapperwasser“.



Osterreiten[Bearbeiten]

Eine Besonderheit in der Oberlausitz ist das Osterreiten. Dieser Brauch zieht alljährlich am Ostersonntag tausende Zuschauer in seinen Bann und

so auch in Wittichenau. Seit 1541 satteln Jahr für Jahr die Osterreiter der Parochie Wittichenau ihre geschmückten Pferde zur Prozession nach Ralbitz, die zahlenmäßig die stärkste Prozession ist und als einzige aus einem deutsch und einem sorbisch singenden Teil besteht. Darunter sind auch Reiter aus dem Hoyerswerdaer Ortsteil Dörgenhausen. Gegen Mittag wird dort die Gegenprozession aus Ralbitz feierlich begrüßt. Beide Reiterzüge dürfen sich nicht begegnen und benutzen daher immer die entgegengesetzte Strecke.


Übergabe von Patengeschenken am Ostersonntag[Bearbeiten]

Interessant für die Zuschauer waren auch die Erläuterungen zum Brauch der Übergabe von Patengeschenken, der in der Lausitz sehr genau genommen wurde. So sahen und sehen die Paten ihre Pflicht gegenüber ihrem Patenkind nicht nur im Schenken einer Patensemmel und der bunten Eier, die sich diese Ostersonntag abholen, sondern vor allem auch darin, ihrem Patenkind bis zur Konfirmation mit Rat und Tat zur Seite zu stehen.

Hexenbrennen[Bearbeiten]

Das Hexenbrennen wird am Abend des 30. April in fast allen Ortsteilen der Stadt Hoyerswerda durchgeführt. Es werden große Reisighaufen bei Einbruch der Dunkelheit verbrannt, obenauf eine gebastelte Hexe. Der Brauch gehört zur Tradition des Winteraustreibens und der Abwehr von Schäden für Mensch und Tier.

Maibaumstellen und Maibaumwerfen[Bearbeiten]

Am Vorabend des ersten Mai wird der Maibaum aufgestellt. Es ist ein etwa dreißig Meter langer Baumstamm, der mit Girlanden umwunden wird. Den Wipfel bildet zumeist eine mit bunten Bändern geschmückte kleine Birke. In den Dörfern um Hoyerswerda pflegt die Jugend eine Besonderheit, die ihren Ursprung in der Mädchengemeinschaft der Spinnstube hat. Unterhalb des Wipfels wird ein Kranz angebracht, für den die vier ältesten Mädchen – ehemals waren es die Vorsängerinnen – je ein buntes Tuch spendieren. Der Maibaum wird auf dem Dorfplatz von der Jugend aufgestellt. In einigen Orten der katholischen Region ist es üblich, dass danach unter dem Maibaum geistliche Lieder gesungen werden. In den Niederlausitzer Dörfern wurde der Maibaum ehemals zu Pfingsten aufgestellt. Den Höhepunkt der Maibräuche bildet in der Oberlausitz das Maibaumwerfen. Nach dem Aufstellen bis zum Werfen wird der Maibaum von der Jugend bewacht um ihn nicht von den Burschen der Nachbardörfer vorzeitig absägen zu lassen. An einem der folgenden Maisonntage versammeln sich am Maibaum die Einwohner des Dorfes. Zunächst tanzt die Dorfjugend einige dafür einstudierte Volkstänze, die Mädchen tragen dazu meist die Tanztracht ihrer Region. Schließlich wird der Baum ausgegraben. Sobald er fällt, laufen die Burschen nach dem Wipfel. Wer ihn als erster erhascht, ist Maikönig. Aus dem Kreis der Mädchen wählt er sich seine Maikönigin.

St. Martin[Bearbeiten]

Im Hoyerswerdaer Ortsteil Dörgenhausen, welches überwiegend noch katholisch geprägt ist, ist noch der Heischegang am Martinstag üblich. In kleinen Gruppen gehen die Kinder von Haus zu Haus und bitten um Gaben. Meistens bekommen sie Süßigkeiten. In jedem Haus singen sie ein Vers mit folgendem Text: „Wjele zboža přejemy a so pěknje prašamy: Njej‘ tu swjaty Měrćin (Mikławš) był, njej‘ tu ničo wostajił? Ju wšak ju, połnu šklu, hišće wulku hromadu.“ Ins Deutsche übertragen: „Viel Glück wünschen wir und brav fragen wir: War nicht der hl. Martin (Nikolaus) da, hat er für uns was dagelassen? Ja, doch ja, eine volle Schüssel und noch eine große Menge dazu.“

Bescherkind[Bearbeiten]

Der Brauch des Bescherkindes geht bis in die vorchristliche Zeit zurück, als die Menschen ihre Nachbarn mit Birkenreisern berührten, um die Kraft der frisch geschnittenen Zweige auf die Menschen zu übertragen. Der überlieferte Brauch wird heute noch von den evangelischen Sorben in Dörfern und Städten der Niederlausitz und in der Gegend um Schleife und Hoyerswerda gepflegt. Das sorbische Bescherkind ist in der Adventszeit anzutreffen. Es geht schweigend, meist von zwei in einfacher Wintertracht gekleideten Helferinnen begleitet, durchs Dorf. Es verteilt Nüsse, Äpfel, Pfefferkuchen und segnet die Menschen durch Streichen der Wange und einem leichten Schlag mit der Lebensrute auf die Schulter. Damit verbindet man den Wunsch nach Glück, Gesundheit und Wohlergehen. Man sagt, derjenige, der von ihm gestreichelt wird, bleibe im kommenden Jahr gesund.

https://www.hoyerswerda.de/stadtleben/stadtportrait/sorben-serbja/sorben-hy/sorbische-traditionen-und-braeuche/