Benutzerin:Kristina Beck

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Kristina Beck[Bearbeiten]

Kulturelle Identität, interkulturelle Prozesse und Kulturvergleiche (Seminar zur Internet- und Projektkompetenz), Sommersemester 2009

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Studium[Bearbeiten]

  • M.A. "Deutsch als Fremdprache" (6. Semester), "Romanische Sprachwissenschaft/Spanisch" (8. Semester), "Romanische Sprachwissenschaft/Italienisch" (6. Semester)
  • Geplanter Auslandsaufenthalt: Universität Roma Tre (Rom), September 2009 - Juli 2010

Projektarbeit: Das Bild des Deutschen in ausländischen Köpfen.[Bearbeiten]

Einleitung[Bearbeiten]

Ein Deutscher und ein Spanier wetten, wer schneller ein Haus bauen kann. Nach 4 Wochen telegrafiert der Spanier: 'Noch 14 Tage und ich bin fertig!' Antwortet der Deutsche: 'Noch 14 Formulare und dann fang ich an!'

Evaristo Acevedo beschreibt den Deutschen als "leichtgläubig, gutmütig und als einen guten Schüler: immer pünktlich anwesend, mit dem Wunsch die Sachen gründlich zu erledigen, mit einer Liebe zur Arbeit, eine planvolle Persönlichkeit" (übers. aus dem Spanischen).

Noch immer ist ein gewisses Bild des Deutschen in den Köpfen unter anderem der Spanier verankert. Wie dieses aussieht, wo die Gründe dafür liegen und ob dieses mit der Wirklichkeit übereinstimmt, gilt in dem vorliegenden Projekt zu untersuchen.

Die allgemeine Annahme geht davon davon aus, dass eine Nation aus der Außenperspektive meist nur durch bestimmte Stereotypen beschrieben wird und beschrieben werden kann. Ob die Attribute, die dem Deutschen von dem Spanier zugeschrieben werden, zutreffen, ist infragezustellen.

Begriffsdefinition 'Stereotyp'[Bearbeiten]

Bei der bereits bestehenden Vielzahl von Definitonsversuchen des Begriffes Stereotyp liegt es nicht in unserem Interesse, dem Ganzen eine weitere hinzuzufügen, sondern vielmehr einen Versuch zu unternehmen, eine für die vorliegende Arbeit geeignete Beschreibung des Begriffs vorzunehmen.

Etymologie

Ursprünglich stammt der Begriff Stereotyp aus der Buchdruckerkunst und beschrieb, dem Griechischen entnommen (stereós 'starr', typos 'Gestalt'), den Druck mit feststehender bzw. unveränderter Schrift. Somit scheint der Begriff zumindest schon grob bestimmt: ein fortwährender mechanischer Prozess, der beliebig oft wiederholbar ist. In den Geisteswissenschaften taucht der Begriff erstmals in dem Werk Public Opinion von dem amerikanischen Journalisten Walter Lippmann (1922) auf.

Stereotypenbildung

Die Stereotypenbildung ist ein automatischer Prozess, d. h. sie läuft ohne Absicht, Aufwand oder Bewusstsein ab und stört andere, gleichzeitig ablaufende Prozesse nicht. Ein Beispiel für andere automatische Prozesse wäre das Schalten in den nächsten Gang bei routinierten Autofahrern. Anders verhält es sich bei der Entscheidung, auf der Autobahn zu überholen. Dies ist für Pendry ein kontrollierter Prozess, der absichtlich und durch willentliche Kontrolle, also bewusst ausgeführt wird. Die Frage ist nun, ob es möglich ist, die automatische Stereotypenbildung durch kontrollierte Prozesse auszugleichen (vgl. Pendry 2005: 115).

Menschen haben die Tendenz, ihre Umwelt, also Objekte und Mitmenschen bezüglich gemeinsamer charakteristischer Eigenschaften zu kategorisieren und diskreten Gruppen zuzuordnen. Dies kann oft unangenehme Folgen haben und im schlimmsten Fall Diskrimination aufgrund voreiliger Schlussfolgerungen nach sich ziehen. Soziale Kategorien sind z. B. Frauen, Müllmänner, Kinder, Rockstars, aber auch Zugehörigkeit zu einer bestimmten Nationalität oder Religion. Diese Fähigkeit, unsere soziale Umgebung in diskrete soziale Kategorien aufzuteilen ist lebenswichtig, denn ohne sie wäre jeder Mensch für uns einzigartig und müsste gesondert behandelt werden. So führt die Kategorisierung also zu einer Vereinfachung, die die Welt verstehbarer, systematisierter und somit kontrollierbarer macht. Ohne die Fähigkeit zur Kategorisierung wären die Menschen mit ihrer Umwelt überfordert, da es nicht möglich wäre, schnell verschiedene Menschen, Gebäude, Tiere und Pflanzen einzuordnen (vgl. Pendry 2005: 116). Diese Tatsache macht deutlich, dass Stereotypenbildung in gewisser Weise im Wesen des Menschen verankert ist.

