Benutzer:Snark~dewikiversity/Theil-Redundanz

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Der Theil-Index[1][2] ist ein statistisches Ungleichverteilungsmaße, das beispielsweise als Indikator für die Ungleichverteilung von Einkommen oder Vermögen dienen kann. Der Index wurde im Jahr 1967[3] von dem Ökonometriker Henri Theil entwickelt. Bei perfekter Gleichverteilung hat der Index den Wert „0“. Den Wert „1“ nimmt der Theil-Index an, wenn die Ungleichverteilung etwas höher ist, als die mit dem bekannten „80:20-Pareto-Prinzip“ beschriebene Verteilung.

Wertebereich[Bearbeiten]

Im Gegensatz zum Gini-Koeffizient kann der Theil-Index größer als 1 (bzw. 100 %) werden. Merkhilfe mit Beispielen:

  • Ein Theil-Index von 0 zeigt Gleichverteilung (Equilibrium) an.[R 1]
  • Ein Theil-Index von 0,5 zeigt eine Verteilung an, bei der etwa 74 % der Bevölkerung 26 % der Ressourcen besitzen und etwa 26 % der Bevölkerung 74 % der Ressourcen besitzen.[R 2]
  • Ein Theil-Index von 1 zeigt eine Verteilung an, bei der etwa 82 % der Bevölkerung 18 % der Ressourcen besitzen und etwa 18 % der Bevölkerung 82 % der Ressourcen besitzen.[R 3]
  • Ein Theil-Index von 2 zeigt eine Verteilung an, bei der etwa 92 % der Bevölkerung 8 % der Ressourcen besitzen und etwa 8 % der Bevölkerung 92 % der Ressourcen besitzen.[R 4]
  • Ein Theil-Index von 4 zeigt eine Verteilung an, bei der etwa 98 % der Bevölkerung 2 % der Ressourcen besitzen und etwa 2 % der Bevölkerung 98 % der Ressourcen besitzen.[R 5]

Die Verteilung von 82:18 liegt nahe an den 80:20 der als „Pareto-Prinzip“ bekannten Verteilung. Das macht den Theil-Index anschaulich: Zwischen Gleichverteilung und einer Verteilung knapp überhalb des „Pareto-Prinzips“ liegt der Theil-Index im Bereich von 0 bis 1 (bzw. von 0 % bis 100 %).

Bedeutung[Bearbeiten]

Der Theil-Index ist eine Redundanz[4]. Die Redundanz, über die ein System verfügt, ist die Differenz zweier Entropien dieses Systems. Dabei wird von der maximalen Entropie, die für Gleichverteilung gilt, die aktuelle Entropie, die für die aktuelle Verteilung gilt, abgezogen. Je größer der Abstand zwischen den beiden Entropien ist, desto größer ist die Redundanz bzw. desto größer ist der Abstand zum Equilibrium. Eine hohe Redundanz erlaubt eine höhere Umverteilungsdynamik, als eine niedrigere Redundanz.

Wie viel „Dynamik“ nach welchen Kriterien optimal ist, ergibt sich aus normativen Betrachtungen und Interessenlagen. Erkenntnisse lassen sich hier aus der empirischen Forschung[5] und aus der Beobachtung[6] der in der Welt tatsächlich vorzufindenden Ungleichverteilungen mit den dazugehörigen Lebensbedingungen gewinnen.

Theil leitete den Index aus dem für die Informationstheorie entwickelten Entropie-Maß von Claude Shannon ab, dem wiederum in der Thermodynamik die Entropie in der Definition Ludwig Boltzmanns entspricht. Ist der Theil-Index, Shannons Maß für die aktuelle Information und die in einem System maximal darstellbare Information, dann gilt für den Theil-Index wieder als Differenz zweier Entropien:

Shannon entwickelte sein Entropie-Maß aus der Wahrscheinlichkeit des Auftretens eines Ereignisses. Dabei ging es um diskrete Zustände, weswegen Shannon mit dem binären Logarithmus arbeitete. In der Wirtschaft geht es um quasikontinuierliche Zustandsänderungen, die makroskopisch ähnlich betrachtet werden, wie Zustandsänderungen in der statistischen Physik. Hier kommt der natürliche Logarithmus zur Anwendung.

