Elliptische Kurve/Definitionsmöglichkeiten/Einführung/Textabschnitt

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Elliptische Kurven bilden ein herausragendes Objekt an der Schnittstelle von algebraischer Geometrie, komplexer Analysis, Zahlentheorie. Diese Reichhaltigkeit zeigt sich auch in den vielfältigen Möglichkeiten, eine elliptische Kurve zu definieren. Diese Definitionen nehmen Bezug auf recht unterschiedliche geometrische, algebraische, gruppentheoretische, topologische, arithmetische Eigenschaften, und das Studium der elliptischen Kurven ist durch ein intensives Wechselspiel zwischen diesen Konzepten gekennzeichnet. Einige Definitionsmöglichkeiten sind

  1. Eine kubische glatte projektive Kurve.
  2. Eine projektive Kurve mit einer Gruppenstruktur.
  3. Eine glatte projektive Kurve vom Geschlecht .

Dabei gibt es mehrere Möglichkeiten, das Geschlecht zu definieren: Als Dimension der globalen Differentialformen, als Dimension der ersten Kohomologie der Strukturgarbe, über topologische Eigenschaften.

Über den komplexen Zahlen ergeben sich weitere Definitionsmöglichkeiten.

  1. Eine eindimensionale kompakte komplexe Lie-Gruppe.
  2. Ein reell zweidimensionaler Torus mit einer komplexen Struktur.
  3. Die komplexen Zahlen modulo einem Gitter .
  4. Eine kompakte Riemannsche Fläche mit trivialem Tangentialbündel.
  5. Eine kompakte Riemannsche Fläche mit topologischem Geschlecht .
  6. Eine kompakte Riemannsche Fläche mit Fundamentalgruppe .

Innerhalb der glatten projektiven Kurven nehmen die elliptischen Kurven eine mittlere Position ein. Die projektive Gerade ist als einfachste Kurve auf der einen Seite und die Kurven von einem Geschlecht sind auf der anderen Seite. Diese Mittelstellung bestätigt sich, wenn man Eigenschaften des Tangentialbündels oder Krümmungseigenschaften betrachtet. In einem gewissen Sinn spiegelt sich diese mittlere Stellung auch im Schwierigkeitsgrad nieder. Es gibt viele Fragen, die für die projektive Gerade trivial sind, die man für elliptische Kurven mit einigem Aufwand versteht, und die man für andere Kurven nicht zu fragen wagt bzw. die dafür erst Jahrzehnte später beantwortet werden können. Da man aber eben für elliptische Kurven sich Fragen zu stellen wagt, vor denen man sonst zurückweicht (oder gar nicht weiß, wie die Frage zu formulieren wäre), ist das Studium der elliptischen Kurven wiederum beliebig schwierig. Dies gilt insbesondere für arithmetisch angehauchte Probleme. Es hat sich nämlich herausgestellt, dass man Probleme aus der Zahlentheorie in Fragen über elliptische Kurven übersetzen und damit lösen kann. Das prominenteste Beispiel ist die Lösung des großen Fermat über die Modularitätseigenschaft von elliptischen Kurven über durch Andrew Wiles. Eine weiteres Problem, das eng mit elliptischen Kurven verbunden ist, ist das Problem der kongruenten Zahlen. Dieser enge Zusammenhang mit der Zahlentheorie hat sich auch darin niedergeschlagen, dass die Vermutung von Birch und Swinnerton-Dyer über den Rang von elliptischen Kurven in die Liste der sogenannten (sieben) Milleniums-Probleme aufgenommen wurde.