Benutzer:Cspannagel/forschenlehrenoeffentlichkeit
Forschen und Lehren in der Öffentlichkeit
[Bearbeiten]Vortrag von Christian Spannagel im Rahmen der Ringvorlesung Medien & Bildung: Kontrolle und Selbstkontrolle in Bildungszusammenhängen an der Universität Hamburg
Zeit und Ort: Dienstag, 26.5.2009, 18:15 - 19:45 Uhr, Von-Melle-Park 8, Raum 504
Der Vortrag und die Diskussion wurden aufgezeichnet und können hier online angesehen werden:
Abstract
[Bearbeiten]Der Wissenschaft wird oft vorgeworfen, zu theoretisch zu arbeiten und dabei Praxiskontexte zu vernachlässigen („Elfenbeinturm“). Öffentliche Wissenschaft hingegen versucht, den Dialog zwischen Wissenschaft und Gesellschaft zu fördern. Im Rahmen prozessorientierter öffentlicher Wissenschaft sollen dabei nicht nur wissenschaftliche Ergebnisse allgemeinverständlich aufbereitet, sondern Menschen außerhalb des universitären Betriebs direkt in den Prozess der wissenschaftlichen Wissenskonstruktion eingebunden werden. Hierfür bietet sich der Einsatz von Web-2.0-Anwendungen an.
In dem Vortrag werden Grundkonzepte prozessorientierter öffentlicher Wissenschaft vorgestellt. An vielen Beispielen wird gezeigt, wie jeder einzelne Wissenschaftler Wikis, Weblogs und Twitter einsetzen kann, um sowohl seine Forschung als auch seine Lehre transparenter zu gestalten und Menschen außerhalb des Hochschulbetriebs in seine Arbeit einzubinden. Insbesondere im Kontext öffentlicher Lehre wird dabei auch auf die motivationalen Effekte der Öffnung von Lehrveranstaltungen eingegangen.
Links
[Bearbeiten]Hier habe ich ein paar Links zu Texten und Videos für diejenigen eingestellt, die sich gerne schon einmal vorab über das Konzept des "öffentlichen Wissenschaftlers" informieren möchten.
- Öffentliche Wissenschaft - Eine Bastelanleitung
- Video-Interview über öffentliche Wissenschaft
- openscientists.org - Community öffentlicher Wissenschaftler
- Mein Wikiversity-Bereich mit Lab Notebook und Philosophy of Teaching
- Aufzeichnung eines Vortrags über öffentliche Wissenschaft auf dem EduCamp 2008 in Berlin und der dazugehörige Wiki-Bereich
- Vortrag über die Öffnung von Seminaren und dazugehöriger Wiki-Bereich
- Beispiele, auf die ich im Vortrag Bezug nehmen werde
Diskussion zur Vorbereitung
[Bearbeiten]Ich würde mich freuen, wenn wir bereits vor dem Vortrag gemeinsam diskutieren würden! Mich interessiert besonders, welche Ideen und Fragen Sie zum Thema "Öffentliche Wissenschaft" bereits im Vorfeld des Vortrags haben. Wenn wir uns hier schon darüber austauschen, dann kann ich meinen Vortrag gezielter vorbereiten. Einfach auf "Bearbeiten" klicken, den Text eintragen und abspeichern.
Ihre persönlichen Erfahrungen
[Bearbeiten]Haben Sie schon Erfahrungen mit öffentlicher Wissenschaft gemacht? Gibt es öffentliche Elemente in Ihrer Forschungsarbeit? Wie öffnen Sie Ihre Lehrveranstaltungen?
- Maximale Öffnung. Mindestens ein Forum (ZUM) und meistens ein Wiki für jede Veranstaltung. Allerdings wenig angenommen von den Studenten früher. Heute Ruhestand.
- Kurs Internet- und Projektkompetenz beruht ganz auf Öffnung: Foren, Wikis, Blogs und Homepages.--Jeanpol 13:44, 18. Mai 2009 (CEST)
- aus dem Studierendenleben: Wissenschaftler (Lehrbeauftragte) streiten darum, ob sie ihre Materialien/Ergebnisse online zur Verfügung stellen sollen.
- ...
- ...
Möglichkeiten und Gefahren
[Bearbeiten]Welche Chancen sehen Sie öffentlicher Wissenschaft? Welche Risiken und Gefahren sehen Sie?
