Gene Drives zur Malaria Bekämpfung

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In diesem Projekt modellieren wir die Ausbreitung von Gene drives in Populationen von Stechmücken.


Modellierungsthema[Bearbeiten]

Die Stechmücke Anopheles bei der Blutmahlzeit

Malaria wird durch Plasmodien ausgelöst und ist weltweit die häufigste Infektionskrankheit. Für das Jahr 2018 schätz die WHO die Zahl der Malariafälle auf 228 Millionen, von denen etwa 400000 tödlich verliefen. Als Verbreitungsvektor dienen infizierte, weibliche Stechmücken der Gattung Anopheles. Etwa 90% der Erkrankungen treten in Afrika auf.[1]

2003 wurden erstmals konkrete Vorschläge gemacht mithilfe von Gene Drives natürliche Population vollständig genetisch zu manipulieren, um beispielsweise Stechmücken zu erhalten, die nicht in der Lage sind Malaria zu übertragen. Gene Drives basieren auf dem Prinzip sogenannter egoistischer Gene. Dies sind Gene, die nicht nach den Mendelschen Regeln, sondern überproportional häufig weitervererbt werden, und sich deshalb sehr schnell in einer Population verbreiten und andere Gene verdrängen können. [2] Die Idee scheiterte zunächst in der praktischen Umsetzung.

Möglich wurde der Ansatz durch die Entdeckung der CRISPR/Cas-Methode im Jahr 2012. Diese vereinfacht es deutlich die Stechmücken genetisch so zu verändern, dass diese nicht mehr als Übertragungsvektor dienen können. [3] Zusätzlich ermöglicht sie, sogenannte CRISPR Gene Drives mit hoher Effizienz zu konstruieren. [4] Gene Drives werden kontrovers diskutiert, da sie einerseits das Potential bieten, auf eine günstige und umweltverträgliche Weise, innerhalb weniger Jahre Malaria auszurotten, auf der anderen Seite aber einen gravierenden Eingriff in die Natur darstellen, der bei einem Fehlschlag oder Missbrauch drastische Folgen haben könnte. [3]

Zuordnung zu den Nachhaltigkeitszielen der UN[Bearbeiten]

SDG 3: Good health and well-being[Bearbeiten]

Malaria ist eine weit verbreitet Infektionskrankheit, deren Bekämpfung auch als eines der Milleniumsentwicklungsziele der UN benannt wird. Etwa die Hälfte der Weltbevölkerung ist der Bedrohung durch Malaria ausgesetzt. Abgesehen von den direkten Folgen hat die erhöhte Sterblichkeit durch Malaria zur Folge, dass auch einige Erbkrankheiten, die gegen Malaria immunisieren in deutlich erhöhtem Ausmaß in den betroffenen Gebieten vorkommen.

SDG 10: Reduced Inequalities[Bearbeiten]

Obwohl Malaria, abgesehen von den polaren und alpinen Gebieten, prinzipiell überall auftreten kann, ist die Krankheit in Mitteleuropa und Nordamerika inzwischen vollständig ausgerottet. Ein Großteil der Infektionen findet in Zentralafrika statt. Dies ist nicht nur eine Ursache, sondern, zumindest in Teilen auch Folge ungleicher Lebensbedingungen, wie beispielsweise limitiertem Zugang zu medizinischer Versorgung und Schutzmaßnahmen.

SDG 15: Life on Land[Bearbeiten]

Gene Drives könnten, verglichen mit konservativen Ansätzen, eine ökologisch deutlich verträglichere Methode sein um Malaria zu bekämpfen. Es werden keine Pestizide verwendet und da die Mücken lediglich verändert, aber nicht getötet werden findet kein Eingriff in das Nahrungsnetz statt. Gleichzeitig hat die Technologie das Potenzial weitreichende Folgen für Biodiversität und Ökosysteme zu haben.

SDG 17: Partnership for the Goals[Bearbeiten]

Gene Drives stoppen nicht an Landesgrenzen. Die Entscheidung, einen solchen freizusetzen, benötigt einen internationalen Diskurs und kann zu erheblichen diplomatischen Spannungen führen.

Fragestellung[Bearbeiten]

Wir wollen herausfinde, wie schnell sich veränderte Gene mithilfe von Gene Drives in Populationen verbreiten lassen und wie lange es dauert, um eine Population, oder alle Tiere in einem Gebiet vollständig zu verändern.