Die These, dass die Stereotypenbildung ein automatischer Prozess ist, wurde vor allem in den letzten zwanzig Jahren von der Forschung diskutiert und belegt. Dabei stellt sich die Frage, ob bei jedem entsprechenden Hinweisreiz für eine Kategorisierung immer die Aktivierung des Stereotyps erfolgt. Devine (1989) überprüfte dies als erste empirisch, indem sie ein sog. Priming-Paradigma benutzte.

Unter Priming versteht man die Tatsache, dass die Aktivierung eines Stimulus (z.B. Vogel), der die anschließende Verarbeitung eines anderen, damit zusammenhängenden Stimulus (z.B. Flügel, Feder) erleichtert. Die Aktivierung eines Konstrukts erleichtert die Zugänglichkeit zu mit ihm assoziierten Konstrukten. Im Experiment von Devine wurden den Versuchsteilnehmern Primes, also Wörter, die in diesem Fall mit Stereotypen gegenüber Schwarzen zusammenhingen, präsentiert. Darunter waren Begriffe wie Blacks oder Niggers, sowie persönliche Eigenschaften wie poor oder lazy. Vorher war bei den Probanden in Gesprächen untersucht worden, wie groß ihre Vorurteile gegenüber Schwarzen waren. 50% der Teilnehmer hatten stark ausgeprägte Vorurteile und 50% hatten kaum Vorurteile. Nun präsentierte Devine einigen Teilnehmern Primes mit zu 80% strereotypenrelevantem Inhalt und anderen Teilnehmern präsentierte er Primes mit nur 20% stereotypenrelevantem Inhalt. Diese wurden nur kurz und außerhalb ihres unmittelbaren Blickfeldes eingeblendet, sodass ein unterbewusster Prozess in Gang gesetzt wurde. Im zweiten Teil des Experiments wurde den Versuchsteilnehmern ein Szenario vorgelegt, und sie sollten sich einen ersten Eindruck der Zielperson verschaffen, die sich absichtlich mehrdeutig verhielt, um Interpretationsraum für den Grad ihrer Feindseligkeit zu lassen. Keines der Wörter, die in der Phase des Primings verwendet worden waren, wies jedoch einen direkten Zusammenhang mit Feindseligkeit auf. Doch Duncan hatte in einer Studie herausgefunden, dass Feindseligkeit ein besonders deutlich hervorstechendes Merkmal des Stereotyps von Schwarzen ist (vgl. Duncan 1976: 593). Das Ausbleiben des exakten Hinweises der Primes auf Feindseligkeit war der Schlüssel zum Beweis der Stereotypenbildung als automatischer Prozess. Das Ergebnis fiel auch dementsprechend aus: Diejenigen Versuchsteilnehmer, die dem hohen Anteil stereotyprelevanter Primes ausgesetzt worden waren beurteilten die Zielperson als signifikant negativer, d.h. feindseliger und unfreundlicher, als diejenigen, die einen geringen Anteil sterotypbezogener Primes verarbeitet hatten. Zudem ließen sich diese Ergebnisse sowohl bei den vorurteilsschwachen als auch bei den vorurteilsstarken Versuchsteilnehmern finden, was der endgültige Beweis für den automatischen Prozess ist (vgl. Devine 1989: 16).

Es entstanden danach eine ganze Reihe von Studien, die die Automatizität der Aktivierung von Stereotypen untersuchten und belegten, wie z. B. 1996 von Banaji und Hardin oder 1999 von Bargh.