- Ich sehe nur Chancen (das eigene Denken und die Kursreflexion wird durch Impulse von außen sehr bereichert). Ich sehe absolut keine Gerfahren.--Jeanpol 13:45, 18. Mai 2009 (CEST)
- Sicherlich bietet ein öffentlicher Umgang mit Wissenschaft Chancen, allerdings sehe ich auch Risiken. So ist zum Beispiel die Gefahr gegeben, dass ein Informationsüberangebot undurchsichtig wird und der Nutzer schließlich den Überblick verliert. Informationen müssen gut sortiert angeboten werden damit sich der EInzelne nicht im "Dschungel der Informationen" verfängt.
- Es geht in dem Konzept von öffentlicher Wissenschaft, das ich vorstellen werde, weniger um Information, sondern mehr um Diskussion und gemeinsame Wissenskonstruktion. Darüber hinaus ist das Internet bzgl. der Informationsmenge sowieso unkontrollierbar. Insofern müssen wir nicht versuchen das Informationsüberangebot zu vermeiden, sondern wir müssen lernen damit umzugehen. --Cspannagel 18:24, 19. Mai 2009 (CEST)
- Ich sehe die hier beschriebenen Chancen, doch möchte ich die Gefahr des "Informationsüberangebots" noch einmal aufgreifen: Auch wenn es um "Diskussion und gemeinsame Wissenskonstruktion" gehe, dann geschieht dieses zu schnell. Die ständige Vernetzung und sich ständig ausweitende Vernetzung führt zu einer überfordernden Beschleunigung, die sich vor allem als zeitliche Überforderung ausdrückt. Virtuelle Vernetzung sollte zudem nie losgelöst von Kontakten im Realen erfolgen. Ich muss 'Cspannagel' erst kennenlernen, um einschätzen zu können, ob ich mit ihm diskutieren möchte. Der Anonymität des Netzes fehlt die einordnende Grundlage. In jeglichen Formen der Kommunikation/Diskussion geht es auch immer um Hierachien. Wem kann ich glauben? Wer ist autorisiert? Welche Meinung ist legitim? Somit müssen Diskussionspositionen deutlich werden. Auch dazu bedarf es eines Kennenlernens im face-to-face-Kontakt. Oder eines Buches aus der autorisierten Bibliothek... [tp, 26. Mai 2009]
- Hier möchte ich widersprechen: Ich muss jemanden nicht real kennen, um zu wissen, ob ich mit ihm diskutieren möchte. Das kann ich auch entscheiden, wenn ich in seinem Blog/Twitter/... lese, was er schreibt und wie er so denkt. Wenn ich sehe, dass sich jemand mit ähnlichen Fragestellungen beschäftigt, warum sollte ich dann warten, bis ich die Person real treffe? Wir können doch gleich mit der Zusammenarbeit loslegen! --Cspannagel 17:00, 28. Mai 2009 (CEST)
Forschungsansätze und öffentliche Wissenschaft
- Du doubelst die öffentliche Wissenschaft mit der Aktionsforschung, oder? Wie können denn andere Forschungsansätze mit der öffentlichen Wissenschaft konform gehen? --Melanie Gottschalk 20:54, 17. Mai 2009 (CEST)
- Prinzipiell können alle Forschungsansätze im Rahmen öffentlicher Wissenschaft gewählt werden. Ich selbst mache nicht nur Aktionsforschung, sondern forsche auch experimentell. In beiden Fällen können insbesondere sowohl in der Planungs- als auch in der Reflexionsphase die Diskussionsmöglichkeiten im Web 2.0 (z.B. Weblogs oder Wikis) wertvolle Informationen "von außen" liefern und den Wissenschaftler bei Überlegungen zum weiteren Vorgehen/zur Interpretation und Diskussion von Ergebnissen/... unterstützen. --Cspannagel 21:34, 17. Mai 2009 (CEST)
- Aktionsforscher forschen natürlich auch experimentell. Aktionsforschung bedeutet nur, dass der Forscher im Feld aktiv ist und durch sein Handeln das Feld optimiert. Aber er orptimiert das Feld, indem er experimentell forscht. Ich selbst habe ua. für meine Habil sowohl qualitativ als auch quantitativ experimentiert. Aktionsforschung ist ein Oberbegriff.--Jeanpol 12:39, 20. Mai 2009 (CEST)
