Kurs:Dresdner Befestigungsanlagen/Übersicht

Aus Wikiversity

303


Die Augustusbrücke.

Aeltere Baugeschichte.

Der „Pirnische Mönch" sagt unter Dresden: „Do ist ober di Elbe eine feste wol erbaute steinene brücke mit pheilern vnd XXIIIJ schwybogen vnd mit wolgeordenten czynnen künstlich vnd wercklich vnd mit eisern clemmern an eynander vorbunden anno Cristi MLXX angefangen, ehe denne margrafe Conrad ... margrafe cm Meifen wart, was aldo furhyn eine hölczene brücke, aber darnach vom reichen bergfart czu Freiberck (MGXIX) wart di brücke czirlich, auch auf die wehr, vor gemeinen nucz vnd täglichen brauch volendit."

Nach Weck wurde die Brücke 1119 steinern zu bauen angefangen, 1173 sei der ins Stocken gerathene Bau wieder aufgenommen und 1222 vollendet worden.

Die erste urkundliche Nachricht stammt vom Jahre 1287 und spricht aus- drücklich von einer steinernen Brücke (ante pontem lapideum trans Albeam). Eine etwa gleichzeitige Urkunde gewährt Ablass jenen, die zur Wiederherstellung der Brücke Beiträge leisten (nach Cod. dipl. Sax. II, 5 S. 2 von 1275). Eine Ur- kunde von 1295 regelt die Erhebung von Standgeldern im Kaufhaus zu Dresden zu Gunsten der Brücke. Es erweist sich hieraus, wie aus dem frühen Vor- kommen der Juden in Dresden, dass die Brücke dem Handel zu wesent- lichen Theilen ihr Entstehen verdankte. Unmittelbar darauf (1303) wird der erste Brüekenmeister genannt und erfolgen mehrere Schenkungen an die Brücke. 1305 wird aus einer solchen Schenkung der Gottesdienst in der auf der Brücke gelegenen und erbauten, dem h. Leichnam Christi geweihten Kapelle versorgt. Auf die Möglichkeit, dass der jetzt im K. Alterthumsmuseum be- findliche, im 15. Jahrhundert in der Busmannskapelle der Franziskanerkirche (s. oben Seite 86) aufgestellte Altar mit dem Leichnam Christi für diese Kapelle gefertigt sei , mag hingewiesen sein. Die Kapelle kam in Vergessenheit, stand bis 1462 wüst. Der Name der Leichnamskapelle verschwindet aus den Akten.

Vor das an bestimmten Tagen aufgestellte Bild legten die Vorübergehenden Opfer nieder, die zu Zwecken der Brücke bestimmt waren. Früh stand die Brücke in enger Verbindung mit der Kreuzkirche. Verwalter des gemeinsamen Vermögens war der Brüekenmeister, den die Stadt ernannte und der Landesfürst bestätigte. 1555 erhielt der Steinmetz Melchior Trost diese Stelle.

Die Baugeschichte der Brücke ist sehr lückenhaft. Ein grosser Ablass für ihren Bau wurde von 13 Kirchenfürsten 1319 und zwar von Avignon aus be- willigt. Es ist dies zu beachten, da es in jene Zeit des Schisma fällt, in der in Böhmen Avignoner Meister am Brückenbau wirkten: 1333 begann Meister Wilhelm von Avignon die Elbbrücke in Raudnitz, 1357 legt Kaiser Karl IV. den Grundstein zur Prager Brücke.

xxii. 1 (20)


304


Dresden (Stadt), Augustusbrüeke.


Vom Jahre 1342 wird der Einsturz der Brücke infolge Hochwassers be- richtet. Hinsichtlich des Tages widersprechen sich die Nachrichten. In der Brückenrechnung von 1388 hören wir von Ausbesserungen an der Brückenkapelle, aber auch von Verlegung grosser Balken (tramen, Trahmbalken) durch den Zimmermeister Johannes, also zweifellos von einem Holzoberbau. Dagegen ist 1412 ein Steinbruch in Struppen, von dem die Brücke ihre Steine bezog, Gegenstand eines Streites. 1431 und 1432 soll das Hochwasser zwei Bogen der Brücke fortgerissen haben, ebenso 1446 (poegen oder Joche). Die Ausgaben des Jahres 1467 werden damit begründet, dass „die holczerne Brücke eingeen wolde", dagegen wurde 1474 die Brücke vom Steinmetz von Freiberg „besetzt", d. h. gepflastert.