Fachwissenschaftliche Grundlagen[Bearbeiten]

Sekundarstufe 1[Bearbeiten]

  • Exponentialfunktionen
  • Abschätzen von Wahrscheinlichkeiten auf Grundlage von relativen Häufigkeiten

Sekundarstufe 2[Bearbeiten]

  • Matrizen und Matrixmultiplikation
  • Wahrscheinlichkeitsrechnung

Uniniveau[Bearbeiten]

  • Matrizen und Matrixmultiplikation
  • Wahrscheinlichkeitsrechnung
  • Definieren von Funktionen

Modellierung[Bearbeiten]

Zyklus 1.1: Populationsentwicklung[Bearbeiten]

Im ersten Zyklus ging es zunächst darum, eine realistische Populationsentwicklung der Mücken im Jahresverlauf zu modellieren. Als Referenz wurde die jährliche Entwicklung einer Population der Subspezies Anopheles gambiae s.s. in Mali verwendet, die mithilfe der Rückfangmethode abgeschätzt wurde. [5]

Zugrundeliegende Annahmen[Bearbeiten]

Zur Vereinfachung wurde eine Generationslänge von einem Monat angenommen, an dessen Ende ein vollständiger Generationswechsel stattfindet. Zu diesem Zeitpunkt wird die neue Generation geboren, während die alte Generation vollständig stirbt. Um die Anzahl an Nachkommen pro Mücke einzuschätzen, wurden Daten aus einer Kohortensterbetabell genutzt, die auf Grundlage einer Laborstudie für die Art Anopheles gambiae bestimmt wurde.[6] Es ergab sich, dass pro weiblicher Mücke etwa 11,374 weibliche Nachkommen nach 14 Tagen die Geschlechtsreife erreichen.

Während der Studie in Mali wurden für die Mücken in 5 verschiedenen Jahren tägliche Überlebenswahrscheinlichkeiten zwischen 0,80 und 0,97 ermittelt. In unserer Modellierung wurde eine Überlebenswahrscheinlichkeit von 0,884 für die verbleibenden 16 Tage der Generation verwendet, um der als Referenz verwendeten Populationsentwicklung möglichst gut zu entsprechen. Gemäß der Kohortentabelle liegt das Verhältnis zwischen weiblichen und männlichen Tieren bei 55 zu 45.

Die als Referenz verwendete Population in Mali unterliegt jahreszeitlichen Schwankungen, die auf die Verteilung der Niederschläge zurückzuführen sind. Von März bis zum regenreichsten Monat August wächst die Population. Ab September sind sowohl die Niederschläge, als auch die Individuenzahlen rückläufig. Wir gehen davon aus, dass sich die Populationsgröße über mehrere Jahre hinweg nicht verändert.

Berechnung und Implementierung[Bearbeiten]

Für das Populationswachstum ergab sich folgende Formel:

Ausgehend von der Annahme, dass die Populationsgröße über mehrere Jahre hinweg stabil bleibt, lässt sich die Formel für den Populationsrückgang berechnen:

Populationswachstum und Rückgang wurden in R mittels Schleifen umgeseetzt:

for (i in 1:6) {                                                   
  populationsentwicklung[i] <- populationsgroesse                 
  populationsgroesse <- populationsgroesse*11.374                 
  populationsgroesse <- populationsgroesse*0.884^16
}
for (i in 7:12) {                                                
  populationsentwicklung[i] <- populationsgroesse                 
  populationsgroesse <- populationsgroesse*(1/(11.374*(0.884^16)))

Ergebnisse[Bearbeiten]

Entwicklung der modellierten Population
Entwicklung der modellierten Population

Zyklus 1.2: Verbreitung der genetisch veränderten Mücken[Bearbeiten]

Im zweiten Schritt ging es darum, die Verbreitung der genetisch veränderten Tiere in der Population darzustellen.

Zugrundeliegende Annahmen[Bearbeiten]

Für unsere Modellierung gehen wir davon aus, dass das modifizierte Gen an alle Nachkommen weitergegeben wird, unabhängig davon, ob eines oder beide Elternteile das Gen tragen. Außerdem nehmen wir an, dass sich das veränderte Gen nicht negativ auf die biologische Fitness der Tiere auswirkt und somit genetisch veränderte Mücken gleiche Überlebenswahrscheinlichkeiten und Fortpflanzungsraten wie nicht modifizierte Mücken besitzen.

