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Kryptologie/Restklassenring

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Einleitung

In dieser Lerneinheit wollen wir zeigen, dass sich auf der Menge der Restklassen modulo ein Ring definieren lässt, den wir Restklassenring nennen. Wir benötigen dies um mit Restklassen in Kryptosystem, wie dem RSA-Kryptosystem, rechnen zu können[1] und beispielsweise den erweiterten euklidischen Algorithmus anwenden zu können[2]. Zu diesem Zweck benötigen wir die inneren Verknüpfungen der Addition und Multiplikation[3].

Restklassenring

Restklasse, , Ring, Halbgruppe, Gruppe, kommutative Gruppe,

neutrales und inverses Element und Assoziativgesetz

ist die Menge aller Restklassen modulo [4]
Restklasse
Sei modulo einer Zahl die Menge aller ganzen Zahlen,

die den gleichen Rest bei Division durch aufweisen wie .

Dann ist die Restklasse zu [5].

Ring
heißt Ring, wenn für die Menge mit den zwei Verknüpfungen und gilt
  • eine kommutative Gruppe ist,
  • eine Halbgruppe ist,
  • die Distributivgesetze gelten für alle , d.h.
    • und [6]
Halbgruppe
Eine Halbgruppe besteht aus einer Menge und

einer inneren Verknüpfung

die assoziativ ist, d. h. für alle gilt [7][3].

Gruppe
Eine Halbgruppe , die ein neutrales Element besitzt und

jedes Element der Halbgruppe invertierbar ist, heißt Gruppe[8].

Kommutative Gruppe
Eine Gruppe heißt kommutative Gruppe, wenn die

zugehörige Halbgruppe kommutativ ist, d.h.

gilt: [9].

Neutrale Element
Sei eine Halbgruppe und . Wir nennen neutrales Element der

Halbgruppe , falls für alle [8].

Inverse Element
Sei eine Halbgruppe, und das neutrale Element der

Halbgruppe . Wir nennen das inverse Element bzw. die Inverse von ,

falls gilt [8].

Assoziativgesetz
Für alle [6].

Beweis Restklassenring

Wir wollen zeigen, dass die Menge der Restklassen einen Ring darstellt. Wir müssen also zeigen:

  • ist eine kommutative Gruppe,
  • ist eine Halbgruppe,
  • die Distributivgesetze und gelten[6].

1. ist eine kommutative Gruppe

Kommutative Gruppen sind nach Definition Gruppen, für die zusätzlich das Kommutativgesetz gilt[9]. Wir zeigen also zuerst, dass

  • ist eine Gruppe,
  • für gilt das Kommutativgesetz[10].

1.1 ist eine Gruppe

Nach Definition Gruppe ist eine Gruppe, wenn

  • für gilt das Assoziativgesetz,
  • besitzt ein neutrales Element,
  • besitzt ein inverses Element[9].
1.1.1 Für gilt das Assoziativgesetz

Nach Definition des Assoziativgesetzes muss gelten:

für alle .

Da wir die Addition auf schon definiert haben können wir die linke Seite der Gleichung umschreiben:

, Definition in angewandt

, Definition in angewandt

[11]

1.1.2 besitzt ein neutrales Element
Neutrales Element
Neutrale Element
Sei eine Halbgruppe und . Wir nennen neutrales Element der

Halbgruppe , falls für alle [8].

Nach Definition des neutralen Elements muss gelten, dass es genau ein Element , so dass für alle gilt: .

Hier ist .

Analog zu 1.1.1 schreiben wir die linke Seite der Gleichung um:

, in ist das neutrale Element[11]

[11]

(Somit ist das neutrale Element in .)

Nun müssen wir noch zeigen, dass es genau ein neutrales Element gibt.

Wir beweisen dies durch Widerspruch.

Seien ., dann gilt

und .

Darauf folgt jedoch

[12].

Bemerkung: Die hier verwendete Definition gilt nur für kommutative Gruppen, da nur in diesen gilt: [9]! Da wir gleich aber die Kommutativität von zeigen werden, reicht es hier zu zeigen, dass . Wir verweisen hiermit darauf, dass aufgrund der Kommutativität von gilt. Analoges gilt für das inverse Element von .

1.1.3 besitzt ein inverses Element
Inverses und neutrales Element
Inverse Element
Sei eine Halbgruppe, und das neutrale Element der

Halbgruppe . Wir nennen das inverse Element bzw. die Inverse von ,

falls gilt [8].