- Das würde ich so nicht sehen. Nicht jeder Aktionsforscher forscht experimentell, und nicht jeder, der experimentell forscht, ist ein Aktionsforscher. Aktionsforschung ist also kein Oberbegriff. Es gibt höchstens eine Schnittmenge. Außerdem ist - ich denke, das kann man schon sagen - Aktionsforschung in der Regel nicht experimentell im Sinne eines sauber durchgeführten Experiments, weil sie nicht die Aufdeckung allgemeiner Gesetzmäßigkeiten zum Ziel hat, sondern die Verbesserung der konkret vorliegenden Situation. Wer sich näher für diese Fragestellung interessiert: Ein Vortrag von mir zum Thema Aktionsforschung/Experimentelle Forschung kann online angesehen werden. --Cspannagel 14:49, 20. Mai 2009 (CEST)
- Aus meiner Sicht (und ich glaube aus der von Aktionsforschern, wie Herbert Altrichter): Jeder Aktionsforscher forscht experimentell, sonst wäre er kein Forscher im Sinne analytisch-nomologischer Wissenschaft, sondern ein geisteswissenschftlich-hermeneutisch orientierter. Um Optimierungen im Feld durchzusetzen, muss er belegen, dass es Optimierungen sind. Das Ziel der Aktionsforschung ist definitiv, Regelmäßigkeiten aufzudecken. Allerdings gebe ich dir recht: nicht jeder, der expermimentell forscht, ist Aktionsforscher.--Jeanpol 15:49, 20. Mai 2009 (CEST)
- Definitiver Widerspruch! Das sehen nämlich ganz viele ganz anders, zum Beispiel Stangl hier und Stangl da. Ebenso ist in dem "Action Research Primer" von Hinchey dem Unterschied der beiden Ansätze ein ganzes Kapitel gewidmet. Auch Wikipedia enthält den entsprechenden Hinweis: Lewin "wollte als Kritik an einer rein experimentellen Sozialpsychologie eine Wissenschaft begründen, deren Hypothesen praxisnah sind und deren Implikationen zu Veränderungen im Sinne einer Problemlösung führen." In meinem Vortrag (s.o.) habe ich zahlreiche Unterschiede herausgearbeitet. Vielleicht verstehst du etwas anderes unter "experimentell"? Wenn ich diesen Begriff verwende, meine ich Forschungsmethoden, die sich am (psychologischen) Experiment orientieren. Aktionsforschung ist nach meiner Auffassung (und der oben genannten Personen) empirisch, aber nicht experimentell. --Cspannagel 21:12, 20. Mai 2009 (CEST)
- "Aktionsforschung ist nach meiner Auffassung (und der oben genannten Personen) empirisch, aber nicht experimentell." Richtig. Das Missverständnis lag an meinem anderen Verständnis von "experimentell": Zitat:"Experimente gibt es in einer Vielzahl von Wissenschaften, besonders in Naturwissenschaft, Ingenieurwissenschaft, Psychologie und Soziologie. Da es sich bei dem Experiment lediglich um eine Versuchsanordnung handelt, ist es prinzipiell bei allen Verfahren der Datenerhebung, einer Befragung, einer Inhaltsanalyse oder einer Beobachtung und ggf. auch bei einer physiologischen Messung, möglich." Das zu betonen scheint mir wichtig, sonst wäre Aktionsforschung gänzlich unwissenschaftlich.--Jeanpol 05:12, 21. Mai 2009 (CEST)
- Zum Thema "wissenschaftliches Arbeiten" fand ich diese Betrachtung von Prof. Dr. Peter Bützer von der Pädagogischen Hochschule St. Gallen sehr interessant (auch auf die Gefahr hin dass ich euch damit langweile :)) http://www.buetzer.info/fileadmin/pb/pdf-Dateien/Wissenschaftlichkeit.pdf --Filterraum 10:27, 21. Mai 2009 (CEST)
- Ok, dann hatten wir einen unterschiedlichen "Experiment"-Begriff. :-) --Cspannagel 21:54, 22. Mai 2009 (CEST)
- Definitiver Widerspruch! Das sehen nämlich ganz viele ganz anders, zum Beispiel Stangl hier und Stangl da. Ebenso ist in dem "Action Research Primer" von Hinchey dem Unterschied der beiden Ansätze ein ganzes Kapitel gewidmet. Auch Wikipedia enthält den entsprechenden Hinweis: Lewin "wollte als Kritik an einer rein experimentellen Sozialpsychologie eine Wissenschaft begründen, deren Hypothesen praxisnah sind und deren Implikationen zu Veränderungen im Sinne einer Problemlösung führen." In meinem Vortrag (s.o.) habe ich zahlreiche Unterschiede herausgearbeitet. Vielleicht verstehst du etwas anderes unter "experimentell"? Wenn ich diesen Begriff verwende, meine ich Forschungsmethoden, die sich am (psychologischen) Experiment orientieren. Aktionsforschung ist nach meiner Auffassung (und der oben genannten Personen) empirisch, aber nicht experimentell. --Cspannagel 21:12, 20. Mai 2009 (CEST)