Nun gilt zu klären, welche Folgen die Aktivierung von Stereotypen hat. Wenn ein Stereotyp durch entsprechende Hinweisreize bereits aktiviert worden ist, dann ist der Weg zur Bildung von Schemata im Gehirn nicht mehr allzu weit. Diese werden durch eigene Erfahrungen, aber auch durch allgemeine Vorstellungen geformt und können als Vernetzung vorverarbeiteter Informationen betrachtet werden. So werden der Kategorie „Skinhead“ beispielsweise die Attribute anarchisch und gewalttätig zugeschrieben. So erwarten die meisten, wenn ein Skinhead auf einen Passanten zurennt, dass er gewalttätig werden wird, und weniger, dass er ihn vor einem herunterfallenden Gegenstand schützen möchte. Derartige Situationen zeigen, wie Schemata die Interpretation sozialen Verhaltens verzerren können (vgl. Pendry 2005: 120). Jedoch dürfen Schemata nicht als bloße mentale Listen verstanden werden, sondern vielmehr als kognitive Strukturen, in denen Eigenschaften organisiert sind und zwischen denen Zusammenhänge hergestellt werden. Sie enthalten bestimmte Arten von Wissen über eine soziale Kategorie. Dieses Wissen erleichtert die Eindrucksbildung, denn Schemata beeinflussen die Geschwindigkeit der Wahrnehmung und auch deren Interpretation (vgl. Pendry 2005: 121). Aus verschiedenen Gründen sind wir dazu geneigt, uns blindlings auf Schemata zu verlassen. Laut Fiske und Taylor (1991: 56) besteht eine Dominanz von Rollenschemata gegenüber Persönlichkeitsmerkmalen und die häufigere Verwendung von Subtypschemata (z. B. Geschäftsfrau) als von übergeordneten Schemata (z. B. Frau). Sie sprechen aber auch den Faktor der Primacy an, d. h., dass die Schemata, die früh präsentiert werden, aktiviert werden. Logisch ist auch, dass wir die Schemata verwenden, die unsere Aufmerksamkeit auf sich ziehen, nach dem Prinzip der Salienz. Des Weiteren verwenden wir Schemata, die zuvor durch Priming aktiviert wurden, die im Einklang mit unseren momentanen Gefühlen stehen und die relevant für die Kontrolle von Ergebnissen sind (Fiske/Taylor 1991: 56).

Schemata spielen nicht nur bei der Enkodierung von Informationen eine Rolle, sondern auch dabei, woran wir uns nach einer Begegnung mit einer anderen Person noch erinnern können (vgl. Pendry 2005: 121).

Funktion von Stereotypen[Bearbeiten]

a) Stereotype als Orientierungssysteme: Die „Bilder in unseren Köpfen“ erleichtern die Orientierung in einer unüberschaubaren und mehrdeutigen Realität durch die Bereitstellung vereinfachter Entscheidungskategorien, deren Entstehung im Zusammenhang mit einer „natürlichen Ökonomie“ gesehen werden kann.

b) Stereotype als Anpassungssysteme: Die „Bilder in unserem Kopf“ entstehen nicht nur mit Blickrichtung auf bestimmte Sachverhalte, sondern sie sind zu einem bestimmten Grad spezifisch für die Kultur, Gesellschaft und Gruppe, in der sie entstehen. Dadurch können Konflikte und Spannungen vermieden werden. D. h. Stereotype erleichtern das Zusammenleben in einer bestimmten Gruppe.

c) Stereotype als Systeme zur Aufrechterhaltung des Selbst: Die „Bilder in unserem Kopf“ dienen der Selbstverankerung in einer Gruppe.

Nationale Stereotype[Bearbeiten]

Die Anfänge der Stereotypenforschung sind mit zwei Arbeiten verknüpft, deren Einflüsse bis heute spürbar geblieben sind. Die theoretisch-deskriptive Arbeit von Lippmann (1922) und die empirische Studie über rassische und nationale Stereotype von Katz & Braly (1933).

Die Arbeit von Lippmann[Bearbeiten]

Lippmann übernimmt in seiner Arbeit den Begriff Stereotyp aus der Buchdruckerkunst und versieht die Bedeutung mit einer kognitiven Komponente. Das Stereotypmodell wird beschrieben als „System von Einstellungen, Meinungen und Überzeugungen, das die Wahrnehmung strukturiert und selektiv steuert“ (Quasthoff 1973: 18).