Berechnungen und Implementierung[Bearbeiten]

Unter folgenden Bedingungen entsteht Nachwuchs, der die veränderten Gene trägt:

  • das weibliche Elternteil trägt das veränderte Gen
  • das männliche Elternteil trägt das veränderte Gen
  • beide Elternteile tragen das veränderte Gen

Somit errechnet sich die Wahrscheinlichkeit für genetisch veränderten Nachwuchs wie folgt:

Entsprechend ergibt sich für nicht genetisch veränderten Nachwuchs Folgendes:

Die Fortpflanzung wurde in R zunächst wiefolgt realisiert:

weib_gen1 <- ((weib_gen+weib_nat)*(weib_gen/(weib_gen+weib_nat))*(maen_gen/(maen_gen+maen_nat))*0.55)
weib_gen2 <- ((weib_gen+weib_nat)*(weib_gen/(weib_gen+weib_nat))*(maen_nat/(maen_gen+maen_nat))*0.55)
weib_gen3 <- ((weib_gen+weib_nat)*(weib_nat/(weib_gen+weib_nat))*(maen_gen/(maen_gen+maen_nat))*0.55)
weib_gen_ges <- (weib_gen1+weib_gen2+weib_gen3)*2*(0.884^16)*11.374
 
maen_gen1 <- ((weib_gen+weib_nat)*(weib_gen/(weib_gen+weib_nat))*(maen_gen/(maen_gen+maen_nat))*0.45)
maen_gen2 <- ((weib_gen+weib_nat)*(weib_gen/(weib_gen+weib_nat))*(maen_nat/(maen_gen+maen_nat))*0.45)
maen_gen3 <- ((weib_gen+weib_nat)*(weib_nat/(weib_gen+weib_nat))*(maen_gen/(maen_gen+maen_nat))*0.45)
maen_gen_ges <- (maen_gen1+maen_gen2+maen_gen3)*2*(0.884^16)*11.374
 
weib_nat_ges <- ((weib_gen+weib_nat)*(weib_nat/(weib_gen+weib_nat))*(maen_nat/(maen_gen+maen_nat))*(0.884^16)*11.374)*0.55*2
 
maen_nat_ges <- ((weib_gen+weib_nat)*(weib_nat/(weib_gen+weib_nat))*(maen_nat/(maen_gen+maen_nat))*(0.884^16)*11.374)*0.45*2

Vollständiger R-Code[Bearbeiten]

Ergebnisse[Bearbeiten]

Entwicklung der Population über zwei Jahre getrennt nach Geschlechtern:
rot = natürlich, weiblich
blau = natürlich, männlich
grün = genetisch verändert, weiblich
gelb = genetisch verändert, männlich

Bereits nach einem Jahr sind alle Mücken genetisch verändert:

Entwicklung der Population über zwei Jahre, getrennt nach genetisch veränderten (grün) und natürlichen Mücken (rot)
Entwicklung der Population über zwei Jahre, getrennt nach genetisch veränderten (grün) und natürlichen Mücken (rot)

Probleme des ersten Zyklus[Bearbeiten]

Im ersten Zyklus wird der Zuwachs an Mücken für männliche und weibliche Tiere getrennt berechnet. Dies ist für das Populationswachstum in den ersten sechs Monaten unproblematisch. Da aber der, für den Populationsrückgang verwendete, Faktor als Kehrwert aus dem Wachstumsfaktor berechnet wird, kommt es hierbei zu einer Umkehrung der Geschlechterverhältnisse und zu fehlerhaften Zwischenwerten in den Monaten 7 bis 12.

Zyklus 2[Bearbeiten]

Im zweiten Zyklus soll die Verbreitung der veränderten Gene unter Berücksichtigung der räumlichen Komponente modelliert werden.

Zugrundeliegende Annahmen[Bearbeiten]

In diesem Modellierungsschritt gehen wir davon aus, dass an jedem Ort gleich viele Mücken vorhanden sind und gleiche Überlebenswahrscheinlichkeiten und Fortpflanzungsraten vorliegen. Für die Fortpflanzung gelten die selben Annahmen, wie in Zyklus 1. Die Mücken können sich nur miteinander Fortpflanzen, wenn sie sich begegnen. Zu diesem Zweck wird die betrachtete Fläche in Quadrate unterteilt und die Annahme getroffen, dass Fortpflanzung nur zwischen Mücken stattfindet, die sich im selben Quadrat befinden.

