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Evangelisch-Theologische Fakultät/Einführung in das Studium der evangelischen Theologie

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Einführung in das Studium der evangelischen Theologie

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Allgemeine Einführung

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Gleich zu Beginn des Studiums der Theologie - namentlich der evangelischen Theologie - stellen sich viele angehende Studenten die Frage, was denn im Rahmen ihrer theologischen Ausbildung auf sie so alles zukommen wird. Manch einer mag aus einem eher religionswissenschaftlichen Interesse mit dem Studium beginnen, ein anderer ist vielleicht im Rahmen eines geistlich geprägten Elternhauses aufgewachsen, die spontanste und bemerkenswerteste Begründung warum man denn eigentlich in unserer Zeit noch Theologie studieren sollte, ist mir aus meiner eigenen Studienzeit noch in lebhafter Erinnerung, als ein Studienkollege auf die Frage unseres Professors für systematische Theologie trocken antwortete: "Weil es total freakish ist." Fremde Sprachen, 2000 Jahre alte Weisheit, eine Geschichte mit Mord und Totschlag und vieles weitere mehr, bei der Theologie bleibt also garantiert kein Auge trocken - soviel dürfen wir versprechen.

Ein weiteres Tränen in die Augen treibendes Zitat - das uns ein vielleicht weiter verbreitetes Mißverständnis über Wesen und Arbeitsmethoden moderner Theologie vor Augen führen kann - einer Studienkollegin aus meinen frühen Tagen an der theologischen Fakultät, sei hier ebenso genannt: "Muß ich jetzt etwa ein Buch lesen, oder wie?" Ja, Theologie ist eine Wissenschaft - genauer gesagt eine Geisteswissenschaft - und als solche setzt sie durchaus das Lesen diverser geisteswissenschaftlicher Publikationen voraus. Wer also meint, an der theologischen Fakultät eine Art netten Urlaub mit ein paar kleinen spannungsgeladenen Einheiten (Prüfungen, Examen und Klausuren) dazwischen verbringen zu können, der wäre wohl gut beraten seine Definition dessen was er unter der Theologie als Wissenschaft versteht gründlich zu hinterfragen.

Nach Luther(*) gehören drei Elemente wesentlich zum Studium der Theologie hinzu: Oratio (das Gebet), Meditatio (die geistige, reflektierte Arbeit) und Tentatio (die Anfechtung). Gewiss mag dies zur Zeit des großen deutschen Reformators noch in dieser Form eine allgemeingültige Formel zur Beschreibung des Studiums der Theologie gewesen sein, heute sieht der Alltag des typischen Theologiestudenten aber bei weitem unreligiöser aus. Wohlgemerkt: Unreligiöser und nicht Ungeistlicher. Denn die geistige Arbeit, das reflektierende Studium - nicht nur der Bekenntnisschriften der eigenen Kirche, oder der biblischen Texte - sondern auch weiterführender akademischer Literatur zählt zu den typischen Betätigungen der Studenten wesentlich hinzu. Auch das ein oder andere Stoßgebet in klausurintensiven Zeiten soll aktuellen Gerüchten zufolge auch abseits der fakultätseigenen Gottesdienste noch zu vernehmen sein - wenngleich angeblich nicht mehr in gleich dringlicher Intensität wie noch zu Zeiten der altprotestantischen Orthodoxie. Luthers Tischreden etwa zeigen uns diesbezüglich sehr klar auf, daß die Gottesbegegnung in evangelischer Vorstellung traditionell nicht auf den sakralen Raum einer gottesdienstlichen Versammlung beschränkt ist, sondern immer und überall - wie sie auch bei Karl Barth in seiner kirchlichen Dogmatik (**) lesen können je und je - neu erlebt, neu erfahren werden kann und erfahren werden muß, will Mensch wirklich verantwortungsvoll von Gott - und mit Gott - reden. Nämlich nicht nur in der exegetischen (auslegenden) oder homiletischen (verkündigenden) Arbeit mit den biblischen Texten, sondern ganz gewöhnlich und unspektakulär auch in ihrem Lebensalltag.

Theologie als Wissenschaft?

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Wozu dann aber noch wissenschaftliche Theologie? Oder fragen wir zunächst besser: Was ist denn das eigentlich - die Theologie? Das Wort Theologie setzt sich, wie sie vielleicht schon gehört haben, ja aus den griechischen Worten Theos (Gott) und Logos (Rede oder Lehre) zusammen. Theologie ist also in erster Linie einmal Rede von Gott. Rede von Gott - und wie man sagen muß - Reden über Gott. Gleichzeitig bleibt die Theologie aber nicht dabei stehen, immer nur wieder dasselbe über den ewig unveränderlichen Gott zu verkünden - nein, sie fragt auch nach der Legitimation ihrer Rede von Gott und der zeitgemäßen Form ihrer Verkündigung. Und - verzeihen sie den Seitenhieb in Richtung der Naturwissenschaften - keine andere Wissenschaft mit der ich bislang konfrontiert war, geht so hart mit ihrem eigentlichen Erkenntnisgegenstand ins Gericht, wie die moderne Theologie mit der biblischen Überlieferung. Wir fragen also beispielsweise nicht nur was uns ein biblisches Buch - wie etwa der Römerbrief - zu sagen hat, sondern auch wer denn der eigentliche Urheber des Römerbriefes war. "Paulus" werden die meisten von ihnen antworten. Aber - so fragt die Theologie weiter, auch wenn Paulus als Verfasser des Römerbriefes nicht umstritten ist - wo könnte er ihn dann denn geschrieben haben? Und so beginnt also einmal unser Fragen nach dem eigentlichen Inhalt der in der Kirche stattfindenden Rede von Gott. Solche und andere Fragen werden sie im Laufe ihres Studiums in der sogenannten "Einleitungswissenschaft" behandelt finden. Gemeinsam mit den exegetischen Fächern (Exegese At, Exegese Nt), allgemeiner gehaltenen Einführungen in die unterschiedlichen Disziplinen der Theologie als Wissenschaft und einführenden Vorlesungen in das große Themengebiet der Religionswissenschaft werden sie bald feststellen, daß das "Kerngeschäft" zeitgemäßer christlicher - auch evangelischer - Theologie längst nicht mehr auf die Arbeit am Text der heiligen Schrift beschränkt ist, sondern weit, weit darüber hinaus geht.