Kritik[Bearbeiten]

Amartya Sen stellte Theils Formel dar[SenFoster 1]. Er bezeichnete sie als „interessant“, wunderte sich aber, dass ein Ansteigen dieses Entropiemaßes als wünschenswert verstanden werden könnte, da dies eine Zunahme von Unordnung darstelle. Er ging sogar soweit, den Theil-Index als „willkürlich“ zu bezeichnen[SenFoster 2].

Der Grund für Sens Einwand ist erklärbar, denn der Theil-Index wird gelegentlich auch als „Theil-Entropie“ bezeichnet. Diese Bezeichnung ist falsch und wurde so auch nicht von Henri Theil gewählt. Da der Theil-Index eine Redundanz[4] ist und keine Entropie, verhält er sich wie eine negative Entropie: Ein Ansteigen des Theil-Indexes bedeutet, dass die „Unordnung“[7] nicht zunimmt, sondern abnimmt.

Berechnung[Bearbeiten]

Quantile mit gleichem Abstand[Bearbeiten]

Quantile mit gleichem Abstand grenzen Bereiche mit gleicher Breite voneinander ab. Ein häufiges Beispiels ist hier die Unterteilung einer Bevölkerung in Dezile, also in zehn Bereiche gleicher Breite. Die Formeln[8][SenFoster 3] lauten:

wobei das Einkommen der -ten Person ist. ist das Durchschnittseinkommen und ist die Anzahl der Einkommensbezieher. Der erste Ausdruck in der Summe kann als Anteil des einzelnen Einkommensbeziehers an der Summe aller Einkommen aufgefasst werden und der zweite Ausdruck ist der relative Anteil am Durchschnitt. Hätten Alle das gleiche Einkommen (also das Durchschnittseinkommen) dann wäre der Index = 0. Hätte nur eine Person das Gesamteinkommen, dann wächst der Index auf = an.

Die beiden Theil-Indizes und sind Sonderfälle der Entropiemaße aus der „verallgemeinerten Entropie-Klasse“[9] mit und .

und [Bearbeiten]

Der Fokus des folgenden Artikels liegt auf zwei Varianten des Theil-Index : Hierbei beschreibt beispielsweise die Ungleichverteilung von Geld auf gleich große Personengruppen und beschreibt die Ungleichverteilung dieser Personengruppen auf Geld.

Quantile mit unterschiedlichem Abstand[Bearbeiten]

Die folgende Darstellung lehnt sich an die Notation an, die Lionnel Maugis in einer kleinen Formelsammlung[10] einsetzte, um einige Ungleichverteilungsmaße zur Analyse ungleichverteilter Passagierzahlen im Flugverkehr zu beschreiben.

Die Anzahl der Bereiche zwischen den Quantilen erscheint in den folgenden Formeln nur als obere Grenze der Laufvariablen . Mit den Formeln können auch Ungleichverteilungen berechnet werden, bei denen die Quantile eine unterschiedlichen Abstand haben: sei das Einkommen im i-ten Bereich und sei die Anzahl (oder der prozentuale Anteil) der Einkommensbezieher im i-ten Bereich. sei die Summe der Einkommen aller N Bereiche und sei die Summe der Einkommensbezieher aller N Bereiche (oder 100 %). (Natürlich sind auch andere Zuordnungen möglich: Beispielsweise kann auch Vermögen repräsentieren. Oder steht für eine Art von Molekülen in einem Gemisch und für eine andere Art von Molekülen.) Dann gelten für den Theil-Index abhängig auf die Basis, auf die sie sich beziehen die folgenden Formeln:

Die Formel für Bevölkerungsanteile, die sich auf Einkommen verteilen, hat auf Einkommen bezogenen Summanden.