Die Arbeit von Katz & Braly[Bearbeiten]

Versuchsziel: Entwicklung einer Methode zur Messung von Vorurteilen

Methode: Eigenschaftslistenverfahren („adjective selection technique“, „checklist technique“, „typically rating“)

Versuchsverlauf:

a) Erste Phase: Zuschreibung von Eigenschaften

b) Zweite Phase: Erwünschtheit der Adjektive

c) Dritte Phase: Erstellung einer Präferenzliste


Die Versuchspersonen (100 Collegestudenten) sollten aus einer Liste mit 84 Eigenschaften diejenigen auswählen, die ihrer Meinung nach zur Charakteristik je einer von 10 vorgegebenen ethnischen und nationalen Gruppen notwendig seien, und fünf davon als besonders typisch hervorheben. Die folgenden Gruppen sollten beurteilt werden: Amerikaner, Chinesen, Deutsche, Engländer, Iren, Italiener, Japaner, Juden, Neger und Türken. Ferner sollte eine zweite Gruppe eine Prioritätenliste der Beliebtheit der einzelnen Nationen liefern. Die dritte Gruppe bewertete die zugrunde gelegten Eigenschaften nach ihrer Wünschbarkeit als Charakterzüge von Freunden und Bekannten. Hierbei stelle ich die Ergebnisse, die bei der Attribuierung von Deutschen herauskamen, vor, was für das vorliegende Projekt am sinnvollsten erscheint. Die Eigenschaften werden ihrer Häufigkeit nach dargestellt: gebildet (78), arbeitsam, schwerfällig, intelligent, organisiert, extrem nationalistisch, fortschrittlich, effizient, heiter, musikalisch, beharrlich, praktisch denkend (11 %).

Die methodische Weiterentwicklung durch Sodhi und Bergius[Bearbeiten]

In der Untersuchung von Kripal Singh Sodhi und Rudolf Bergius über Nationale Vorurteile aus dem Jahre 1953 sollen die Ergebnisse, die von Katz und Braly vorgelegt wurden, mit einer verfeinerten Methode überprüft werden. An dieser Stelle sollen lediglich die Ergebnisse vorgestellt werden, da die Ausführung des Versuchsverlaufs den Rahmen des Projektes sprengen würde und da dieser in den wesentlichen Punkten mit dem von Katz und Braly übereinstimmt. Bei der Untersuchung ergeben sich für die Deutschen folgende Eigenschaften: pflichtbewusst, heimatliebend, intelligent, sauber, fleißig, gründlich, Dichter und Denker, tapfer, bürokratisch, militaristisch, Nationalstolz, technisierend usw. Es wurden hier nur einige von den Zuschreibungen genannt (willkürlich gewählt), um das Bild, die die "Welt" zur damaligen Zeit innehatte zu veranschaulichen.

Stereotyp - Vorurteil[Bearbeiten]

Im Laufe dieser Arbeit, ist an vielen Stellen das Problem aufgetaucht, dass der Sterotypenbegriff oft nicht genügt, um die negative Komponente der Einstellung gegenüber fremden Kulturen bzw. Nationen ausreichend zu erfassen. Um diese Komponente einzufangen, musste der Begriff des Stereotyps um eine weitere Facette komplementiert werden, sodass der Begriff des Vorurteils ins Spiel kommt. Im allgemeinen Sprachgebrauch werden die Begriffe Stereotyp und Vorurteil oftmals synonym verwendet. Dies liegt nicht zuletzt an der Fülle von Definitionen dieser Termini, die im Laufe der Zeit in den unterschiedlichen Wissenschaften vorgenommen wurden.

In dem vorliegenden Projekt werden Stereotyp und Vorurteil nahezu synonym verwendet, da eine klare Abgrenzung der Begriffe nicht dem Zwecke dieser Arbeit dient. Im Folgenden wird jedoch meist nur von Vorurteilen die Rede sein, um die negative Komponente bei der Beurteilung der Realität einzufassen.


Definition von Vorurteil

Allgemeine Definition von Vorurteil: "Negative oder ablehnende Einstellungen einem Menschen oder einer Menschengruppe gegenüber, wobei dieser Gruppe infolge stereotyper Vorstellungen bestimmte Eigenschaften von vornherein zugeschrieben werden, die sich auf Grund von Starrheit und gefühlsmäßiger Ladung, selbst bei widersprechender Erfahrung, schwer korrigieren lassen" (Ostermann/Nicklas 1982: 535).

Dröge (1967: 122) weist in seiner Definition darauf hin, dass Vorurteile als "Urteile über die Umwelt vor der Erfahrung gefaßt [sic.] würden. Demmach würden Meinungen über einen bestimmten Sachverhalt bzw. über eine bestimmte Gruppe ohne direkte Erfahrung mit derselben gebildet. Somit sind Vorurteile falsche Urteile.