- Aus meiner Sicht (und ich glaube aus der von Aktionsforschern, wie Herbert Altrichter): Jeder Aktionsforscher forscht experimentell, sonst wäre er kein Forscher im Sinne analytisch-nomologischer Wissenschaft, sondern ein geisteswissenschftlich-hermeneutisch orientierter. Um Optimierungen im Feld durchzusetzen, muss er belegen, dass es Optimierungen sind. Das Ziel der Aktionsforschung ist definitiv, Regelmäßigkeiten aufzudecken. Allerdings gebe ich dir recht: nicht jeder, der expermimentell forscht, ist Aktionsforscher.--Jeanpol 15:49, 20. Mai 2009 (CEST)
- Das würde ich so nicht sehen. Nicht jeder Aktionsforscher forscht experimentell, und nicht jeder, der experimentell forscht, ist ein Aktionsforscher. Aktionsforschung ist also kein Oberbegriff. Es gibt höchstens eine Schnittmenge. Außerdem ist - ich denke, das kann man schon sagen - Aktionsforschung in der Regel nicht experimentell im Sinne eines sauber durchgeführten Experiments, weil sie nicht die Aufdeckung allgemeiner Gesetzmäßigkeiten zum Ziel hat, sondern die Verbesserung der konkret vorliegenden Situation. Wer sich näher für diese Fragestellung interessiert: Ein Vortrag von mir zum Thema Aktionsforschung/Experimentelle Forschung kann online angesehen werden. --Cspannagel 14:49, 20. Mai 2009 (CEST)
- Aktionsforscher forschen natürlich auch experimentell. Aktionsforschung bedeutet nur, dass der Forscher im Feld aktiv ist und durch sein Handeln das Feld optimiert. Aber er orptimiert das Feld, indem er experimentell forscht. Ich selbst habe ua. für meine Habil sowohl qualitativ als auch quantitativ experimentiert. Aktionsforschung ist ein Oberbegriff.--Jeanpol 12:39, 20. Mai 2009 (CEST)
- Prinzipiell können alle Forschungsansätze im Rahmen öffentlicher Wissenschaft gewählt werden. Ich selbst mache nicht nur Aktionsforschung, sondern forsche auch experimentell. In beiden Fällen können insbesondere sowohl in der Planungs- als auch in der Reflexionsphase die Diskussionsmöglichkeiten im Web 2.0 (z.B. Weblogs oder Wikis) wertvolle Informationen "von außen" liefern und den Wissenschaftler bei Überlegungen zum weiteren Vorgehen/zur Interpretation und Diskussion von Ergebnissen/... unterstützen. --Cspannagel 21:34, 17. Mai 2009 (CEST)
Wissenschaft Teil der Gesellschaft oder nicht?
- "Öffentliche Wissenschaft hingegen versucht, den Dialog zwischen Wissenschaft und Gesellschaft zu fördern." Ich verstehe diese Differenzierung nicht. Ist Wissenschaft kein Teil der Gesellschaft? --Filterraum 23:16, 17. Mai 2009 (CEST)
- Ok - "zwischen der Wissenschaft und dem Rest der Gesellschaft" :-) --Cspannagel 18:22, 19. Mai 2009 (CEST)
- Wenn wir es ganz so genau nehmen: Wissenschaft ist nicht Teil der Gesellschaft, genauso wenig wie Wirtschaft. Das Gerede, das Manager mit Wirtschaft gleichsetzt, ist freilich viel unsinniger als eine Gleichsetzung von Wissenschaftlern und Wissenschaftsbetrieb mit Wissenschaft. Aber solche begriffliche Präzision ist zur Erläuterung, weshalb Wissenschaftler öffentlich arbeiten sollten, m.E. auch nicht erforderlich. --Cethegus 19:09, 20. Mai 2009 (CEST)
- @Cethegus Ich dachte etwas genau nehmen sei ein Merkmal von Wissenschaft! Ich lern ja gern dazu. "Wissenschaft ist die Erweiterung des Wissens durch Forschung, seine Weitergabe durch Lehre, der gesellschaftliche, historische und institutionelle Rahmen, in dem dies organisiert betrieben wird, sowie die Gesamtheit des so erworbenen menschlichen Wissens." http://de.wikipedia.org/wiki/Wissenschaft Und öffentliche Wissenschaft seh ich umso mehr sich als "Teil" der Gesellschaft verstehend, denn als von Ihr abgegrenzt. Zugegeben aus soziologischer Sicht. Interessant in diesem Zusammenhang eine Passage aus http://de.wikipedia.org/wiki/Funktionale_Differenzierung#Inklusion_und_Exklusion "Trotzdem werden in der Realität zweifelsfrei Personen von bestimmten Teilsystemen ausgeschlossen (Exklusion). So wird beispielsweise wissenschaftlichen Amateuren der Diskurs in akademischen Instituten und Fachzeitschriften verwehrt." --Filterraum 22:36, 20. Mai 2009 (CEST)
