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Benutzer:Stepri2005/Kurs:Optimierung/Grundlagen der linearen Optimierung

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4.1 Das lineare Optimierungsproblem in Normalform

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Es seien und gegeben. Dann hat ein lineares Optimierungsproblem (kurz: LOP) allgemein die Form

Ein Problem vom Typ mit zwei Variablen lässt sich auf geometrische Weise lösen.

Beispiel 4.1

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(i) Man betrachte das Problem

Wie man sich deutlich macht, wird für dieses Problem der kleinste Zielfunktionswert hinsichtlich des zulässigen Gebietes im Punkt angenommen und beträgt dieser Wert 0.5.

(ii) Ändert man das Beispiel aus (i) so ab, dass man darin die Zielfunktion mit multipliziert, dann gilt:

Für dieses Beispiel existieren also zulässige Punkte mit beliebig kleinen Zielfunktionswerten.


Beispiel 4.1 macht deutlich, dass nur eine der folgenden Situationen eintreten kann, wobei der zulässige Bereich von ist (mit Satz 4.13 wird dies auch noch bewiesen):

  1. . Dann ist .
  2. . Dann hat man entweder:
(a) es existiert ein mit (dies ist z. B. der Fall, wenn beschränkt ist) oder
(b) es gibt eine Folge in mit , d. h. es ist .

Man sagt nun weiter, dass ein LOP in Normalform vorliegt, wenn es die Gestalt

bzw. mit und die folgende Gestalt hat:

Den zulässigen Bereich von bezeichnen wir mit

(4.1)

Bemerkenswert ist nun, dass sich jedes LOP durch die folgenden Operationen in ein LOP in Normalform überführen lässt:

  • Man streiche die Konstante in der Zielfunktion. (Sie ist dann nach Lösung des Problems zu dem optimalen Zielfunktionswert hinzu zu addieren.)
  • Ein Maximierungsproblem mit Zielfunktion schreibe man als Minimierungsproblem mit Zielfunktion . (Der optimale Zielfunktionswert des Minimierungsproblems ist dann mit zu multiplizieren.)
  • “-Restriktionen forme man durch Multiplikation mit zu „“-Restriktionen um.
  • “-Restriktionen schreibe man mittels Hinzufügung von Schlupfvariablen als „“-Restriktionen.
  • Jede vorzeichenfreie Variable ersetze man durch mit und .

Offenbar ist dann das Ausgangsproblem mit dem zugehörigen Problem in Normalform in dem Sinne äquivalent, dass die optimalen Zielfunktionswerte beider Probleme identisch sind und dass das eine der beiden Probleme genau dann eine Lösung besitzt, wenn das andere eine hat, wobei sich eine Lösung des einen Problems aus einer Lösung des anderen ableiten lässt.

Beispiel 4.2

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Gegeben sei das Problem

Mit geht dieses Problem über in das Problem

Mit ,

bekommt letzteres Problem die Gestalt von mit und .


4.2 Die Rangbedingung

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Wir betrachten nun das lineare Optimierungsproblem in Normalform und seinen zulässigen Bereich (siehe (4.1)). Üblicherweise setzt man in diesem Zusammenhang

(4.2)

voraus und damit insbesondere . Dies ist eine sinnvolle Arbeitsannahme. Denn hat man , dann besitzt das lineare Gleichungssystem entweder keine Lösung oder enthält dieses überflüssige Zeilen, die gestrichen werden können. Ist andererseits , also das System überbestimmt, so ist es ebenfalls entweder unlösbar oder können in diesem Fall mindestens Gleichungen aus ihm entfernt werden. Demzufolge kann man, wenn das System überhaupt eine Lösung besitzt, nach Beseitigung aller überflüssigen Gleichungen und nach Benennung der Anzahl der verbleibenden Gleichungen in zu einem Gleichungssystem gelangen, dessen Matrix die Bedingung (4.2) erfüllt.

Sei nun . Dann existieren Spalten von , die linear unabhängig sind. Weiter hat man im Hinblick auf die Lösbarkeit des Systems bekanntlich folgendes Resultat, wobei

(4.3)

den Nullraum von bezeichnet.

