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Kurs:Analysis III/Kapitel III: Der Brouwersche Abbildungsgrad mit geometrischen Anwendungen

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§1 Die Umlaufszahl

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Definition 1

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Zu erklären wir durch
die Menge der -mal stetig differenzierbaren bzw. stetigen periodischen komplexwertigen Funktionen.

Definition 2

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Sei mit für alle gegeben. Dann setzen wir
als Windungszahl (Umlaufszahl) der geschlossenen Kurve in Bezug auf den Punkt .

Definition 3

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Sei mit für alle . Ferner sei eine Folge von Funktionen mit für alle und gegeben, die gleichmäßig in gegen konvergiert, d. h. es gilt
für alle .
Dann setzen wir

Satz 1 (Homotopielemma)

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Sei die Schar von stetigen Kurven für gegeben. Ferner gelten und
für alle .
Dann ist in konstant.

Beweis

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Wegen und der Kompaktheit der Menge gibt es ein , so dass für alle gilt. Da auf gleichmäßig stetig ist, gibt es ein mit der Eigenschaft

für alle , falls .

Seien nun und zwei approximierende Folgen mit

bzw. für alle .

Dann gibt es ein , so dass für alle folgendes gilt:

für alle .

Es gilt nun für alle und es folgt

für alle mit .

Da nicht von abhängt und kompakt ist, liefert ein Fortsetzungsargument für .

Satz 2 (Rouché)

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Zu festem seien zwei stetige Funktionen mit der Eigenschaft
für alle .
Für die Kurve gelten
für sowie .
Dann existiert ein mit .

Beweis

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Wir setzen und betrachten die Homotopie

Wegen

für alle liefert das Homotopielemma und nun existiert ein mit .

q.e.d.

Satz 3 (Fundamentalsatz der Algebra)

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Jedes komplexe Polynom
vom Grade besitzt mindestens eine komplexe Nullstelle.

Beweis

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Wir setzen und betrachten zu festem die Funktion

Wir berechnen

Wir wählen nun so groß, dass für alle mit die Ungleichung

richtig ist. Dann gibt es nach dem Satz von Rouché ein mit , so dass erfüllt ist.

Satz 4 (Brouwerscher Fixpunktsatz)

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Sei eine stetige Abbildung. Dann hat mindestens einen Fixpunkt, d. h. es gibt ein mit .

Beweis

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Wir betrachten die Schar von Abbildungen

Für alle gilt

Nun wenden wir den Satz von Rouché auf die Funktion mit der Randfunktion und auf für ein festes an. Wir finden dann für jedes ein mit der Eigenschaft

Wählen wir speziell , so folgt

wobei wir noch gesetzt haben. Nach Auswahl einer in konvergenten Teilfolge erhalten wir wegen der Stetigkeit von

Definition 4

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Sei ein beliebiger Punkt und die Funktion genüge der Bedingung für alle . Dann nennen wir
die Umlaufszahl der Kurve um den Punkt .

Definition 5

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Sei die stetige Funktion mit und gegeben, welche in eine isolierte Nullstelle besitzt, d. h. es gelten
und für alle
Dann erklären wir den Index von in Bezug auf wie folgt:
mit .

Satz 5 (Indexsummenformel)

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Die Funktion habe die Randfunktion mit . Ferner besitze in die paarweise verschiedenen Nullstellen mit zugehörigem Index und . Dann gilt die Identität

Beweis

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1. Wir setzen

und berechnen

mit der 1-Form . Dabei wird in mathematisch positivem Sinn durchlaufen.

2. Zu hinreichend kleinem betrachten wir das Gebiet

Setzen wir

so folgt wie in Teil 1 des Beweises

wobei die Kurven in mathematisch positivem Sinn durchlaufen werden. Der Stokessche Integralsatz liefert nun

q.e.d.

§2 Der Abbildungsgrad im

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Definition 1

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Seien eine beschränkte, offene Menge im und
für eine Funktion mit für alle . Mit einem betrachten wir eine Funktion mit den Eigenschaften
(a) für alle und für ein ,
(b) es gelte
Dann erklären wir den Brouwerschen Abbildungsgrad von bezüglich gemäß
Dabei ist
die Funktionaldeterminante der Abbildung .

Definition 2

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Sei mit für alle gegeben. Ferner sei eine Funktionenfolge mit
für alle und alle
und es gelte
für
gleichmäßig in . Dann setzen wir
und nennen dieses den Brouwerschen Abbildungsgrad für stetige Funktionen.

