Projekt:Sozialgeschichte von Dresden/Aktuell/Existenzsicherung

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https://web.archive.org/web/20120130185011/http://www.der-paritaetische.de/uploads/tx_pdforder/regelsatz-neuberechnung-2006_03.pdf Kritik Regelsatz

w:de:Regelbedarf

w:de:Regelbedarfsermittlungsgesetz


https://www.ifo.de/DocDL/sd-2019-06-jung-kuhn-etal-hartz-iv-2019-2019.03.21.pdf


w:de:Einkommens- und Verbrauchsstichprobe


w:de:Hartz-Konzept


Existenzsicherung[Bearbeiten]

Vgl. Existenzsicherung

  • alle Maßnahmen der Erhaltung und Finanzierung sowohl des physischen als auch des soziokulturellen Existenzminimums
  • vom Gesetzgeber definierte Bedürftigkeitsgrenze = Mindestbedarf (Grundsicherung, Existenzminimum)

Existenzminimum[Bearbeiten]

Vgl. Existenzminimum

auch: Notbedarf = die Mittel, die zur Befriedigung der materiellen Bedürfnisse notwendig sind, um physisch zu überleben - dies sind vor allem

  • Nahrung,
  • Kleidung,
  • Wohnung und
  • eine medizinische Notfallversorgung.

Definition des Existenzminimums immer kulturspezifisch und relativ (vgl. Armutsdefinition)

soziokulturelles Existenzminimum

  • garantiert über das physische Existenzminimum hinaus ein Recht auf Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben (die Sozialgerichte haben den Begriff des soziokulturellen Existenzminimums geprägt)

Die für die Höhe dieser Leistungen maßgeblichen Regelbedarfe werden auf der Grundlage statistischer Erhebungen festgelegt. Maßgeblich sind die Ausgaben des ärmsten Fünftels der nach ihren Nettoeinkommen geordneten Einpersonenhaushalte, bereinigt um die Sozialhilfeempfänger. Dabei werden nicht die Preise eines politisch gesetzten Warenkorbes berücksichtigt, sondern die durch Befragungen ermittelten tatsächlichen Ausgaben. An den statistisch ermittelten Werten werden teilweise erhebliche Abschläge vorgenommen, um zwischen Erwerbstätigen und Beziehern der Grundsicherungsleistung einen deutlichen Abstand zu schaffen (das sogenannte Lohnabstandsgebot). Kritiker bemängeln, dass infolge von sachlich nicht gerechtfertigten Abschlägen das (real erforderliche) soziokulturelle Existenzminimum erheblich unterschritten werde.


Hartz IV[Bearbeiten]

Regelsatz von 511 Euro (Aussage von Peter Hartz)[Bearbeiten]

Abgeordnete Katja Kipping (DIE LINKE.)

Befinden sich Dokumente im Besitz der Bundesregierung, die den Ausgangsvorschlag der so genannten Hartz-Kommission, unter Leitung von Peter Hartz für einen Regelsatz von 511 Euro (Aussage von Peter Hartz in der Dokumentation der ARD „Auf der Suche nach Peter Hartz“, gesendet am 14. November 2011, dort Minute 28:10) für die 2005 eingeführte Grundsicherung für Arbeitsuchende bzw. für die Hilfe zum Lebensunterhalt dokumentieren und begründen, und wenn ja, welche?


Antwort des Staatssekretärs Gerd Hoofe vom 19. Dezember 2011


Aus den der Bundesregierung kurzfristig zur Verfügung stehenden Unterlagen zur Arbeit der Kommission „Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt“ ergeben sich keine Hinweise auf einen entsprechenden Vorschlag. Insbesondere enthält der Bericht der Kommission vom 16. August 2002 keine Aussagen zur Höhe der Leistungen für das Arbeitslosengeld II, sondern beschreibt dieses lediglich als steuerfinanzierte und bedürftigkeitsabhängige Leistung. Dies entspricht dem am 22. Februar 2002 von der damaligen Bundesregierung formulierten Antrag der Kommission, für die Zusammenführung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe Organisationsmodelle vorzulegen.

Deutscher Bundestag 17. Wahlperiode Drucksache 17/8279

30. 12. 2011

Schriftliche Fragen mit den in der Zeit vom 19. bis 30. Dezember 2011 eingegangenen Antworten der Bundesregierung

Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales

Kipping, Katja (DIE LINKE.) Ausgangsvorschlag für den Regelsatz von 511 Euro für die Grundsicherung für Arbeitsuchende . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70

https://dserver.bundestag.de/btd/17/082/1708279.pdf

Matthias Frommann: Warum nicht 627 Euro?[Bearbeiten]

Matthias Frommann

Warum nicht 627 Euro?

Zur Bemessung des Regelsatzes der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII für das Jahr 2005

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2. Grundlagen der Regelsatzbemessung

§ 28 Abs. 3 SGB XII schreibt vor, dass „die Regelsätze so bemessen werden, dass der Bedarf nach [§ 28] Absatz 1 [SGB XII] dadurch gedeckt werden kann. Die Regelsatzbemessung berücksichtigt Stand und Entwicklung von Nettoeinkommen, Verbraucherverhalten und Lebenshaltungskosten. Grundlage sind die tatsächlichen, statistisch ermittelten Verbrauchsausgaben von Haushalten in unteren Einkommensgruppen. Datengrundlage ist die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe.“