Satz 4.3

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Sei und . Dann gilt:
(i) Ist , dann hat das homogene System die Lösungsmenge . Ist , so besitzt es linear unabhängige Lösungen und ist seine Lösungsmenge gleich dem von aufgespannten -dimensionalen Teilraum des .
(ii) Das inhomogene lineare Gleichungssystem besitzt eine Lösung und seine Lösungsmenge ist der affine Teilraum .

Ist insbesondere , so hat also das System unter der Rangbedingung (4.2) eine eindeutige Lösung . Im Fall ist dann und folglich Lösung von . Ist dagegen , so folgt . Interessant ist also vor allem der Fall .

4.3 Der Rand des zulässigen Bereichs

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In diesem Abschnitt stellen wir Untersuchungen zu dem zulässigen Bereich

(4.4)

von Problem an, wobei wie zuvor und seien. Die Spalten von bezeichnen wir mit , so dass folgt. (Die Rangbedingung für wird hier nicht benötigt.)

Definition 4.4

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Eine (konvexe) Menge , die sich mit und in der Form
darstellen lässt, heißt Polyeder. Ein beschränktes Polyeder heißt Polytop.

Insbesondere ist also die Menge ein Polyeder. Der Simplexalgorithmus zur Lösung linearer Optimierungsprobleme, den wir später diskutieren wollen, erzeugt Iterierte, die auf dem Rand von liegen. Deshalb wollen wir im folgenden Eigenschaften des Randes untersuchen.

Auf folgende Weise kann man Ecken von charakterisieren.

Definition 4.5

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Ein Punkt einer konvexen Menge heißt Ecke oder Extrempunkt von , wenn es keine Punkte mit und kein gibt, so dass ist.

Für sei nun die Indexmenge

(4.5)

Lemma 4.6

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Sei . Dann gilt:
(i) ist eine Ecke von sind linear unabhängig.
(ii) sind linear abhängig es existiert ein mit .

Beweis.

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Sei . Dann ist insbesondere .

Sind die linear abhängig, dann existieren , welche nicht alle identisch Null sind, so dass gilt:

Seien und definiert durch

Wegen folgt und sowie . Für und mit

hat man daher, wie man leicht verifiziert, .

(i) Sei nun eine Ecke von . Dann müssen die linear unabhängig sein, da wir anderenfalls für die Beziehung hätten.

Seien jetzt umgekehrt die linear unabhängig und sei

mit und gegeben. Dann folgt zunächst wegen und , dass für ist. Also hat man

Wegen der linearen Unabhängigkeit der muss sein, so dass insgesamt folgt. Also ist eine Ecke von .

(ii) Es ist und wegen , d. h. , daher oder/und .

q.e.d.

Bemerkung 4.7

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(i) Falls gilt, ist 0 Ecke von . (Denn der Nullvektor lässt sich nicht als „echte Konvexkombination“ zweier Vektoren darstellen.)

(ii) Gilt , so können gegebenenfalls dem Nullvektor und jeder anderen Ecke von eine Anzahl von linear unabhängigen Spalten zugeordnet werden, wobei eine Indexmenge ist mit und . (Denn falls ist, kann man die nach Lemma 4.6 linear unabhängigen Vektoren nach einem Satz aus der linearen Algebra durch weitere Spalten zu linear unabhängigen Vektoren ergänzen.)

Für die lineare Optimierung grundlegend ist der folgende Satz.

Satz 4.8

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Sei das Polyeder in (4.4). Dann gilt:
(i) Ist , so besitzt mindestens eine Ecke.
(ii) Die Anzahl der Ecken von ist höchstens

Beweis.

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(i) Sei und ein Punkt mit

(4.6)

Ist , so ist und folglich Ecke von . Also sei . Auch dann muss eine Ecke von sein. Denn anderenfalls wären nach Aussage (i) von Lemma 4.6 die linear abhängig und gäbe es dann nach Lemma 4.6 (ii) im Widerspruch zu (4.6) ein mit .

(ii) Nach Lemma 4.6 ist genau dann Ecke von , wenn linear unabhängig sind. Wegen hat man . Nun ergänze man durch beliebige weitere zu insgesamt Spalten auf (auch gegebenenfalls für ). Es gibt maximal Möglichkeiten, aus Spalten auszuwählen (die nicht notwendig zu einer Ecke gehören müssen).

q.e.d.

