Stetigkeit von Funktionen mehrerer Veränderlicher (§1)
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- Seien die Dimensionen und die Menge
- sowie der Raum
- gegeben. Jedem Punkt werde vermöge der Funktion
- genau ein Punkt
- zugeordnet. Wir nennen den Definitionsbereich und
- den Wertebereich der Funktion . Genauer schreiben wir:
.
- Wir sprechen von einer beschränkten Funktion , wenn es eine Konstante gibt, so dass die Abschätzung
für alle
- richtig ist. Andernfalls sprechen wir von einer unbeschränkten Funktion.
- Sei im Definitionsbereich der Funktion ein Häufungspunkt gewählt. Weiter existiere ein Punkt , so dass es für alle ein gibt mit der Eigenschaft
für alle mit .
- Dann heißt A der Limes der Funktion an der Stelle und man schreibt:
oder .
- Auf dem Intervall mit sei die Funktion gegeben. Dann nennen wir
- den rechtsseitigen Limes der Funktion an der Stelle und
- den linksseitigen Limes der Funktion an der Stelle .
- Sei die Funktion auf dem Definitionsbereich gegeben, welcher den Häufungspunkt enthält. Weiter sei der Punkt gewählt. Dann gilt die beziehung
- genau dann, wenn für jede Punktfolge
mit
- die Aussage
- gilt.
„“:
Sei
erfüllt. Dann gibt es nach Definition 2 für alle ein , so dass
für alle
mit
ausfällt. Für eine konvergente Punktfolge
mit
erhalten wir
für alle
und somit folgt . Also ergibt sich
.
„“:
Wir zeigen diese Implikation indirekt – unter der Voraussetzung
(1) Für alle
mit
gilt
.
Wäre die Aussage
(2)
falsch – also die folgende Behauptung:
(3) Für alle
existiert ein
, so dass
für alle
mit
erfüllt ist.
Dann existiert ein , sodass es zu jedem einen Punkt mit gibt, welcher erfüllt. Wählen wir nun sukzessiv
so finden wir Punkte
mit
und
.
Offenbar ist nun aber erfüllt – im widerspruch zur voraussetzung (1).
q.e.d.
- Sei der Punkt und die Funktion auf dem Definitionsbereich gegeben. Dann heißt die Funktion stetig im Punkt , wenn es zu jedem ein mit der Eigenschaft
für alle mit
- gibt.
- Sei die Funktion auf dem Definitionsbereich erklärt und ein Häufungspunkt von . Dann sind die folgenden Aussagen äquivalent
- 1. Es ist stetig im Punkt ;
- 2. Es gilt
;
- 3. Für alle Folgen
mit
- haben wir
.
Dieser folgt sofort aus den Definitionen 2 und 4 sowie Satz 1.
q.e.d.
- Seien die Funktionen im Punkt stetig und die Skalare beliebig gewählt. Dann ist auch die Funktion
- im Punkt stetig.
Sei eine Folge mit . Dann erhalten wir
(4)
.
q.e.d.
- Seien die Funktionen im Punkt stetig. Dann ist auch die Funktion
- im Punkt stetig. Falls zusätzlich für alle erfüllt ist, so ist auch die Funktion
- stetig im Punkt .
Sei eine Folge mit . Dann liefern die grenzwertsätze
sowie
.
q.e.d.
Satz 5 (Komposition stetiger Abbildungen)
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- Seien die Punkte und gegeben sowie die Funktionen und mit – dabei sind die Dimensionen gewählt. Weiter sei stetig im Punkt und stetig im Punkt . Dann ist auch die verkettete Funktion bzw. die Komposition
(5)
- im Punkt stetig.
Sei eine Folge mit , dann ist
die Folge der Funktionswerte. Da f im Punkt x stetig ist gilt
.
Da nun im Punkt stetig ist, folgt
.
Also ist im Punkt stetig.
- Sei die Funktion auf dem Definitionsbereich gegeben. Dann heißt die Funktion stetig auf , wenn in jedem Punkt stetig ist.
- Den Vektorraum der stetigen Funktionen auf dem Definitionsbereich bezeichnen wir mit . Hierbei haben wir für und die Verknüpfungen:
sowie .
- Falls die Bilddimension darstellt, schreiben wir kurz . Auch wenn aus dem Zusammenhang der Bildraum hervorgeht, lassen wir diesen unerwähnt. Mit deuten wir im Fall an, dass wir im Bildbereich die komplexe Multiplikation verwenden.
Satz 6 (Stetigkeit der Umkehrfunktion)
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- Auf der kompakten Menge sei die stetige Funktion vermöge mit dem Wertebereich
- gegeben. Weiter sei injektiv, d. h. für je zwei Punkte mit folgt . Dann ist die Umkehrfunktion
- von erklärt durch
für und mit
- stetig auf . Dabei erfüllt die Umkehrfunktion die Identitäten:
für alle und für alle .
Sei und eine Folge mit . Dann haben wir
(6)
zu zeigen. Hierzu setzen wir und . Wäre die Aussage (6) falsch, so gäbe es von der Folge in der kompakten Menge eine Teilfolge mit
.
Da die Funktion stetig ist, erhalten wir
.
Wegen der Injektivität von folgt mit ein Widerspruch – und (6) ist richtig.
q.e.d.
- Sei die Funktion auf dem Definitionsbereich gegeben. Dann heißt die Funktion gleichmäßig stetig auf , wenn es zu jedem ein mit der Eigenschaft
für alle mit
- gibt.
- Sei eine beschränkte und abgeschlossene – d. h. kompakte – Punktmenge und eine stetige Funktion. Dann ist gleichmäßig stetig auf .