Die Formel für Einkommen, die sich auf Bevölkerungsanteile verteilen, hat auf Bevölkerungsanteile bezogenen Summanden.


Mit normalisierten Daten und werden die beiden Formeln noch einfacher:


Jede der beiden Formeln[11] für Theils Maß ist die Differenz zweier Entropien und zeigt wieder, dass Theils Maß mit Bezug zur Informationstheorie keine Entropie ist, sondern eine Redundanz. Die Redundanz eines Systems zu einem gegebenen Zeitpunkt ist gleich seiner maximalen Entropie (linker Teil der Formel) abzüglich seiner Entropie zu diesem Zeitpunkt (rechter Teil). Die Dimension der Redundanz – als Differenz zweier Entropien – bleibt jedoch weiterhin die Entropie.

Die Formel für das E-A-System ist hier in einer Weise angegeben, bei der der erste Teil der Formel der maximalen Entropie des E-A-Systems entspricht und der zweite Teil (nach dem Minuszeichen) die aktuell gegebene Entropie des Systems beschreibt. Daraus ergibt sich eine ganz konkrete Bedeutung des Theil-Index. Für den Theil-Index ist die maximale Entropie der Aufwand bzw. der Adressumfang, der nötig wäre, alle Besitzer einer Ressource individuell zu adressieren, wenn alle Besitzer auf die Ressourcen gleichverteilt wären. Die gegebene Entropie ist der Aufwand, der nötig wäre, die Besitzer pro Ressource entsprechend ihrer aktuell gegeben Verteilung zu individuell zu adressieren. Die Differenz zwischen maximaler Entropie und gegebener Entropie wiederum entspricht informationstheoretisch einer Redundanz. Die Differenz kann man dann als Adressumfang interpretieren, der nötig wäre, alle Besitzer pro Ressource zu adressieren, die eine Gleichverteilung erstreben.

Der normalisierte Theil-Index[12] ist .

Zerlegbarkeit[Bearbeiten]

Der Teil-Index aggregiert die gewichtete Summe der Ungleichheiten von Untergruppen. So kann damit zum Beispiel die Ungleichverteilung in Deutschland aus den Ungleichverteilungen in den Ländern berechnet werden. Diese Zerlegbarkeit und Zusammensetzbarkeit des Theil-Indexes ist eine vorteilhafte Eigenschaft dieses Ungleichverteilungsmaßes. Der populäre Gini-Koeffizient hat diese Eigenschaft nicht.

Wenn die Bevölkerung in Untergruppen aufgeteilt werden kann und der Einkommensanteil einer Untergruppe am Gesamteinkommen ist, dann beschreibt der Theil-T-Index die Ungleichverteilung in der Untergruppe, und ist das durchschnittliche Einkommen der Untergruppe . Der Theil-T-Index ist dann:

Für den Theil-L-Index gilt:

So beschrieben, ist der Theil-Index dann der „Beitrag“ der Untergruppe zur Ungleichverteilung in der gesamten Gruppe.

Für eine Aufteilung mit Quantilen mit unterschiedlichem Abstand (Bereiche mit unterschiedlicher Breite) und bekannten Theil-Indizes gilt:


Auch hier werden beide Formeln mit normalisierten Daten und noch einfacher:


Für den Mittelwert beider Varianten des Theil-Indexes gilt:

Vergleich des Theil-Index mit der Hoover-Ungleichverteilung[Bearbeiten]

Für diese Grafik wurden aus den Einkommensverteilungen der WIID (World Income Inequality Database)[6] für jede Verteilung der symmetrisierte Theil-Index, die Hoover-Ungleichheit und der Gini-Koeffizient berechnet. Über den Gini-Koeffizienten wurden dann die dazugehörigen Differenzen zwischen symmetrisiertem Theil-Index und der Hoover-Ungleichheit aufgetragen. Jede dieser Differenzen ist eine mit ihrem eigenen Informationsgehalt gewichtete Ungleichverteilung abzüglich der ungewichteten Ungleichverteilung. Für Gini-Koeffizienten bis 40 Prozent sind die Differenzen meistens negativ.