Man kann sich geometrisch klarmachen, dass jeder Punkt eines beschränkten Polyeders, eines Polytops, als Konvexkombination seiner endlich vielen Ecken dargestellt werden kann. Für das Polyeder kann man zeigen:

Satz 4.9

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Sei und bezeichne die nichtleere Menge der Ecken von . Dann lässt sich jeder Punkt mit einer Lösung von in der Form
(4.7)
darstellen. Ist beschränkt, so ist insbesondere .

Beweis.

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Für sei wie in (4.5) definiert. Der Beweis erfolgt per vollständiger Induktion nach der Anzahl positiver Komponenten von .

Ist , so ist . Da 0 Ecke von ist, folgt (4.7) trivialerweise. Wir nehmen nun an, dass sich jedes mit in der Form (4.7) darstellen lässt. Es sei weiter derart, dass gilt und selbst keine Ecke ist. (Anderenfalls wären wir fertig.) Nach Lemma 4.6 sind dann linear abhängig, so dass ein existiert mit und . Wir nehmen nun zunächst an, dass positive und negative Komponenten besitzt.

Wir definieren positive Zahlen

und damit

Nach Konstruktion hat man mit für und gilt

mit .

Nach Induktionsvoraussetzung besitzen und also Darstellungen

der Form (4.7). Mit

folgt die gewünschte Darstellung (4.7) für .

Nun sei . Wie oben definiere man und und wende man auf die Induktionsvoraussetzung an. Die Darstellung (4.7) von folgt dann aus . Für verfahre man entsprechend. Schließlich ist für jedes und mit auch für alle , so dass das System im Fall, dass beschränkt ist, keine Lösung mit haben kann.

q.e.d.

4.4 Das Innere des zulässigen Bereichs

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Der später im Kurs vorgestellte Simplexalgorithmus erzeugt in seiner Phase II Iterierte, welche Ecken des Polyeders darstellen. Innere-Punkte-Verfahren der linearen Optimierung bewegen sich dagegen im sog. Inneren von . Das relative Innere der zulässigen Menge bezüglich der Fläche ist durch das straffierte Dreieck ohne den Rand gegeben.

Allgemein ist das relative Innere von bezüglich der linearen Mannigfaltigkeit definiert durch

In diesem Zusammenhang betrachten wir die Menge

Offenbar gilt

(4.8)

wobei und leer sein können. Besteht die Lösungsmenge des Systems nur aus einem Punkt mit , so hat man insbesondere und somit . In einer anderen Situation ist jedoch möglich, wie folgendes Beispiel zeigt.

Beispiel 4.10

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Es seien und

Dann folgt:


In dem durch dieses Beispiel beschriebenen Problem existiert eine Variable, die für alle identisch Null ist. In Verallgemeinerung von Beispiel 4.10 hat man:

Lemma 4.11

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Sei . Dann sind folgende Bedingungen äquivalent:
(i) .
(ii) Es gibt ein , so dass für alle gilt.

Beweis.

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Die Implikation „(ii) (i)“ ist trivial. Gilt andererseits (ii) nicht, so existiert zu jedem Index ein mit . Wegen und der Konvexität von folgt und somit .

q.e.d.

Ist jedoch (und damit trivialerweise auch ), so hat man:

Lemma 4.12

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Ist , so gilt .

Beweis.

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Sei . Dann existiert ein , so dass für jedes mit und auch folgt. Wäre nun , dann könnte man ein wählen und wegen und gäbe es ein , so dass gelten würde. Weiter wäre für mindestens ein und wegen außerdem . Mit folgte daher , d. h. .

Andererseits hätte man aber und , was wegen auch implizierte. Also gilt und folglich . Mit (4.8) folgt die Behauptung.

q.e.d.