Sei vorgegeben. Da die Funktion in jedem Punkt stetig ist, gibt es zu jedem ein derart, dass für alle mit die Ungleichung gilt. Zu jedem definieren wir nun die offene Teilmenge
Diese Menge bilden eine offene Überdeckung von . Da nach Voraussetzung beschränkt und abgeschlossen ist, gibt es nach dem Überdeckungssatz von Heine und Borel endlich viele Punkte
mit , so dass
gilt. Wir setzen jetzt
.
Nun seien beliebige Punkte mit . Da die Mengen
ein Überdeckungssystem von bilden, finden wir ein mit der Eigenschaft
.
Weiter gilt dann:
(7)
.
Wegen der Stetigkeit folgt hieraus und
für alle
mit
.
Also ist gleichmäßig stetig auf .
q.e.d.
Satz 8 (Fundamentalsatz von Weierstrass über Maxima und Minima)
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- Auf der kompakten Menge sei die reellwertige Funktion stetig. Dann gibt es Punkte und , so dass
für alle
- erfüllt ist.
Wir zeigen nur die Existenz von . Durch die Spiegelung folgt dann die Existenz von . Wir erklären
und finden eine Folge mit der Eigenschaft
.
Die Folge ist beschränkt, da die Menge beschränkt ist. Nach dem Häufungsstellensatz von Weierstrass gibt es eine konvergente Teilfolge
mit der Eigenschaft
,
denn die Menge ist abgeschlossen. Wegen der Stetigkeit von auf gilt weiter
.
Mit haben wir einen Punkt gefunden, an dem das Minimum annimmt.
q.e.d.
Satz 9 (Zwischenwertsatz von Bolzano und Weierstrass)
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- Sei das Intervall mit gegeben sowie eine stetige Funktion mit der Eigenschaft . Dann gibt es zu jedem Wert ein mit .
Nach Voraussetzung ist die Menge
nicht leer. Wir erklären
und sehen ein. Es gilt
für alle
und wir finden eine Folge mit . Somit gilt
.
Wäre nun richtig, so gäbe es wegen der Stetigkeit von ein , so dass
für alle
gilt. Dieses steht im Widerspruch zur Wahl von und es folgt .
q.e.d.
- Eine reellwertige Funktion auf dem Definitionsbereich heißt (schwach) monoton steigend, wenn für alle mit die Ungleichung (bzw. ) erfüllt ist. Sie heißt (schwach) monoton fallend, wenn für alle mit die Ungleichung (bzw. ) gilt.
- Sei auf dem Intervall die monoton steigende Funktion erklärt und gesetzt. Dann hat die Gleichung für jedes die eindeutig bestimmte Lösung . Die so definierte Funktion ist auf dem Intervall stetig und es gilt:
Nach dem Zwischenwertsatz hat die Gleichung
für alle mindestens eine Lösung.
Wir zeigen nun die Eindeutigkeit der Lösung: Gäbe es nämlich zwei Lösungen
mit ,
so entsteht ein Widerspruch zur Monotonie der Funktion . Also gibt es zu jedem genau ein mit . Wir erhalten mittels die Umkehrfunktion .
Die Stetigkeit der Umkehrfunktion entnehmen wir sofort dem Satz 6.
q.e.d.
Gleichmäßige Konvergenz von Funktionenfolgen (§2)
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- Auf dem Definitionsbereich sei die Folge der Funktionen
- gegeben; dabei sind die Dimensionen gewählt. Dann heißt diese Funktionenfolge (punktweise) konvergent, wenn für jedes der Grenzwert existiert. Wir nennen dann
- ihre Grenzfunktion.
- Auf dem Definitionsbereich D sei die Folge der stetigen Funktionen
- gegeben; dabei sind die Dimensionen gewählt. Dann heißt diese Funktionenfolge gleichmäßig konvergent, wenn für jedes ein Index mit der eigenschaft
- existiert.
Satz 1 (Konvergenzsatz von Weierstrass)
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- Auf dem Definitionsbereich konvergiere die Folge stetiger Funktionen
- gleichmäßig gegen die Grenzfunktion . Dann ist stetig auf .
Sei beliebig gewählt. Zu vorgegebenem existiert ein Index , so dass (3) erfüllt ist. Da die Funktion im Punkt stetig ist, gibt es ein , so dass
(4)
für alle
mit
richtig ist. Somit folgt
(5)
für alle
mit
.
Also ist stetig in .
q.e.d.
Satz 2 (Vollständigkeit des -Raums)
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- Sei die Folge stetiger Funktionen
- auf dem Definitionsbereich gegeben. Dann konvergiert die Funktionenfolge gleichmäßig gegen die stetige Grenzfunktion genau dann, wenn es zu jedem einen Index gibt, so dass
- erfüllt ist.
Die Funktionenfolge konvergiere gleichmäßig auf gegen die Grenzfunktion . Dann gibt es zu jedem einen Index , so dass für alle und alle ausfällt. Damit folgt
(7)
für alle
und alle
.
Zu vorgegebenem existiert nun ein Index mit der Eigenschaft (6). Damit ist die Punktfolge eine Cauchyfolge im . Wegen der Vollständigkeit dieses Raumes existiert der Grenzwert
für alle . In der Ungleichung (6) vollziehen wir den Grenzübergang und wir erhalten für jedes ein mit folgender Eigenschaft:
für alle
und alle
.
Also konvergiert die Funktionenfolge gleichmäßig auf gegen .
q.e.d.
- Auf dem Raum mit erklären wir die Supremumsnorm oder auch -Norm wie folgt:
(8)
.
- Auf dem Definitionsbereich sei die Folge stetiger Funktionen
- gegeben; dabei ist die Dimension gewählt. Dann heißt die Funktionenreihe
- gleichmäßig konvergent auf , wenn die Folge der Partialsummen
- gleichmäßig auf konvergiert.