Die Brücke im Mittelalter.

Ueber ihre Gestaltung am Schlüsse des 15. Jahrhunderts giebt es keinerlei sicheren Anhalt. Die 24 Schwibbogen, die der Pirnaische Mönch zählte, waren zweifellos einst vorhanden. (Fig. 206.) Ihre Zahl ist jetzt durch mehrfache Ver- schüttungen eingeschränkt.

Um die Pfeiler sicher bezeichnen zu können, benenne ich für diese Unter- suchung den jetzt mit einem Wappen bezeichneten Pfeiler inmitten des Stromes mit 1 und zähle von hier nach Süden und Nord (Altstadt und Neustadt).

Gegen Süden hatte die Brücke 11 Pfeiler und 10 Bogen. Von diesen Bogen wurden 1534 drei, 1547 aber 3V 2 Bogen zugeschüttet und 1737 weitere I 1 /». Es blieben nur drei Bogen übrig.

Nach den Abmessungen der übrigen Bogen erhob sich der letzte (11.) Pfeiler dort, wo jetzt das Georgenthor mit seiner Südfacade steht. Der unterirdische Gang hinter (südlich) dem Georgenthore wäre mithin hinter dem letzten Pfeiler hingegangen. Bei Schleusenarbeiten in der Schlossstrasse fand man den alten Knüppeldamm 2,50 m unter dem jetzigen Pflaster. Der Sockel des Georgenthores liegt etwa 40 cm unter letzterem. Die Niveauverhältnisse waren im Allgemeinen andere, da ja auch die Brücke durch den Umbau im 18. Jahrhundert um etwa 1 m höher geführt wurde. Vor Allem aber dürfte das Elbufer näher an die Stadt- mauer und das Schloss herangereicht haben, so dass südlich vom Thore die Brücke nicht mehr von den Seiten zugänglich war. Ueber die Gestaltung dieser Theile siehe unter königl. Schloss, Georgenthor, und S. 324.

Gegen Norden hatte die Brücke 15 Pfeiler und 14 Bogen, die im Wesent- lichen noch die heutigen sind.

Man hat keinen Grund, daran zu zweifeln, dass thatsächlich im 13. Jahr- hundert die Brücke eine „steinerne" war. Unzweifelhaft hat sie aber in der Folgezeit vielfach schwer gelitten; die Bogen waren theilweise durch Holz- oberbau ersetzt worden. Es ist viel wahrscheinlicher, dass die politisch so glänzenden Zeiten des früheren Mittelalters als das für Sachsen so traurige 14. und selbst das 15. Jahrhundert den Bau zur Vollendung brachten. Es ist auch von keiner Bauthätigkeit an der Brücke Bericht auf uns gekommen, die über Flickereien hinausgeht. Nach alledem kann man annehmen, dass die Brücke bei Eintritt in das 16. Jahrhundert einen sehr verwahrlosten Eindruck machte. Hatte doch das eigentliche Brückenheiligthum, die Leichnamkapelle, lange wüst gelegen und war erst 1468 als Alexiuskapelle neu entstanden. Erst 1511 kam man


16. und 17. Jahrhundert.


305


dazu, das Silberbild des h. Alexius vom Meister Antonius Goldschmied herstellen zu lassen.



Fig. 2C0. Die Augustusbrücke. Zustand von 1547. Nach einem alten Plan.


Das 16. und 17. Jahrhundert.

In der Eechnung von 1509/10 erscheint Meister Hans Swabe als an der Brücke thätig, neben ihm Valten Merten und Leonhard Meurer. Im Winter 1509/10 besichtigt Meister Peter Ulrich von Pirna den Bau (Vergl. Osk. Speck, Meister Peter von Pirna, Neues Archiv für Sachs. Geschichte und Alter-

1* (20*)


306


Dresden (Stadt"), Augustusbrüeke.