Zwischen den Generationswechseln findet jeweils eine Umverteilung der vorhandenen Mücken statt. Hierbei gehen wir davon aus, dass sich die Tiere unabhängig voneinander in beliebige Richtung bewegen, sodass die Gesamtzahl an Mücken pro Quadrat gleich bleibt. Wir setzen willkürlich fest, dass in jeder Generation jeweils 10% der Mücken in direkt benachbarte Felder und jeweils 5% der Mücken in diagonal angrenzende Felder gelangen. Wir nehmen den betrachteten Ausschnitt als abgeschlossenen Bereich an, es findet kein Austausch mit Tieren außerhalb dieses Bereichs statt.

Berechnung und Implementierung[Bearbeiten]

Die Population wird in Form von zwei 50x50 Matrizen abgebildet, von denen eine die genetisch veränderten und die andere die nicht veränderten Tiere abbildet. An drei Stellen wurden genetisch veränderte Tiere in die Population eingebracht.

10x10 Ausschnitt aus den verwendeten Matrizen:

"nat" = "gen" =

In einem ersten Schritt findet die Umverteilung statt. Dabei muss jedes Element der Matrix neu berechnet werden, ausgehend vom ursprünglichen Wert des Elements und den Werten der anliegenden Matrixelemente. Dabei findet in Quadraten, die am Rand des betrachteten Bereichs liegen entsprechend der getroffenen Annahmen, nur Austausch mit Quadraten statt, die innerhalb des Bereichs liegen. Der Anteil der Tiere, die im Quadrat verbleiben ist entsprechend größer.

Berechnung für ein Element in der Mitte der Matrix:

hilfm_gen[i,j] <- (gen[i,j]*0.40 + gen[i-1,j-1]*0.05 + gen[i-1,j]*0.10 + gen[i-1,j+1]*0.05 + gen[i,j+1]*0.10 + gen[i+1,j+1]*0.05 + gen[i+1,j]*0.10 + gen[i+1,j-1]*0.05 + gen[i,j-1]*0.10)

Berechnung für ein Element am oberen Rand der Matrix:

hilfm_gen[i,j] <- (gen[i,j]*0.60 + gen[i,j-1]*0.10 + gen[i+1,j-1]*0.05 + gen[i+1,j]*0.10 + gen[i+1,j+1]*0.05 + gen[i,j+1]*0.10)

Berechnung für das Element in der links-oberen Ecke der Matrix:

hilfm_gen[i,j] <- (gen[i,j]*0.75 + gen[i+1,j]*0.10 + gen[i+1,j+1]*0.05 + gen[i,j+1]*0.10)

In diesem Zyklus wurde die Fortpflanzung wie folgt realisiert. Zunächst wurde ausgehend von der in Zyklus 1 bestimmten Wachstumsraten die neuen Zahlen an Mücken getrennt nach Genen berechnet. Die Aufteilung nach männlichen und weiblichen Tieren findet in einem späteren Schritt statt. Das hat gegenüber dem ersten Zyklus den Vorteil, dass für alle Tiere eine einheitliche Wachstumsrate vorliegt.

Fortpflanzung:

for(k in 1:n){
  for(l in 1:n){
    gen_1[k,l] <- ((gen_weib[k,l]+nat_weib[k,l])*(gen_weib[k,l]/(gen_weib[k,l]+nat_weib[k,l]))*(gen_maen[k,l]/(gen_maen[k,l]+nat_maen[k,l])))
    gen_2[k,l] <- ((gen_weib[k,l]+nat_weib[k,l])*(gen_weib[k,l]/(gen_weib[k,l]+nat_weib[k,l]))*(nat_maen[k,l]/(gen_maen[k,l]+nat_maen[k,l])))
    gen_3[k,l] <- ((gen_weib[k,l]+nat_weib[k,l])*(nat_weib[k,l]/(gen_weib[k,l]+nat_weib[k,l]))*(gen_maen[k,l]/(gen_maen[k,l]+nat_maen[k,l])))
    gen_gesamt[k,l] <- (gen_1[k,l]+gen_2[k,l]+gen_3[k,l])*(0.884^16)*11.374*(100/55)
   
    nat_gesamt[k,l] <-((gen_weib[k,l]+nat_weib[k,l])*(nat_weib[k,l]/(gen_weib[k,l]+nat_weib[k,l]))*(nat_maen[k,l]/(gen_maen[k,l]+nat_maen[k,l]))
    *(0.884^16)*11.374)*(100/55)
  }  
}

Aufteilung nach Geschlechtern:

gen_weib <- gen*0.55
gen_maen <- gen*0.45
nat_weib <- nat*0.55
nat_maen <- nat*0.45

Damit wurde das in Zyklus 1 beschriebene Problem behoben.