Satz 3 (Weierstraßscher Majorantentest bzw. M-Test)
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- Auf dem Definitionsbereich sei die Folge stetiger Funktionen
- gegeben, welche der Ungleichung
- für alle genügen. Dabei bilden die Zahlen
- gemäß
- eine konvergente Reihe. Dann konvergiert die Funktionenreihe
- gleichmäßig auf .
Zu vorgegebenem gibt es einen Index dass für alle mit die Ungleichung
gilt. Damit ist
(10)
für alle
und alle
erfüllt, sodass die Folge der Partialsummen gleichmäßig konvergent ist.
q.e.d.
- Die Potenzreihe
- konvergiere für alle mit bei festem Radius . Dann konvergiert für jeden Radius die Potenzreihe
mit
- gleichmäßig. Somit stellt
mit
- eine stetige Funktion dar.
Für alle Punkte mit gilt
.
Der Satz 12 aus §6 in Kapitel I liefert die konvergenz der Reihe
.
Der Weierstraßsche Majorantentest impliziert die gleichmäßige Konvergenz der Reihe in der abgeschlossenen Kreisscheibe und folglich ist dort stetig. Da der Radius beliebig gewählt wurde, ist sogar stetig in der offenen Kreisscheibe .
q.e.d.
- Sei eine absteigende reelle Zahlenfolge mit
- und dem Grenzwert . Dann ist die durch
- definierte Funktion stetig auf ihrem Definitionsbereich.
Nach Satz 4 stellt für eine stetige Funktion dar. Zu zeigen bleibt die Stetigkeit für und . Hierzu betrachten wir die Folge stetiger Funktionen.
(11)
mit einem . Wir zeigen mittels partieller Summation, dass dort gleichmäßig gegen konvergiert. Wenn wir über später verfügen, so ergibt sich für die Ungleichung
(12)
,
wie man den Abschätzungen
(13)
und
(14)
entnimmt. Also erhalten wir
(15)
für alle
mit
und
,
falls erfüllt ist – mit einem hinreichend großen . Somit stellt
für alle eine stetige Funktion dar.
q.e.d.
- Sei eine komplexe Zahlenfolge, so dass die Reihe konvergiert. Dann folgt die Stetigkeit der Funktion definiert durch
(16)
.
Da die Reihe konvergiert, ist auch die Reihe für alle konvergent. Es bleibt nur die Stetigkeit von im Punkt zu zeigen: Hierzu weisen wir die gleichmäßige Konvergenz der Funktionenfolge
(17)
nach. Zu vorgegebenem gibt es ein , so dass
für alle
richtig ist. Somit folgt für alle mittels partieller Summation
(18)
.
Da die Funktionen auf stetig sind für und sie dort konvergieren liefert Satz 1 die Stetigkeit der Grenzfunktion
.
q.e.d.
- Seien und Folgen komplexer Zahlen, so dass die Reihen
- mit den Koeffizienten
- konvergieren. Dann gilt die Identität
.
Wir definieren die Funktionen
(19)
,
welche nach dem Abelschen Stetigkeitssatz auf dem intervall stetig sind. Für alle Punkte gilt nun
(20)
,
da die Reihen dort absolut konvergieren. Beim Grenzübergang erhalten wir
(21)
.
q.e.d.
Reelle und komplexe Differenzierbarkeit (§3)
[Bearbeiten]
- Sei das offene Intervall mit den Grenzen sowie die Dimension gegeben. Dann nennen wir die Funktion
- im Punkt (reell) differenzierbar, falls der Grenzwert
(1)
- existiert. Wir nennen die Ableitung von im Punkt .
Die Existenz des obigen Grenzwerts (1) bedeutet, dass für jede Folge mit folgendes gilt:
(2)
.
- Die Funktion aus Definition 1 ist genau dann im Punkt differenzierbar, wenn es eine stetige Funktion
mit der Eigenschaft
- so gibt, dass die linear approximative Darstellung
- erfüllt ist.
Sei an der Stelle differenzierbar. Dann erklären wir die Hilfsfunktion
(4)
für
für
.
Die Differenzierbarkeit liefert
(5)
Stellen wir (4) geeignet um, so finden wir die gesuchte Darstellung (3).
Wir gehen nun von der Darstellung (3) aus, subtrahieren und dividieren durch :
(6)
.
Hieraus ermitteln wir
(7)
,
womit die Differenzierbarkeit von im Punkt folgt.
q.e.d.
- Sei die Funktion aus Definition 1 im Punkt differenzierbar. Dann ist sie dort auch stetig.
- Sei die Funktion aus Definition 1 gegeben. Falls diese in allen Punkten differenzierbar ist, nennen wir differenzierbar in . Wir erhalten dann die abgeleitete Funktion
vermöge
- oder kurz die Ableitung von auf .
Satz 3 (Linearität der Differentiation)
[Bearbeiten]
- Seien im offenen Intervall mit den Grenzen die Funktionen
- im Punkt differenzierbar und die Skalare beliebig gewählt. Dann ist auch die Funktion
- im Punkt differenzierbar und es gilt
(9)
.
Für alle ermitteln wir die Identität
.
Hieraus folgt durch Grenzübergang die Gleichung (9).
- Falls die differenzierbare Funktion aus Definition 2 eine stetige Ableitung
- besitzt, so sprechen wir von einer in stetig differenzierbaren Funktion. Der Vektorraum der 1-mal stetig differenzierbaren Funktionen auf dem offenen Intervall wird gegeben durch
(11)
- mit den Verknüpfungen aus Definition 6 in §1. Falls die intervallgrenzen erfüllen, so erklären wir den Vektorraum der 1-mal stetig differenzierbaren Funktionen auf dem kompakten Intervall wie folgt:
(12)
.