- Wenn wir es ganz so genau nehmen: Wissenschaft ist nicht Teil der Gesellschaft, genauso wenig wie Wirtschaft. Das Gerede, das Manager mit Wirtschaft gleichsetzt, ist freilich viel unsinniger als eine Gleichsetzung von Wissenschaftlern und Wissenschaftsbetrieb mit Wissenschaft. Aber solche begriffliche Präzision ist zur Erläuterung, weshalb Wissenschaftler öffentlich arbeiten sollten, m.E. auch nicht erforderlich. --Cethegus 19:09, 20. Mai 2009 (CEST)
- Ok - "zwischen der Wissenschaft und dem Rest der Gesellschaft" :-) --Cspannagel 18:22, 19. Mai 2009 (CEST)
- Als Wikipedianer halte ich nicht alles, was in der Wikipedia steht, für richtig. - Wenn du der Definition der WP folgst, dass "der gesellschaftliche, historische und institutionelle Rahmen" Teil der Wissenschaft ist, ist dieser Teil von Wissenschaft selbstverständlich Teil der Gesellschaft. Schnittmengen gibt es mit Sicherheit. "Dialog zwischen Wissenschaft und Gesellschaft" ist für mich freilich auch sehr schwammig. - Wir sind uns sicher einig darin, dass Wissenschaft nicht einer Einzelgesellschaft zugeordnet sein darf, sondern allenfalls der Weltgesellschaft und dass es diese nur sehr rudimentär gibt. - Von da aus ginge es weiter zur Bereitschaft von Wissenschaftlern, sich in den Dienst von Interessengruppen zu stellen, Auftragsforschung und Bestimmung des Wertes wissenschaftlicher Arbeit durch die Geldmenge, die der Wissenschaftler darür zu aquirieren versteht. - Nun, das will ich Christian nicht alles als Gegenstand seines Vortrages andrehen. Du hast schon recht: Wissenschaft und Gesellschaft lassen sich nicht als getrennte Mengen einander gegenüberstellen. Aber ich bestehe darauf, dass Wissenschaft sich nicht nur als Teil einer einzelnen Gesellschaft verstehen darf. --Cethegus 10:38, 21. Mai 2009 (CEST)
- @Cethegus "...nicht alles, was in der Wikipedia steht, für richtig", meine Zustimmung und Erweiterung auf jedes andere Medium. Aber irgend eine, von den beteiligten an einer Diskussion allgemein akzeptierte Referenz benötigen wir doch. Wenn dann bei konkreten Fragestellungen mit "Sachverstand" kognitive Störungen beseitigt werden, entstehen (im besten Fall) neue Wissenskonstrukte. Mit "Gesellschaft" meine ich übrigens "die Gesamtheit der Verhältnisse zwischen den Menschen (Marx)" bzw Gesellschaft als "alle füreinander kommunikativ zugänglichen Ereignisse (Luhmann)" wie es "Wikipedia" momentan ausdrückt.--Filterraum 11:04, 22. Mai 2009 (CEST)
- Eine interessante Diskussion - in diesem Kontext führt dies aber tatsächlich unter Umständen zu weit. Es genügt mir in dem Kontext eigentlich schon die Vorstellung, dass Wissenschaftler nicht nur "unter sich", sondern auch "mit anderen" wissenschaftlich zusammen arbeiten. :-) --Cspannagel 21:54, 22. Mai 2009 (CEST)
Diskussion zur Nachbereitung
[Bearbeiten]Nach dem Vortrag ist vor dem Vortrag.
Wissen & Eigentum
[Bearbeiten]Nur als kleiner Nachtrag: Als du gestern von der Angst vor Ideenklau (im Rahmen des "alten Paradigmas" sprachst), fühlte ich mich spontan an eine Fußnote aus Luhmanns "Wissenschaft der Gesellschaft" erinnert. Im ersten Kapitel thematisiert er die Zurechnung von Wissen auf Subjekte, für gewöhnlich Menschen oder ihr Bewusstsein. Auch Wissen aus und in Büchern werde [ich ergänze hoffentlich in deinem Sinne: im alten Paradigma] einem Autoren zugeschrieben. Und dann die betreffende Fußnote:
"Mittelalterliche Textgepflogenheiten, die das Buch selbst wie einen Autor sprechen lassen, haben den Buchdruck nicht überlebt. Es wäre nicht ganz abwegig, sie wiederaufzugreifen, denn schließlich stammt, jedenfalls wo es "wissenschaftlich" zugeht, nur sehr weniges, was in einem Buch zu lesen ist, von dem Autor selbst." [Niklas Luhmann: Die Wissenschaft der Gesellschaft, Frankfurt/Main 1992, S. 11, Fußnote 1.]
