Holger Brenner/Forschung/Hilbert-Kunz Theorie

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Mit tight closure nahe verwandt ist die Hilbert-Kunz Theorie, die von E. Kunz 1969 begründet und von P. Monsky seit 1983 wesentlich weiterentwickelt wurde. Zu einem primären Ideal in einem lokalen Ring von positiver Charakteristik kann man die sogenannte Hilbert-Kunz Funktion durch die Zuordnung

definieren, wobei die Primzahlpotenzen durchläuft und ist. Diese Funktion steht in Analogie zu der einfacheren Hilbert-Samuel Funktion und gilt im Allgemeinen als mysteriös. Monsky zeigte 1983, dass der Limes

existiert und eine positive reelle Zahl ist. Zugleich formulierte er das Problem, ob diese so genannte Hilbert-Kunz Multiplizität eine rationale Zahl ist.

Hier konnte ich im graduierten zwei-dimensionalen Fall eine Formel für die Hilbert-Kunz Multiplizität angeben, in der neben den Graden der Idealerzeuger verschiedene rationale Invarianten der starken Harder-Narasimhan Filtration des Syzygienbündels eingehen. Daraus ergibt sich die Rationalität der Hilbert-Kunz Multiplizität (dieses Resultat wurde gleichzeitig und unabhängig von Trivedi erzielt). Mit den dabei entwickelten Methoden kann man beweisen, dass der kleinste Term der Hilbert-Kunz Funktion sich (über einem endlichen Körper) letztlich periodisch verhält. In einer neueren Arbeit ist Monsky diesem geometrischen Pfad gefolgt und hat einige meiner Resultate für den Fall von singulären ebenen Kurven partiell verallgemeinert.

In höheren Dimensionen ergeben sich neue Phänome: 2013 konnte ich durch ein Beispiel zeigen, dass die Hilbert-Kunz Multiplizität eine irrationale Zahl sein kann und damit die Vermutung von Monski negativ beantworten. Ausgangspunkt hierfür ist das Studium des Schnittsverhalten von Divisoren auf speziellen -Flächen, nämlich determinantiellen Quartiken in vier Variablen. Im darüberliegenden homogenen Kegel erhält man irrationales Verhalten für gewisse lokal-kohomologische Varianten der Hilbert-Kunz Multiplizität, woraus man letztlich ein Gegenbeispiel zur Rationalitätsvermutung von Monsky konstruieren kann. In diesem Beispiel ist die Multiplizität eine algebraische Zahl; es ist ein Ziel, bald auch transzendente Beispiele konstruieren zu können.

Das Verhalten der Hilbert-Kunz Multiplizität in einer arithmetischen Familie und die Frage, ob ein Limes für existiert, und was dieser Limes in Charakteristik null bedeutet, ist eine große Herausforderungen. Über Kurven existiert der Limes nach einem Resultat von Trivedi, und hat eine Interpretation mit dem Syzygienbündel. Damit gelangt man auch zu einer Formulierung eines Hilbert-Kunz-Kriteriums für den soliden Abschluss in Charakteristik null. Ferner genügt es für die Limes-Bildung, die Längenfunktion nur für die erste Potenz der Primzahlen zu kennen.

Ein neuer charakteristik-freier Ansatz für die Hilbert-Kunz Theorie wurde von Fischbacher-Weitz und mir im Rahmen eines EPSRC-Projektes entwickelt. Dabei wird die Frobenius-Asymptotik in positiver Charakteristik durch eine symmetrische Asymptotik der zugehörigen Vektorbündel ersetzt. Dies erfüllt über projektiven Kurven alle gewünschten Eigenschaften, ist aber in höheren Dimensionen noch weitgehend unverstanden. Daran anschließend kann man analog zur -Signatur eine symmetrische Signatur betrachten, die für zweidimensionale $ADE$-Singularitäten die erwarteten Eigenschaften besitzt.

Aufbauend auf Resultaten von Watanabe und Yoshida konnte ich zeigen, dass die Invariantentheorie eine weitere große Beispielklasse darstellt, wo die Hilbert-Kunz Multiplizität eine unmittelbare und charakteristikfreie Interpretation besitzt, und zwar ist sie gleich dem Quotienten aus der Dimension des Koinvariantenrings und der Gruppenordnung.