thumskunde Bd. XXI, S. 40 flg.). Aber erst seit 1511 begann auf des Herzogs Befehl ein umfassender, planmässiger Umbau der Brücke. Alte Pfeiler werden „aufgehoben", neue Pfeiler gehauen und versetzt. Zunächst, 1511 — 14, leitet diese Arbeiten der Steinmetz Meister Marcus, seit 1514 Hans Schickentantz. Mehrfach ist von der Holzbrücke dabei die Bede, auch von der mittleren, welche 1514 Nickel Zimmermann anfertigt. Es waren damals mindestens noch Zugbrücken mit hölzernem Oberbau vorhanden. 1517 beginnen Nachrichten über das Pflastern. Die Kosten betrugen in diesen Jahren:

1511/12 rund 61 Schock,

1512/13 „ 124 „

1513/14 „ 69

1514 „ 44 „

1514/15 „ 40

1515/16 „ 40

J 517/18 „ 145

1518/19 „ 130

1519/20 „__103 „

rund 756 Schock.

Auch noch 1526 — 28 baute der Zimmermann Nickel von Zwickau eine „neue Holzbrücke;" das Holzwerk unter dieser wird von Schickentantz ver- mauert.

Dieser Bau ist nicht ohne noch heute erkennbare Spuren geblieben. Am neunten nördlichen Pfeiler finden sich eine Anzahl Steine, deren Zusammenhang heute nicht mehr erkennbar ist, da die Fugen in breiten Lagen mit Oement ver- strichen sind. Auf ihnen sind eine Keine Zahlen und zwar 13, 14, 15, 16, 19 an- gebracht. (Siehe nebenstehend.) Sie be- finden sich an der zehnten und elften Steinschicht von oben und zwar an bei- den Seiten des Pfeilerhauptes. Gleich viel ob es Beste von Inschrifttafeln sind, die sich auf die betreffenden Baujahre 1513 — 16 beziehen, oder ob sie einen anderen Zweck haben, so zeigt doch die Bildung der Zahlen selbst, dass sie etwa jener Zeit angehören. Der Betrag von 756 Schock ist ein sehr hoher, so dass man annehmen kann, dass zu dieser Zeit ein bedeutender Bau ausgeführt wurde.

An der Nordseite des fünften nördlichen Pfeilers findet sich



\ <r|\













1 r


USI


ein Stein mit nebenstehender stark beschädigten Inschrift. Ich lese 15151. Die Form der Zahlen schliesst 1515 als Entstehungszeit nicht aus.

Dieser Zeit dürfte auch das einst berühmte Brüekenmännchen angehören, das in den Chroniken als Darstellung des Erbauers der Brücke, des Mat- thäus Focius oder Mats Fotze, bezeichnet wird. Dieses befand sieh „auf dem Steiger rechts neben dem Läufer der Schlusssteinschicht der vierten Bogen-


16. und 17. Jahrhundert.


307



Fig. 207. Brückenmännchen.


Wölbung von der Altstadt her an der Thalseite", also am ersten Bogen nörd- licher Hälfte. 1813 wurde es bei der Sprengung der Brücke zerstört, aber wieder im Schutte aufgefunden, nachdem inzwischen nach dem Stiche von Schramm ein neues Brückenmännchen vom Bildhauer Kühn gefertigt und an der Brücke

angebracht worden war. Ein zweites fertigte der Bild- hauer Schneider. Dies ist jetzt noch in der Helbig'schen Restauration sichtbar. (Fig. 207.) Die Originaldarstellung ist verschollen. Die Tracht des mit auf den Schooss gelegten Händen ruhig sitzenden Mannes in Pelzmütze, langem einreihig geknöpfelten Eocke, weiten Kniehosen, Strümpfen und Schuhen weist frühestens auf den Anfang des 16. Jahrhunderts. Ueber den Namen sind zahlreiche Vermuthungen ausgesprochen worden, von denen aber keine eine einigermaassen stichhaltige Begründung hat, 1531/32 besichtigte der neue Brückensteinmetz Meister Bastian Kramer die Brücke, die Pfeiler, „pruck und Schwypbogen". In den Folgejahren baute Nickel vonZwickau an den Zugbrücken, neben ihm Meister Gregor, sein Geselle, Günther und Wyrtich. 1534/35 tritt Nickel Eeppisch, der Steinmetz, mit den Gesellen Hans Werner und Hans Rüell mit in Arbeit. Man baute des Zöllners Haus und das Thorhaus bei Altendresden, das Meister Jac off malte, „dy wapen oben auff beiden seitten". Derselbe wurde entlohnt, „von den figuren des Herzocg leiden dy ausfuerung vnder dem Naiven thurhaufs bey alden Dre/sden". Der Maurer Hans Schaffrath tünchte die Giebel, Hans Gleinig lieferte Silber und Gold für den Maler. Ich dachte früher, diese Posten bezögen sich auf das Georgen- thor. Die ausdrückliche Bezeichnung ,, Thorhaus bei Altendresden" spricht da- gegen.