Deine Vision des prozesshaften Netzmodells scheint mir in eine ganz ähnliche Richtung zu zeigen, wenn auch unter Zuhilfenahme eines anderen Vokabulars. Bin mir nicht sicher, ob dir das Zitat nützlich sein kann - mich beruhigt es jedenfalls immer, wenn ich es lese. Und sonst: Ab in den Zettelkasten ;-) --Autopoiet 13:50, 27. Mai 2009 (CEST)
- Ich finde das Zitat toll und es passt wirklich gut! Vielen Dank dafür! --Cspannagel 18:42, 27. Mai 2009 (CEST)
"Wissenschaft" vs. "Praxis"
[Bearbeiten]Wir hatten über die recht nutzlose Dichotomie von Wissenschaft (= "Theorie" - was für ein merkwürdiger Theoriebegriff!) und Praxis gesprochen. Es gibt gute Methodologien für die Forschungspraxis zu Tätigkeitssystemen insbes. in Bildungsorganisationen. Ich hatte Dir, Christian, Literatur zu zwei vielversprechenden (und reichlich erprobten) Ansätzen versprochen. Hier sind sie:
1. Aktionsforschung: Herbert Altrichter/Peter Posch, Lehrerinnen und Lehrer erforschen ihren Unterricht, 4. Aufl., Bad Heilbrunn, 2007
2. Interventionsforschung: Yrjö Engeström, Entwickelnde Arbeitsforschung. Die Tätigkeitstheorie in der Praxis, (Übersetzt und herausgegeben von Lisa Rosa), Berlin 2008, Lehmanns Media --Lisarosa 10:12, 28. Mai 2009 (CEST)
- Vielen Dank für die Literaturtipps, Lisa Rosa! Wirklich sehr interessant! Ich möchte auch nochmal hervorheben, dass ich nicht der Meinung bin, dass "Wissenschaft = Theorie" gilt. Ich habe nur herausgestellt, dass viele Menschen der Meinung sind (und dazu zählen auch Wissenschaftler), dass Wissenschaftler oft "zu theoretisch" arbeiten. Das bedeutet nicht, dass Wissenschaft mit Theorie gleichzusetzen sei. Sie kann nur hier und da ein bisschen mehr Praxis vertragen (und zwar Praxis nicht im Sinne von Wissenschaftspraxis, sondern Praxis in dem Themenfeld, in dem geforscht wird). --Cspannagel 17:03, 28. Mai 2009 (CEST)
Na klar! Ich meinte natürlich nicht, dass DU ein solches Theorieverständnis hättest.;-) Und auch was die nützliche Praxiserfahrung angeht, die so manchem Wissenschaftler im Tätigkeitsfeld seiner Forschung gut täte, sind wir vollkommen einer Meinung. Umgekehrt gilt natürlich auch: Praxiserfahrung alleine tut's auch nicht. Wenigstens reflektierte Praxis und dann gerne auch mal eine Stufe in Richtung Lerntheorien und pädagogische Psychologie täte so manchem altgedienten Praktiker in der Pädagogik nicht schlecht - und seiner Praxis erst Recht nicht. --Lisarosa 19:08, 28. Mai 2009
- Genau so seh ichs auch! --Cspannagel 10:06, 29. Mai 2009 (CEST)
Öffentliche Wissenschaft und Qualifikationsarbeiten
[Bearbeiten]Noch immer angeregt vom Vortrag geistert mir die ganz praktische Frage durch den Kopf, wie andere die Vereinbarkeit der Haltung des öffentlichen Wissenschaftlers und dem Erstellen von Qualifikationsarbeiten (z.B. Diss, aber auch Examensarbeiten etc.) sehen. Als Beispiel nehmen wir einmal an, ich stelle meine Forschungsfragestellungen in einem Wiki oder einer Online-Mindmap zur Diskussion. Dann habe ich ja streng genommen einen Teil der Diss bereits "veröffentlicht". Dann kommt noch hinzu das ich viele Hinweise aus dem Netz erhalte, was ich verbessern kann, was ich noch lesen könnte, welche Frage gar nicht geht bzw. falsch formuliert ist usw. Da kann ich dann ja streng genommen Probleme mit der Versicherung die Arbeit "ohne fremde Hilfe" verfasst zu haben bekommen. Anderes Szenario. Ich melde mich für einen Vortrag auf einer Fachtagung an. Der Vortrag wird angenommen und mein Abstract im Tagungsband veröffentlicht. Ich halte den Vortrag und in der Diskussion wird lebhaft über meine Fragestellung diskutiert, ich erhalte aus dem Publikum viele hilfreiche Anregungen, Literaturtipps und Hinweise dazu welche Fragestellung überhaupt nicht funktionieren wird. Wo ist nun der Unterschied zwischen den beiden Szenarien? Dennoch habe ich doch Bedenken (rechtliche) diesen Schritt zu gehen und z.B. wie oben beschrieben meine Fragestellung zur Diskussion zu stellen. --Chbeer 21:17, 2. Jun. 2009 (CEST)