Vollständiger R-Code[Bearbeiten]

Ergebnisse[Bearbeiten]

Anzahl an genetisch veränderten Mücken (Heatmap)
Anzahl an genetisch veränderten Mücken nach 2 Jahren (Surface Plot)

Insgesamt dauert es 6 Jahre, bis sämtliche Mücken auf dem Gebiet genetisch verändert sind. Dabei fällt auf, dass für die Geschwindigkeit die räumliche Komponente der limitierende Faktor ist. Sind an einem Ort die ersten genetisch veränderten Mücken vorhanden, genügen wenige Generationen, bis die Naturformen des Gens vollständig verschwunden sind.

Anzahl der Mücken aufgeteilt nach natürlichen (Weibchen in rot, Männchen in blau) und genetisch veränderte Tieren (Weichen in grün, Männchen in gelb)
Anzahl der Mücken aufgeteilt nach natürlichen (Weibchen in rot, Männchen in blau) und genetisch veränderte Tieren (Weichen in grün, Männchen in gelb)

Zyklus 3[Bearbeiten]

Im dritten Zyklus soll berücksichtigt werden, dass die Mücken nicht über ein Gebiet gleichverteilt sind. Dazu wird ein tatsächlicher Datensatz verwendet.

Zugrundeliegende Annahmen[Bearbeiten]

Die Modellierung basiert auf einem Datensatz, der der Webseite des Malaria Atlas Projekts entnommen wurde. Die heruntergeladene Rasterdatei gibt für Quadrate mit einer Seitenlänge von ca. 5 km eine modellierte, gemittelte relative Wahrscheinlichkeit für das Vorkommen von Mücken des Anopheles gambiae Spezies Komplex an.[7] Die Rasterdatei wurde in Octave in eine Matrix umgewandelt, wobei die relativen Wahrscheinlichkeiten für das Vorkommen willkürlich in absolute Werte umgewandelt wurden. Die von uns verwendeten absoluten Zahlen sind nur in Relation zueinander aussagekräftig und erlauben keinen Rückschluss auf die tatsächliche Zahl der Mücken in der Region.

Für die Modellierung gehen wir davon aus, dass die Ungleichverteilung der Mücken auf ungleiche Lebensbedingungen vor Ort zurückzuführen sind, die eine Lebensgrundlage für unterschiedlich große Zahlen an Mücken bieten können. Wir nehmen an, dass sich die Verteilung der Mücken über das Raster nicht mit der Zeit verändert. Außerdem gehen wir davon aus, dass durch die entsprechende Verteilung der Mücken trotzdem überall gleiche Fortpflanzungsraten und Überlebenswahrscheinlichkeiten vorliegen. Zwischen den Quadraten findet wie im vorangegangenen Zyklus willkürlicher Austausch statt. Die Zahl der Mücken, die zwischen zwei Quadraten ausgetauscht werden, orientiert sich an den absoluten Zahlen an Mücken beider Quadrate und kann die Zahl an Mücken in einem der Quadrat nicht überschreiten.

Berechnung und Implementierung[Bearbeiten]

Heatmap der Ausgangspopulation
Surface Plot der Ausgangspopulation

Der genutzte Datensatz wurde auf eine 100x100 Matrix beschränkt. An den Stellen [2,5], [25,77] und [90,30] wurden erneut jeweils 50 genetisch veränderte Mücken hinzugegeben. 10x10 Ausschnitt der Ausgangsmatrix mit natürlichen Mücken:

"nat" =

Die Berechnung der Anzahl der Mücken, die zwischen zwei Quadraten und ausgetauscht werden geschieht wiefolgt:

Die Anteile an genetisch veränderten bzw. natürlichen Mücken entsprechen dabei denen, in dem Quadrat, aus dem die Mücken kommen. Für Quadrate, die über Eck anliegen liegt der Austausch statt bei 8% bei 4% des Mittelwerts.Um den R-Code übersichtlicher und kürzer zu gestalten, wurde die Austauschbewegung von einem Quadrat ins andere als Funktion definiert. Hier beispielhaft für die genetisch veränderten Mücken:

zuwa_gen <- function(ziel_ges,start_ges,start_gen,prozent){
  if (ziel_ges == 0| is.na(ziel_ges)){
    return(0)
  }else if (start_ges == 0| is.na(start_ges)){
    return(0)
  }else{
    theo_zuwachs <- ((ziel_ges+start_ges)/2)*prozent
    abs_zuwachs <- min(theo_zuwachs,ziel_ges,start_ges)
    rel_zuwachs <- abs_zuwachs/start_ges
    zuwachs_gen <- rel_zuwachs*start_gen
    return(zuwachs_gen)
  }
}

