Benutzer:Julian Irschara/Arbeitsseite (WS 2016) Hurra! Ein Kriegsbilderbuch
Hurra!: Ein Kriegsbilderbuch ist der Titel eines Werkes des schweizerischen Schriftstellers, Illustrators und Werbegrafikers Herbert Rikli (1880-1939). Es erschien 1915 in Stuttgart im Loewes Verlag. In dem Buch thematisiert Rikli das Kriegsgeschehen im 1. Weltkrieg anhand der Geschichte eines kleinen deutschen Jungen namens „Klein Willi“, der für sein Vaterland in den Krieg zieht.
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Buchcover
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Szene aus dem Buch: Begegnung mit einem Russen.
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Erschießung eines russischen Soldaten.
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Am Ende von Willis Traum endet der Krieg siegreich für ihn und Franzl.
Inhalt
[Bearbeiten]Es ist Weihnachten 1914 und Klein Willi liegt unter dem Weihnachtsbaum und träumt vor sich hin. Er stellt sich selbst vor, gekleidet in Felduniform mit Pickelhaube, dazu schwer bewaffnet mit Säbel, Gewehr und sogar einer Kanone. Sobald Willi zu Bett geht, erfüllt sich sein Wunsch im Traum: Im Alleingang, nur mit seinem treuen Hund an seiner Seite, verteidigt Klein Willi sein Vaterland gegen die französischen Invasoren und fällt darauf in Frankreich ein. Hier stellt er sich nun den Franzosen samt ihren exotischen Soldaten aus den Kolonien und es gelingt ihm, sie zu besiegen. Bald darauf trifft Klein Willi auch auf Engländer und Russen, welche dem deutschen Jungen aber keine Probleme zu bereiten scheinen, gnadenlos vernichtet er auch jene. Dann erhält Klein Willi plötzlich Besuch von seinem besten Freund Franzl, einem österreichischen Jungen, der gerade von den Schlachtfeldern Serbiens und Galiziens heimkehrt. Zusammen fechten sie noch einige Schlachten, bis Willi wieder alleine an die Front nach Westen muss. Dort wird er im Schützengraben verwundet und muss einige Zeit im Lazarett zur Genesung verbringen. Doch allzulange will sich Klein Willi nicht ausruhen, bald bricht er wieder auf in den Krieg. Mit einem Unterwasserboot versenkt er feindliche Schiffe und wirft Bomben aus einem Zeppelin. Damit sind die Gegner besiegt und der Krieg ist gewonnen. Stolz kehrt der Junge zurück nach Hause, wo man bereits jubelnd auf ihn wartet. Als Willi erwacht, ist er jedoch sichtlich enttäuscht, dass alles nur ein Traum war.
Stil
[Bearbeiten]Auf allen 23 Seiten des Werkes werden die sehr kindlich gezeichneten Abbildungen von bis zu 20 Verszeilen Beschreibung ergänzt. In den Abbildungen werden die Feinde stets als Erwachsene dargestellt, lediglich Willi und Franzl sind als Kinder gezeichnet. Rikli lässt in seiner Geschichte auch in ungewöhnlicher Art und Weise Tiere vorkommen, so reiten die Engländer etwa nicht auf Pferden in die Schlacht, sondern auf Heuschrecken und die Franzosen lassen Maulwürfe ihre Schützengräben ausheben. Gerne bedient sich der Autor auch Vorurteilen und Rassismus: So werden z.B. die dunkelhäutigen Soldaten aus den Kolonien mit Affen gleichgesetzt oder der Russe als unzivilisierter, bärtiger Mann mit roter Nase dargestellt. Die Abbildungen, wie auch die verwendete Sprache sind teilweise äußerst brutal, besonders für die Zielgruppe Kinder. Schießereien und zerstörte Städte werden ebenso schonungslos abgebildet wie Sterbende und Tote. Der Zeichenstil und die trotz einer gewissen Härte euphorische Wortwahl stehen hier im krassen Gegensatz zum Dargestellten.
