"Interview 3"
Interview 3 mit Proband 3
[Bearbeiten]Also du hast gesagt, dass du einen Kamerad hattest, der muslimischen Glaubens war und einen Migrationshintergrund hatte. Weißt du welcher Ethnie der angehört hat oder seine Eltern?
- Kann ich nicht sagen, ich hatte mit dem nicht viel zu tun.
Hattest du irgendwie Verhaltensunterschiede gemerkt, zwischen ihm und euch, also die jetzt ethnisch-deutsch waren?
- Ja schon. Er hat halt nur differenziertes Essen bekommen. Also kein Schweinefleisch und so was. Was halt problematisch war. Generell er hat sich ein bisschen zurückgezogen, weil er anders war wie wir und das wusste er auch. Aber trotzdem lebensfroh.
Inwiefern war der anders?
- Ich weiß so wieso nicht warum. Der wog ungefähr 120kg, was eigentlich gar nicht geht, also gefühlt, der war genauso so groß wie ich. Ich hab den irgendwann nur beim Antreten vor der Stube gesehen und sonst war er nie mit, wenn wir mal essen waren oder so, oder draußen, ich hab den nie gesehen. Immer nur während des Dienstes. Und wir waren die ganze Zeit nur auf Tour, weil Grundausbildung. Er hat ab und zu mal gelacht. Aber man hat ihn nie in der Gruppe irgendwo gesehen. Der war immer nur allein eigentlich.
Hatte der ne Einzelstube gehabt?
- Ne, 4 Mann-Stuben. Aber das ändert ja nichts daran, dass man außerhalb des Dienstes ja noch was anderes machen kann.
Wie sahs mit religiösen Praktiken aus, also Gebetszeiten, hat er darauf bestanden?
- Ne er hat nicht drauf bestanden. Ich glaub wohl dass er gebetet hat. Aber dann nicht im Beisein von uns und auch nicht im Beisein der Ausbilder. Und ich sags mal so als ich da war und die AGA gemacht habe waren viele Sachen den Leuten einfach egal. Dann muss man das machen, was die gesagt haben oder Sachen nicht tun. Und so war es bei ihm glaub ich auch.
Und hat er irgendwie anders gesprochen? Also hat man gemerkt, dass er einen anderen kulturellen Hintergrund hat oder sprachlichen Hintergrund?
- Ja, schon. Also ich kann dir nicht sagen welchen, aber er hat einen. Aber nur ganz wenig. Ich glaub auch, dass er den größten Teil in Deutschland gelebt hat, wenn nicht sogar die ganze Zeit.
Wie war denn das Verhältnis eurer Vorgesetzten gegenüber diesem Soldaten? Irgendwelche Verhaltensunterschiede, war das Verhalten anders als euch gegenüber?
- Ne. Die Ausbilder waren nur den Leuten aufgeschlossen, die was getan haben. Das war in dem Falle zum Beispiel ich. Weil ich das mit bekommen habe und da mich engagiert habe und er nur die Grundausbildung hinter sich bringen wollte, wurde er wie alle anderen gleich behandelt.
Und wie war euer Verhältnis innerhalb des Zuges? Zu dem Soldat? Wie war das Verhältnis des muslimischen Soldaten zu euch? Gabs da irgendwas?
- Nö. Ich sag ja, wir hatten gar keine Zeit irgendwas da groß aufzubauen. Ich hab zugesehen, dass ich nachmittags wenn ich um 4Uhr Dienstschluss hatte schnell wegkam. Entweder alleine oder mit noch en paar anderen. Aber da konnte man kein Familiengefühl oder irgendwas sehen. Gar nichts. Total trocken.
Und hast du irgendwelche Anfeindungen mitbekommen? Von den ethnisch-deutschen Soldaten dem muslimischen Soldaten gegenüber?
- Nö.
Also, auch nicht das mal gelästert wurde oder so?
- Höchstens weil er dick war. Aber nicht weil er Muslim war.
Also würdest du auch sagen, dass die Einheit der Truppe durch muslimische Soldaten, die jetzt anders kulturelle erzogen wurden und eine andere Religion haben. Dass sich das nicht irgendwie negativ auswirkt auf die Einheit des Zuges oder auf den Zusammenhalt?
- Das würde ich nicht sagen. Weil es gibt einen Punkt, bei dem kriegen alle schlechte Laune. Das ist halt das essen, da gibt’s schon extrem wenig. Zumindest war das bei mir damals so. Wir hatten fast nichts bekommen. Und für ihn musste dann halt extra gekocht werden. Auch draußen im Feld hat er dann halt seinen eigenen Kanister gehabt mit Essen drinne. Und dementsprechend kocht man nicht für eine Person. Er hat immer mehr gehabt als wir. Aber, er hat halt kein Fleisch bekommen, was ihn dann wieder geärgert hat. Weil wenn es nur solche Verpflegungspackete gab wo nichts Warmes drin war, war immer bei uns ein Schnitzel drin und er hat das dann nicht. Und so hat sich das ein bisschen –
Ihr wart schon ein bisschen-
- Futterneid. Ja aber er musste dann halt auch nach dem Dienst ins Mannschaftsheim und musste sich dann da was holen, weil er nicht das bekommen hat, was er wollte.
Es gibt verschiedene Leute, die sagen, dass die Bundeswehr natürlich ein Spiegelbild der Gesellschaft ist durch die Wehrpflicht zumindest gewesen ist durch die Wehrpflicht und dass dadurch Menschen mit Migratonshintegrund – also die Soldaten werden in der Bundeswehr integriert werden und somit die Bundeswehr ein ort ist für die soziale Integration der Gesellschaft. Also dass wenn man in der Bundeswehr integriert ist man in der Gesellschaft integriert ist. Würdest du sagen dass das stimmt? Von deinem Empfinden her, was du so erlebst in der Bundeswehr?
- Das kann ich nur jetzt sagen, nachdem ich hier 1 1/2 Jahre studiere. Dann würde ich das auf jeden Fall sagen. Ich sag immer in der Truppe in der Grundausbildung selber, ich hab noch Franzosen gehabt und andere noch, kann man nicht viel machen. Da ist man sich selbst ein Stück, man will ja die Ausbildung schaffen. Fängt dann irgendwann in der Ausbildung an mit den Kameraden zusammen Ziele zu erfüllen. Und erst im Studium wenn man dann Zeit hat, merkt man, sind die wirklich nur da und machen ihre Grundausbildung hier oder sind die auch hier um zu studieren und um draußen was aufzubauen. Und wenn ich hier unsere Keller seh, mit den verschiedenen Richtungen die da immer feiern, immer die selben Leute. Also ich bin da nicht drin deswegen kann ich das jetzt nicht sagen. Und denn halt Koreaner oder wo sie auch immer her kommen sind alle auf einem Fleck. Aber man sieht sie halt auch draußen mit anderen Kameraden dann rumlaufen und da sagt keiner was. Ich kann mir auch nicht vorstellen das hier irgendwer draußen von den Zivilunken anfängt mit: „Der kommt ja gar nicht von hier. Was sucht der bei der Bundeswehr?“ So was hab ich noch nie gesehen, deswegen würde ich dem zustimmen.
Vielen Dank.