Da aufgrund der Berechnung nicht jedes Quadrat den gleichen Anteil Mücken austauscht, wird die Zahl der verbliebenen Mücken anhand der dazugekommenen Mücken berechnet:

Die Berechnung der verbleibenden Mücken wurde ebenfalls als Funktion definiert, hier wieder gezeigt für die genetisch veränderten Mücken:

verb_gen <- function(ziel_ges,zuwa_ges,ziel_gen){
  if (ziel_ges == 0 | is.na(ziel_ges)){
    return(0)
  }else{
    abs_verbleib <- ziel_ges-zuwa_ges
    rel_verbleib <- abs_verbleib/ziel_ges 
    verbleib_gen <- ziel_gen*rel_verbleib
    return(verbleib_gen)
  }
}

Um die Berechnung der Umverteilung zu ermöglichen, wurden deshalb im dritten Zyklus die Berechnung von genetisch veränderten und natürlichen Mücken in einer Schleife durchgeführt und nicht mehr wie in Zyklus 2 separat voneinander.

Vollständiger R-Code[Bearbeiten]

Ergebnisse[Bearbeiten]

Es dauert 9 Jahre, bis sämtliche Mücken genetisch verändert sind. Der längere Zeitraum, in Vergleich zum zweiten Zyklus, ergibt sich aufgrund der größeren Matrix und der höheren Gesamtzahl an Mücken. Insgesamt ähnelt die Populationsentwicklung stark derer, die in Zyklus 2 beobachtet werden konnte:

Entwicklung der Population über 12 Jahre getrennt nach Geschlechtern:
rot = natürlich, weiblich grün = genetisch verändert, weiblich
blau = natürlich, männlich gelb = genetisch verändert, männlich

Auch hier zeigt sich, dass die Verbreitung des Drives in der Population hauptsächlich durch die Bewegungsgeschwindigkeit der Mücken begrenzt wird. Die Ungleichverteilung der Mücken über die Fläche scheint keine nennenswerten Auswirkungen auf die Ausbreitungsgeschwindigkeit zu haben.

Probleme des dritten Zyklus[Bearbeiten]

Die Umverteilung der Mücken hat sich aufgrund der ungleichen Anzahlen in den Quadraten als sehr schwierig dargestellt. Bei dem von uns verwendeten Algorithmus kam es dazu, dass die absoluten Zahlen von natürlichen und genetisch veränderten Mücken bei der Umverteilung nicht gleich blieben. Lediglich die absolute Zahl an Mücken verhielt sich konstant. Nach der Matrix war der Anteil an genetisch veränderten Mücken höher. Es schien als kamen am Rand der Matrix natürliche Mücken dazu, was dazu führte, dass auch nach beliebig vielen Jahren dort nie alle Mücken vollständig genetisch verändert wurden.

Da wir den Fehler in der Berechnung oder Implementierung auch nach längerem Suchen nicht finden konnten wird dieser im Anschluss an die Berechnung so korrigiert, dass er nur noch minimal ins Gewischt fällt. Dazu wurde zunächst das ursprüngliche Geschlechterverhältnis wieder hergestellt, in dem jeder Eintrag der beiden Matrizen mit dem Kehrwert des Faktors multipliziert wird, um den sich die jeweilige absolute Anzahl verändert hat:

änderung_gen <- sum(gen)/sum(hilfm_gen)
änderung_nat <- sum(nat)/sum(hilfm_nat)
gen <- hilfm_gen*änderung_gen
nat <- hilfm_nat*änderung_nat

Da hierbei die absoluten Zahlen an den jeweiligen Stellen der Matrix verändert werden, wird wiederum jeder Eintrag der Matrix mit dem Kehrwert des Faktor multipliziert, um den sich die Gesamtzahl an Tieren an der jeweiligen Stelle geändert hat.

