Ambulante Knie-Endoprothetik. Kasuistische Mitteilung.
- Erster Aspekt: Die Knie-Endoprothese
- Kommentar:
Wie schnell nach einer Knie-Endoprothetik Mobilität erreicht wird, hängt vom Können des Operateurs ab, aber auch vom Fehlen sekundären Krankheitsgewinns beim Patienten. Unter diesen Voraussetzungen kann eine Knie-Endoprothese auch ambulant eingesetzt werden. Dr. med. Gotthard Knoll, Chefarzt der Abteilung für Orthopädie und Unfallchirurgie des Elisabeth-Krankenhauses Leipzig ist dies gelungen, wenn auch ursprünglich nicht intendiert. Es handelt sich hier um eine der ersten ambulant implantierten Kniegelenks-Endoprothesen in Deutschland, wenn nicht überhapt um die erste deutsche. Der Operateur hat auf eine eigene Publikation verzichtet.
- Fallbeschreibung:
69-jähriger Ruheständler, früher Facharzt für Neurologie und Psychiatrie in eigener Praxis. Gonarthrose beider Knie, links mit Ruheschmerz, rechts beschwerdefrei. Keine internistischen Erkrankungen. Restless-Legs-Syndrom.
Operation des linken Knie in Spinalanästhesie am 27. April 2009 mit Implantation einer bikondylären Endoprothese. Anschließend peridurale Infusion durch den Anästhesisten zur Ausschaltung des postoperativen Schmerzes. Nachts unerträgliche Steigerung des Restless-legs-Synroms unter der periduralen Infusion. Ratlosigkeit des Pflegepersonals. Die Bewegungsunruhe des Patienten wird als Unbotmäßigkeit empfunden, eine Entfernung der epiduralen Infusion abgelehnt. Der Dienstarzt operiert und kann nicht kommen. Statt dessen erhält der Patient eine zweite Schlaftablette. Er bittet daraufhin telefonisch seine Frau in die Klink. Sie soll zwei Gehstöcke mit Fritzgriff mitbringen, die sich im Haushalt des Patienten befinden. Der Pat. entfernt den Blasenkatheder, die venöse Infusion und kappt die peridurale Infusion. Die zwei Wunddrainagen samt angeschlossenen Flaschen belässt der Pat. Dem Dienstarzt, der nun doch erschienen ist, unterschreibt er ein Revers zur Entlastung des Krankenhauses. Mit den Stöcken, die Flaschen für das Wundsekret am kleinen Finger aufgehängt, geht er zur Nachtpforte des Krankenhauses, von wo ihn die Ehefrau auf der Rückbank des PKWs in die gemeinsame Wohnung fährt. Dort Entfernung des noch liegenden Spinaldrainage-Endstücks mit Beta-Isidona und Wunddesinfektions-Spray. Sistieren der Restless-legs-Symptome nach Abbruch der periduralen Infusion.
Zwei Tage nach der Operation Entfernung der Wunddrainagen und Aufnahme der Nachbehandlung durch die frei praktizierende Orthopädin, bei der der Pat. in ständiger Behandlung ist. Acht Tage postoperativ Beginn der Physiotherapie in einer Praxis, die 50 Meter von der Wohnung des Patienten entfernt ist. Auf die Behandlung in einer Reha-Einrichtung verzichtet der Patient.
- Zweiter Aspekt: Toleranz-Komplikation von Hypnotica und Analgetica bei einem Alkoholabstinenzler
Beim Anlegen des stationären Krankenblatts hatte der Patient die Standardfrage nach Alkohol-Konsum geantwortet, dass er alkoholabstinent lebe. Wie oben geschildert, erhielt er in relativ kurzem Abstand zwei Schlaftabletten, während die peridurale Infusion lief. Bei dieser Art der Applikation gelangt von dem Analgeticum ein beträchtlicher Teil über die regionalen Venen in den Blutkreislauf. Die Kombination der zwei Schlaftabletten mit dem infundierten Analgeticum dürfte deren Wirkung potenziert haben. Ein orales Analgeticum war übrigens am Tage zusätzlich gegeben worden, ohne dass der Patient über Schmerzen geklagt hätte.
Die Nachtschwester, die den diensthabenden Arzt nicht beibringen konnte und dem Patienten dafür, quasi ersatzweise, die zweite Schlaftablette gegeben hatte, erklärte ihm, als er wenig später auf Entlassung drängte wegen der peinigenden Restless-legs-Beschwerden: "Sie sind ja nicht zurechnungsfähig." Auch die Ehefrau bestätigte dem Patienten einige Tage später auf seine Nachfrage, dass er in dieser Nacht psychisch verändert gewesen sei.
Die Erprobung eines Hypnotikums durch den Hersteller erfolgt an Versuchs-Personen, die regelmäßig Alkohol verstoffwechseln, - gemäß der statistischen Häufigkeit von Alkohol-Konsumenten in der Bevölkerung. Fehlt deren Enzymstatus, kann bei einem Abstinenzler die Kombination von Analgetica mit Schlaftabletten einen Mischzustand herbeiführen aus Vigilanztrübung und Exzitation.
An diese Komplikation ist hier in der klinischen Routine nicht gedacht worden.
- Verlauf
Nach 14 Tagen Gang auf der Straße ohne Stock möglich, der nur zur Sicherheit mitgeführt wird. Gehstrecke 500 Meter. Noch kein Treppensteigen abwärts. Erguss li. Knieglenk und Ödem des linken Unterschenkels. Unbehinderte Mobilität in der Wohnung. Kniebeugung am 13. Mai 110°. Mäßige Schmerzen.
20. Juni 2009: Ödem des linken Unterschenkls vollständig abgeklungen. Beugung linkes Knie 130°. Gehstrecke 2000 Meter mit sicherer Koordination. Treppensteigen abwärts. Radfahren (schonende Übersetzuung) 30 Minuten. Fitness-Studio. Ende der Physiotherapie.
7. Juli 2009: Ambulante Punktion des postoperativen Ergusses durch die behandelnde Orthopädin auf Bitte des Patienten.
19. Juli 2009: Kniegeugung 145°.