- Seien im offenen Intervall mit den Grenzen die Funktionen
- im Punkt differenzierbar. Dann ist auch die Funktion
- im Punkt differenzierbar und es gilt
(13)
.
Für alle berechnen wir
(14)
.
Der Grenzübergang liefert schließlich die Identität (13).
q.e.d.
- Seien im offenen Intervall mit den Grenzen die Funktionen
- im Punkt differenzierbar. Weiter sei die Bedingung
für alle
- erfüllt. Dann ist auch die Funktion
- im Punkt differenzierbar und es gilt
(15)
.
Für alle ermitteln wir
(16)
.
Wiederum liefert der Grenzübergang die behauptete Identität (15).
- Sei im offenen Intervall mit den Grenzen die Funktion
- im Punkt differenzierbar und der Bildpunkt erklärt. Auf dem Intervall mit den Grenzen sei die Funktion
- im Punkt differenzierbar und die Inklusion sei erfüllt. Dann ist auch die Funktion
- im Punkt differenzierbar und es gilt die Kettenregel
(17)
.
Wir betrachten beliebige Folgen mit dem Grenzwert . Wir definieren
sowie
und setzen zunächst die Bedingung
(18)
für alle
mit einem hinreichend großen Index voraus. Dann erweitern wir die Differenzenquotienten
(19)
Hieraus folgt durch Grenzübergang die Gleichung (17).
Insofern die Bedingung (18) verletzt ist, so gibt es eine Teilfolge
mit
für alle
.
Wir erhalten dann für die Differenzenquotienten
(20)
.
Beim Grenzübergang erhalten wir wiederum
.
q.e.d.
Satz 7 (Differentiation der Umkehrfunktion)
[Bearbeiten]
- Seien die offenen Intervalle mit den Grenzen und mit gegeben. Die stetige, streng monotone, surjektive Funktion
- besitze die Umkehrfunktion
.
- Weiter sei in differenzierbar und erfülle für alle . Dann ist die Funktion
- im offenen Intervall differenzierbar und es gilt
(21)
.
Wir wählen einen Punkt beliebig sowie eine Folge
mit
.
Wegen der Stetigkeit der Umkehrfunktion ist für die Folge
die Relation erfüllt. Wir erhalten dann
(22)
für alle . Wegen erhalten wir
(23)
.
q.e.d.
- Sei die Funktion auf dem abgeschlossenen Intervall mit den Grenzen stetig und auf dem offenen Intervall differenzierbar. Weiter sei erfüllt. Dann gibt es eine Stelle mit .
Falls erfüllt ist, so folgt und die Aussage des Satzes ist richtig.
Andernfalls gibt es ein mit und wir können ohne Einschränkung annehmen. Nach Satz 8 aus §1 gibt es eine Maximalstelle mit der Eigenschaft
(24)
für alle
.
Wir betrachten jetzt den Differenzenquotienten mit den Eigenschaften
(25)
für alle
und
für alle
.
Da im Punkt differenzierbar ist, liefern der links- und rechtsseitige Grenzwert in (23) die Beziehung
(26)
bzw.
.
Somit folgt .
q.e.d.
Satz 9 (Allgemeiner Mittelwertsatz der Differentialrechnung)
[Bearbeiten]
- Seien die Funktionen auf dem abgeschlossenen Intervall mit den Grenzen stetig und auf dem offenen Intervall differenzierbar. Weiter gelte
für alle
- und . Dann gibt es eine Stelle mit
.
Wir betrachten die Hilfsfunktion
(27)
.
Wir ermitteln, dass in stetig und in differenzierbar ist sowie
.
Nach dem Rolleschen Satz gibt es einen Punkt mit der Eigenschaft
(28)
bzw.
(29)
.
q.e.d.
Satz 10 (Mittelwertsatz der Differentialrechnung)
[Bearbeiten]
- Sei die Funktion auf dem abgeschlossenen Intervall mit den Grenzen stetig und auf dem offenen Intervall differenzierbar. Dann gibt es eine Stelle mit der Eigenschaft
.
- Man findet also im Innern des Intervalls einen Punkt, wo das Steigungsmaß der Tangente an die Funktion mit dem der Sekante durch die Punkte und übereinstimmt.
- Über den Mittelwertsatz sieht man leicht ein, dass eine Funktion schwach monoton steigend bzw. fallend ist, falls ihre Ableitung nicht negativ bzw. nicht positiv in ihrem Definitionsintervall ist.
- Auf der offenen Menge sei die Funktion erklärt und der Punkt sei gewählt. Dann heißt im Punkt komplex differenzierbar, wenn der Grenzwert
- existiert. Wir nennen die komplexe Ableitung der Funktion an der Stelle . Falls für alle existiert und die Funktion stetig ist, nennen wir die Funktion holomorph in .
Mit den konvergenten Potenzreihen werden wir in Satz 15 wichtige Beispiele holomorpher Funktionen kennen lernen. Insbesondere stellen also die Polynome holomorphe Funktionen dar. Wir geben nun mit der Funktion
eine nicht holomorphe Funktion an. Für einen beliebigen Punkt betrachten wir die Grenzwerte
sowie
Somit ist für kein komplex differenzierbar.
Wir notieren nun die Differentiationsregeln für holomorphe Funktionen, die wir wie im Reellen beweisen können; dieses überlassen wir dem Leser zur Übung.