Einordnung als propagandistisches Werk
[Bearbeiten]Die offizielle Kriegspropaganda Deutschlands und Österreich-Ungarns im ersten Weltkrieg war auffallend zurückhaltend. Man orientierte sich an Art. 22 der Haager Landkriegsordnung von 1907. Demgemäß stellte die oberste deutsche Zensurstelle klar: "....Aufforderungen zu barbarischer Kriegsführung und Vertilgung fremder Völker ist abstoßend...Ähnliche Aufforderungen der feindlichen Hetzpresse sind für ein gleiches Verhalten unsererseits keine Entschuldigung…"[1] Es gab aber auch eine private, durchaus kommerziell orientierte Propaganda, die sich die Kriegsbegeisterung und die patriotischen Gefühle weiter Bevölkerungskreise zunutze machte und teilweise überaus aggressiv war. Diese private Kriegspropaganda machte auch vor Kindern nicht halt.[2]
Man zielte darauf ab, mit verschiedensten Propagandamethoden auch Kinder und Jugendliche in die Konflikte mit einzubeziehen. Träger dieser Mobilisierung waren Eltern, Schulen und Vereine ebenso wie Bücher, Lieder und Spiele. Hauptziel war es, durch eine Ideologisierung, einen 'gerechten Krieg' zu vermitteln und somit die Kinder für den Krieg zu begeistern. Der Nutzen der intensiven Kinderpropaganda waren zum einen die Kinder und Jugendlichen für die direkte Unterstützung zu gewinnen, um sie z.B. als Arbeitskräfte zu nutzen, zum anderen spekulierte man auf den großen Einfluss, den Kinder auf ihre Eltern ausübten. So konnten Kinder und Jugendliche als Medium dienen, Ideologie an die Eltern und Verwandten zu vermitteln. Daneben gab es noch einen weiteren Grund für die intensive Mobilisierung von Kindern: In den meisten der kriegführenden Nationen wurde der Krieg ideologisch als Wettstreit zwischen den Zivilisationen gesehen. Dabei spielten die Kinder als zukünftige Generation eine entscheidende Rolle. Man schien davon überzeugt, dass der Krieg eine erzieherische Wirkung habe. Die nächste Generation sollte die vorangegangene in Sachen Fleiß, Härte und Patriotismus übertreffen. [3]
Das Werk Riklis zeigt auf, mit welchen künstlerischen und sprachlichen Mitteln damals den Kindern und Jugendlichen die Notwendigkeit und der Verlauf des Ersten Weltkrieges erklärt und wie sie zu eigenen patriotischen Beiträgen aufgefordert wurden. Bei der Erziehung der Kinder vor und während des Krieges spielten Patriotismus, Pflichterfüllung, Disziplin und Gehorsam eine zentrale Rolle.[4][5] Dies lässt sich anhand der Geschichte der Hauptfigur im Buch aufzeigen, welche pflichtbewusst für das Vaterland in den Krieg zieht ohne auch nur ein einziges Mal das Töten zu hinterfragen. Wie es die Propagandamaschinerie vorgab, wird auch in Riklis Werk der Krieg als österreichisch-ungarischer und deutscher Verteidigungskrieg dargestellt, die Gegner werden als Aggressoren dargestellt, welchen das Deutsche und Österreich-Ungarische aber klar überlegen ist.
Literatur
[Bearbeiten]- Eberhard Demm: "Deutschlands Kinder im Ersten Weltkrieg. Zwischen Propaganda und Sozialfürsorge". In: Militärgeschichtliche Zeitschrift, 2001.
- Christa Hämmerle (Hrsg.): "Kindheit im Ersten Weltkrieg". Wien/Köln/Weimar 1993.
- Peter Lukasch: "Der muss haben ein Gewehr. Krieg, Militarismus und patriotische Erziehung in Kindermedien vom 18. Jhdt. bis in die Gegenwart." Books on Demand GmbH. Norderstedt 2012. S. 150–206. ISBN 978-3-8423-7273-3.
- Franz Mittermüller: "Kinder, Kindheit und Propaganda im Ersten Weltkrieg – eine Spurensuche." In: Josef Riegler (Hg.): "Ihr lebt in einer großen Zeit, …". Graz 2014.
- Wild Reiner/Otto Brunken: "Geschichte der deutschen Kinder und Jugendliteratur. Geschichte und Krieg." 3. Auflage. Metzler Verlag. Stuttgart 2008. ISBN 3-476-01980-2.
- Hans Weigel/Walter Lukan/Max D. Peyfuss: "Jeder Schuss ein Russ jeder Stoss ein Franzos. Literarische und graphische Kriegspropaganda in Deutschland un Österreich 1914-1918." Christian Brandstätter Verlag & Edition. Wien 1983.
Einzelnachweise
[Bearbeiten]- ↑ Peter Lukasch: Kinder und Propaganda - Der Erste Weltkrieg im Kinder- und Jugendbuch. Wien 2010
- ↑ Peter Lukasch: Kinder und Propaganda - Der Erste Weltkrieg im Kinder- und Jugendbuch. Wien 2010
- ↑ Judith Fritz: Kinder als Zielscheibe der Kriegspropaganda. Habsburger.net
- ↑ Judith Fritz: Kinder als Zielscheibe der Kriegspropaganda. Habsburger.net
- ↑ Peter Lukasch: Kinder und Propaganda - Der Erste Weltkrieg im Kinder- und Jugendbuch. Wien 2010
Weblinks
[Bearbeiten]DW: Kein Kinderspiel. http://www.dw.com/de/kein-kinderspiel/a-17862292 20.01.2017
Europeana: Hurra!: Ein Kriegskinderbuch. http://www.europeana1914-1918.eu/de/europeana/record/9200231/BibliographicResource_3000006447666 20.01.2017
Judith Fritz in Habsburger.net: Kinder als Zielscheibe der Kriegspropaganda. http://ww1.habsburger.net/de/kapitel/kinder-als-zielscheibe-der-kriegspropaganda 20.01.2017
Peter Lukasch: Kinder und Propaganda - Der Erste Weltkrieg im Kinder- und Jugendbuch, Wien 2010. http://www.zeitlupe.co.at/werbung/propaganda1.html 20.01.2017
Spiegel Online: Kinderbücher im ersten Weltkrieg. http://www.spiegel.de/einestages/kinderbuecher-im-ersten-weltkrieg-a-981294.html 20.01.2017
Staatsbibliothek Berlin : Hurra!: Ein Kriegsbilderbuch. http://digital.staatsbibliothek-berlin.de/werkansicht?PPN=PPN735280886&PHYSID=PHYS_0001&DMDID=DMDLOG_0001 20.01.2017