Im Zusammenhang mit Verfahren, die Iterierte im relativen Inneren von erzeugen, ist trivialerweise anzunehmen und ist es nach obigen Ergebnissen darüber hinaus sinnvoll, zu fordern. Denn ist , dann kann man alle Variablen , die für alle identisch Null sind, aus dem Problem entfernen (Lemma 4.11) und erfüllt das so verkleinerte Problem nach Umbenennung der erhaltenen Variablenzahl in die Bedingung . (Wie man solche Variablen entdeckt, findet man z. B. in Abschnitt 6.7.2 von [Ree01].) Die Forderung garantiert überdies, dass man das relative Innere von durch die einfacher definierte Menge beschreiben kann (Lemma 4.12). Die Menge wird in diesem Zusammenhang kurz als das Innere von und ein Punkt als innerer Punkt von bezeichnet.

4.5 Existenz von Lösungen

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Wir beweisen den folgenden Existenzsatz.

Satz 4.13

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Sei der zulässige Bereich eines Minimierungsproblems der Form . Ist und , so besitzt das Problem eine Lösung.

Beweis.

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Aufgrund der Äquivalenz von Problem mit einem Problem der Form können wir von ausgehen. Seien daher die nach Satz 4.8 nichtleere Menge der Ecken von und beliebig. Nach Satz 4.9 lässt sich dann in der Form

darstellen. Es muss sein, da im Widerspruch zur Voraussetzung

implizieren würde. Demnach hat man

(4.9)

q.e.d.

Für jedes Problem der Form kann man darüber hinaus Folgendes aussagen.

Satz 4.14

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Besitzt das LOP in Normalform eine Lösung, so existiert auch eine Ecke von , welche Lösung von ist.

Beweis.

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Wenn eine Lösung besitzt, sind die Voraussetzungen von Satz 4.13 erfüllt, so dass (4.9) folgt. Demnach löst eine Ecke mit das Problem .

q.e.d.

4.6 Dualitätstheorie

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Wir gehen in diesem Abschnitt zunächst von einem LOP in Normalform aus und leiten für dieses und das dazu als „duales“ bezeichnete Problem Ergebnisse her. Im Unterabschnitt 4.6.4 behandeln wir dann allgemeine lineare Optimierungsprobleme.

4.6.1 Das duale Problem zu einem Problem in Normalform

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Seien und . Wir betrachten das LOP in Normalform

mit zulässigem Bereich

Nach Beispiel 3.16 (1) ist genau dann eine Lösung des Problems , wenn es Vektoren und gibt, so dass das folgende System löst

Die Lösbarkeit des Systems ist auch notwendig und hinreichend dafür, dass das Problem

mit zulässigem Bereich

eine Lösung besitzt. Denn zu gehören mit die KKT-Bedingungen

Führt man den Schlupfvariablenvektor für ein, so sieht man, dass letzteres System genau dann eine Lösung besitzt, wenn lösbar ist.

Wir hätten auch gleich anstelle von das mit äquivalente Problem

mit zulässigem Bereich

gegenüberstellen können, für das natürlich ebenfalls die Bedingungen notwendige und hinreichende Optimalitätsbedingungen sind. Man bezeichnet in diesem Zusammenhang als das primale und bzw. als das dazu duale Problem. Wir werden uns hier der Einheitlichkeit halber fast ausschließlich auf beziehen, auch in Fällen, in denen der Vektor nicht explizit benötigt wird und sich daher die Verwendung von anbieten würde.

Die ersten beiden Zeilen von sind äquivalent mit der Forderung, dass primal und dual zulässig ist. Die dritte Bedingung in ist gerade die Komplementaritätsbedingung. In diesem Zusammenhang stellen wir noch fest, dass für ein zulässiges Punktepaar und gilt:

(4.10)

Abschließend beweisen wir:

Satz 4.15

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Das duale Problem zu ist äquivalent mit .

Beweis.

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Wir schreiben in ein äquivalentes Problem der Form um, um dann daraus das dazu duale Problem ableiten zu können. Mit und ist äquivalent mit

Das dazu duale Problem lautet

Mit kann dies offenbar wie ein Problem vom Typ geschrieben werden.

q.e.d

4.6.2 Dualitätssätze

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Aus den Ergebnissen des vorangehenden Unterabschnitts gehen unmittelbar die als schwacher und starker Dualitätssatz bekannten Sätze hervor. So liefert (4.10) die Aussage des schwachen Dualitätssatzes.