Satz 1 (Homotopielemma)

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Sei für eine Schar stetiger Abbildungen mit den Eigenschaften
(a) ,
(b) für alle und alle .
Dann ist in .

Beweis

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Zunächst gibt es ein , so dass für alle und alle richtig ist. Weiter existiert ein , so dass für alle mit die Ungleichung

für alle

gilt. Wir wählen nun mit

zulässige Approximationsfolgen für bzw. . Dann gibt es ein , so dass die Ungleichungen

für alle und alle

sowie

für alle und alle

erfüllt sind. Es gilt nun

für alle

und es folgt

für alle mit .

Dieses ergibt für .

q.e.d.

Definition 3

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Sei eine beschränkte, offene Menge und sei stetig. Weiter sei mit für alle eine stetige Fortsetzung von auf den . Dann setzen wir
für die Ordnung von in Bezug auf den Punkt .

§3 Geometrische Existenzsätze

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Satz 1 (Brouwerscher Fixpunktsatz)

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Jede stetige Abbildung der Einheitskugel in sich besitzt einen Fixpunkt , für welchen also gilt.

Beweis

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Wir betrachten für alle die Abbildung

welche die Randbedingung

für alle und alle

erfüllt. Nun gibt es zu jedem ein mit bzw. . Wir wählen nun eine Folge für , so dass in konvergiert. Dann folgt

q.e.d.

Satz 2 (Igelsatz von Poincaré und Brouwer)

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Sei gerade. Mit
bezeichnen wir die -dimensionale Sphäre im . Dann gibt es kein tangentiales, nullstellenfreies und stetiges Vektorfeld auf der Sphäre .

Beweis

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Wäre ein solches Vektorfeld, so wären und für alle erfüllt. Wir betrachten nun zu die Abbildung und die Homotopie

Es gilt

für alle und alle . Es folgt

Für gerades würde also

folgen. Das ist aber ein Widerspruch!

q.e.d.

§4 Der Index einer Abbildung

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Definition 1

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Sei . Für ein und ein hinreichend kleines gelte und für alle . Dann nennen wir
den Index von im Punkt . Dabei ist .

Satz 1 (Sardsches Lemma)

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Seien eine offene Menge und eine stetig differenzierbare Abbildung. Ferner sei kompakt und
die Menge ihrer kritischen Werte. Dann ist eine -dimensionale Lebesgue-Nullmenge.

Beweis

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Wir können ohne Einschränkung annehmen, dass ein Würfel ist:

Wir nehmen nun eine gleichmäßige Zerlegung des Würfels in Würfel der Kantenlänge mit , indem wir auf den Achsen die Zerlegung mit zugrunde legen. Damit erhalten wir die Würfel mit den Eigenschaften

Der Durchmesser eines Würfels berechnet sich gemäß

Wir setzen nun

Sei die Indexmenge, die zu den Würfeln gehört, welche mindestens einen Punkt mit enthalten. Dann folgt

.

Es gibt nun für jedes eine Funktion mit sowie

Dabei bezeichnet die charakteristische Funktion einer Menge . Es folgt

und für die Funktion gilt

für alle . Für folgt schließlich und somit ist eine -dimensionale Lebesguesche Nullmenge.

Satz 2 (Generische Endlichkeit)

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Sei eine beschränkte, offene Menge und mit . Dann gibt es ein mit , so dass folgendes gilt:
(1) Die Gleichung hat höchstens endlich viele Lösungen .
(2) Für ist richtig.

Beweis

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Sei

so ist kompakt und es gilt . Die Menge

der kritischen Werte von ist nach dem Sardschen Lemma eine Lebesguesche Nullmenge. Somit existiert ein mit und . Wir zeigen nun, dass mit diesem die Eigenschaft (1) gilt: Angenommen, die Gleichung hätte unendlich viele Lösungen und ohne Einschränkung gelte für . Wegen für alle würden sich die -Stellen von im Punkt häufen. Da aber und sind, ist dort lokal injektiv und wir erhalten einen Widerspruch. Folglich gibt es nur endlich viele Lösungen der Gleichung , die offenbar alle die Eigenschaft (2) haben.

q.e.d.

§5 Der Produktsatz

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Definition 1

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Sei eine offene Menge und . Dann nennen wir die Menge
die Zusammenhangskomponente von in .

Definition 2

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Zu einer Funktion nennen wir
den Träger von .