- Das sind interessante Fragen und berechtigte Überlegungen! Ich selbst bin rechtlich nicht so bewandert - insofern würde mich auch die rechtliche Position interessieren. Ich würde jetzt aus der Hüfte geschossen sagen (ohne dabei Rechtsberatung zu machen ;-)): "Ohne fremde Hilfe erstellt" bedeutet nicht, dass man nicht mit anderen über die Inhalte diskutieren darf. Das macht man ja auch offline am Institut mit Kollegen. Weshalb sollte man es dann nicht auch online dürfen? Man lässt die anderen ja nicht für sich schreiben, sondern man nimmt die Informationen, die man erhalten hat, und formt daraus selbstständig einen Text. Weshalb nicht die Kommentare auf der Wiki-Seite zitieren, genau so wie man ein Buch zitiert? Und ist denn wirklich ein Teil der Dissertation schon "veröffentlicht", wenn man erste Ideen online diskutiert? --Cspannagel 21:40, 2. Jun. 2009 (CEST)
So sehe ich das ja auch. Das verrückte ist ja, dass alles was nun öffentlich zum Beispiel in einem wiki geschieht vorher bzw. gleichzeitig auch auf Tagungen in Kolloquien und auf dem Universitätsflur passiert. Relevante Ausschnitte aus "meiner" Promotionsordnung wären nun:
§7 Anforderungen an die Dissertation
(1) Die Dissertation muss die Befähigung der Bewerberin bzw. des Bewerbers zur selbständigen Forschung sowie die Beherrschung wissenschaftlicher Methodik erweisen. Die Ergebnisse der Dissertation müssen zur Fortentwicklung der Wissenschaft beitragen.
(5) [...]. Außerdem ist eine Versicherung an Eides statt abzugeben, dass die Arbeit selbständig angefertigt ist [...] und dass die Bewerberin bzw. der Bewerber andere als die von der Bewerberin bzw. dem Bewerber angegebenen Quellen und Hilfsmittel nicht benutzt und die den benutzten Werken wörtlich oder inhaltlich entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht hat. Link zur Promotionsordnung
Da finde ich nicht viel was einer öffentlichen Diskussion entgegen stünde. Dennoch ist die allgemeine Ansicht, vor allem auf professoraler Ebene, in diesem Zusammenhang vorsichtig zu sein. Weitere Meinungen oder auch Erfahrungen würden mich sehr interessieren. --Chbeer 10:32, 3. Jun. 2009 (CEST)
- Das sehe ich aus so. Das Problem sind wahrscheinlich in erster Linie die professoralen Gutachter. In diesem Fall am besten vorher mit dem Betreuer und den Gutachtern sprechen, offen damit umgehen, erklären, warum man das macht usw. und sich dadurch absichern, dass später niemand kommt und diese Vorgehensweise bemängelt. --Cspannagel 12:21, 3. Jun. 2009 (CEST)
- Mindestens eine Diss wird momentan öffentlich geschrieben (in einem blog), und zumindest eine M.S. thesis ist mir bekannt, die in einem Wiki geschrieben wurde. Prinzipiell geht das also, aber ich kenne keine Promotionsordnung, die das vorgesehen hätte - demnach ist die Meinung der Betreuer/ Gutachter maßgeblich. --Mietchen 22:00, 3. Jun. 2009 (CEST)
- Hab gerade noch ein Beispiel einer Diss gesehen, die online entsteht: http://www.roughtheory.org/thesis/. -- Daniel Mietchen (Diskussion; English) 17:14, 10. Sep. 2009 (CEST)
Hab mir den Vortrag gerade angesehen
[Bearbeiten]Etwas zu langsam fuer meinen Geschmack (wer saß da im Publikum?), aber insgesamt gut strukturiert. Gibt's die presentation irgendwo zum download?