Satz 11 (Linearitäts-, Produkt- und Quotientenregel für holomorphe Funktionen)
[Bearbeiten]
- Auf der offenen Menge seien die holomorphen Funktionen sowie die komplexen Konstanten gegeben. Dann sind auch die Funktionen
und
- holomorph und es gilt die Linearitätsregel
- bzw. die Produktregel
- Falls zusätzlich für alle gilt, so erfüllt die holomorphe Funktion
- die Quotientenregel
.
Satz 12 (Kettenregel für holomorphe Funktionen)
[Bearbeiten]
- Seien und zwei offene Mengen, auf denen die holomorphen Funktionen
und
- erklärt sind. Dann ist auch die Funktion
- holomorph und es gilt die Kettenregel
.
- Auf der offenen Menge sei die Funktion holomorph – mit der komplexen Ableitung . Weiter sei im offenen Intervall mit den Grenzen die Funktion reell differenzierbar mit der stetigen Ableitung . Dann ist auch die komponierte Funktion
- im Intervall stetig differenzierbar und es gilt die komplexe Kettenregel
(30)
.
Verwende die Argumente aus dem Beweis zu Satz 6.
- Seien und zwei offene Mengen, auf denen die holomorphe und bijektive Funktion mit der Eigenschaft für alle erklärt ist. Dann ist auch ihre Umkehrfunktion holomorph und es gilt
(31)
.
Satz 15 (Differentiation von Potenzreihen)
[Bearbeiten]
- Die Potenzreihe
- konvergiere in der Kreisscheibe mit dem festen Konvergenzradius . Dann ist die Funktion holomorph und es gilt
- für ihre komplexe Ableitung.
1. Zunächst zeigen wir die Konvergenz der gliedweise differenzierten Reihe für alle . Nach dem Cauchyschen Konvergenzkriterium für Reihen ist die Konvergenz dieser Reihe äquivalent zur Konvergenz der Reihe
mit
für alle
.
Nun ermitteln wir
(32)
.
Folglich hat die gliedweise differenzierte Reihe den gleichen Konvergenzradius wie die ursprüngliche Reihe.
2. Zu festem mit wählen wir mit sowie beliebig und betrachten den Differenzenquotienten
(33)
.
Hier verwenden wir die Hilfsfunktion
(34)
für alle . Wegen der Abschätzung
(35)
für alle
mit
für alle und der Aussage
liefert der Weierstraßsche Majorantentest (M-Test) die gleichmäßige Konvergenz der Reihe aus (33) für alle mit . Somit erhalten wir eine in und stetige Funktion. Beim Grenzübergang ergibt sich schließlich
(36)
.
Riemannsches Integral für stetige Funktionen (§4)
[Bearbeiten]
Wir betrachten ein kompaktes Intervall mit den Grenzen und der Länge sowie eine reellwertige, beschränkte Funktion
Nun wählen wir eine Zerlegung des Intervalls in Teilintervalle wie folgt:
(1)
- Wir nennen das Feinheitsmaß der Zerlegung .
- Wählen wir zur Zerlegung aus (1) beliebige Zwischenpunkte für , welche wir zum Vektor zusammenfassen, so definiert man mittels
(2)
- die Riemannsche Zwischensumme in Abhängigkeit von und .
Satz 1 (Integrabilität stetiger Funktionen auf kompakten Intervallen)
[Bearbeiten]
- Sei eine stetige Funktion auf dem kompakten Intervall . Dann gibt es zu jedem ein mit folgender Eigenschaft:
- Für je zwei beliebige Zerlegungen gemäß (1) mit den Feinheitsmaßen sowie beliebig ausgewählten Zwischenpunkten
- ist die nachfolgende Abschätzung
(3)
- richtig.
1. Da stetige Funktionen auf kompakten Mengen gemäß Satz 7 aus §1 gleichmäßig stetig sind, gibt es zu vorgegebenem ein mit der folgenden Eigenschaft
(4)
mit
.
2. Mit betrachten wir nun zwei Zerlegungen des Intervalls in die Teilintervalle
mit den Teilungspunkten
,
deren Feinheitsmaße erfüllen. Wir verwenden jetzt die Verfeinerung der beiden Zerlegungen und , nämlich
gemäß (1). Dabei bestehen die Teilungspunkte von aus den Punkten
und sie bilden die Intervalle
der Gesamtzahl
.
3. Seien nun zu den Zerlegungen beliebige zwischenpunkte
mit ausgewählt. Dann setzen wir für und folgendermaßen Zwischenwerte fest:
(5)
, falls
für ein
.
Mit Hilfe von (4) und (5) und der Ungleichung schätzen wir wie folgt ab:
(6)
für
.
Die Riemannschen Zwischensummen ermitteln wir folgendermaßen:
(7)
.
4. Mit Hilfe der Ungleichungen (6) und (7) schätzen wir nun ab:
(8)
.
q.e.d.
- Eine Folge von Zerlegungen nennen wir ausgezeichnet, wenn deren Feinheitsmaß gemäß
- gegen Null strebt.
- Eine beschränkte Funktion auf dem kompakten Intervall nennen wir Riemann-integrierbar oder kurz integrierbar, wenn für jede ausgezeichnete Zerlegungsfolge und beliebig ausgewählte Zwischenpunkte
- die Folge der Riemannschen Zwischensummen
- konvergiert. In diesem Falle nennen wir
(9)
- das (Riemannsche) Integral von über das Intervall .
Satz 2 (Integration stetiger Funktionen auf kompakten Intervallen)
[Bearbeiten]
- Es gelten die folgenden Aussagen:
- 1. Jede stetige Funktion ist Riemann-integrierbar.
- 2. Für stetige Funktionen und Skalare gilt die Linearitätsregel
.
- 3. Für jede stetige Funktion gilt die Abschätzung
.