Viele Ungleichverteilungsmaße werden mit Formeln berechnet, denen normative Annahmen oder Vergleiche zu Systemen der Physik und der Informationstheorie zugrunde liegen. Darum ist der Vergleich mit dem einfachsten aller Ungleichverteilungsmaße hilfreich.

Hoover-Ungleichverteilung[Bearbeiten]

Dieses einfachste Maß ist die Hoover-Ungleichverteilung :

Die Hoover-Ungleichverteilung, ist also die reine Summe der Absolutwerte der relativen Abweichungen von der Gleichverteilung . Die relativen Abweichungen aus jedem Bereich zwischen den Quantilen werden gewichtet aufsummiert. Der Effekt der Absolutwertbildung ist, dass die Abweichungen im Fall der Hoover-Ungleichverteilung als Gewichtung (siehe blaue Elemente in der Formel) nur ihr eigenes Vorzeichen haben. Die Hoover-Ungleichverteilung ist also die Hälfte der Summe der mit ihrem eigenen Vorzeichen gewichteten relativen Abweichungen von der Gleichverteilung.

Werden in der Hoover-Ungleichverteilung die beiden Parameter und miteinander vertauscht, so ändert sich der Wert dieses Ungleichverteilungsmaßes nicht. In diesem Sinn ist die Hoover-Ungleichverteilung symmetrisch. Der Theil-Index kann so symmetrisiert werden, dass er eine Form gewinnt, die der Hoover-Ungleichverteilung sehr ähnlich ist.

Symmetrisierter Theil-Index[Bearbeiten]

Symmetrisiert man den Theil-Index, dann ergibt sich eine der Hoover-Ungleichverteilung sehr ähnliche Formel. Beide Ungleichheitsmaße errechnen sich aus der Summe der gewichteten relativen Abweichungen von der Gleichverteilung, aber die aufsummierten Abweichungen im Theil-Index haben als Gewichtung nicht nur ihr eigenes Vorzeichen, sondern ihren eigenen relativen Informationsumfang , der aber auch vorzeichenbehaftet ist. Der Theil-Index ist also die Hälfte der Summe der mit ihrem eigenen relativen Informationsumfang gewichteten relativen Abweichungen von der Gleichverteilung. Der symmetrisierte Theil-Index ist damit ein Maß für die Ungleichverteilung und die Information über diese Ungleichverteilung. Mit ihm wird nicht nur der Grad einer Ungleichverteilung angegeben, sondern auch ihre Wirkung auf die Aufmerksamkeit der Menschen, die diese Ungleichverteilung wahrnehmen.

Für den Vergleich muss der Theil-Index symmetrisiert werden. Als Entropiemaß nimmt der Theil-Index auch Bezug zur statistischen Physik und dem Modell des idealen Gases, in dem sich mobile Partikel in einem immobilen Raum bewegen. In der Wirtschaft sind aber nicht nur Einkommen mobil, sondern auch Einkommensbezieher. Diese Symmetrie gilt für den Gini-Koeffizienten, die Hoover-Ungleichverteilung und Coulters Ungleichverteilungsmaß[13], aber nicht für den Theil-Index. Der Theil-Index kann symmetrisiert werden, in dem man ihn zweimal berechnet, davon einmal mit vertauschen Daten für Einkommen und Einkommensanteile . Der Mittelwert beider Theil-Indizes und ist der symmetrisierte Theil-Index .

Nach Umstellung ergibt sich eine einfache Formel für den symmetrisierten Theil-Index[11] :

Vergleich der Indizes[Bearbeiten]

Der Vergleich zwischen dem symmetrisierten Theil-Index und der Hoover-Ungleichverteilung zeigt, dass in beiden Formeln die relativen Abweichungen von der Gleichverteilung enthalten sind. Der Unterschied zwischen den Formeln besteht nur in der Gewichtung (siehe die blauen Elemente in der Formel) dieser relativen Abweichungen von der Gleichverteilung. Bei der Hoover-Ungleichverteilung wird jede relativen Abweichung mit ihrem eigenen Vorzeichen gewichtet. Beim Theil-Index wird jede relative Abweichung mit der Entropie der Bereiche zwischen den Quantilen gewichtet.