Merkmale von Vorurteilen

1) Vorurteile sowie Stereotypen sind Einstellungen und besitzen demnach eine kognitive, affektive und konative Komponente.

Im kognitiven Bereich haben Vorurteile dieselbe Struktur wie Stereotypen (siehe oben). Die affektive Komponente gilt als die wichtigste Abgrenzung zum Stereotypen. Die Bewertung bzw. die Beurteilung ist meist mit einer sehr extremen und emotional negativen Haltung, d. h. Abneigung, Ablehnung verbunden.

2) Fehlerhaftigkeit und Verallgemeinerung: Neue Erfahrungen werden ohne Überprüfung der Richtigkeit in das bestehende Konstrukt integriert. Neue Informationen werden nicht differenziert betrachtet, sondern werden einer bestimmten "Klasse" zugeschrieben. Beispiel: "Die(meisten) Deutschen sind ...)".

3) Hartnäckigkeit: Vorurteile sind resistent gegen neue Informationen. Beim Aufnehmen von neuen Informationen gibt es zwei Reaktionsmöglichkeiten:

- eine (meist negative) Nachricht, die mit dem Vorurteil in Einklang steht, wird in das bestehende Bild eingegliedert;

- eine abweichende Nachricht wird als Ausnahme gehandelt oder abgewiesen.


Funktionen von Vorurteilen

1) Orientierungsfunktion: Vorurteile ermöglichen eine schnelle und präzise Beurteilung der Umwelt und dienen der Reduktion von Komplexität, wovon das Verhalten gesteurt wird. Die Kategorisierung erfolgt auf dem Prinzip der Prototypenbildung, wobei das Objekt meinst nach negativen Kategorien beurteilt wird.

2) Anpassungsfunktion: Vorurteile ermöglichen eine schnelle Anpassung an die jeweiligen (sozialen) Lebensbedingungen, z.B. vorherrschende Meinungen, Wert- und Normvorstellungen und Handlungsregeln. Mithilfe von Vorurteilen erreicht man ein hohes Map an "Belohnungen" (z.B. soziale Zuwendung) und eine Minimierung von "Bestrafungen" (z.B. Beschimpungen, Stempel als Außenseiter).

3) Abwehrfunktion: Vorurteile dienen der Reduktion von Ängsten und Unsicherheit in der Alltagsbewältigung. "Wenn schon die Welt ein undurchdringlicher Dschungel ist, so sollen wenigstens die Interpretationsmuster einfach und klar sein" (Nafroth 1997: 25). Die Folge davon ist positive Selbsteinschätzung.

4) Abgrenzungs- und Identitätsfunktion: Vorurteile, die man mit anderen Personen teilt, fördern das Gefühl der Zusammengehörigkeit und gegenseitigen Sympathie. Sie erlauben eine klare Abgrenzung gegenüber negativ bewerteten Außengruppen und ermöglichen einen hohen Grad an Distinktion.

5) Steuerungs- und Rechtfertigungsfunktion: Vorurteile dienen der Verhaltenssteuerung gegenüber anderen Personen, Objekten und Sachverhalten. Mithilfe von Vorurteilen lassen eigenen Verhaltensweisen nachträglich dadurch rechtfertigen, dass man seine vorurteilsbehafteten sozialen Einstellungen dem ausgeführten Verhalten anpasst.


Abbau von Vorurteilen

In vielen feldexperimentellen Untersuchungen wurde nachgewiesen, dass Intergruppenkontakt, Vermehrung des Wissens voneinander und der daraus resultierenden erlebten Ähnlichkeit und Sympathie nicht unbedingt zu Vorurteilsminimierung führt. Intergruppenkontakt kann durchaus zu Festigung und Verstärkung von Vorurteilen führen. Genauso kann in der Begegnung mit "Gleichartigen" die Ablehnung der Fremden gefördert werden. Der Kontakt sollte unter geeigneten Bedingungen stattfinden. So schlägt Alexander Thomas folgende Voraussetzungen zum Abbau von Vorurteilen vor:

1) Der ökonomische und soziale Status dermiteinander in Kontakt tretenden Personen sollte gleich oder ähnlich sein.

2) Die Interaktanten sollten gemeinsame Ziele verfolgen.

3) Die gegenseitigen Einstellungen in der Ausgangssituation sollten nicht zu extrem und zu negativ sein.