Satz 4.16 (Schwacher Dualitätssatz)

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Für und gilt
(4.11)

Weiter bekommt man:

Satz 4.17

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(i) Es gilt:
ist lösbar ist lösbar ist lösbar.
(ii) und sind genau dann Lösungen von und , wenn das System löst.

Beweis.

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Aussage (i) ergibt sich aus Abschnitt 4.6.1. Seien nun und Lösungen von bzw. . Dann ist zu zeigen, dass dieses Punktepaar eine Lösung von bildet.

Gemäß (i) gibt es in diesem Fall zu eine Lösung von , so dass das System läst und somit gilt. Nach (4.10) hat man also

(4.12)

Dies impliziert und somit nach (4.10) . Also folgt, dass eine Lösung von ist. Die Umkehrung von Aussage von (ii) kann man unmittelbar aus Abschnitt 4.6.1 schließen.

q.e.d.

Bei einem Satz, der als Aussage die Identität (4.12) beinhaltet, spricht man von einem starken Dualitätssatz. Aus historischen Gründen geben wir als nächstes einen solchen Satz an. Bis auf Aussage (i) ist dieser in Satz 4.17 enthalten.

Satz 4.18 (Starker Dualitätssatz)

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(i) Gilt und , so besitzen beide Probleme und eine Lösung.
(ii) und sind genau dann Lösungen von und , wenn und (bzw. ) gilt.

Beweis.

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(i) Man wähle ein . Dann folgt aus Satz 4.16

und damit aus Satz 4.13, dass eine Lösung besitzt. Für kann man analog schließen. Aussage (ii) ist eine Folge der Sätze 4.16 und 4.17.

q.e.d.

Aus den Dualitätssätzen leiten wir weitere Aussagen ab. Die nachfolgende wird uns später ein Abbruchkriterium für Algorithmen liefern.

Korollar 4.19

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Seien und mit

(4.13)

für ein gegeben. Dann besitzen und eine Lösung und gilt

Beweis.

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Nach Satz 4.18 existieren Lösungen und von und . Für solche Punkte liefern der schwache und der starke Dualitätssatz mit (4.13)

und

q.e.d.

Für ein primal und dual zulässiges Punktepaar und bezeichnet man die nichtnegative Zahl als Dualitätslücke. Ist diese für ein kleiner oder gleich , wie in (4.13) gefordert, so sprechen wir aufgrund von Korollar 4.19 von -optimalen Lösungen von und .

Eine weitere wichtige Folgerung aus dem Vorangegangenen ist die folgende.

Korollar 4.20

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(i) Es sei . Dann gilt:
(ii) Es sei . Dann gilt:

Beweis.

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(i) Sei . Gäbe es ein , so folgte aus Satz 4.16 im Widerspruch zur Annahme, dass für alle ist. Ist andererseits , so ist nach Satz 4.13 die Lösungsmenge von und daher nach Satz 4.18 auch die von nichtleer. Also ist insbesondere .

Aussage (ii) folgt unter Verwendung von (1.2) entsprechend.

q.e.d.

4.6.3 Strikte Komplementarität

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In Abschnitt 4.6.1 haben wir festgestellt, dass ein Punktepaar und genau dann optimal für und ist, wenn es primal bzw. dual zulässig ist und der Komplementaritätsbedingung genügt, was gleichbedeutend damit ist, dass die zugehörige Dualitätslücke den Wert Null hat. In diesem Abschnitt beweisen wir, dass es immer ein Lösungspaar und von und gibt, für das die strikte Komplementaritätsbedingung erfüllt ist, d. h. für das gilt:

entweder oder .

Letztere Eigenschaft lässt sich wegen und äquivalent ausdrücken durch

(4.14)

Satz 4.21

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Besitzen die Probleme und eine Lösung, so existieren auch Lösungen und von und , für die (4.14) gilt.

Beweis.

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Wir wollen zeigen, dass zu jedem ein Lösungspaar und der Probleme und mit existiert. Denn dann folgt für

wegen der Konvexität der Lösungsmengen von und (siehe Satz 2.37), dass und die Probleme und lösen und somit (s. Satz 4.18) ist und dass gilt:

Sei also fest gewählt. Existiert eine Lösung von mit , so ist für jede Lösung von wegen trivialerweise . Daher gelte

(4.15) für jede Lösung von .