Errechnet man den symmetrisierten Theil-Index, die Hoover-Ungleichverteilung und den Gini-Index für verschiedene reale[6] Einkommensungleichheiten und trägt die Differenz zwischen dem symmetrisierten Theil-Index und der Hoover-Ungleichverteilung über dem Gini-Index auf, dann wird der Unterschied auch quantitativ deutlich (siehe Grafik).

Der Theil-Index selbst unterscheidet sich also von dem Hoover-Index in zwei Punkten:

  • Die Originalform der Theil-Indizes sind unsymmetrisch; aus ihnen kann aber eine symmetrisiert Variante gebildet werden. Der Hoover-Index ist symmetrisch.
  • Die nach der Symmetrisierung des Theil-Index mögliche Gewichtungen der relativen Abweichungen von der Gleichverteilung unterscheidet sich von der Gewichtung der relativen Abweichungen von der Gleichverteilung des Hoover-Index.

Anwendung[Bearbeiten]

Rechenbeispiel[Bearbeiten]

Wie man den asymmetrischen Theil-Index für eine reale Vermögensverteilung berechnet, zeigt das folgende Beispiel anhand der Verteilung eines „Gesamtvermögens“ von etwa 10 Billionen Deutschen Mark in Deutschland (1995)[14]:

50 Prozent der Bevölkerung (A1) besaß 2,5 Prozent des Vermögens (E1).
40 Prozent der Bevölkerung (A2) besaß 47,5 Prozent des Vermögens (E2).
9 Prozent der Bevölkerung (A3) besaß 27,0 Prozent des Vermögens (E3).
1 Prozent der Bevölkerung (A4) besaß 23,0 Prozent des Vermögens (E4).

In einem ersten Schritt werden die Daten „normalisiert“. In diesem Fall liegen die Daten bereits in Form von Prozentangaben vor, so dass sich nur die Darstellung ändert. Es gilt: . Die Formel wird dadurch stark vereinfacht. Die Normalisierung lässt die maximale Entropie verschwinden und die Redundanz ist der negative Wert der aktuellen Entropie:

A1 = 0,50 E1 = 0,025
A2 = 0,40 E2 = 0,475
A3 = 0,09 E3 = 0,270
A4 = 0,01 E4 = 0,230

Im zweiten Schritt werden die Redundanz-Anteile ermittelt:

ln(E1/A1) · E1 = -0,0749
ln(E2/A2) · E2 = 0,0816
ln(E3/A3) · E3 = 0,2966
ln(E4/A4) · E4 = 0,7212

Die Summe aus diesen Anteilen ist der Theil-Index (die asymmetrische Theil-Redundanz):

Theil Index = 1,0245

Das Entropiemaß nach Atkinson lässt sich daraus auch gleich berechnen[R 6]:

Atkinson Index = 1 - e- Theil Index = 0,6410 = 64 %

Atkinsons Entropiemaß[Bearbeiten]

Wie das obige Beispiel zeigt, kann der Theil-Index in eines der Ungleichverteilungsmaße[13] von Anthony Barnes Atkinson[15] umgewandelt werden. Eine andere Bezeichnung für dieses Maß ist normalisierter Theil-Index[12].