4) Die Kontakte sollten eng und nicht zu oberflächlich sein. Sie sollten sich auf wichtige Verhaltens- und zentrale Erlebnisbereiche beziehen.

5) Eine als Integrationsfigur wirksame Autorität oder/und ein positives soziales Klima sollten vorhanden sein.

6) Kategorisierung sollte vermieden werden, stattdessen sollte Personalisierung der Gruppen gefördert werden.

Typisch deutsch?[Bearbeiten]

Herrmann Bausinger untersuchte inwieweit die „typisch deutschen Merkmale“ wie Naturbegeisterung, Ordnungsliebe, Fleiß, usw. als Urteile oder Vorurteile zu sehen sind.

Ordnung ist das halbe Leben (Bausinger, S. 78) Von Amerikanern werden deutsche Wälder vielmehr als „deutsch“ denn als „Natur“ betrachtet. Dies liegt an den vielen Pfaden, die genau darauf hinweisen, wo man gehen darf, den Rastplätzen und Gasthäusern, den Trimm-Dich-Pfaden und vor allem an den Hinweis-, Verweis und Aufklärungsschildern, mit denen die Wälder gespickt sind. Vorschriften sind allgegenwärtig: Auf Erholungsflächen von Freikörperkulturfreunden dürfen sich keine bekleideten Gäste begeben; Vereine sind Organisationen, die einem strikten Reglement unterliegen und die verwaltet werden wie ein kleiner Staat im Staat. Die Ansiedlung auf dichtem Raum hat zu unendlich vielen Ordnungsmaßnahmen geführt: Grundstücksgrenzen, und Wegerechte sorgen neben der Kontrolle der sozialen Ordnung für leidenschaftliche Debatten. Die familiäre Gemütlichkeit wird geplant. Essenszeiten und Rituale bei Festen sind genau festgelegt. Ständig hört man Klagen über die deutsche Bürokratie und tatsächlich wird sie nicht – wie in anderen Ländern, von Widerspruch zwischen strengen Vorschriften und ihrer nachlässigen Handhabung dominiert, sondern vielmehr von Überregulierung, Perfektionismus und Unerbittlichkeit der Prozeduren. An dieser Stelle ist die deutsche Amtssprache zu nennen, die versucht alles bis ins kleinste Detail zu regeln und deshalb auch oft Muttersprachlern unverständlich bleibt. (79) Des Weiteren gibt es im deutschen Wortschatz einige Begriffe, die schlichtweg unübersetzbar sind: „Ordnungsamt“, „Ordnungswidrigkeit“, „Ordnungsstrafe“, „ordnungspolitische Maßnahme“, „ordnungsgemäß“. Viele deutsche Schriftstellerinnen und Schriftsteller thematisieren Vater-Sohn-Beziehungen, in denen eine Erziehung zu Disziplin, Fleiß, Pünktlichkeit, Genauigkeit und Sparsamkeit Teil der Erziehungsmaßnahmen zu Ordnung waren. (vgl. Paul Münch (Hrsg.) (1984): Ordnung, Fleiß und Sparsamkeit. Texte und Dokumente zur Entstehung der „bürgerlichen Tugenden“ München: Verlag. ) Selbst bei Selbsteinschätzungen nehmen nach wie vor Tugenden wie Ordnungsliebe, Fleiß, Leistungsfähigkeit, Disziplin und Sauberkeit die ersten Plätze ein. Beleg? Der Historiker Paul Münch hat viele Beweise dafür gesammelt, dass das deutsche Leitbild für Ordnung mit den dazugehörigen Tugenden wie Fleiß, Selbstdisziplin, Sparsamkeit, usw. sich in den Jahrhunderten vor der industriellen Revolution herausgebildet und gefestigt hat. Anfang des 17. Jahrhunderts war das Bild des Deutschen ein Anderes: man paradierte sie als extrem unordentlich, maßlos, trinkfest und lebenslustig. Dies änderte sich dann aber schnell. In der Kirche, aber auch in der Literatur wurde ein Zähmungsprozess eingeleitet – es kam zu Belehrungen über den Schaden von Unordnung, Faulheit und Ausschweifung.(82) Christliche Argumente und ökonomische Überlegungen wurden vereint und so kam es zu einer Aufklärung mit dem Tenor „Ordnung ist vernünftig und nützlich.“ (vgl. Paul Münch, s.o.) Bausinger stellt die Theorie auf, dass die deutsche Besonderheit im Umgang mit Ordnung daher kommen könnte, dass wie in keinem anderen Land Protestanten und Katholiken jahrhundertelang im Wettstreit der moralischen Tugend gelegen haben. (84)

Verstehen Sie Spaß?