Neutrale Element
Sei eine Halbgruppe und . Wir nennen neutrales Element der

Halbgruppe , falls für alle [8].

Nach Definition des neutralen Elements muss gelten, dass zu jedem gibt es genau ein mit .

Analog zu den 1.1.1 und 1.1.2 beginnen wir mit der linken Seite der Gleichung:

, Definition in angewandt

, in ist das inverse Element zu [13][11]

, wie wir in 1.1.2 gezeigt haben, ist das neutrale Element

[11]

Nun müssen wir noch zeigen, dass es genau inverses Element gibt.

Wir beweisen dies durch Widerspruch.

Seien , dann gilt

.

Dann ist

[12].

1.2 Für gilt das Kommutativgesetz

Kommutative Gruppe
Kommutative Gruppe
Eine Gruppe heißt kommutative Gruppe, wenn die

zugehörige Halbgruppe kommutativ ist, d.h.

gilt: [9].

Nach dem Kommutativgesetzes muss gelten

Für alle gilt: .

Wir gehen analog zu den Beweisen in 1.1 vor:

, Definition in angewandt

, ist kommutativ

[11]

Insgesamt haben wir mit 1.1 und 1.2 also nun gezeigt, dass eine kommutative Gruppe ist ■[9]

2. ist eine Halbgruppe

Halbgruppe und Gruppe
Halbgruppe
Eine Halbgruppe besteht aus einer Menge und

einer inneren Verknüpfung

die assoziativ ist, d. h. für alle gilt [7][3].

Gruppe
Eine Halbgruppe , die ein neutrales Element besitzt und

jedes Element der Halbgruppe invertierbar ist, heißt Gruppe[8].

Halbgruppen setzen, im Vergleich zur Definition der Gruppe, nur die Eigenschaft der Assoziativität voraus. Um zu zeigen, dass eine Halbgruppe ist, reicht es daher die Assoziativität von zu zeigen[3].

2.1 Assoziativität von

Dies haben wir bereits in der Lernaufgabe der Seite (Halb-)Gruppen und Ringe gezeigt.

3. Distributivgesetze

Als letzten Schritt müssen nun noch zeigen, dass die die Distributivgesetze

: und

:

auf der Menge gelten[14]. Hier ist .

Zu :

Wir beginnen mit der linken Seite der Gleichung:

, nach Definition der Addition in

, nach Definition der Multiplikation in

, nach Definition der Addition in

, nach Definition der Multiplikation in [15]

Zu :

Analog zu :

Ring
Ring
heißt Ring, wenn für die Menge mit den zwei Verknüpfungen und gilt
  • eine kommutative Gruppe ist,
  • eine Halbgruppe ist,
  • die Distributivgesetze gelten für alle , d.h.
    • und [6]

, nach Definition der Addition in

, nach Definition der Multiplikation in

, nach Definition der Addition in

, nach Definition der Multiplikation in [15]

Insgesamt haben wir somit gezeigt, dass die Distributivgesetze erfüllt und dass alle Bedingungen für einen Ring erfüllt. ist somit ein Ring.■ Wir nennen diesen, aufgrund der Elemente der Menge, Restklassenring[14].

Multiplikative Inverse im Restklassenring

Satz Multiplikative Inverse in

Die Restklasse ist genau dann invertierbar in , wenn gilt und die Lösung der Kongruenz ist eindeutig bestimmt und wir nennen diese multiplikative Inverse von [16].

Beweis Multiplikative Inverse in

Kongruenz, Größte gemeinsame Teiler, Satz zu wichtigen Eigenschaften

der Kongruenz und Lemma von Bézout

Kongruenz
Seien und , dann gilt [17].
Größte gemeinsame Teiler
Seien , wobei mindestens eine der beiden Zahlen ungleich Null.

Wir bezeichnen mit als den größten gemeinsamen

Teiler der Zahlen und , falls gilt:

: und

und

: Für alle mit und gilt: [18].

Satz zu wichtige Eigenschaften der Kongruenz:
Seien und . Es gilt:

und [19]

Lemma von Bézout
Für alle existieren , sodass gilt: [20][21].

Wir zeigen zunächst Hin- und Rückrichtung ohne die Eindeutigkeit zu zeigen.