Wohlfahrtsfunktionen[Bearbeiten]

Für jedes Mitglied einer Bevölkerung ist irgendein Durchschnittseinkommen denkbar. Wenn nun aus dieser Bevölkerung ein Mitglied zufällig ausgewählt wird, stellt sich die Frage, welches Einkommen ihm mit der größten Wahrscheinlichkeit zugeordnet sein wird. Ist in der Bevölkerung das Einkommen ungleich verteilt, dann ist es wahrscheinlich, dass das Einkommen dieses zufällig ausgewählten Mitglieds kleiner ist, als das Durchschnittseinkommen, zu dem jener große Anteil des gesamten Volkseinkommens nicht beitragen kann, der sich auf wenige Bezieher hoher Einkommen konzentriert. Dieser Tatsache versuchen Statistiker mit der Angabe des Medians näherungsweise gerecht zu werden. Amartya Sen schlug als Alternative zum Median eine „Wohlfahrtsfunktion“ vor, zu deren Berechnung er den Gini-Koeffizient einsetzte:

Wie der Median, so gibt auch Sens Wohlfahrtsfunktion realistischer als der Mittelwert an, welche Einkommenshöhe die wahrscheinlichste ist. Der Gini-Koeffizient hat jedoch wenig mit Wahrscheinlichkeitsrechnung zu tun. Viel direkter ist die Beziehung zwischen Entropie und Wahrscheinlichkeit. Die Proportionalität zwischen Entropie und dem Logarithmus der Wahrscheinlichkeit beschrieb im Jahr 1877 Ludwig Boltzmann in der materiellen Welt der Thermodynamik. So schlug dann auch James E. Foster in einem gemeinsam mit Amartya Sen geschriebenen Buch[SenFoster 4] anstelle des Gini-Koeffizienten ein Entropie-Maß von Atkinson zur Berechnung der Wohlfahrtsfunktion vor. Fosters Wohlfahrtsfunktion kann auch direkt mit dem Theil-Index berechnet werden und so das den breiten Bevölkerungsschichten für Massenkonsum zur Verfügung stehende Durchschnittseinkommen beschreiben.

Ich (Benutzer:Snark) schlage vor, den symmetrisierten Theil-Index (ich nenne ihn Theil-Redundanz) direkt zu verwenden:

Das erlaubt, dass die Wohlfahrtsfunktion negativ wird und könnte darstellen, dass bei sehr hoher Ungleichverteilung von Einkommen die Umverteilungskosten so hoch sind, dass eine Bevölkerung ein negaives Einkommen hat und "ausblutet". Im Fall einer seh hohen Vermögensungleichverteilung nützten Besitzern kleiner Vermögen ihr Vermögen nicht, da ihre Umwelt im Wesentlich von den Besitzern sehr großer Vermögen bestimmt wird. Auch hier macht eine negative Wohlfahrtsfunktion Sinn.

Ungleichverteilung von Einkommen und Vermögen kann positive Wirkungen haben. Mit:

schlage ich vor, den Nutzen von Ungleichverteilung als Antriebskraft der Wirtschaft zu beschreiben.

Vermutung: Ein negativer Nutzen aus Einkommensungleichverteilungen bedeutet, dass eine Gesellschaft sich in Umverteilung aufreibt. Ein negativer Nutzen aus Vermögensungleichverteilungen bedeutet, dass zur Verteidigung des Vermögens der Wohlhabenden das Vermögen der restlichen Gesellschaft mit in Anspruch genomman wird. Die Gesellschaft zerfällt oder muss zusätzlich Vermögen in Kolonien (offizielle oder faktische) nutzen.

Berechnung der Nivellierung durch Steuerprogression[Bearbeiten]

Die Steuerprogression einer Einkommensteuer führt zu einer nivellierenden Umverteilung der besteuerten Einkommen. Der Grad der Nivellierung ist messbar: Die Ungleichverteilung der Brutto-Einkommen[R 7] ist bei Anwendung progressiver Steuertarife höher, als die Ungleichverteilung der Netto-Einkommen[R 8]. Im Jahr 2001 verminderte die Einkommensteuer den Theil-Index der Einkommensverteilung im ganzen Bundesgebiet um 0,118[16].