Wir betrachten nun das Problem

und das zugehörige duale Problem

wobei der optimale Zielfunktionswert von und ist. Jeder zulässige Punkt von genügt und wegen insbesondere . Also ist Lösung von und notwendig . Weiter folgt damit aus (4.15), dass der Zielfunktionswert von für jeden zulässigen Punkt von identisch Null ist. Nach Satz 4.18 besitzt somit eine Lösung mit optimalem Zielfunktionswert Null. Für diese gilt

(4.16)

und

(4.17)

Wegen muss insbesondere sein.

Sei zunächst . Für jede Lösung von gilt

(4.18)

was zu (4.17) addiert,

liefert. Wegen folgt

Da (4.16)

impliziert, muss eine Lösung von sein. Ferner ist

so dass man in diesem Fall für jede Lösung von schließt.

Nun sei . Dann folgt aus (4.16) und (4.17) für

so dass man wegen folgert, dass Lösung von ist. Schließlich ist und damit wiederum für jede Lösung von .

q.e.d.

In Verbindung mit den Ergebnissen von Abschnitt 4.6.1 können wir also im Hinblick auf das System

schließen:

Korollar 4.22

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Es gilt:
ist lösbar ist lösbar ist lösbar.

Wir schließen mit einem Beispiel ab.

Beispiel 4.23

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Gegeben sei das Problem

mit zugehörigem dualen Problem

Für jedes ist mit

eine Lösung des Systems , welches hier lautet:

Gemäß Satz 4.17 ist damit eine Lösung von und eine von . Man sieht ferner, dass genau dann die Bedingung erfüllt, d. h. genau dann eine Lösung von ist, wenn ist.


4.6.4 Das duale Problem zu einem Problem in beliebiger Form

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In Abschnitt 4.1 haben wir festgestellt, dass sich jedes LOP äquivalent in ein LOP in Normalform umschreiben lässt. Demnach kann jedem (primalen) LOP mittels der Ergebnisse aus Abschnitt 4.6.1 ein duales LOP zugeordnet werden. Wir führen dies zunächst anhand des Problems

vor. Dieses ist äquivalent mit dem Problem

Zu letzterem Problem gehört nach Abschnitt 4.6.1 das duale Problem

Setzt man , so bekommt dieses Problem die einfachere Gestalt

Mit den Schlupfvariablenvektoren

für und erhalten wir für Punkte und , welche zulässig für und sind, die schwache Dualitätsaussage

und die Komplementaritätsbedingung

Ähnlich kann man auch für ein allgemeines Minimierungsproblem mit “-Restriktionen, Gleichheitsrestriktionen, nichtnegativen und freien Variablen ein duales Problem aufstellen, wobei man sinnvollerweise und annimmt. („“-Restriktionen seien bereits als „“-Restriktionen beschrieben worden.) Spaltet man die in und vorkommenden Größen wie folgt auf:

so gelangt man zu folgendem Paar von Problemen

Offenbar gehen „“-Restriktionen im primalen Problem in „“-Variable im dualen Problem über, Gleichheitsrestriktionen in freie Variable, „“-Variable in „“-Restriktionen und freie Variable in Gleichheitsrestriktionen.

Die Paare und bzw. und sind Spezialfälle von und . Da die Probleme und auf äquivalente Probleme des Typs und zurückgeführt werden können, sieht man leicht ein, dass die Aussagen der Sätze 4.15, 4.16 und 4.18 entsprechend auch für sie gelten. Sind und die zulässigen Gebiete von und , so hat man daher zusammengefasst:

Korollar 4.24

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(i) Das duale Problem zu ist äquivalent zu .
(ii) Für und gilt .
(iii) Gilt und , so haben die Probleme und Lösungen.
(iv) besitzt genau dann eine Lösung, wenn eine Lösung hat.
(v) und lösen und genau dann, wenn gilt und ist.