Hinrichtung

Voraussetzung

Seien und eine Lösung der Kongruenz

Zu zeigen

Beweis

Nach der Definition des gilt und nach Definition der Kongruenz auch .

Zusätzlich gilt, ebenfalls nach Definition des , und es folgt nach Eigenschaft der Konruenz . Da nach Definition des , ist .

Rückrichtung

Voraussetzung

und invertierter

Zu zeigen

hat eine Lösung

Beweis

Nach dem Lemma von Bézout existieren Zahlen mit

Somit hat die Kongruenz eine Lösung und ist das multiplikative Inverse zu .

Eindeutigkeit

Voraussetzung

Sei das multiplikative Inverse zur Restklasse in und es gilt

Zu zeigen

Das multiplikative Inverse zu ist in eindeutig

Beweis

Wir nehmen an es existiert ein weiteres multiplikatives Inverses von .

Es muss daher gelten und es folgt nach der Kongruenz (hier ist ):

Wegen gilt und somit .

Nach der Kongruenz folgt also

,

d.h. und daher [16]

Lernaufgabe

Bemerkung: Die folgenden Aufgaben sind wichtig, um den binomischen Lehrsatz in der Lerneinheit zum Satz von Euler anwenden zu können[22].

Aufgabe 1

Halbgruppe und neutrales Element
Halbgruppe
Eine Halbgruppe besteht aus einer Menge und

einer inneren Verknüpfung

die assoziativ ist, d. h. für alle gilt [7][3].

Neutrale Element
Sei eine Halbgruppe und . Wir nennen neutrales Element der

Halbgruppe , falls für alle [8].

Beweisen Sie, dass die Halbgruppe ein Monoid ist.

Sie benötigen zur Lösung folgende Definitionen:

Definition Monoid

Ein Monoid ist eine Halbgruppe mit links- und rechtsneutralem Element[23][8].

Definition links- und rechtsneutral

Sei eine Menge mit einer zweistelligen inneren Verknüpfung. Dann heißt ein Element

  1. linksneutral, falls für alle ist,
  2. rechtsneutral, falls für alle ist[24][8].
Lösung
Lösung

Da wir bereits gezeigt haben, dass eine Halbgruppe ist, reicht es zu zeigen, dass das neutrale Element links- und rechtsneutral ist.

Wir müssen also nur zeigen, dass ein existiert, für das gilt

  1. linksneutral, also für alle ,
  2. rechtsneutral, also für alle .

Wir beginnen mit linksneutral:

, nach Definition Multiplikation in ,

, da das neutrale Element der Multiplikation in die Zahl ist,

()

also ist linksneutral

Nun folgt rechtsneutral:

= , nach Definition Multiplikation in ,

, da das neutrale Element der Multiplikation in die Zahl ist,

()

Aufgabe 2

Ring
Ring
heißt Ring, wenn für die Menge mit den zwei Verknüpfungen und gilt
  • eine kommutative Gruppe ist,
  • eine Halbgruppe ist,
  • die Distributivgesetze gelten für alle , d.h.
    • und [6]

Beweisen Sie, dass der Restklassenring kommutativ ist.

Sie benötigen zur Lösung folgende Definitionen:

Definition kommutativer Ring

Ein Ring heißt kommutativer Ring, falls er bezüglich der Multiplikation kommutativ ist[25][6].

Lösung
Lösung
Auch wenn die Definition des kommutativen Rings sehr lang ist, so haben wir bereits gezeigt, dass ein Ring ist und in Aufgabe 1, dass die Halbgruppe ein Monoid ist, also das links- und rechtsneutrales Element besitzt. Es bleibt also nur noch zu zeigen, dass für alle gilt.

Wir beginnen mit

[11]


Lernempfehlung

Kursübersicht
Übergeordnete Lerneinheit
4: Caesar-Verschlüsselungsverfahren
Vorherige Lerneinheit Aktuelle Lerneinheit Empfohlene Lerneinheit
4.6: (Halb-)Gruppen und Ringe 4.7: Restklassenring 4: Caesar-Verschlüsselungsverfahren