Nach der Einführung der Beformation brach man 1542/43 die Alexiuskapelle ab. Meister Bastian errichtete statt ihrer ein neues Zollhaus. Thätig daran ist Meister Michel (Maut?) der Steinmetz, Meister Peter, der Zimmermann zu Altendresden, Paul Lauffnitz der Schmid, Jorg Uhl der Tischler, Nickel Hempel der Schlosser, Michel der Töpfer, Kirsch der Kleiber u. A. Man baute einen Schwibbogen über die Brücke. Der Bau kostete 58 Schock. Meister Hans malte für diesen die Tafeln mit dem Wappen des Herzogs 1544.

Das Zollhaus war zweifellos grösser, als die alte Alexiuskapelle. Diese dürfte der stromseitige Theil des Baues gewesen sein, dem nun ein gleicher thal- seitig hinzugefügt wurde. Zwischen beiden die Durchfahrt mit zwei Thoren.

Dies Gebäude hielt sich in der Folgezeit. Es ist damit die Sicherheit ge- geben, dass die Alexiuskapelle und vorher auch die Leichnamskapelle auf dem sechsten nördlichen Pfeiler stand.

Die Kriege der Reformationszeit weisen auf die Vertheidigungsfähigkeit der Brücke. „In diesem Jhare 1547; sagt eine chronikalische Notiz: Mittwoch In der heyligen Osterwochen Ist vorm Feinde, dem gewesenen Churfürsten Herczog Johann Fridrich zu Sachfsen etc. dy Holczerne Brücke auff der Sttynern Elbbrucke abgewurffen vmd den Sommer dornach steynem gebawet." Die Bau-


308


Dresden (Stadt), Augustusbrücke.


kosten betrugen 497 Schock (= 1420 fl.) 6 gr. 5 pf. Den Bau leitete Meister Bastian mit 19 Gesellen. Michel Uhl der Tischler schnitt das Muster zur neuen Brücke. Die Steine wurden in Bastians und Meister Melchiors (Trost) Hütte behauen. Als der erste Schwibbogen fertig war, wurde ein Schlussgeld gezahlt, ebenso beim zweiten Bogen.

Das nördlich an den sechsten Pfeiler anstossende Brückenjoch war damals wohl noch mit einem hölzernen Oberbau versehen, das Zollhaus aber bestimmt zugleich zur Verteidigung dieses Brückenabschnittes zu dienen. Dieser Bogen hat allein an der ganzen Brücke Steinschichten mit einem Schlagrande und rund- lichen Bossen. Ferner ist hier allein der Bogen der Länge nach in drei Theile zerlegt, der Mittelbogen aus wesentlich kleineren Steinen gewölbt. Der Grund hierfür ist mir nicht klar. Aus diesen Umständen lassen sich Schlüsse auf die Entstehungszeit nicht ziehen, wohl aber tritt deutlich hervor, dass dieser Bogen für sich allein gefertigt wurde, dass also das Schlussgeld für Fertigstellung eines

solchen Theilbogens gezahlt wurde.

Beste des Zollhauses erhielten sich noch heute in einem starken Kragsteine und einem Pfostenstumpf. (Fig. 208.)

Der von Kurfürst Moritz 1547 gebaute „Triumphbogen" ist wohl weiter nichts, als eine Abdeckung am alten Gatterthore, das schon damals über dem zweiten südlichen Pfeiler stand. Es hatte anscheinend schon Steinpfosten und wurde 1683 abgebrochen.

Die Gestaltung, welche vor 1547 die Brücke erhalten hatte, giebt eine Zeichnung des Kgl. Hauptstaatsarchivs Fig. 206 wieder, die einzige authentische Quelle, die ich kenne. Alle Dar- stellungen, welche über diese hinausgehen, sind zweifelhaft.