Definition 3

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Sei und . Dann setzen wir
für den Abbildungsgrad von bezüglich des Punktes .

Definition 4

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Sei ein Gebiet, so setzen wir
für ein .

Satz 1 (Produktsatz)

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Seien und sei offen und beschränkt. Wir setzen . Mit bezeichnen wir die beschränkten Zusammenhangskomponenten von . Schließlich wählen wir ein . Dann gilt die Identität
wobei die Reihe nur endlich viele nicht verschwindende Terme hat.

Beweis

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1. Wir setzen

Nach dem Weierstraßschen Approximationssatz aus Kapitel I, §1 können wir Folgen und wählen, die gleichmäßig auf jedem Kompaktum gegen bzw. konvergieren. Wir erklären noch die Funktionen

Damit folgen

für

sowie

für

auf jedem Kompaktum.

2. Es gibt ein , so dass

für alle und alle

richtig ist. Wir wählen nun eine zulässige Testfunktion mit der Eigenschaft . Dann gilt für alle und die Identität

Setzen wir

für ,

dann gilt

für . Hierbei sind nur endlich viele Terme der Summe ungleich 0. Beachten wir noch

so folgt

Nun gibt es ein , so dass

für alle

gilt. Weiter gibt es ein , so dass

für alle und alle

richtig ist. Insgesamt erhalten wir

q.e.d.

§6 Die Sätze von Jordan-Brouwer

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Satz 1 (Jordan-Brouwer)

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Gegeben seien zwei homöomorphe kompakte Mengen und im . Dann gilt .

Beweis

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Da und homöomorph sind, gibt es eine topologische Abbildung mit der Umkehrabbildung . Mit dem Tietzeschen Ergänzungssatz konstruieren wir Abbildungen mit für alle und für alle . Wir nehmen nun

an und können ohne Einschränkung von ausgehen. Somit ist endlich. Wir bezeichnen mit und die beschränkten Zusammenhangskomponenten von bzw. . Ist und , so liefert der Produktsatz

für .

Nun gibt es ein mit

für .

Somit erhalten wir in

einen Widerspruch. Die Annahme war also falsch, es gilt die Gleichheit.

q.e.d.

Satz 2 (Jordan-Brouwer)

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Sei homöomorph zur Einheitssphäre mit der topologischen Abbildung . Dann zerlegt die topologische Sphäre den in ein beschränktes Gebiet , das wir Innengebiet nennen und ein unbeschränktes Gebiet , das wir Außengebiet nennen. Für gilt

Beweis

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Wie im Beweis von Satz 1 setzen wir die Abbildungen und zu stetigen Abbildungen bzw. auf den fort. Da die Sphäre den in ein Innengebiet und ein Außengebiet zerlegt, folgt

nach Satz 1. Für die Abbildung gilt für alle . Der Produktsatz liefert

Aus der Ganzzahligkeit des Abbildungsgrades folgt für

q.e.d.

Satz 3 (Gebietsinvarianz)

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Sei ein Gebiet und eine stetige, injektive Abbildung. Dann ist wieder ein Gebiet.

Beweis

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Da zusammenhängend und stetig ist, folgt zunächst, dass zusammenhängend ist. Wir zeigen die Offenheit von : Sei beliebig und so klein gewählt, dass erfüllt ist. Für die stetige, injektive Abbildung

gilt . Somit folgt

Mit einem hinreichend kleinen gilt für alle . Wir erhalten nun aus dem Homotopiesatz

für .

Für alle mit existiert also ein mit . Das bedeutet . Somit ist eine offene Abbildung und die Menge ist ein Gebiet.

q.e.d.

Satz 4 (Jordan-Brouwer)

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Jede topologische Sphäre zerlegt den in ein Innengebiet und ein Außengebiet , d. h.
und es gilt .

Beweis

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Wir haben nur für zu zeigen. Sei die topologische Abbildung und sei ein beliebiger Punkt. Wir setzen dann und betrachten die Mengen

mit . Gehen wir zu den Bildmengen und über, so folgt . Da zusammenhängend ist, bleibt nach Satz 1 auch zusammenhängend. Somit gibt es zu festen Punkten und einen stetigen Weg , der und verbindet und nicht trifft. Da jedoch die Gebiete und trennt, folgt und somit . Ist nun der erste Punkt von , der trifft und der erste Punkt von , der trifft, so wählen wir Punkte für auf mit . Lassen wir nun sächsischen erhalten wir Punktfolgen mit

für .

Somit folgt .

q.e.d.