Kurs:Analysis II/Kapitel VI: Gewöhnliche Differentialgleichungen/Differentialgleichungen höherer Ordnung (§8)

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Wir werden nun die explizite Differentialgleichung -ter Ordnung
(1)

auf ein Differentialgleichungssystem erster Ordnung zurückführen.
Sei also eine Lösung von (1). Dann erhalten wir die Funktionen

und wir erhalten folgendes Differentialgleichungssystem

(2)

Haben wir nun umgekehrt eine Lösung des Systems (2), so erhalten wir mit der Funktion eine Lösung von (1) wie folgt:

.

Dem Anfangswertproblem für das System (2) mit den Anfangswerten

für

entspricht das folgende Anfangswertproblem für die Differentialgleichung -ter Ordnung

(3) für .

Satz 1 (Existenz- und Eindeutigkeitssatz für Differentialgleichungen höherer Ordnung)[Bearbeiten]

Voraussetzungen: Die Funktion ist auf dem Rechtflach
stetig und erfüllt für alle . Dabei sind und sowie gewählt worden. Weiter erklären wir die Größen
und .
Behauptung: Dann gibt es eine Funktion mit der Eigenschaft
für alle ,
welche das Anfangswertproblem
(4)
für die Differentialgleichung -ter Ordnung zu den Anfangswerten löst.
Zusatz: Genügt zusätzlich die rechte Seite der Lipschitzbedingung
(5)
mit einer Lipschitzkonstante , so ist die Lösung des Anfangswertproblems (4) eindeutig bestimmt.

Beweis[Bearbeiten]

Wir betrachten das dem AWP (4) zugehörige System

für

mit den rechten Seiten für und . Die Funktionen sind in stetig und es gilt auf die Ungleichung

für .

Somit liefert der Peanosche Existenzsatz eine Lösung des Systems auf dem Intervall . Mit den obigen Vorbetrachtungen erhalten wir dann eine Lösung des AWP (4). Erfüllt nun zusätzlich die Lipschitzbedingung (5), so folgt

für alle und . Nach dem Eindeutigkeitssatz für Systeme erhalten wir dann auch Eindeutigkeit für das Anfangswertproblem höherer Ordnung.

q.e.d.

Reduktion der Ordnung bei Differentialgleichungen [Bearbeiten]

Ist erfüllt, so können wir gemäß auflösen. Wir erhalten dann

mit einem gewissen Polynom
.

In dieser Gleichung ist die Ordnung um eins reduziert. Haben wir ermittelt, dann lösen wir durch Trennung der Variablen. Man nennt diese Differentialgleichungen auch autonom, da sie die Variable nicht explizit enthalten.