Dieser Gesetzeswortlaut belässt dem Verordnungsgeber nach § 40 SGB XII erhebliche Gestaltungsspielräume. Durchaus in Einklang mit der gefestigten Rechtsprechung, Aufgabe der Hilfe zum Lebensunterhalt sei es, dem Leistungsempfänger eine Lebensführung zu ermöglichen, die der Lebensführung von Nicht-Hilfeempfängern in einer unteren Lohn- und Gehaltsgruppe ähnlich sei, verpflichtet auch § 28 SGB XII nicht zu einer Regelsatzbemessung, die dem Leistungsempfänger eine Lebensführung ermöglicht, die der Lebensführung eines Nicht-Hilfeempfängers in einer unteren Lohn- und Gehaltsgruppe gleicht. Da ist schon das Lohnabstandsgebot vor, das § 28 Abs. 4 SGB XII auch für die Zukunft festschreibt, obwohl es in diesem Gesetz nichts mehr zu suchen hat, das gemäß § 21 SGB XII Hilfe zum Lebensunterhalt nur noch für nicht erwerbsfähige Personen vorsieht.6

  • 6 Zutreffend Rothkegel, R.: Bedarfsdeckung durch Sozialhilfe – ein Auslaufmodell?, Zeitschrift für Sozialhilfe und Sozialgesetzbuch 2003, S. 643 ff. [649]: „Dieses Gebot soll nach seiner bisherigen Zielsetzung einen wirtschaftlichen Anreiz zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit sichern, Arbeit soll sich lohnen. Indem aber diejenigen, deren Verhalten das Lohnabstandsgebot steuern soll, aus der Sozialhilfe herausgenommen werden, entfällt jedenfalls für diese die innere Berechtigung des Lohnabstandsgebotes, und es fragt sich, welcher Sinn ihm dann noch verbleibt.“


Aber auch unter dem Lohnabstandsgebot muss der Eckregelsatz gemäß § 28 Abs. 3 SGB XII zunächst einmal orientiert an „Nettoeinkommen, Verbraucherverhalten und Lebenshaltungskosten von Haushalten in unteren Einkommensgruppen“ errechnet werden, bevor er zur Wahrung des Lohnabstandsgebotes nach Maßgabe des § 28 Abs. 4 SGB XII angepasst und damit abschließend bemessen werden kann.

Dabei entscheidet mangels eindeutiger gesetzlicher Festlegung der Verordnungsgeber darüber, wie eine „untere Einkommensgruppe“ i.S.d. § 28 Abs. 3 SGB XII zu definieren ist und wie das Verbraucherverhalten der Angehörigen einer solchen Einkommensgruppe bei der Regelsatzbemessung „berücksichtigt“ wird. Die vorgelegte Regelsatzverordnung gibt hierzu in § 2 Abs. 3 RSVO zunächst Auskunft, dass „die Verbrauchsausgaben der untersten 20 vom Hundert der nach ihrem Nettoeinkommen geschichteten Haushalte der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe nach Herausnahme der Empfänger von Leistungen der Sozialhilfe zu Grunde zu legen sind“. Steht damit bereits eine Festlegung der Referenzgruppe für die Errechnung des Eckregelsatzes zur Verfügung, die im Weiteren auch für die Anpassung des Eckregelsatzes nach den Vorgaben des so genannten Lohnabstandsgebotes folgenreich sein wird, so ist allein damit allerdings noch nicht geklärt, wie die Verbrauchsausgaben der Angehörigen dieser Referenzgruppe der Regelsatzbemessung „zu Grunde zu legen“ sind.


Diese Frage beantwortet der Verordnungsgeber mit § 2 Abs. 2 RSVO. Danach „setzt sich der Eckregelsatz aus der Summe der Verbrauchsausgaben [der Angehörigen der Referenzgruppe] zusammen, die sich aus den Vomhundertanteilen der ... Abteilungen aus dem vom Statistischen Bundesamt erstellten Verzeichnis einer ... Einkommens- und Verbrauchsstichprobe ergeben“. Die sodann folgende Aufzählung enthält eine Zuordnung von Prozentsätzen zwischen 8 % und 96 % zu den genannten Abteilungen des so genannten Code-Verzeichnisses der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe [EVS] mit der vom Verordnungsgeber beabsichtigten Folge, dass das Ausgabeverhalten der Angehörigen der definierten unter[st]en Einkommensgruppe in diesen Abteilungen Empfängern von Hilfe zum Lebensunterhalt bereits bei der Errechnung des Eckregelsatzes – nicht erst bei seiner Anpassung nach den Vorgaben des Lohnabstandsgebotes – in keinem Fall zu 100 % zugestanden wird, sondern nur zu jeweils unterschiedlichen Prozentanteilen.

Das federführend verantwortliche Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung begründet dies mit dem

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Hinweis, „nicht alle Einzelpositionen der betreffenden Abteilungen und diese wiederum auch nicht immer in vollem Umfang [seien] dem notwendigen Bedarf zuzurechnen“, so dass – da „ein objektives, allgemein anerkanntes Raster [der Bedarfspositionen des notwendigen Lebensunterhaltes i.S.d. §§ 27, 28 SGB XII] nicht zur Verfügung“ stehe – „Einschätzungen und Bewertungen erforderlich“9 seien.

  • 9 ) Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung, Verordnung zur Durchführung des § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (Regelsatzverordnung – RSV), BR-Drucks. 206/04 vom 12. März 2004, S. 6


Diese habe das Bundesministerium unter Hinzuziehung von „Sachverständigen, und zwar Wissenschaftler[n] aus den Bereichen Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, Soziologie, Rechts- und Haushaltswissenschaften sowie jeweils eine[m] Experten des ... Deutschen Vereins und des Instituts für Sozialforschung und Gesellschaftspolitik“ vorgenommen, deren Empfehlungen ganz überwiegend gefolgt worden sei. „Da zum Zeitpunkt dieses Verfahrens [aber] noch nicht entschieden war, welche bisherigen einmaligen Leistungen in die Regelsatzbemessung einzubeziehen waren, wurden im zuständigen Bundesministerium insoweit ergänzende Einschätzungen und Bewertungen vorgenommen.“10

  • 10) Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung (Fußn. 9), S. 7.