Literatur

  1. Beutelspacher, A., Neumann, H. B., & Schwarzpaul, T. (2010). Kryptografie in Theorie und Praxis: Mathematische Grundlagen für Internetsicherheit, Mobilfunk und elektronisches Geld (2., überarb. Aufl). Vieweg + Teubner. S. 121.
  2. Forster, O. (2015). Algorithmische Zahlentheorie (2., überarbeitete und erweiterte Auflage). Springer Spektrum. S. 45.
  3. 3,0 3,1 3,2 3,3 3,4 Buchmann, J. (2016). Einführung in die Kryptographie (6. Aufl.). Berlin, Heidelberg: Springer. S. 40.
  4. Reiss, K., & Schmieder, G. (2014). Basiswissen Zahlentheorie: Eine Einführung in Zahlen und Zahlbereiche (3. Aufl.). Springer Spektrum. S. 161.
  5. Schüller, A., Trottenberg, U., Wienands, R., Koziol, M., & Schneider, R. (2017). RSA – Primzahlen zur Verschlüsselung von Nachrichten. S. 6.
  6. 6,0 6,1 6,2 6,3 6,4 6,5 Reiss, K., & Schmieder, G. (2014). Basiswissen Zahlentheorie: Eine Einführung in Zahlen und Zahlbereiche (3. Aufl.). Springer Spektrum. S. 169.
  7. 7,0 7,1 7,2 Seite „Halbgruppe“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 8. August 2019, 11:33 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Halbgruppe&oldid=191153086 (Abgerufen: 17. Dezember 2019, 10:20 UTC; Formulierung verändert)
  8. 8,00 8,01 8,02 8,03 8,04 8,05 8,06 8,07 8,08 8,09 Buchmann, J. (2016). Einführung in die Kryptographie (6. Aufl.). Berlin, Heidelberg: Springer. S. 41.
  9. 9,0 9,1 9,2 9,3 9,4 9,5 Reiss, K., & Schmieder, G. (2014). Basiswissen Zahlentheorie: Eine Einführung in Zahlen und Zahlbereiche (3. Aufl.). Springer Spektrum. S. 164.
  10. Reiss, K., & Schmieder, G. (2014). Basiswissen Zahlentheorie: Eine Einführung in Zahlen und Zahlbereiche (3. Aufl.). Springer Spektrum. S. 168.
  11. 11,0 11,1 11,2 11,3 11,4 11,5 11,6 Reiss, K., & Schmieder, G. (2014). Basiswissen Zahlentheorie: Eine Einführung in Zahlen und Zahlbereiche (3. Aufl.). Springer Spektrum. S. 163.
  12. 12,0 12,1 Reiss, K., & Schmieder, G. (2014). Basiswissen Zahlentheorie: Eine Einführung in Zahlen und Zahlbereiche (3. Aufl.). Springer Spektrum. S. 166.
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  14. 14,0 14,1 Reiss, K., & Schmieder, G. (2014). Basiswissen Zahlentheorie: Eine Einführung in Zahlen und Zahlbereiche (3. Aufl.). Springer Spektrum. S. 169.
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  17. Buchmann, J. (2016). Einführung in die Kryptographie (6. Aufl.). Berlin, Heidelberg: Springer. S. 37.
  18. Burton, D. M., & Dalkowski, H. (2005). Handbuch der elementaren Zahlentheorie mit über 1000 Übungsaufgaben und ihren Lösungen. Lemgo: Heldermann Verlag. S. 24.
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  20. Seite „Lemma von Bézout“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 11. Oktober 2019, 09:53 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Lemma_von_B%C3%A9zout&oldid=193035164 (Abgerufen: 6. Januar 2020, 13:39 UTC; Formulierung verändert)
  21. Ziegenbalg, J. (2015). Elementare Zahlentheorie: Beispiele, Geschichte, Algorithmen (2., überarb. Aufl). Springer Spektrum. S. 47.
  22. Burton, D. M., & Dalkowski, H. (2005). Handbuch der elementaren Zahlentheorie mit über 1000 Übungsaufgaben und ihren Lösungen. Heldermann Verlag. S. 153f.
  23. Seite „Monoid“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 16. Oktober 2019, 10:34 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Monoid&oldid=193176877 (Abgerufen: 12. Januar 2020, 12:51 UTC; Formulierung verändert)
  24. Seite „Neutrales Element“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 1. August 2019, 19:01 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Neutrales_Element&oldid=190957329 (Abgerufen: 12. Januar 2020, 12:55 UTC; Formulierung verändert)
  25. Seite „Ring (Algebra)“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 22. September 2019, 16:03 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Ring_(Algebra)&oldid=192488719 (Abgerufen: 16. Dezember 2019, 13:26 UTC; Formulierung verändert)