In Vergleichung gezogen werden müssen die ältesten Ansichten der Brücke: Als solche kann jene auf dem Gobelin von 1557 gelten. (Vergl. Heft XVIII, S. 322 flg.), ferner die bei 0. Bichter (Atlas zur Geschichte Dresdens) gegebenen.

Endlich stand auf dem letzten nördlichen Pfeiler das Thorhaus, das schon 1430 erwähnt wird. Bei der Belagerung durch Kurfürst Johann Friedrich aufs Aeusserste zerschossen, wurde es 1547 — 48 auf Befehl Kurfürst Moritz' durch Meister Lorenz abgebrochen. Es bestand aus zwei Flügelmauern und dem Thor und einem kleinen Wärterhäuschen. Durch die beabsichtigte Befestigung der Neustadt wurde der Brückenkopf überflüssig, doch erscheint noch auf den Ansichten von 1572 und 1608 auf dem 14. nördlichen Pfeiler ein Thurm, dessen Entstehungszeit ich nicht anzugeben vermag. Auf Abbildungen von 1608 steht nur noch ein Rest; vor 1721 wurde dieser vollends abgetragen.

Mit den Umgestaltungen durch den Altstädter Festungsbau wurden, wie ge- sagt, vor dem Georgenthore 3^2 südliche Bogen verschüttet. Das „Schöne Thor" stand auf der Brücke selbst. Aber schon sehr bald veränderte man die Anlage, indem man über diesem eine „Katze" baute, die die Brücke bestrich; auf den



Fig. 208. Augustusbrücke; vom 6. nördlichen Pfeiler.


16. und 17. Jahrhundert.


309


fünften südlichen Pfeiler kam ein Blockhaus und drei Zugbrücken, die in ein zweites, östlich vom Schönen Thore angelegtes Thor hineinführten. (Siehe Fig. 217.)

Umbauten brachte nach einem grossen Hochwasser das Jahr 1595. Es scheint dabei der obere Theil des ersten Pfeilers beschädigt worden

zu sein. An diesem findet sich in smm grossen Zahlen die Inschrift: 1595.

Nach den Eechnungen wurde damals ein neues Crucifix an Stelle

des zerbrochenen aufgerichtet. Ein solches war schon 1564/65 ausge-

bessert worden. Das neue fertigte Marcus Fleischer für 5 fl. 1620

wurde es abermals erneuert. Der Bildhauer Wenzel Lindener



erhielt 170 fl., für das Schneiden 1617, hatte der Bildhauer Hans

ausgebessert. Dann, 1667, schaffen mit Laubwerk am Sims hoch, 2 Ellen 21 Zoll breit und Kroschwaldt und Steinmetz Angaben des Obersten Hans (f 1671). 1670 am Tage der ber) errichtete man darauf ein ment stand die Inschrift:

Saxonias S. R. J. Princeps hanc remoto omni superstitiosae ado- gratitudinisque praetereuntium in vocandae causa p. c. anno s.

Auf der Eückseite stand der Klengel als dessen, der die

Nach der Sage soll Johann Kreuz gegossen haben, das er verkaufte. Das Kreuz von 1670 Andreas Heroldt gegossen (Fig. 209), das bis 1840 auf ist jetzt in der Sammlung des Hillger noch Heroldt Bildhauer das Lindener'sche Modell uns



des Kreuzes 87 fl. Vorher, Killing das alte Kreuz noch wurde ein neues Postament ge- und Karnies, 3 Ellen 14 Zoll zwar vom Bildhauer Matth es Hans Georg Steinböhl nach

Siegismund von Liebenau Kreuzeserhöhung (14. Septem- Crucifix in Metall. Am Posta-

Joan . Georg . II. Drix et Elector Christi Servatoris patientis statuam,

rationis cultu, aeternae memoriae redemptorem generis humani pro-

MDCLXX aet. LVII reg. XIV.

Name des Wolf Kaspar von Aufstellung leitete. Hillger 50 Jahre früher ein nach Prag auf die Moldaubrücke soll nach gleichem Modell von worden sein. Dieses Modell dem Militärbauhofe sich befand, K. Alterthumsvereins. Da weder waren, so ist anzunehmen, dass erhalten blieb.


