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Das Problem der mehrfachen Vorfeldbesetzung

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In diesem letzten Kapitel geht es um Konstruktionen, die seit längerem in der Literatur "herumgeistern", bei der man sich aber erst in jüngerer Zeit dazu durchgerungen hat, sie als regelmäßig vorkommende Daten anzuerkennen: die sogenannte mehrfache Vorfeldbesetzung. Diese Konstruktion ist jüngst bei G.Müller (2018) und S.Müller (2018) ausführlich behandelt worden. Worum es geht, lässt sich aus dem Fazit der Datendiskussion von Stefan Müller (2018, S. 81f.) ersehen:

Various kinds of constituents can co-occur in the prefield: arguments, adjuncts and predicatives can be fronted together with another constituent. The number of constituents preceding the finite verb is by no means limited to two.
The sequence of the fronted elements corresponds to the order the constituents would have in the middle-field. This supports an analysis which assumes that multiple fronting involves a complex verbal projection, which contains its own topological fields: middlefield, right verbal bracket and postfield. The right verbal bracket is occupied by a silent verbal head.

Es sind Beispiele wie die folgenden, die zu dieser Schlussfolgerung führen:

...

Was ist mehrfache Vorfeldbesetzung?

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Bsp.: (dass) man am Wochenende mit... (trocken) (durch die Stadt) (kommt).

- Durch die mehrfache Vorfeldbesetzung würde dieser Satz so umgestellt werden:


Funktion von trocken (Adjektivphrase) → Art von Satzglied ist das Prädikativ → das bedeutet es bezieht sich auf man (Subjekt) → man ist trocken → im Satz nebenbei adjungiert

Durch die Stadt kommen, kann man nicht Topikalisieren (trocken + man) weil es keine Phrase ist. AP ist eine Phrase und PP ist eine andere Phrase → Problem der mehrfachen Vorfeldbesetzung

mehrfache Vofeldbesetzung als komplexe verbale Projektion → alles was man gesehen hat wäre die VP nur ohne das Verb.

Grundgerüst zur mehrfachen Vorfeldbesetzung

Beispiele zur mehrfachen Vorfeldbesetzung

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G.Müller: Belege für Mehrfachbesetzung durch getrennte Konstituenten

(21) (a) ? Keinen Fahrer zur Dopingkontrolle lassen würde sein sportlicher Leiter unter diesen Umständen. Lassen würde als infinites Verb → lassen oder würde in die linke Klammer? Konstitution mit Normale Infinitiv VP

(b) Keinen Fahrer zur Dopingkontrolle lässt sein sportlicher Leiter unter diesen Umständen.

Argumente für eine einzige Konstituente im Vorfeld

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  • Lange Bewegung

- lange Bewegungen → also keine separate Bewegungen

- beide müssen aus dem gleichen Hauptsatz oder Gliedsatz sein

- Reihenfolge ist nicht umstellbar → Reihenfolge die in der VP üblich ist muss vorhanden sein


Argumente gegen eine einzige Konstituente im Vorfeld

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Bindung aus dem komplexen Vorfeld heraus

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Möglichkeiten dies zu Analysieren: 2 getrennte Konstituenten oder als eine Konstituente → Keinen Fahrer zur Dopingkontrolle → hier haben wir das Problem der mehrfachen Vorfeldbesetzung.

Dasselbe findet man mit Ausdrücken, die im Skopus einer Negation stehen müssen (also C-Kommandiert werden von einer Negation) : auch hier scheint c-Kommando aus dem komplexen Vorfeld heraus möglich.

(a) ? Keinen Berg im Sitzen bewältigt hat acuh nur irgendein Fahrer

→ VP mit infiniten Verb (im Sitzen)

(b) Keinen Berg im Sitzen hat auch nur irgendein Fahrer bewältigt.

→ (mehrfache Vorfeldbesetzung vor dem hat stehen 2 NP's) also muss es eine c-Kommandierte Negation sein und müsste ganz oben in der Struktur stehen dass darf aber nur sein wenn es im Vorfeld keinen Knoten gibt.


Negative Polarität

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(DP2 Keinen Berg) hat (DP1 auch nur irgendein Fahrer) t2 im Sitzen bewältigt.

  • Im Sitzen hat (DP1 auch nur irgendein Fahrer) (DP2 keinen Berg) bewältigt. (Müller 2018: S. 235)

Idiome

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(DP1 Die Flinte) hat er zu früh t1 ins Korn geworfen.

(PP2 Ins Korn) hat er die Flinte t2 geworfen.

(VP3 Die Flinte ins Korn geworfen) hat er zu früh t3.

(Müller; S. 236)

Umgang mit einem Dilemma

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G.Müller (2018): Es wird eine VP mit leerem Kopf im Vorfeld erzeugt, bzw. ins Vorfeld bewegt. Dann wird diese VP-Schale getilgt.


Literatur

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  • Müller, Gereon (2018): Structure Removal in Complex Prefields. Natural Language and Linguistic Theory, 36, 219–264 (Publizierte Version jetzt neu im Literaturordner auf ilias).
Kommentar: Ein stellenweise sehr schwieriger Aufsatz. Die theoretischen Themen, die er diskutiert, müssen wir nicht vertiefen. Verwendbar sein sollten:
Abschnitt 1,
eine Auswahl der Punkte aus Abschnitt 2 (nämlich 2.1 sowie einzelne Fälle soweit möglich aus Abschnitt 2.2)
sowie die entsprechenden Punkte in Abschnitt 4 (als Begründung für das Tilgungs-Modell).
  • Müller, Stefan (Ms. / erscheint 2018): German clause structure: An analysis with special consideration of so-called multiple frontings. Berlin: Language Science Press.
Kommentar: S. Müller verwendet ein anderes Syntax-Framework als dieser Kurs. Verwendet werden kann aber die Datensammluing in Kapitel 3.

Fußnoten

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