1. Die Integrabilität folgt sofort aus obigem Satz 1.
2. Für beliebige Zerlegungen von und beliebige Zwischenpunkte gilt die Identität
.
Betrachten wir dann eine ausgezeichnete Zerlegungsfolge mit entsprechenden beliebigen Zwischenpunkten, so folgt
(10)
.
Damit erhalten wir die Linearitätsregel.
3. Wiederum gehen wir auf die Riemannschen Zwischensummen zurück und schätzen wie folgt ab:
(11)
.
Dann lassen wir die Zerlegungen eine ausgezeichnete Folge mit ihren Zwischenpunkten durchlaufen und wir erhalten beim Grenzübergang auch diese Aussage.
q.e.d.
1. Wenn wir eine positive Funktion betrachten, so approximiert das Integral offenbar den Flächeninhalt des ebenen Bereichs
.
2. Bei der Dirichletschen Sprungfunktion
für
,
für
wählen wir zu jeder ausgezeichneten Zerlegungsfolge des Intervalls alternierend nur rationale oder irrationale Zwischenpunkte, so dass dann die Riemannschen Zwischensummen alternierend die Werte bzw. annehmen. Somit ist gemäß Definition 4 die Dirichletsche Sprungfunktion nicht Riemann-integrierbar.
3. In Kapitel V werden wir eine Riemannsche Integrationstheorie für reellwertige Funktionen in Veränderlichen entwickeln. Wir werden insbesondere die Frage beantworten, wie groß die Menge der Unstetigkeiten einer Funktion sein darf, damit sie noch Riemann-integrierbar ist
Integration mittels reeller und komplexer Stammfunktionen (§5)
[Bearbeiten]
- Für jede stetig differenzierbare Funktion
- gilt die Leibnizsche Identität
(1)
.
Wir wählen eine beliebige Zerlegung
(2)
des Intervalls . In jedem Teilintervall finden wir mit dem Mittelwertsatz der Differentialrechnung einen Punkt , so dass
für richtig ist. Als Riemannsche Zwischensumme für die Ableitung erhalten wir dann
(3)
.
Lassen wir nun die Zerlegungen eine ausgezeichnete Folge durchlaufen, so ergibt sich die Leibnizsche Identität. Hierbei beachten wir, dass die Ableitung als stetige Funktion auf integrierbar ist.
q.e.d.
- Die komplexwertige Funktion heißt genau dann integrierbar, wenn sowohl ihr Realteil als auch ihr Imaginärteil integrierbar ist. In diesem Fall setzen wir
.
- Für die komplexwertige, integrierbare Funktion erklären wir mit Hilfe von Definition 1 wie folgt ein orientiertes Integral. Seien die Punkte beliebig, so definieren wir
(4)
, falls gilt;
(4)
, falls gilt;
(4)
, falls gilt.
Hilfssatz 2 (Additivität des orientierten Integrals)
[Bearbeiten]
- Für die komplexwertige, integrierbare Funktion gilt die Additivitätsregel
- bei beliebigen Zwischenpunkten .
Falls für die Zwischenpunkte erfüllt ist, sehen wir die Additivitätsregel durch Approximation mit den Riemannschen Summen ein. Mit Hilfe von Definition 2 des orientierten Integrals erhalten wir dann die Identität auch im allgemeinen Fall.
q.e.d.
Satz 1 (Fundamentalsatz der Integral- und Differentialrechnung)
[Bearbeiten]
- Für jede stetig differenzierbare Funktion
- und je zwei Punkte gilt die Identität
.
Im Falle wenden wir Hilfssatz 1 sowohl auf den Realteil als auch auf den Imaginärteil der Funktion an:
für
.
Addition liefert dann die Leibnizsche Identität.
Im Falle ermitteln wir
.
q.e.d.
- Für zwei stetig differenzierbare Funktionen
- gilt die Identität
(5)
- mit der üblichen Abkürzung
(6)
.
Wir differenzieren mit der Produktregel
und integrieren anschließend mit Hilfe von Satz 1 wie folgt:
q.e.d.
- Die Funktion heißt reelle Stammfunktion der Funktion , falls deren reelle Ableitung die Identität
- erfüllt. Die Gesamtheit der reellen Stammfunktionen bezeichnen wir mit
(7)
.
- Ist eine reelle Stammfunktion von , so wird die Gesamtheit aller reellen Stammfunktionen gegeben durch
(8)
mit einer Konstante .
- Sei eine stetige Funktion und beliebig gewählt. Dann liefert das unbestimmte Integral
- eine reelle Stammfunktion von .
1. Zunächst betrachten wir reellwertige stetige Funktionen und wählen mit der Eigenschaft . Die Additivität des Integrals liefert
(9)
.
Teil 3.) aus Satz 2 in §4 ergibt die Abschätzung
(10)
.
Beim Grenzübergang folgt
wegen der Stetigkeit von im Punkr .
2. Sei nun eine reellwertige Funktion und beliebig gewählt. Mit dem Fundamentalsatz der Differential- und Integralrechnung ermitteln wir für die konstante Funktion das unbestimmte Integral
.
Mit Hilfe von Teil 1.) differenzieren wir die Stammfunktion
im Punkt wie folgt:
.
3. Für die komplexwertige stetige Funktionen differenzieren wir ihr unbestimmtes Integral
getrennt im Real- bzw. Imaginärteil gemäß Teil 2.) und erhalten:
.
q.e.d.
- Eine nicht leere, offene Menge heißt ein Gebiet, falls sie in folgendem Sinne zusammenhängend ist: Zu je zwei Punkten gibt es eine stetige Funktion
- Wir nennen einen stetigen Weg von nach in .
Im nachfolgenden Beweis wird ein Fortsetzungsargument in Gebieten präsentiert, das oft in der Analysis verwandt wird.