Flg. 209. Augustusbrücke, Crucifix von 1620.

Der Körper ist 1,8 8 m hoch, von reich geschwungenen Umrissen, das Locken- haupt nach oben gehoben, der Ausdruck im Gegensatz zu den älteren, derb realistischen Werken sanft und fast weichlich. Die Durchbildung der Glieder ist sehr sorgfältig, namentlich die der Gelenke und Adern. Geschaffen haben dieses Modell sicher nicht die Giesser, es dürfte vielmehr aus der Schule Nossenis hervorgegangen sein.


310


Dresden (Stadt), Augustusbrücke. — 18. und 19. Jahrhundert.


Einige Hochwassermarken finden sich noch an der Brücke. So am dritten südlichen Pfeiler die Inschrift:

So hoch ist das Wasser den V. Februari gegangen Anno MDCLV.

Die Tafel ist von Hans Stengel gegossen, soll aber früher an einem an- deren Pfeiler sich befunden haben. Die Inschrift 1650 und

I. T. H. G.

1669 B. A. T. M.

(Ist das Hochwasser gegangen 1669 bis an dies Maass) werde verzeichnet, Kritzeleien und Inschriften sind jetzt schwer unterscheidbar. Solche finden sich


aus dem 17. Jahrhundert na- lichen Pfeiler. Der Zustand dieses Jahrhunderts war noch Zollhaus war zum Blockhaus

Das 18. und 19. Jahrhundert.

Seit 1718 mehren sich die einer gründlichenErneuerung berichten P ehr e und Bahr schädigten 13. und 14. Bogen

gestaltungen wurden am dritten) vollzogen. Der Ober- Ingenieur Capitän Erndte ter Wackerbarths Generalmajor Gravert Man erkannte, dass der (fünfte bis erste südlich, gründlich erneuert wer-^ die Aufziehbrücke am sert.

begann 1727 unter Leit- Pöppelmanns, der'



mentlich am fünften nörd- der ganzen Brücke zu Ende imWesentlichen der alte. Das umgebaut.

Zeichen, dass die Brücke bedurfte. Am 25. Juli 1718 namentlich über die sehr be- der Nordseite. Grosse Um- Kreuzpfeiler (dem südlichen ingenieur Fürs tenh off und untersuchten die Brücke un- Aufsicht, später wurde

noch hinzugezogen, erste bis zwölfte Pfeiler erste bis achte nördlich) den müsse. 1723 wurde Blockhause ausgebes- Der grosse Umbau ung Matthäus Daniel wohl auch den Entwurf


Fig. 210. Augustusbrücke, Longueluncs Plan zur Aufstellung des Cracifixes.

lieferte. Maurermeister war J. G. Fehre.

1730 wurde das Schöne Thor abgetragen, ebenso alle Aufbauten. Im Jahre 1731 war der Brückenbau vollendet.

Die Neuanlage (Tafel X) bestand im Wesentlichen darin, dass die Brücke in ihrer ganzen Länge erhöht wurde. Man schob je zwei derbe Kragsteine übereinan- der nach beiden Seiten über die alte Fahrbahn vor und legte auf diese balconartig die Platten der Fusssteige. So konnte die alte Brückenbreite für den Fahrweg freigehalien und zwei seitliche Steige angeordnet werden. Die Ausstattung der Brücke mit 48 Laternen, die am 30. August 1729 zum ersten Male angezündet


DRESDEN -ALTSTADT

zu Ende des Mittelalters.



100 50


100


200


300


kOO Meter


Bau- u. Kunstdenkm. d. K. Sachsen. XXII. Dresden (Stadt). Tafel XI.



1. Schloss.

2. Elb- (Brücken-) thor.

3. Franziskanerkloster.

4. Franziskanerkirche.

5. Wilsches Thor.

7. Rathhaus.

8. Seethor.

9. Brodbänke.

10. Frauenthor.

11. Judenhaus.

12. Baderei.

13. Krenzkirche.

14. Pfarrhaus.

15. Kreuzschule. IG. Kreuzthor.

17. Frauenkirche.

18. Maternihospital.

19. Ziegelthor.

20. Elbbrücke.

21. Queckbornkapelle.

22. Bartholomäuskapelle.

23. Jacobihospital.


Festungsbau. — Erste Anlage.