Und warum soll das alles aber nun eine Wissenschaft sein? Nun sehen Sie, diese Frage ist gar nicht so leicht zu beantworten - und führt uns im Grunde schon ein Stück weit in den Bereich der Wissenschaftstheorie hinein, an der ja auch die Theologen nicht gänzlich unbeteiligt sind. Daß die Theologie auch heute noch als Wissenschaft gilt, ist ja einmal geschichtlich legitimiertes Faktum. Ich würde sogar so weit gehen zu behaupten: Ohne Theologie, keine Wissenschaft wie wir sie heute kennen. Die Geburtsstunde der heutigen Universitäten - und mit ihr auch der Wissenschaften - begegnet uns in Gestalt der sog. "Scholastik", für die übrigens theologische Fragestellungen prägend waren. Auch Fragen die heute eher der Naturwissenschaft zugerechnet werden, wurden zuerst von Theologen, mitunter von Mönchen und ähnlichen geistlichen Menschen aufgeworfen - denken sie etwa an die mendelschen Gesetze, von denen sie ja im Biologieunterricht gehört haben. Und selbst Darwin, der - in fundamentalistischen Kreisen viel gescholtene - Begründer der darwinistischen Evolutionstheorie (die ja auch nicht die erste ihrer Art war) war Theologe. Denken Sie an Luther und die Reformation, als deren ureigenstes Kind die Aufklärung gesehen werden kann. Und denken Sie an die großen Philosophen Descartes, Kant und Schleiermacher - die ja wenngleich nicht alle Theologen, so doch immerhin gläubige Menschen waren und auch als solche einmal genannt werden dürfen. Die Geschichte der Theologie und die Geschichte moderner Wissenschaft gehen also zumindest einmal Hand in Hand - wie wir nüchtern feststellen wollen.

Zugleich mit der Frage nach der Legitimation der Theologie als Wissenschaft - sollten wir aber immer auch die Gegenfrage stellen: Ja - warum sollte denn gerade die Theologie nicht als Wissenschaft gelten? Weil sie die Existenz Gottes postuliert - mag die einfach klingende Antwort auf diese Frage lauten. Gewiss ist uns auch das bekannt - und stellen Sie sich vor - die Frage nach der Vorurteilsfreiheit als Kennzeichen wissenschaftlicher Arbeit wurde ebenso schon von Theologen aufgeworfen und erörtert. Fakt ist nun aber, daß gerade die Theologie auch schon als etwas völlig anderes denn als Wissenschaft gegolten hat. Wie Barth schreibt: als sapientia christiana (christliche Weisheit), als sacra doctrina (heilige Lehre) und eben als scientia (Wissenschaft). Gerade mit unserem Anspruch Wissenschaft zu sein rufen wir aber dem "modernen Heidentum" der anderen Wissenschaften ins Gedächtnis, daß das Postulat der Existenz Gottes, eben genauso ein präskriptives Urteil darstellt wie das Postulat der Nicht-Existenz Gottes. Und warum das eine nun wissenschaftlicher sein soll als das andere, das können nicht einmal mehr wir Theologen schlüssig argumentieren...

enzyklopädische Aufzählung - ohne Anspruch auf Vollständigkeit

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Fakt ist und bleibt: Theologie ist eine Wissenschaft. Und als solche realisiert sie ihren Alltag im akademischen Umfeld in verschiedenen Disziplinen, die hier in enzyklopädischer Aufzählung die keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt einführend genannt werden sollen:

a)Einleitungswissenschaften und exegetische Fächer

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-Bibelkunde

-Einleitung AT

-Einleitung NT

-Exegese AT

-Exegese NT

b)historische Fächer

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-Kirchengeschichte

-Einführung in die abendländische Geistes- und Kulturgeschichte

-Patristik und Väterkunde

c)systematisch-theologische Fächer

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-systemtatische Theologie

-Dogmatik

-ökumenische Theologie (*eher ein Exot, der aber in Anlehnung an den Lehrstuhl für ökumenische Theologie an der katholisch-theologischen Fakultät der Universität Graz dennoch genannt werden soll)

-Philosophie im Rahmen des theologischen Studiums

d)praktisch-theologische Fächer

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-Religionspädagogik

-praktische Theologie

-Pastoralpsychologie (*wieder eher ein Exot, der aber dennoch in Anlehnung an J.Scharfenberg mehr als nur einen Blick wert ist)

-Homiletik

-Seelsorge

e)Kirchenrecht

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f)Religionswissenschaft

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--Zeitipower 16:23, 25. Jan. 2010 (CET)


(*)Martin Luther, Über das Studium der Theologie Text im Archiv von Glaubensstimme.de

(**)Karl Barth, TVZ, "Kirchliche Dogmatik", Studienausgabe, erster Teilband, Erläuterungen zu §1