Alle „eingeschätzten und bewerteten“ Verbrauchsausgaben der Angehörigen der vom Verordnungsgeber herangezogenen Referenzgruppe addiert ergibt dann 345,– €11. Tatsächlich.

  • 11) 630,– DM hochgerechnet unter Berücksichtigung der Entwicklung des aktuellen Rentenwertes auf den 1. Januar 2005.


3. Welche Referenzgruppe ist heranzuziehen?

Man kann auch anders „einschätzen und bewerten“ – nein: Man muss es. Nämlich zunächst einmal unter Beachtung des Umstandes, dass schon 1997 (also in zeitlicher Nähe zu der gemäß § 5 RSVO vom Verordnungsgeber herangezogenen EVS 1998, deren Ergebnisse bereits ausgewertet vorliegen) das „verfügbare Monatseinkommen eines alleinstehenden männlichen Arbeiters im produzierenden Gewerbe, Leistungsgruppe 3“ bei 2.580,– DM lag.12

  • 12) Zitiert nach Bäcker, G./Hanesch, W.: Sozialhilfe und Erwerbstätigkeit, NDV 1998, S. 264 ff. (271). Das durchschnittliche Haushaltsnettoeinkommen allein Lebender lag im ersten Halbjahr 1998 nach einer Pressemitteilung des Statistischen Bundesamtes vom 30. November 1999 im früheren Bundesgebiet bei 3.140,– DM.


Damit ist ein Einkommen in einer „unteren Einkommensgruppe“ i.S.d. § 28 Abs. 3 SGB XII definiert, so dass eine Analyse des Ausgabeverhaltens von Angehörigen dieser Einkommensgruppe zu einer gesetzeskonformen Errechnung des Eckregelsatzes heranzuziehen wäre. Der Verordnungsgeber geht demgegenüber nicht von dem in der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe erhobenen Verbrauchsverhalten der Angehörigen von Haushalten mit einem monatlichen Nettoeinkommen immerhin zwischen 1.800,– und 2.499,– DM, sondern offenbar vom Verbrauchsverhalten einer Referenzgruppe mit einem massiv geringeren monatlichen Haushaltsnettoeinkommen – irgendwo weit unter 1.800,– DM – aus und missachtet damit seine eigene Festlegung, der Bemessung des Eckregelsatzes seien „die Verbrauchsausgaben der untersten 20 vom Hundert der nach ihrem Nettoeinkommen geschichteten Haushalte der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe nach Herausnahme der Empfänger von Leistungen der Sozialhilfe zu Grunde zu legen“.13

  • 13) Dagegen bestehen durchgreifende Bedenken. Nach Mitteilung des Statistischen Bundesamtes verfügten 1998 im Bundesgebiet von hochgerechnet 36.780.000 Haushalten mit einem monatlichen Nettoeinkommen bis 35.000,– DM 3.454.000 Haushalte (9,39 %) über ein monatliches Haushaltsnettoeinkommen unter 1.800,– DM und 4.323.000 Haushalte (11,75 %) über ein monatliches Haushaltsnettoeinkommen zwischen 1.800,– und 2.500,– DM, also 21,14 % aller Haushalte über ein monatliches Haushaltsnettoeinkommen bis 2.500,– DM. Bezogen auf die so genannten alten Bundesländer verfügten von hochgerechnet insgesamt 29.954.000 Haushalten 2.560.000 Haushalte (8,54 %) über ein monatliches Haushaltsnettoeinkommen unter 1.800,– DM und 3.246.000 Haushalte (10,83 %) über ein monatliches Haushaltsnettoeinkommen zwischen 1.800,– und 2.500,– DM, also 19,37 % aller Haushalte über ein monatliches Haushaltsnettoeinkommen bis 2.500,– DM. Der Verordnungsgeber scheint dagegen das Ausgabeverhalten der untersten 20 % der untersten in der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe berücksichtigten Haushaltsgruppe zugrunde zu legen. Das ist ein Verstoß (nicht nur) gegen § 2 Abs. 3 RSVO.

Und man müsste des Weiteren wohl davon ausgehen, dass es den Angehörigen einer dieser „unteren Einkommensgruppen“ unter Berücksichtigung ihres Nettoeinkommens wohl kaum möglich gewesen sein dürfte, überhaupt Geld zur Befriedigung von Bedürfnissen auszugeben, die der Verordnungsgeber plausibel als „nicht notwendig“ (und damit als nicht regelsatzrelevant) charakterisiert – beispielsweise „Maßkleidung, Pelze“,

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„Kunstgegenstände“, „Faxgeräte, teure Funktelefone“, „Sportboote, Segelflugzeuge“, „Schmuck und Edelmetalle“14 – und deshalb im Wege der „Einschätzung und Bewertung“ bei der Errechnung des Eckregelsatzes aus den vermeintlichen Ausgaben der Angehörigen dieser Einkommensgruppen in den der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe zugrunde gelegten Abteilungen durch eine prozentuale Kürzung „herausrechnet“.

  • 14) Diese – ausgewählten – Beispiele sind der Begründung der Verordnung entnommen

Das hätte dann zur Folge, dass das Ausgabeverhalten dieser Personen in den der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe zugrunde gelegten Abteilungen bei der Errechnung des Eckregelsatzes einem Empfänger von Hilfe zum Lebensunterhalt jeweils zu 100 % ebenfalls zuzugestehen wäre, soweit es sich nicht nachweislich auf nicht regelsatzrelevante Bedarfe bezieht, nicht nur zu einem (oftmals geringen und vom Verordnungsgeber immer „geschätzten“, folglich nicht verifizierbaren) Anteil. Dann addierte man die einzelnen Ausgaben nicht auf 345 €, sondern auf einen Betrag von 626,73 €. 15

  • 15) 1143,– DM hochgerechnet unter Zugrundelegung der zwischenzeitlichen Entwicklung des aktuellen Rentenwertes auf den 1. Januar 2005. Berücksichtigt wurden nur Ausgaben von Haushalten mit einem monatlichen Nettoeinkommen zwischen 1.800,– und 2.499,– DM für Bedarfspositionen, die dem notwendigen Lebensunterhalt i.S.d. §§ 27, 28 SGB XII zugerechnet werden können und nicht durch Leistungen gemäß §§ 29 bis 34 SGB XII gedeckt werden; die betreffenden Ausgabewerte sind in der folgenden tabellarischen Übersicht durch Fettdruck auf schattiertem Hintergrund hervorgehoben.