Berechnungsbeispiele[Bearbeiten]

Fußnoten [R...]: Der Online-Rechner auf www.umverteilung.de[13] bietet die Berechnung von Ungleichverteilungen an. Im Folgenden sind die Weblinks zu den im Text erwähnten Beispielen aufgeführt:

Quellen[Bearbeiten]

  1. University of Texas: Introduction to the Theil index
  2. Travis Hale, University of Texas: The Theoretical Basics of Popular Inequality Measures, Online-Berechnung zweier Beispiele: 1A, 1B
  3. Henri Theil: Economics and Information Theory. Amsterdam, 1967
  4. 4,0 4,1 ISO/IEC DIS 2382-16:1996 definiert die Redundanz für die Informationstheorie
  5. Y.Amiel, F.A.Cowell: Thinking about inequality, 1999, ISBN 0-521-46696-2
  6. 6,0 6,1 6,2 World Income Inequality Database
  7. Die populäre Gleichsetzung von Entropie mit „Unordnung“ kann ebenfalls zu Mißverständnissen führen, wie der Thermodynamiker Arieh Ben-Naim unter der Überschrift The Association of Entropy with „Disorder“ im Kapitel 8.2 von Entropy Demystified (2007) zeigt.
  8. Cuong Nguyen Viet: Do Foreign Remittances Matter to Poverty and Inequality? Evidence from Vietnam, 2007
  9. „Generalized entropy class“, Janes E. Foster im Annex A.4.1 (S.142) von Amartya Sen: On Economic Inequality, 1973/1997
  10. Die Notation mit E und A folgt der Notation einer kleinen Formelsammlung von Lionnel Maugis: Inequality Measures in Mathematical Programming for the Air Traffic Flow Management Problem with En-Route Capacities (für IFORS 96), CENA - Centre d'études de la Navigation Aérienne, France, 1996
  11. 11,0 11,1 Elhanan Helpman: The Mystery of Economic Growth. B&T, 2004, ISBN 0-674-01572-X.
    Die beiden Formeln für den Theil-T-Index und den Theil-L-Index entsprechen den beiden vom Autor auf S.150 erwähnten Berechnungsweisen des Theil-Index: In der ersten Formel erfolgt die Gewichtung durch den Einkommensanteil, in der zweiten durch den Bevölkerungsanteil. Der Mittelwert beider Formeln führt zu dem in diesem Artikel für den Vergleich mit der Hoover-Ungleichverteilung benutzten symmetrisierten Theil-Index.
  12. 12,0 12,1 Juana Domínguez-Domínguez, José Javier Núñez-Velázquez: The Evolution of Economic Inequality in the EU Countries During the Nineties. 2005
  13. 13,0 13,1 13,2 In dieser Formelsammlung auf www.umverteilung.de wird auch gezeigt, wie man den Theil-Index und andere Ungleichverteilungsmaße berechnet, wenn die Gruppen (die Bereiche zwischen den Quantilen) der Einkommensbezieher unterschiedlich groß sind.
  14. SPD-Bundestagsfraktion, Bundestagsdrucksache 13/7828
  15. Anthony Barnes Atkinson entwickelte verschiedene Maße. Das mit dem Theil-Index verwandte Maß findet sich bei Lionnel Maugis in Inequality Measures in Mathematical Programming for the Air Traffic Flow Management Problem with En-Route Capacities (für IFORS 96), 1996
  16. Durch progressive Einkommensbesteuerung sinkt die Ungleichverteilung von 0,520 % (brutto) auf 0,402 (netto). Die Berechnungen basieren auf Grunddaten des Bundesamtes für Statistik, Nov. 2005, Steuerstatistik

James E. Foster,Amartya Sen: On Economic Inequality. Oxford University Press, 1996, ISBN 0-19-828193-5 (Python-Script mit wichtigen Formeln aus dem Buch).

  1. S. 35
  2. S. 36
  3. S. 140
  4. S. 129

Siehe auch[Bearbeiten]

[[Kategorie:Volkswirtschaftliche Kennzahl]] [[Kategorie:Einkommen]] [[Kategorie:Ökonometrie]] [[en:Theil index]] [[fr:Indice de Theil]] [[pt:Índice de Theil]] [[zh:戴尔指数]]