- Überwindung des Alltags mit der Kunst der Heiterkeit gilt als Ausnahme.

- Humor der Deutschen: didaktischer Humor im Stile von Wilhelm Busch, der menschliche Schwächen karikierend anprangert; resignativer Humor, der zwar die Unvollkommenheit der Verhältnisse erkennt und daraus komisches Kapital schlägt, sich aber letztlich lächelnd mit dieser Unvollkommenheit abfindet.

- Fehlende Leichtigkeit und Lockerheit im alltäglichen Umgang

- Humor ist erwünscht, aber er sollte entweder vom Ernst des Lebens klar abgegrenzt sein oder aber der Lösung ernster Fragen zuarbeiten.

- Geselligkeit, leichte Unterhaltung ohne höheren Zweck wurden wenig kultiviert.

- Tiefsinnigkeit des Humors

--> „Wehe dem Land, wo Witz mehr gilt als Verstand.“

- Der deutsche Hang zur Gründlichkeit und zum Grundsätzlichem bildet eine gewisse Sperre gegenüber dem lockeren Umgang mit Missverständnissen und Missverhältnissen, aus denen Komik erwächst.

Exkurs: Witz[Bearbeiten]

Thema „Speisen“ (Bausinger S. 38-49)

Szene in einem deutsch-amerikanischen Restaurant. Gast: Sagen Sie mal, Ober, das Sauerkraut ist aber nicht sauer genug. Ober: Das sind doch Nudeln. Gast: Ach sooooo! Na, die sind sauer genug.


Thema „Deutscher Humor“

Was ist das dünnste Buch der Welt? Die Anthologie „Tausend Jahre deutscher Humor“.

Was ist der Unterschied zwischen der Bombardierung von Dresden und dem besten deutschen Komiker? Über die Bombardierung von Dresden kann man lachen.


Thema „Deutsche Geschichte“

Die Deutschen haben einen neuen Mikrowellenherd erfunden. Was ist neu daran? Er hat 25 Sitzplätze.

„Mein Opa ist in Auschwitz gestorben.“ „Ja, das tut mir leid.“ „Naja, der ist vom Wachturm gefallen.“


Thema „Dienst nach Vorschrift, Pflichtbewusstsein“

Fritzchen geht mit seiner Oma durch die Stadt, da liegt ein Zwanzig-Mark-Schein auf dem Boden. Fritzchen will ihn aufheben. „Nein, Fritzchen, du darfst das nicht aufheben“, sagt die Oma. „Du darfst nichts aufheben, was auf der Straße liegt.“ Fritzchen leistet, wie es sich für einen Deutschen gehört, diesem Folge und geht im Stechschritt weiter. Die Oma rutscht auf einer Bananenschale aus und fällt hin. „Hilfe Hilfe, ich habe mir das Bein gebrochen! Hilf mir doch auf!“ „Nein, Oma, ich darf nichts aufheben, was auf dem Boden liegt.“

Was ist der Unterschied zwischen einem Einkaufswagen und einem Deutschen? Der Einkaufswagen hat einen eigenen Willen.


Thema „Bürokratie“

Ein Deutscher und ein Spanier wetten, wer schneller ein Haus bauen kann. Nach 4 Wochen telegrafiert der Spanier: Noch 14 Tage und ich bin fertig! Antwortet der Deutsche: Noch 14 Formulare und dann fang ich an!


Thema „Sprache“

Cóme se dice autobús en alemán? Subenempujenestrugenbajen.

Datenerhebung: Leitfadeninterview[Bearbeiten]

Fragen

Leitinterview-Fragen

1. Warum hast Du Dich dazu entschieden, in Deutschland zu studieren?

- Sprache

- Bildungssystem

- Interesse an der Kultur

- Prestige der deutschen Sprache

- höherer Lebensstandard


2. Welche Vorstellungen wurden bestätigt und welchen eher nicht? - Veränderung/Festigung

- Bestanden davor schon bestimmte Erwartungen bzw. Vorstellungen?

- Wodurch? Wie? Wann? Wo? Mit wem?