Nichts anderes gilt im Wesentlichen selbst dann, wenn man der Errechnung des Eckregelsatzes nicht das Ausgabeverhalten der Bezieher eines monatlichen Nettoeinkommens in Höhe von 1.800,– bis 2.499,– DM zugrunde legt, sondern das der Bezieher eines monatlichen Nettoeinkommens unter 1.800,– DM. Auch die Angehörigen dieser untersten in der EVS 1998 überhaupt berücksichtigten Einkommensgruppe – die angesichts des schon 1997 verfügbaren Monatseinkommens eines allein stehenden männlichen Arbeiters im produzierenden Gewerbe, Leistungsgruppe 3, und auch angesichts der für 1998 empirisch belegten Verteilung der Haushalte nach ihrem verfügbaren Nettomonatseinkommen als Referenzgruppe für die Bemessung des Eckregelsatzes nicht überzeugt – haben ausweislich der Ergeb-

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nisse der EVS 1998 für die Befriedigung regelsatzrelevanter Bedürfnisse mehr Geld ausgegeben, als der Verordnungsgeber einem Empfänger regelsatzmäßiger Hilfe zum Lebensunterhalt bei der Errechnung des Eckregelsatzes hierfür zubilligt. Ihr Ausgabeverhalten in den Abteilungen der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe zugrunde gelegt, soweit es sich nicht nachweislich auf nicht regelsatzrelevante Bedarfe bezieht, errechnet sich für den 1. Januar 2005 ein Eckregelsatz ebenfalls nicht in Höhe von 345 €, sondern von 447,98 €. 16

  • 16) 817,– DM hochgerechnet unter Zugrundelegung der zwischenzeitlichen Entwicklung des aktuellen Rentenwertes auf den 1. Januar 2005.


4. Berücksichtigung des Ausgabeverhaltens in der RSVO

Im Detail stellt sich das Ausgabeverhalten der Angehörigen von Haushalten mit einem Monatsnettoeinkommen unter 1.800,– DM bzw. zwischen 1.800,– und 2.499,– DM in den Abteilungen der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 1998 sowie der jeweils vom Verordnungsgeber in Ansatz gebrachte Ausgabebetrag bzw. der von ihm daraus errechnete Anteil am Eckregelsatz wie folgt dar:17

  • 17) Die Daten zum durchschnittlichen Monatsaufwand aller benannten Haushalte nach der EVS 1998 wurden freundlicherweise vom Statistischen Bundesamt zur Verfügung gestellt. Doppelt durchgestrichene Bedarfspositionen sind solche, die der Verordnungsgeber erklärtermaßen für „nicht notwendig“ erachtet

EVS-CodeNr.

Bezeichnung Durchschnittlicher Monatsaufwand aller Haushalte nach der EVS 1998 (in DM)

Ansatz durch die Bundesregierung in der RSVO

EckregelsatzAnteil (in DM)

Haushalte mit monatlichem Netto einkommen

DM davon %

unter 1.800,– DM

1.800,– bis 2.499,– DM

➜ Bedarfsgruppe Ernährung

01 Nahrungsmittel, Getränke, Tabakwaren 265 340 252,14 9618 242,05

11 Beherbergungs- und Gaststättendienstleistungen 58 90 62,81 3019 18.84

11.110.01 Speisen und Getränke in Restaurants, Cafes, Bars und an Imbissständen 45 67 33

11.121.01 Speisen und Getränke in Kantinen und Mensen 7 9 33

➜ Bedarfsgruppe Kleidung

03 Bekleidung und Schuhe 71 112 69,94 8920 62,25

➜ Bedarfsgruppe Körperpfl ege

12 Andere Waren und Dienstleistungen 58 89 56,65 6521 36,82

12.111.01 Friseur- und Kosmetikbehandlungen 18 27 100

12.120.01 Elektrische Geräte, Artikel und Erzeugnisse für die Körperpfl ege (einschl. Reparaturen) 15 22 100

➜ Bedarfsgruppe Hausrat

05 Einrichtungsgegenstände (Möbel), Apparate, Geräte und Ausrüstungen für den Haushalt sowie deren Instandhaltung 67 126 58,22 8722 50,65

➜ Bedarfsgruppe Persönliche Bedürfnisse

08 Nachrichtenübermittlung 63 76 63,78 6423 40,82

08.110.01 Post- und Kurierdienstleistungen 7 9 100

08.121.01 Telefon- und Telefaxgeräte, einschl. Reparatur 3 3 50

08.131.01 Telefon- und Telefaxdienstleistungen 53 65 60

09 Freizeit, Unterhaltung und Kultur 170 250 168,13 4224 70,61

09.111.01 Rundfunkempfangs-, Aufnahme-, Wiedergabe- und Funkgeräte 2 3 50

09.112.01 Fernsehempfangs-, Videogeräte (ohne Videokameras) 5 8 50

09.120.01 Foto- und Filmausrüstung, optische Geräte, einschl. Zubehör 3 5

09.131.01 Informationsverarbeitungsgeräte, einschl. Software 8 10 40

09.141.01 Bild- und Tonträger 6 7

09.151.01 Reparaturen an audiovisuellen, fotografi schen und Informationsverarbeitungsgeräten und Zubehör 2 3

09.210.01 Gröflere langlebige Gebrauchsgüter für Freizeit im Freien bzw. in Räumen; Musikinstrumente 6 5 70

09.220.01 Wartung und Reparatur von größeren langlebigen Gebrauchsgütern für Freizeit im Freien bzw. in Räumen; Musikinstrumente25 1 1 70

09.310.01 Spiele, Spielzeug und Hobbywaren 8 11 70

09.321.01 Gartenerzeugnisse und Verbrauchsgüter für Gartenpfl ege 10 16 75

09.331.01 Haustiere (einschl. Ge- und Verbrauchsgütern für die Tierhaltung) 8 9


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EVS-CodeNr.