311


wurrden, die schmiedeeisernen Gitter, die Austritte mit Steinpfeilern und Bänken auf den Pfeilern erweckten allgemeine Bewunderung.

Der König dachte die Brücke künstlerisch weiter auszustatten. Das Crucifix wurrde 1731 vom dritten südlichen Pfeiler auf den ersten versetzt. Den Entwurf zur neuen Aufstellung lieferte Longuelune, der auch die weiteren grossartigen Pläme schuf, die heute im Oberhofmarschallamte und in der Sammlung für Bau- kunst in der K. Techn. Hochschule liegen. Namentlich beabsichtigte der König, seini Reiterdenkmal hier aufzustellen. Von diesen Plänen kam aber nur wenig zu Stanide. Das 12 Ellen hohe Postament (Fig. 210) unter das alte Crucifix fertigte der Bildhauer Johann Christian Kirchner (f 1732) für 2900 Thaler in Ge- staltt eines Felsens, unter das Crucifix wuräe noch eine l 1 ^ Elle hohe Weltkugel gesetzt. Im Felsen eine Inschrifttafel von 3^2 zu 2 Ellen mit der Inschrift:

Jooan. Georg 1. | Elector | Aere fudit | Frider. August | rex | ornavit et | lapide | substruxit.

Zur Seite des Crucifixes standen zwei Schilderhäuser, gegenüber auf der Berg^seite das sächsisch -polnische Wappen neben zwei Statuen.

Nachdem das Crucifix 1813 vor dem Sprengen der Brücke entfernt und bald daraiuf wieder aufgestellt worden war, stürzte es am 31. März 1845 bei Hochwasser mit «dem Pfeiler in die Elbe und wurde seither nicht wieder aufgefunden.

Ein zweites Crucifix in Stein stand am Zollhause. Es wurde 1705 vom Bildlhauer Hoffmann, 1707 von Paul Heermann restaurirt.

Die Ereignisse von 1813 — 14, das Hochwasser von 1845 und Anderes mehr zersUörten diese Kunstanlagen, von denen sich nichts erhielt.


Der Festungsbau.

Von tief einschneidender Bedeutung für Dresden ist der Festungsbau. Er schulif die Veranlassung zu den stärksten Umgestaltungen des Stadtplanes.

a. Erste Anlage.

Sichere Unterlagen für den Stadtplan gehen verhältnissmässig weit zurück.

In dder 1679 erschienenen Chronik von Weck findet sich ein solcher, der bezeichnet ist: (Grundriss der Stadt Dresden, wie solche 1529 zu sehen gewesen. Dieser ist weiteer mit den Zeichen des Kupferstechers G. F. Schneider versehen: (G. F. S. fc). Man hat auf diesen Plan meines Ermessens ein zu grosses Gewicht gelegt. Er ist erine für die Chronik im 17. Jahrhundert gefertigte Arbeit, als deren Haupt- unterrlage das Stadtmodell diente, das sich jetzt im Grünen Gewölbe befindet. Diesees Modell ist abgebildet bei 0. Richter, Atlas zur Geschichte Dresdens, Blatt t 1. Hinzugefügt hat Weck eine Darstellung der Frauenvorstadt. Diese ist auf OGrund des damals bestehenden Planes gezeichnet, verlässig wohl nur in den TheiLlen, die auch heute noch sich in alter Weise erhielten. In Tafel XI habe ich versucht, mit modernen Hülfsmitteln den Plan von Dresden, wie er gegen Ende 3 des Mittelalters war, festzustellen.

iDieser Plan wurde in folgender Weise hergestellt: Nach dem Modell zeichnete ich Skizzen, die icbh auf die Menselblätter der modernen Stadtaufnahme übertrug. Es ergab sich, dass im ModeDll die Verhältnisse im "Wesentlichen richtig, die Wohnhäuser nur schematisch, die öffent- lichem Bauten mit grösserer Sorgfalt angegeben sind. Bei weitaus den meisten Strassen erhielt


312


Dresden (Stadt), Festungsbau.


sich die alte Linienführung: der Stadtplan erfuhr hier keine Veränderung. Fraglich war nur der nordöstliche Stadttheil.