SCHLÜSSELERLEBNISSE

Kontakt zu den Menschen (Deutsche, Landsleute usw.)

Konkrete Wissensaneignung


3. Kennst Du Witze über Deutsche?/Witz als Stimulus

- Woher?

- Inwiefern treffen diese zu und welche Erfahrung hast Du schon selber damit gemacht?


Auswertung[Bearbeiten]

N (weltoffen, kontaktfreudig, flexibel)

- sieht nicht nur Sprache als Integrationsmöglichkeit, direkter Kontakt ist wichtig

- Stereotypen: Pflichtbewusstsein, Pünktlichkeit, Kälte, Zurückhaltung, Reflexion im Verhalten („es ist angebracht, kalt zu sein“), Hektik

- Vorurteile wurden aber schnell abgebaut

- Kulturstandards als kontraproduktiv, Kultur selber kennenlernen

- Bürokratie: Barrieren („Stopper“) sollen entfernt werden

- Deutsche aßen früher fast nur Kraut, mittlerweile 80% italienisches Essen


G (verschlossen, vorurteilsresistent)

- am Anfang Kulturschock, aber im Endeffekt ist es besser gelaufen, als vorgestellt

- dt. Familie war distanzierter, ignoranter bzgl. der Unkenntnis der Sprache

- bestimmte Vorurteile sind kulturbedingt

- Deutsche sind arrogant

- Deutsche sind höflich, aber oberflächlich, lassen keine intimen Beziehungen zu (wie Irina aber auch)

- Deutscher Humor: in Ukraine werden mehr Witze als in D erzählt, Deutsche lachen weniger

- Deutsche verspannter, nicht so locker („Wenn gearbeitet wird, dann wird gearbeitet.“ Ordnungsliebe, Fleiß, Verbohrtheit, Dienst nach Vorschrift)

- Arroganz der Deutschen bleibt bestehen


A (weltoffen, flexibel, kontaktfreudig)

- keine Erwartungen an D im Vorfeld

- auch deutsche Freunde

- Anfang anders: Essen, Umgang mit Menschen (Muttersorge nicht ausgeprägt)

- Bürokratie: viel, aber notwendig („wenigstens Ordnung")

- Deutsche erzählen eher komische Situationen aus dem Alltagsleben

- Deutsche lachen genauso viel wie Russen

- Allgemeine Vorstellungen von Russen: Kriegserfahrungen, Regelorientiertheit, Pünktlichkeit

- Prinzip: Alle Menschen sind unterschiedlich! Vorurteile und Stereotypen mit Vorsicht zu genießen, aber manche Sachen treffen trotzdem zu!


D (weltoffen, flexibel, kontaktfreudig)

- Vorstellungen: Bier, Klima

Bibliografie[Bearbeiten]

Komoworska, Ewa (2000): "Zum Stereotypen der Deutschen aus der Sicht einer Polin", in Rösch (Hrsg.) (2000), S. 250-270.

Lilli, Waldemar (1982): Grundlagen der Stereotypisierung, Mannheim: Hogrefe.

Lippmann, Walter (1964): Die öffentliche Meinung, München: Brockmeyer.

Marsden, Nicola (2001): Soziale Stereotype über Internet-nutzer: Untersuchungen mit Lehrerinnen und Lehrern weiterführender Schulen, Norderstedt: Books on Demand Gmbh.

Quasthoff, Uta (1973): Soziales Vorurteil und Kommunikation. Eine sprachwissenschaftliche Analyse des Stereotyps, Frankfurt am Main: Athenäum Fischer Taschenbuch Verlag.

Raeithel, Gert (1996): Der ethnische Witz am Beispiel Nordamerikas, Frankfurt am Main: Eichborn Verlag, 57-68.

Rösch, Olga (Hrsg.) (2000): Stereotypisierung des Fremden. Auswirkungen in der Kommunikation, Berlin Vrlag News & Media.

Secord, Paul F./Backman, Carl W. (1997): Sozialpsychologie, Eschborn bei Frankfurt am Main: Klotz, S. 25-39.

Thomas, Alexander (2000): "Bedeutung und Funktion sozialer Stereotype und Vorurteile für die interkulturelle Kooperation", in Rösch (Hrsg.) (2000), S. 11-27.

Webliografie[Bearbeiten]

Löschmann, Martin: "Was tun gegen Stereotype", <http://www.iik.de/publikationen/Was%20tun%20gegen%20Stereotype.pdf (21.07.2009)>.