- Sei die holomorphe Funktion auf dem Gebiet mit der Eigenschaft
, für alle
- gegeben. Dann folgt für alle mit einer Konstanten .
1. Seien zwei Punkte, die durch einen differenzierbaren Weg
(12)
mit dem Anfangswert
und dem Endpunkt
verbunden werden können. Wir betrachten dann die Funktion
und differenzieren sie mit Hilfe der komplexen Kettenregel. Wir erhalten
.
Mit den Argumenten zum Beweis von Satz 2 ist diese Funktion auf ihrem Definitionsintervall konstant. Damit ergibt sich
.
2. Ist nun und so gewählt, dass die Kreisscheibe
die Inklusion erfüllt. Da jetzt jeder Punkt mit durch den differenzierbaren Weg
verbunden werden kann, liefert Teil 1.) die Aussage
auf
.
Somit ist die Funktion lokal konstant
3. Sind nun zwei beliebige Punkte in , so können wir sie durch einen stetigen Weg
mit
und
miteinander verbinden. Wir betrachten nun die stetige Funktion
.
Nun wählen wir maximal, so dass
für alle
gilt. Wäre erfüllt, so gäbe es es wegen Teil 2.) ein , so dass
richtig ist – denn ist lokal konstant. Dieses steht im Widerspruch zur Wahl von . Somit folgt und schließlich
.
q.e.d.
- Die auf dem Gebiet holomorphe Funktion
- heißt komplexe Stammfunktion der Funktion , falls deren komplexe Ableitung die Identität
- erfüllt. Die Gesamtheit der komplexen Stammfunktionen bezeichnen wir mit
(13)
.
Nach Satz 5 sind die komplexen Stammfunktionen auf einem Gebiet bis auf eine Konstante bestimmt: Ist eine komplexe Stammfunktion von , so wird die Gesamtheit aller komplexen Stammfunktionen gegeben durch
(14)
mit einer Konstante
.
- Sei die holomorphe Funktion auf dem Gebiet mit der stammfunktion gegeben. Weiter sei der differenzierbare Weg mit dem Anfangspunkt und dem Endpunkt beliebig in gewählt. Dann gilt
(15)
.
- Der Wert des Integrals hängt also nur von dem Anfangs- und Endpunkt – aber nicht vom gewählten Weg – ab.
Mit hilfe der komplexen kettenregel und des fundamentalsatzes der Differential- und integralrechnung ermitteln wir:
(16)
.
q.e.d.
- Wir betrachten eine reellwertige Kurve
,
- definiert auf einem kompakten Intervall mit den Grenzen und wir setzen als Bildpunkte sowie . Weiter wählen wir ein Intervall mit den Grenzen , welches die Inklusion erfüllt. Dann haben wir für jede stetige Funktion die Identität
(17)
.
Die Funktion besitzt das uneigentliche Integral
als Stammfunktion. Wie im Beweis zu Satz 6 integrieren wir jetzt die Ableitung der Komposition
,
nämlich
und erhalten
(18)
.
Wählen wir nun speziell
in (18), so erhalten wir
(19)
.
Aus den Identitäten (18) und (19) folgt die Substitutionsregel (17).
q.e.d.
- Zur Bestimmung von reellen Stammfunktionen sind die folgenden Aussagen richtig:
- 1. Unbestimmte Linearitätsregel: Seien beliebige Funktionen und die Skalare gewählt, so gilt
(20)
.
- 2. Unbestimmte partielle Integration: Für beliebige Funktionen gilt
(21)
- 3. Unbestimmte Substitution: Wir betrachten eine reellwertige Funktion
,
- welche auf einem kompakten Intervall mit den Grenzen definiert ist. Weiter wählen wir ein Intervall mit den Grenzen , welches die Inklusion erfüllt. Dann haben wir für jede stetige Funktion die Identität
(22)
Nach Satz 3 ist die stammfunktion einer stetigen funktion bis auf eine Konstante bestimmt und sie kann durch das unbestimmte Integral aus Satz 4 berechnet werden. Somit liefern der Satz 2 aus §4 und die Sätze 2 sowie 7 über bestimmte Integrale durch differentiation nach der oberen Grenze die angegebenen rechenregeln. Zum Beispiel wird die Regel für die unbestimmte partielle Integration aus der identität (5) mit der oberen Grenze , nämlich
- ,
gewonnen.
q.e.d.
- Die Potenzreihe
- mit den komplexen Koeffizienten konvergiere in der Kreisscheibe mit dem festen Konvergenzradius . Dann ist die Gesamtheit der Stammfunktionen von gegeben durch
(23)
- mit einer Integrationskonstante .
Ebenso wie im Beweis zu Satz 15 in §3 zeigt man mit dem Wurzelkriterium die Konvergenz der gliedweise integrierten Reihe
.
Nach Satz 15 aus §3 stellt die angegebene Potenzreihe eine holomorphe Funktion in dar und gliedweise Differentiation ergibt
.
Nach Satz 15 aus §3 stellt die angegebene Potenzreihe eine holomorphe Funktion in dar und gliedweise Differentiation ergibt
.
q.e.d.
- Um allgemeiner für beliebige holomorphe Funktionen eine komplexe Stammfunktion zu bestimmen, benötigen wir die Theorie der Kurvenintegrale, welche von A. Cauchy begründet wurde.
- Im folgenden werden wir einfach von Stammfunktionen sprechen, wenn aus dem Zusammenhang klar ist, ob es sich um reelle oder komplexe Stammfunktionen handelt.