for (i in 1:n){
  for (j in 1:n){
    if((nat[i,j]+gen[i,j]) == 0){
      nat[i,j] <- 0
      gen[i,j] <- 0
    }else{
      änderung_menge <- dichte_original[i,j]/(nat[i,j]+gen[i,j])
      nat_korrigiert[i,j] <- nat[i,j]*änderung_menge
      gen_korrigiert[i,j] <- gen[i,j]*änderung_menge
       
      nat[i,j] <- nat_korrigiert[i,j]
      gen[i,j] <- gen_korrigiert[i,j]
    }
  }
}

Auf diese Weise ist gewährleistet, dass die Populationsdichte über all gleich bleibt, lokale und daraus resultierende absolute Veränderungen im Geschlechterverhältnis wurden abgemildert auf kosten von kleineren Verschiebungen an allen Stellen der Matrix, die insgesamt weniger ins Gewicht fallen.

Zusätzlich ergab sich das Problem, dass die relative Menge an Mücken die pro Quadrat ausgetauscht stark variieren kann, da sie auch von der Anzahl Mücken in den benachbarten Quadraten bestimmt wird. Um zu verhindern, dass mehr als 100% der Mücken ausgetauscht werden, musste daher der daher der Prozentsatz der Mücken die im Schnitt zwischen zwei anliegenden Quadraten ausgetauscht werden von 10% auf 8% gesenkt werden.

Fazit[Bearbeiten]

Die Zahl der Mücken, die benötigt werden, um einen Gene Drive auszulösen ist sehr gering. Die veränderten Gene verbreiten sich sehr schnell. Lokal reichen bereits wenige Generationen, um die Zahl der Mücken, die als Malariavektor dienen können, drastisch zu reduzieren. Die Ausbreitungsgeschwindigkeit des Gene Drives wird in erster Linie durch den Bewegungsradius der Mücken beschränkt. Am effizientesten wäre es an vielen Orten kleine Mengen an genetisch veränderter Mücken freizusetzen. Eine ungleiche räumliche Verteilung der Mückenpopulation hat nahezu keine Auswirkungen auf die Ausbreitung des Drives, lediglich Mücken an Orten, die vollständig isoliert sind können nicht erreicht werden.

Zusammenfassend kann man feststellen, dass Gene Drives definitiv geeignet sind, wenn es darum geht Gene in einer Population zu verbreiten. Sie sind dabei so effektiv, dass die gewählten Rahmenbedingungen für Erfolg und Geschwindigkeit fast zu vernachlässigen sind. Es ist davon auszugehen, dass ein Gene Drive, einmal freigesetzt, in absehbarer Zeit immer zu einer vollständigen genetischen Veränderung der Population führen. Diese Erkenntnisse decken sich mit Meinung von Wissenschaftlern auf dem Gebiet, in Bezug auf ihre Fähigkeit Gene in einer Population zu verbreiten, als extrem effizient beschreiben und inzwischen an Mechanismen arbeiten, diese einzuschränken und besser kontrollierbar zu machen. [8]

Grenzen und Schwächen des Modells[Bearbeiten]

Unser Modell der Ausbreitung ist nur begrenzt realistisch. Nicht berücksichtigt werden geographische und klimatische Faktoren, die Auswirkungen auf die Ausbreitungsgeschwindigkeit der Mücken haben. Denkbar wäre, dass Wind die Mücken über ihre aktive Eigenbewegung hinaus in eine bestimmte Richtung trägt. Berge, größere Gewässer oder andere natürliche Barrieren können die Bewegung der Mücken in bestimmte Richtungen einschränken. Darüber hinaus kann es zur Verschleppung einzelner Mücken in entferntere Gebiete kommen, z. B. in Autos. Dies könnte die Ausbreitungsgeschwindigkeit erhöhen.

Dem Modell liegen einige Annahmen zu Grunde, die aus ökologischer Sicht nicht unbedingt sinnvoll sind. So wird beispielsweise davon ausgegangen, dass an allen Orten die gleichen Überlebenswahrscheinlichkeiten und Fortpflanzungsraten herrschen, und dass die Mücken sich entsprechend der örtlich gebotenen Lebensbedingungen ungleichmäßig auf der Fläche verteilen. Realistischer wäre womöglich einen sogenanntes Source-Sink-Modell, laut dem es, vereinfacht, für die Mücken sehr gut geeignete Habitate gibt, in denen die Fortpflanzungsrate die Sterberate übersteigt (Source). An anderen Stellen liegt die Sterberate höher als die Geburtenrate (Sink). Diese Effekte werden durch Migration zwischen den Orten ausgeglichen.