4.6.5 Ein Beispiel

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In der Praxis ist es manchmal effizienter, statt des gegebenen LOPs das dazu duale Problem zu lösen (sofern man nicht ein primal-duales Verfahren verwendet). Ein Beispiel, wo man das tun sollte, ist das im folgenden beschriebene diskrete lineare Tschebyscheff-Problem.

Gegeben seien Punkte und dazu gehörige Werte , welche z. B. Messwerte oder Funktionswerte einer bekannten, in den definierten Funktion sein können. Weiter seien in den definierte Ansatzfunktionen gegeben (z.B. die Monome . Ziel ist es, die durch eine Linearkombination der (im Fall der Monome also durch ein Polynom vom Grad ) in den Punkten bezüglich der Maximumnorm mit kleinst möglichem Fehler zu approximieren, also folgendes Problem zu lösen:

Wir wollen als ein LOP schreiben. Dazu führen wir den zusätzlichen Parameter

ein. Fassen wir als zusätzliche Komponente des Variablenvektors auf, so erhalten wir das zu äquivalente Problem

mit Variablenvektor . Der optimale Zielfunktionswert gibt offenbar gerade den kleinst möglichen Approximationsfehler an. (Analog kann man übrigens jedes Optimierungsproblem in eines mit linearer Zielfunktion überführen.)

Die Ungleichungsrestriktion in dem letzten Problem lässt sich äquivalent durch die Restriktionen

(4.19)

ausdrücken, so dass wir durch Auflösung der Beträge zu folgendem äquivalenten linearen Optimierungsproblem gelangen:

Letzteres Problem ist ein lineares Optimierungsproblem. Mit den Definitionen

und den Daten sowie

bekommt es die Gestalt

Wie sich aus der Herleitung ergibt, könnte man zu noch die Bedingung

(4.20)

hinzufügen. Man muss dies aber nicht tun, da sie wegen (4.19) für zulässige Punkte automatisch erfüllt ist.

Wegen (4.20) ist insbesondere für alle für zulässigen Punkte . Die Menge der für zulässigen Punkte ist nichtleer, da man nach beliebiger Wahl von die Komponente so wählen kann, dass alle Ungleichungen in erfüllt sind. Nach Satz 4.13 besitzt daher und damit auch das Ausgangsproblem eine Lösung.

Zum Erreichen der Normalform, von der viele Algorithmen der linearen Optimierung ausgehen, müsste man nach Hinzufügung der Ungleichung (4.20) Schlupfvariable und zusätzliche Variable für die vorzeichenfreien Variablen einführen. Das zu gehörende Problem in Normalform hätte also

Gleichungsrestriktionen und Variable.

Das zu duale Problem lautet

Dieses LOP hat offenbar bereits die Normalform und

Gleichungsrestriktionen und Variable.

(Hätten wir die Bedingung (4.20) in explizit mitberücksichtigt, so hätte uns dies eine unerwünschte „“-Restriktion im dualen Problem eingebracht.)

In der Praxis ist die Punktzahl im allgemeinen sehr viel größer als die Variablenzahl . Realistisch ist eine Beziehung , wobei mindestens gleich 10 und häufig sehr viel größer als 10 ist. Nehmen wir z. B. an, so stehen also

Gleichungsrestriktionen und Variable

des primalen Problems

Gleichungsrestriktionen und Variablen

des dualen Problems gegenüber.

Die Anzahl der Iterationen, die z. B. der Simplexalgorithmus benötigt, wird im Normalfall vornehmlich durch die Anzahl der Gleichungsrestriktionen bestimmt. (Dantzig, der 1947 den im nächsten Kapitel beschriebenen Simplexalgorithmus zur Lösung linearer Optimierungsprobleme entwickelt hatte, hat aufgrund von langjährigen Erfahrungen die Vermutung geäußert, dass dieser im Mittel Iterationen für ein LOP in Normalform mit benötigt.) Bei Verwendung dieses Verfahrens ist es daher üblicherweise sehr viel effizienter, anstelle von das Problem zu lösen. Löst man mit dem Simplexalgorithmus, so liefert einem dieser (wie die meisten Verfahren zur Lösung linearer Optimierungsprobleme) gleichzeitig eine Lösung des dazu dualen Problems mit, an der man ja hauptsächlich interessiert ist (s. Abschnitt 5.5).