- Sei eine differenzierbare Funktion auf dem offenen Intervall mit den Grenzen . Ist wiederum eine differenzierbare Funktion auf mit der Ableitung , so nennen wir 2-mal differenzierbar auf . Entsprechend erklären wir die -malige Differenzierbarkeit induktiv. Für eine -mal differenzierbare Funktion bezeichnen wir deren Ableitungen 0-ter bis -ter Ordnung mit
- Hierbei ist gewählt worden. Eine -mal differenzierbare Funktion nennen wir -mal stetig differenzierbar, wenn die -te Ableitung
- eine stetige Funktion auf darstellt.
- Mit den Bezeichnungen aus Definition 1 erklären wir den Vektorraum der -mal stetig differenzierbaren Funktionen auf dem offenen Intervall (oder kurz den -Raum) wie folgt:
.
- Die Verknüpfungen hatten wir bereits im Raum in Definition 6 aus §1 erklärt. Falls gilt, schreiben wir kurz . Falls ist, setzen wir und verwenden im Bildraum die komplexe Multiplikation. Unter der Menge
- verstehen wir den Vektorraum der beliebig oft differenzierbaren Funktionen auf dem Intervall – oder kurz den -Raum.
Mit den Differentiationsregeln aus §3 und den Stetigkeitsaussagen in §1 prüft man leicht nach, dass diese Funktionenräume mit den angegebenen Verknüpfungen Vektorräume sind.
- Seien die Intervallgrenzen für das Intervall in Definition 1 gegeben und . Dann erklären wir den Vektorraum der -mal stetig differenzierbaren Funktionen auf dem kompakten Intervall oder kurz den -Raum wie folgt:
(1)
.
- Die Verknüpfungen haben wir im Raum in Definition 6 aus §1 erklärt. Falls gilt, schreiben wir kurz . Falls ist, setzen wir und verwenden im Bildraum die komplexe Multiplikation.
Auch hier prüft man sofort die Vektorraumeigenschaften mit Hilfe der Stetigkeitsaussagen aus §1 nach.
Wir wollen nun die Taylorsche Formel und die Taylorsche Reihe behandeln, die wir dem englischen Mathematiker B. Taylor verdanken. Mit der Taylorschen Formel können wir -Funktionen durch Polynome -ten Grades so approximieren, dass die Abweichung kontrolliert werden kann. Wir wählen als Entwicklungspunkt sowie den Konvergenzradius und wir betrachten im Intervall die konvergente Potenzreihe
(2)
mit den reellen Koeffizienten
für alle
.
Gemäß Satz 15 aus §3 können wir nun diese Reihe beliebig oft differenzieren und der Konvergenzradius bleibt dabei erhalten! Für die -te Ableitung ermitteln wir
(3)
,
wobei durchläuft. Wir setzen jetzt in (3) ein und berechnen
(4)
.
Somit sind die Koeffizienten der Potenzreihe durch
(5)
eindeutig bestimmt. Wir nennen letztere die Taylorkoeffizienten der Potenzreihe (2). Setzen wir sie in die Potenzreihe ein, so erhalten wir die Taylorreihe
(6)
.
Zu einem vorgegebenen Differenzierbarkeitsgrad gehen wir jetzt von einer Funktion
(7)
aus. Diese ist -mal stetig differenzierbar in mit stetig fortsetzbaren Ableitungen der Ordnungen auf das kompakte Intervall vom endlichen Radius . Wir erklären das Taylorpolynom -ten Grades an der Stelle mittels
(8)
,
indem wir die Taylorreihe beim Term -ter Ordnung abbrechen. Nun betrachten wir die Taylorsche Identität
(9)
mit dem Restglied -ter Ordnung . Da dieses die Abweichung zwischen der -Funktion und dem Taylorpolynom -ten Grades misst, wollen wir es genauer bestimmen: Hierzu führen wir die Hilfsfunktion
(10)
der Regularitätsklasse ein. Dann beachten wir die Randwerte
(11)
sowie
(12)
.
Die Hilfsfunktion (10) differenzieren wir wie folgt:
(13)
Ferner verwenden wir die Funktion
(14)
mit
und
.
Wir ziehen jetzt den Mittelwertsatz der Differentialrechnung heran und mit Hilfe der Identitäten (11) – (14) ermitteln wir
(15)
mit einem . Damit ist der folgende Satz bewiesen:
- Die Funktion aus (7) auf dem Intervall vom Differenzierbarkeitsgrad besitzt die Darstellung
.
- Dabei ist im Lagrangeschen Restglied
- der Zwischenwert – nach dem Mittelwertsatz – geeignet zu wählen.
- Genau dann ist die Funktion im Punkt in ihre taylorreihe (6) entwickelbar, wenn für alle das Langrangesche Restglied die beziehung
- erfüllt.
Dieser folgt sofort aus Satz 1.
q.e.d.
Wir werden in §1 des nächsten Kapitels eine -Funktion kennen lernen, welche nicht in ihre Taylorreihe entwickelt werden kann.
- Eine konvexe Funktion ist ein Element der Menge
.
- Für eine konvexe Funktion haben wir folgende Aussagen:
- 1. Die Ungleichung für alle ist erfüllt, d. h. ist superlinear.
- 2. Es gilt die Jensensche Ungleichung
- für alle und mit .
1. Auf die konvexe Funktion wenden wir die Taylorsche Formel vom Differenzierbarkeitsgrad 2 mit dem Lagrangeschen Restglied an. Für alle finden wir ein , so dass die Ungleichung
(16)
richtig ist, da nach Voraussetzung für alle gilt.
2. Wir wenden nun den ersten Teil auf sowie an und erhalten die Ungleichungen
(17)
für
.
Multiplikation mit und Summation liefert
(18)
,
wenn wir beachten.
q.e.d.
- Eine konkave Funktion ist ein Element der Menge
.