Was meiner Meinung nach fehlt, ist ein Ausblick auf's Internationale - du weist zwar auf openscientists.org hin, aber eben nicht auf die vielen anderen Aktivitaeten, die unter "open science" ablaufen - speziell sowas wie http://tillje.wordpress.com/2007/01/30/the-future-of-science-is-open/, http://shirleywho.wordpress.com/2008/09/19/corpus-callosum-1st-edition-of-open-science-round-up/ und http://friendfeed.com/rooms/science-2-0.
Ansonsten: Die Heidelberger Kritik an Open Access basiert auf einer bewussten Vermischung verschiedener Konzepte, siehe http://openaccess.eprints.org/index.php?/archives/570-Heidelberg-Humanities-Hocus-Pocus.html. Ach ja, und ich bin Biophysiker. --Mietchen 03:34, 4. Jun. 2009 (CEST)
- Vielen Dank für dein ausführliches Feedback! Die Folien habe ich gerade zum Download bereit gestellt. Vielen Dank auch für die internationalen Links - die sind ja auch auf openscientists.org (im Endeffekt ist für mich openscientists.org gerade das Portal zu solchen Seiten). Und sorry, ja, du bist Biophysiker. ;-) --Cspannagel 10:41, 4. Jun. 2009 (CEST)
- Klar ist das als Portal gedacht, wird aber nun mal noch nicht so genutzt. Hab mir das ppt gezogen, danke! --Mietchen 19:57, 4. Jun. 2009 (CEST)
Wissenschaftliche Hierarchie
[Bearbeiten]Viele wichtige Punkte wurden in der Nachbereitung ja schon von anderen angesprochen. Einen sehr wichtigen aus dem Vortrag möchte ich aber noch ergänzen und zur Diskussion stellen. Nämlich die Einbindung von Personen, die nicht zu der hohen Riege der Wissenschaftler gehören. Ich hatte mir Öffentliche Wissenschaft vorher eher so vorgsetellt, dass eben im Internet veröffentlicht wird und man dort auch mit gleichgestellten Kollegen zusammenarbeitet. Eigentlich hätte ich es besser wissen müssen, weil ich Cspannagel als Dozent erlebt habe. Er nimmt andere Menschen und deren Anregungen immer ernst, auch wenn es "nur" Studenten sind. Man fühlt sich immer als gleichwertig ernst genommen. Und das treibt einen auch dazu an, sich weiter mit seinen Fragestellungen zu befassen und sich aktiv zu beteiligen. Sonst hätte ich mich als Studentin wohl auch nicht getraut, etwas in das Wiki eines Dozenten zu schreiben.
Durch diese Zusammenarbeit auf allen Ebenen erwachsen dann ja auch viele neue Chancen, sei es die Bereicherung für einen selbst, aber auch die Nachwuchsförderung, weil sich so mehr Menschen für die Wissenschaft gewinnen lassen. Es wäre wirklich ein Gewinn für alle bisher Beteiligten und durch eine Öffnung auch zukünftig Beteiligten, wenn mehr Wissenschaftler dem Beispiel von Cspannagel folgen würden. --KerstinKo 11:48, 5. Jun. 2009 (CEST)
- Vielen herzlichen Dank, Kerstin, für deinen Kommentar! Er ist ganz wichtig für mich. Mir ist zum Beispiel überhaupt nicht mehr klar, dass man als Student Vorbehalte haben kann, in das Wiki eines Dozenten was hineinzuschreiben. Solche Probleme sind vollkommen aus meinem Blickfeld verschwunden! Das heißt: Wer über einen längeren Zeitraum öffentliche Wissenschaft in der hier propagierten Form betreibt, für den ist es ganz natürlich, intensive inhaltliche Diskussionen mit "Nicht-Wissenschaftlern" zu führen - und so soll es ja auch sein! --Cspannagel 22:58, 5. Jun. 2009 (CEST)
- Wenn ein Wissenschaftler öffentlich arbeitet, kann von Studenten auch viel besser auf unterschiedlichen Feldern und auf verschiedenen Niveaus erfahren werden, was forschendes Lernen heißt. Dazu verweise ich auf den Vortrag von Gabi Reinmann, die darauf hinweist, dass man auf diesem Feld seit 1970 eher Rückschritte als Fortschritte erzielt hat. (Sie drückt es, glaube ich, diplomatischer aus.) --Cethegus 18:40, 18. Jun. 2009 (CEST)