Zusätzlich fehlen Daten über die tatsächliche Populationsdichte der Mücken. Die im Modell verwendeten Zahlen für die Anzahl der Mücken in einem Quadrat sind nur in Relation zueinander aussagekräftig.

Modellierungsalternativen[Bearbeiten]

Programmalternativen[Bearbeiten]

Die Modellierung ist bis auf eine Ausnahme vollständig in R Statistics entstanden. Es wäre genauso möglich gewesen, sie in Octave umzusetzen. Das hätte den Vorteil gehabt, dass es in Octave deutlich einfacher möglich gewesen wäre, die verwendete Rasterdatei in ein Matrix umzuwandeln. R hat uns den Vorteil geboten, dass mehr Möglichkeiten zur graphischen Darstellung, wie beispielsweise Heatmaps zur Verfügung stehen. Außerdem lässt sich das Programm durch zusätzliche Packages beinah beliebig erweitern.

Der erste Zyklus ließe sich ebenfalls gut in Excel umsetzen, was aufgrund der Zuordnung zur Sekundarstufe I sinnvoll gewesen wäre. Einige Ergebnisse könnte man zusätzlich in GeoGebra als interaktive Grafik darstellen.

Räumliche Ausbreitung mithilfe der Diffusionsgleichung modellieren[Bearbeiten]

Die von uns modellierte Ausbreitung der veränderten Gene ähnelt in seinen Grundzügen einem Diffusionsprozess und ließe sich mithilfe der Diffusionsgleichung annähern. Wir haben uns gegen das Diffusionsmodell entschieden, da dieses Prinzipiell von einer Quelle ausgeht, während in unserem Fall überall dort, wo bereits Mücken sind auch neue entstehen. Daher gehen wir davon aus, dass eine Modellierung mithilfe von Diffusion die Ausbreitungsgeschwindigkeit unterschätzen würde.

Kontinuierlicher Generationswechsel[Bearbeiten]

Unser Modell vereinfacht den Lebenszyklus der Mücken stark. Realistischer wäre es, anzunehmen, dass es bei den Mücken ab erreichen der Geschlechtsreife zu jedem Zeitpunkt mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit zur Fortpflanzung kommen kann. Das würde auch bedeuten, dass zu jedem Zeitpunkt neue Mücken geboren werden bzw. sterben. Modelliert man die Populationsentwicklung auf diese Weise, würde eine höhere zeitliche Auflösung erreicht werden mit dieser man die Ausbreitung des Gens betrachten kann. Allerdings würde damit auch eine höhere Komplexität des Programms und mehr benötigte Rechenleistung einhergehen.

Der kleinsten Zeitabschnitt, der bei unserer Modellierung betrachtet werden kann ist ein Monat. Wir haben uns gegen die alternative Umsetzung entschieden, da Ergebnisse dieser Größenordnung in unserem Kontext ausreichend genau sind, und es auf Grund der vielen Unsicherheiten des Modells wenig sinnvoll erschein noch präzisere Angaben zu machen.

Literatur[Bearbeiten]

  1. WHO: Malaria https://www.who.int/en/news-room/fact-sheets/detail/malaria
  2. Austin Burt: Site-specific selfish genes as tools for the control and genetic engineering of natural populations
  3. 3,0 3,1 Dylan Matthews: A genetically modified organism could end malaria and save millions of lives — if we decide to use it https://www.vox.com/science-and-health/2018/5/31/17344406/crispr-mosquito-malaria-gene-drive-editing-target-africa-regulation-gmo
  4. Kevin M. Esvelt, Andrea L Smidler, Flaminia Catteruccia, George M Chruch: Emerging Technology: Concerning RNA-guided gene drives for the alteration of wild populations
  5. Charles E. Tylor, Nicholar C. Manoukis: Effective population size in relation to genetic modification of Anopheles gambiae sensu stricto
  6. I.K. Olayemi, A.T. Ande: Life table analysis of Anopheles gambiae (Diptera: Culicidae) in relation to malaria transmission
  7. A. Wiebe, J. Longbottom, K. Gleave, F.M. Shearer, N.C. Massey, S. Bhatt, E. Cameron, M.E. Sinka, D.L. Smith, J. Hemingway, P.W. Gething, M. Colman, C.L. Moyes: Geographical distributions of African malaria vector sibling species and evidence for insecticide resistance. Malaria Journal, 16:85.
  8. Kevin M. Esvelt, Neil J. Gemmell: Conservation demands safe gene drive. PLOS Biology (2017)