Bezeichnung Durchschnittlicher Monatsaufwand aller Haushalte nach der EVS 1998 (in DM)

Ansatz durch die Bundesregierung in der RSVO EckregelsatzAnteil (in DM)

Haushalte mit monatlichem Netto einkommen DM davon % unter

1.800,– DM

1.800,– bis 2.499,– DM

09.420.01 Besuch von Sport- und Freizeitveranstaltungen bzw. -einrichtungen 12 18 70

09.423.01 Rundfunk- und Fernsehgebühren (einschl. Kabelgebühren, auch Pay-TV u.ä.) 17 25

09.423.02 Ausleihgebühren 1 1 100

09.425.01 Sonstige Freizeit- und Kulturdienstleistungen 6 9 70

09.500.01 Zeitungen, Zeitschriften und andere Druckerzeugnisse 19 24 100

09.511.01 Bücher 11 14 100

09.541.01 Schreibwaren und Zeichenmaterialien 4 5 100

➜ Bedarfsgruppe Besonderer Bedarf von Kindern und Jugendlichen

➜ Bedarfsgruppe Hauswirtschaft/Energie

04 Wohnung, Wasser, Strom, Gas u.a. Brennstoffe 611 772 612,63 8 49,0126

04.311.01 Erzeugnisse für die regelmäßige Instandhaltung und Reparatur der Wohnung – Mieter/Untermieter 7 11 100

04.321.01 Dienstleistungen für die regelmäßige Instandhaltung und Reparatur der Wohnung – Mieter/Untermieter 3 9 100

04.511.01 Strom (Mieter/Untermieter) 45 50 < 100

05 Einrichtungsgegenstände (Möbel), Apparate, Geräte und Ausrüstungen für den Haushalt sowie deren Instandhaltung (s. o.) (s. o.) (s. o.) (s. o.) (s. o.)

05.610.01 Reinigungs-, Pfl egemittel und andere Verbrauchsgüter für die Haushaltsführung27 10 13

➜ Bedarfsgruppe Sonstiger Bedarf

06 Gesundheitspfl ege 36 61 37,65 6428 24,10

06.111.01 Pharmazeutische Erzeugnisse (ohne solche für Tiere) 100

06.112.01 Andere medizinische Erzeugnisse29 100

06.113.01 Therapeutische Geräte und Ausrüstungen30 100

07 Verkehr 104 190 94,68 3731 35,03

07.131.01 Kauf von Fahrrädern (ohne Hilfsmotor) 2 2 100

07.310.01 Personenbeförderung im Schienenverkehr 20 22 100

07.320.01 Personenbeförderung im Straßenverkehr 13 16 100

07.350.01 Andere Ausgaben für Verkehrsdienstleistungen32 2 3

12 Andere Waren und Dienstleistungen (s. o.) (s. o.) (s. o.) (s. o.) (s. o.)

12.211.01 Schmuck, Uhren und Edelmetalle 4 7

12.220.01 Andere persönliche Gebrauchsgegenstände33 3 5

12.510.01 Finanzdienstleistungen a. n. g. 3 4 25


16) 817,– DM hochgerechnet unter Zugrundelegung der zwischenzeitlichen Entwicklung des aktuellen Rentenwertes auf den 1. Januar 2005.

17) Die Daten zum durchschnittlichen Monatsaufwand aller benannten Haushalte nach der EVS 1998 wurden freundlicherweise vom Statistischen Bundesamt zur Verfügung gestellt. Doppelt durchgestrichene Bedarfspositionen sind solche, die der Verordnungsgeber erklärtermaßen für „nicht notwendig“ erachtet.

18) Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung (Fußn. 9), S. 7: „Die Ausgaben für Nahrungsmittel und Getränke werden voll berücksichtigt. Bei den Tabakwaren werden nur 50 v.H. der ausgewiesenen Ausgaben als notwendiger Bedarf anerkannt. Daraus ergibt sich für diese Abteilung ein Anteil von 96 v.H.“ Selbst unter dieser – willkürlichen – Restriktion hätte der Verordnungsgeber 326,40 DM (nicht nur 242,05 DM) in Ansatz bringen müssen, da sich die – in der EVS 1998 übrigens nicht differenziert ausgewiesenen – Verbrauchsausgaben der Haushalte mit einem monatlichen Nettoeinkommen von 1.800,– bis 2.499,– DM für „Nahrungsmittel, Getränke, Tabakwaren“ auf 340,– DM beliefen, nicht nur auf 252,14 DM.

19) Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung (Fußn. 9), S. 9: „Im Rahmen dieser Abteilung wird wie bislang nur der Nahrungsmittelanteil an den Verpflegungsdienstleistungen mit 33 v.H. als notwendiger Bedarf angesehen. Bezogen auf die gesamte Abteilung, die auch nicht regelsatzrelevante, mit geringen Ausgaben ausgewiesene Positionen wie z.B. Übernachtungskosten in Hotels enthält, errechnet sich hieraus ein Anteil von 30 v.H.“ Das ist insoweit nicht überzeugend, als sich die Ausgaben der Haushalte mit einem monatlichen Nettoeinkommen von 1.800,– bis 2.499,– DM für „Speisen und Getränke“ auf 76,– DM addieren, die der Verordnungsgeber als „Nahrungsmittelanteil an den Verpflegungsdienstleistungen“ auch nicht nur zu 33 %, sondern zu 100 % anerkennen müsste.

20) Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung (Fußn. 9), S. 7: „Ausgangspunkt ist eine volle Berücksichtigung. Die ausgewiesenen Ausgaben enthalten jedoch einzelne Positionen, die nicht dem notwendigen Bedarf zuzurechnen sind (z.B. für Maßkleidung, Pelze), die bei dem betroffenen Personenkreis nicht anfallen (z.B. Arbeitsbekleidung ...) oder die nicht durch den neuen Regelsatz gedeckt werden müssen (z.B. Erstausstattungen). Zudem ist begrenzt auch eine Verweisung auf Gebrauchtkleidung zumut-


[251]


bar. Daher ist eine Reduzierung der statistischen Verbrauchausgaben auf 89 v.H. sachgerecht.“ Die Ausgaben der Haushalte mit einem monatlichen Nettoeinkommen von 1.800,– bis 2.499,– DM für „Bekleidung und Schuhe“ in Höhe von 112,– DM zugrunde gelegt, errechnet sich selbst bei einer prozentualen Kürzung auf 89 % ein Betrag in Höhe von 99,68 DM, nicht nur von 62,25 DM. Im Übrigen basiert die vorgesehene prozentuale Kürzung auf der unzulässigen und auch wenig wahrscheinlichen Unterstellung, die Angehörigen der Referenzgruppe hätten Ausgaben für „Maßkleidung, Pelze“ getätigt und ihren Bekleidungs- und Schuhbedarf stets durch den Kauf von Neuware gedeckt. Zur Begründung der prozentualen Kürzung auf § 31 Abs. 1 SGB XII zu verweisen, entbehrt nicht einer gewissen Tragikomik. Vgl. dazu oben Fußn. 4.

21) Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung (Fußn. 9), S. 9: „Die in dieser Abteilung enthaltenen Positionen Friseurleistungen und andere Dienstleistungen für die Körperpflege sowie elektrische Geräte, Artikel und Erzeugnisse für die Körperpflege werden in vollem Umfang berücksichtigt ...“ Das allein hätte schon zu einem Regelsatzanteil in Höhe von 49,– DM führen müssen (statt 36,82 DM auch zur Deckung weiterer Bedarfe, auf die unten noch eingegangen wird).

22) Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung (Fußn. 9), S. 8: „Die in der EVS ausgewiesenen Ausgaben enthalten auch Ausgaben, die nicht zum notwendigen Bedarf gehören (z.B. Möbel für Camping und Kunstgegenstände) sowie für Erstausstattungen, für die gesonderte Leistungen erbracht werden. Daraus folgt für diese Abteilung ein Anteil von 87 v.H.“ Auch unter dieser Restriktion hätte der Verordnungsgeber 109,62 DM als Eckregelsatzanteil berechnen müssen, nicht nur 50,65 DM. Hier wie auch im Übrigen bleibt es völlig intransparent, wieso der Verordnungsgeber betragsmäßig ein Ausgabevolumen ansetzt, das noch deutlich unter dem der Bezieher eines monatlichen Nettoeinkommens unter 1.800,– DM liegt, und wie das angesetzte Ausgabevolumen nachprüfbar ermittelt wurde; vgl. hierzu auch Fußnote 13. Die prozentuale Kürzung lässt sich weder mit dem (unterstellten und wenig wahrscheinlichen) Kauf von „Kunstgegenständen“ noch unter Hinweis auf gesonderte Leistungen für „Erstausstattungen für die Wohnung“ überzeugend rechtfertigen; vgl. dazu auch oben Fußnote 4.

23) Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung (Fußn. 9), S. 8: „Die in dieser Abteilung gemeinsam ausgewiesenen Ausgaben für die Position ,Telefon- und Telefaxgeräte, einschl. Reparatur’ werden zur Hälfte berücksichtigt. Damit wird den Leistungsberechtigten sowohl ein einfaches Telefon als auch ein Modem für den Internetzugang möglich; kein Bedarf wird jedoch insbesondere für die in dieser Position enthaltenen Faxgeräte, Anrufbeantworter und teure Funktelefone gesehen. Die Postdienstleistungen werden voll berücksichtigt. Die in der Position ,Telefon- und Telefaxdienstleistungen’ gemeinsam ausgewiesenen Ausgaben werden zu 60 v.H. berücksichtigt. Damit werden zum einen die Grundgebühren für Telefon und ein durchschnittlicher Verbrauch an Gesprächsgebühren erfasst. Zum anderen werden damit Internetzugangskosten teilweise berücksichtigt, da ein Ausschluss von den Informationsmöglichkeiten, die das Internet bietet, nicht mehr als akzeptabel angesehen wird. Zu berücksichtigen ist dabei, dass ein Bedarf auch in Internetcafes, in der Schule oder bezüglich der Stellensuche bei der Bundesagentur für Arbeit gedeckt werden kann. Insgesamt ergibt sich hieraus ein regelsatzrelevanter Anteil von 64 v.H. der Ausgaben in dieser Abteilung.“ Dass Angehörige der Referenzgruppe 50 % ihrer auf „Telefon- und Telefaxgeräte, einschl. Reparatur“ bezogenen (geringen) Ausgaben für „Faxgeräte, Anrufbeantworter und teure Funktelefone“ tätigen, erscheint ohne statistischen Beleg als eine ebenso willkürliche Annahme, wie es nicht einleuchtet, ihre Ausgaben für „Telefon- und Telefaxdienstleistungen“ zu 40 % als nicht notwendig zu unterstellen. Auch in Internetcafes ist ein um 40 % kostengünstigerer Internetzugang nicht möglich.

24) Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung (Fußn. 9), S. 9: „Im Rahmen dieser Abteilung werden die ausgewiesenen Ausgaben für Zeitungen, Zeitschriften, Bücher, Ausleihgebühren, Schreibwaren und Zeichenmaterialien in vollem Umfang berücksichtigt. In Bezug auf Spielzeug und Hobbywaren, größere langlebige Gebrauchsgüter für Freizeit, Besuch von Sport- und Freizeitveranstaltungen und sonstige Freizeit- und Kulturdienstleistungen werden 70 v.H. als angemessen angesehen, da in diesen Positionen auch nicht regelsatzrelevante Ausgaben enthalten sind, z.B. für Wohnmobil bzw. Wohnwagen, Sportboote, Segelflugzeuge. Bei der Position Gartenerzeugnisse und Verbrauchsgüter für die Gartenpflege werden die Ausgaben zu 75 v.H. berücksichtigt. Der hohe Anteil ergibt sich daraus, dass auch Ausgaben für Güter für den privaten Gemüse- und Obstanbau mit erfasst sind, durch den entsprechende andere Ausgaben vermindert werden. Die ausgewiesenen Ausgaben für Rundfunk- und Fernsehgeräte werden zu 50 v.H. berücksichtigt, da teure Geräte ausgenommen werden und die Beschaffung gebrauchter Geräte weitgehend möglich und auch zumutbar ist. Entsprechendes gilt auch für Informationsverarbeitungsgeräte einschließlich Software, für die bereits ein beachtlicher Gebrauchtgerätemarkt mit kostengünstigen, aber dennoch angemessenen Waren besteht; die ausgewiesenen Ausgaben hierfür werden daher nur zu 40 v.H. berücksichtigt. Da diese Abteilung sehr breit gefächert ist und auch eine Reihe nicht regelsatzrelevanter Positionen enthält, z.B. Foto- und Filmausrüstungen, Bild- und Tonträger sowie Haustiere, errechnet sich für diese Abteilung ein zu berücksichtigender Anteil von 42 v.H.“ Auch hinsichtlich dieser Begründung der für angemessen erachteten prozentualen Kürzung der Verbrauchsausgaben der Referenzgruppe ist zu bemerken, dass es völlig unbewiesen erscheint, die Angehörigen der Referenzgruppe hätten in erheblichem Maße Ausgaben für „Wohnmobile bzw. Wohnwagen, Sportboote, Segelflugzeuge“ getätigt bzw. „Rundfunkund Fernsehgeräte“ oder „Informationsverarbeitungsgeräte“ regelmäßig als Neugeräte erworben. „Software“ ist schon aus urheberrechtlichen Gründen legal nicht gebraucht erhältlich. Warum ein einfacher Fotoapparat, dazugehöriges Filmmaterial in bescheidenem Umfang sowie ein Wellensittich, Hamster, Hund oder eine Hauskatze nicht zu einer Lebensführung gehören sollen, die der eines Nicht-Bedürftigen in einer unteren Einkommensgruppe ähnlich ist, bleibt unerfindlich.

25) Unter anderem: Neue und gebrauchte Wohnmobile, Mobilheime, Wohnwagen, Caravans, Campingwagen und -anhänger/Wasserfahrzeuge, andere Wassersportgeräte sowie Zubehör, Einzel- und Ersatzteile/Sportflugzeuge und andere Flugsportgeräte, z. B. Segelflug zeuge, Paraglider, Flugdrachen, Heißluftballons, Fallschirme, einschl. Zubehör, Einzel- und Ersatzteile/Flipper u.a. Spielautomaten, Tischtennistische, Billardtische usw., Wintersportartikel/Sportbälle, Tischtennis-, Tennis-, Badminton und verwandte Sportartikel/Fitnessgeräte/Ausrüstungsgegenstände für die Sportfischerei/Spezialsportschuhe, Kopfschützer, andere Sportschutzbekleidung/ Campingartikel wie Schlafsäcke, Campingkocher, Zelte und Zubehör/andere Campingartikel/Musikinstrumente, einschl. Zubehör, Einzel- und Ersatzteile.

26) Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung (Fußn. 9), S. 7/8: „Die Position Strom wird weitgehend, die Ausgaben für Reparatur und Instandhaltung der Wohnung werden voll anerkannt.“ Daraus errechnet sich unter Zugrundelegung der Verbrauchsausgaben der heranzuziehenden Referenzgruppe ein Eckregelsatzanteil nicht von 49,01 DM, sondern von 70,– DM.

27) Unter anderem: Wasch-, Putz-, Reinigungs- und Pflegemittel für den Haushalt/Desinfektionsmittel, destilliertes Wasser/Papiererzeugnisse, Müllbeutel, Papierfilter, Kunststoffund Alufolien, Backformen aus Papier oder Alufolie/Trinkhalme, Zahnstocher, Bierdeckel/Näh-, Häkel-, Strick-, Steck- und Sicherheitsnadeln/Schnittmuster, Schneiderkreide, Fingerhüte/Nägel, Dübel, Schrauben, Muttern/Bürsten, Besen und Stiele/Scheuertücher, Haushaltsschwämme/Wäschetrocknergestelle, Wäscheklammern,Kleiderbügel/Gummihandschuhe/Allzweckklebstoffe, Klebestreifen/Zündhölzer/Einmachringe/nicht elektrische Kerzen.

28) Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung (Fußn. 9), S. 8: „Die Positionen Pharmazeutische Erzeugnisse, andere medizinische Erzeugnisse und therapeutische Geräte und Ausrüstungen, die bislang nur teilweise berücksichtigt sind, werden im Hinblick darauf, dass das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch künftig auch für Leistungsberechtigte Zuzahlungen vorsieht, in vollem Umfang berücksichtigt. Die Abteilung enthält aber auch eine Reihe von Positionen, die nicht vom Regelsatz zu bestreiten sind, wie z.B. über Zuzahlungen hinausgehende unmittelbare ärztliche und zahnärztliche Dienstleistungen und stationäre Gesundheitsdienstleistungen. Es ergibt sich daher ein zu berücksichtigender Anteil an den ausgewiesenen Ausgaben von 64 v.H.“ Die dieser prozentualen Kürzung zugrunde gelegte Annahme, die Angehörigen der Referenzgruppe hätten über krankenversicherungsrechtlich vorgeschriebene Zuzahlungen/Eigenanteile hinausgehende Ausgaben für Bedarfspositionen getätigt, die in den Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung gehören, also nicht regelsatzrelevant seien, ist ohne jede Plausibilität. Soweit die in den folgenden Fußnoten benannten Bedarfsgegenstände nicht zum Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung gehören, wird hier davon ausgegangen, dass sie entweder auch von den Angehörigen der Referenzgruppe nicht in Anspruch genommen wurden oder aber anderenfalls zum notwendigen Bedarf gehören. Das führt dazu, dass insoweit ein Eckregelsatzanteil in Höhe von 61,– DM anzuerkennen wäre.

29) Unter anderem: Verbandkästen, Verbandstoffe/Wärmflaschen, Eisbeutel/Kondome und mechanische Empfängnisverhütungsmittel/Chemikalien für Schwangerschaftstests/Eigenanteile (Zuzahlungen) zu medizinischen Erzeugnissen.

30) Unter anderem: Massagegeräte, Bestrahlungsgeräte, Blutdruckmessgeräte, Hörgeräte, Inhaliergeräte/Heizkissen, Heizdecken/Fieberthermometer/Brillen, -gläser, -fassungen einschl. Eigenanteile (Zuzahlungen)/Orthopädische Schuhe einschl. Eigenanteile (Zuzahlungen)/Zahnersatz, -prothesen, -spangen (Materialkosten ohne Anfertigungskosten)/Krankenfahrstühle, -betten, Rollstühle, Krücken, Gehstöcke/Orthopädische Einlagen für Schuhe, Arm- und Beinprothesen/Bruchbänder, Bandagen, Leibbinden, Kompressionsstrümpfe, gummielastische Binden/Eigenanteile (Zuzahlungen) zu therapeutischen Geräten und Erzeugnissen/Reparaturen an therapeutischen Geräten und Ausrüstungen.

31) Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung (Fußn. 9), S. 8: „Die Ausgaben dieser Abteilung für die Nutzung von Verkehrsdienstleistungen im Schienen- und Straßenverkehr werden in vollem Umfang berücksichtigt, um dem entsprechenden Mobilitätsverhalten der Bevölkerung Rechnung zu tragen. Aus dem gleichen Grund werden auch die ausgewiesenen Ausgaben für Fahrräder voll berücksichtigt. Da die Abteilung jedoch in größerem Umfang Ausgaben für eine Reihe von Gegenständen und Leistungen enthält, die nicht zum notwendigen Bedarf gehören, insbesondere für Kraftfahrzeuge und Motorräder und deren Reparaturen, ergibt sich ein Anteil an den ausgewiesenen Ausgaben von 37 v.H.“ Das mag man so akzeptieren. Die zutreffende Referenzgruppe herangezogen, errechnet sich ein Eckregelsatzanteil in Höhe von 43,– DM, nicht nur 35,03 DM.

32) Unter anderem: Möbeltransporte (einschl. Möbellagerung).

33) Unter anderem: Täschnerwaren, z.B. Hand- und Umhängetaschen/Aktenkoffer, -taschen, -mappen/Schulranzen, Kindergartentaschen/Handkoffer und Reisetaschen/Geldbörsen, Brief- und Ausweistaschen/Kofferanhänger, Schlüsseletuis/Einkaufstaschen, Brillenfutterale/Raucherartikel/Babyartikel, z.B. Kinderwagen, -tragen/Schirme/Sonnenbrillen mit optisch nicht bearbeiteten Gläsern/Puder- oder Tablettendosen/Kruzifixe, Rosenkränze usw./Thermometer (ohne Fieberthermometer)/ Spazierstöcke, Taschenmesser, Schlüsselanhänger. Das Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung (Fußn. 9) geht auf diese Bedarfspositionen überhaupt nicht ein.

34) Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung (Fußn. 9), S. 9: „Die Positionen Finanzdienstleistungen und andere Dienstleistungen werden zu 25 v.H. berücksichtigt, da sie neben zu berücksichtigenden Ausgaben z.B. für Kontoführungsgebühren oder Grabpflege in erheblichem Maße nicht regelsatzrelevante Einzelpositionen enthalten, z.B. Gebühren und Courtagen für Finanzanlageberatungen zur Bildung von Geldvermögen, Steuerberatungskosten, Geldstrafen, gebührenpflichtige Verwarnungen.“ Dazu ist festzustellen, dass jedenfalls unter der EVS-Code-Nr. 12.510.01 „Geldstrafen, gebührenpflichtige Verwarnungen“ nicht erfasst werden. Im Übrigen bleibt der Verordnungsgeber einen Nachweis schuldig, dass überhaupt auch nur ein Angehöriger der von ihm offenbar herangezogenen Referenzgruppe der Ärmsten der Armen „Gebühren und Courtagen für Finanzanlageberatungen zur Bildung von Geldvermögen“ verauslagt hat. Ist das zum Lachen oder zum Weinen?


Matthias Frommann: Warum nicht 627 Euro? – Zur Bemessung des Regelsatzes der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII für das Jahr 2005

Nachrichtendienst des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge Juli 2004, S. 247ff.