Im Modelle misst die Entfernung vom Schlossthurm bis zum Seethorthurm 914 mm. Dieses Maass dürfte als das zuverlässigste anzunehmen sein, da der alte Feldmesser durch Schloss- und Seestrasse hindurch bequem auf ziemlich geradliniger Bahn die Vermessung vor- nehmen konnte. Nach den neuen Stadtplänen beträgt diese Entfernung rund 580 m. Es ist also ein Millimeter auf dem Modell gleich rund 6,33 m.

Das Dreieck

Schlossthurm — Seethor — Wilsches Thor — Schlossthurm misst im Modell ........ 914 — 640 — 610 mm

dies ergiebt nach obigem Maasse rund 578 — 405 — 386 m

nach neuen Messungen 580 — 414 — 354 m

Es ergiebt dies einen Messfehler, nach dem die Linie das Wilsche Thor — Schlossthurm auf dem Modell etwa 32 m zu kurz ist Das Dreieck

Schlossthurm — Seethor — Kreuzthor — Schlossthurm

misst im Modell 914 — 570 — 970 mm

dies ergiebt rund 578 — 361 — 614 m

nach neuen Messungen 580 — 342 — 612 m

Die Linie Seethor — Kreuzthor ist also rund 19 m zu kurz.

Das Dreieck

Wilsches Thor — Seethor — Kreuzthor — Wilsches Thor

misst im Modell 640 — 570 — 1035 mm

dies ergiebt rund 405 — 361 — 655 m

nach neuen Messungen 414 — 342 — 642 m

Die Lage des Kreuzthores zeigt also auch hier einen Ausschlag von rund 13 m. Für seine Lage bot folgendes Maass Anhalt. Im Modell liegt das Thor 370 mm von der Ecke entfernt, die der Altmarkt und der Platz an der Kreuzkirche bilden. Dies entspricht 234 m in der Natur. Damit ist die Lage des Thores im Verhältniss zur näheren Umgebung sichergestellt.

Nach diesen Ergebnissen erweist sich das Modell als in den Maassen zuverlässiger, wie zu erwarten war. Die Lage des Wilschen und Seethores ist an sich unbedingt sicher nach- weisbar. Das des Kreuzthores kann auf Tafel XI höchstens um 10 — 12 m falsch angegeben sein. Wichtig ist vor Allem die Lage des Frauenthores.

Die Entfernung vom Frauenthor bis zu diesen bisher eingemessenen Punkten ist folgende: im Modell übertragen nach Tafel XI Fehler Schloss ... 563 mm 356 m 338 m —16 m

Wilsches Thor . 860 mm 541 m 544 m + 3 m

Seethor ... 785 mm 497 m 502 m + 5 m

Kreuzthor . . 567 mm 359 m 345 m — 15 m

Die Fehler der Tafel XI sind also sicher nicht erheblich.

Nun steht die Ecke vom Loch (Badergasse) und der Windischen Gasse (Galeriestrasse) ja unzweifelhaft fest. Von hier ist das Thor im Modell 355 mm entfernt = 225 m in der Natur. Danach würde das Thor noch 20 m mehr nordöstlich liegen, als es in Tafel XI ein- gezeichnet wurde.

Von den Brodbänken war das Frauenthor nach dem Modell 272 mm = 172 m entfernt. Aueh hiernach läge es in Tafel XI noch um 6 m zu weit nordöstlich.

Bietet also das Modell auch keinen Anhalt für unbedingte Richtigkeit, so ist doch ausser Zweifel, dass bei Weck das Frauenthor um mindestens 50 — 60m zu weit südöstlich einge- zeichnet ist, dass es also thatsächlich etwa in der Höhe des heutigen Lutherdenkmals mit der Mitte etwa 15 — 20 m südöstlich von diesem gestanden hat. Dadurch wird erst der bei Weck ganz fehlende Kaum für den Jüdenhof, das Judenhaus, den Platz am Frauenthor etc. geschaffen, wie er im Modell ersichtlich ist; andererseits schwindet der grosse leere Raum zwischen Festungsmauer und Frauenkirchhof, d«r an sich wenig wahrscheinlich ist.


Erste Anlage.


313


Es zeigt sich hierdurch aber auch, dass bei Gründung der um den Altmarkt, die Kreuz- kirche und das Schloss sich sammelnden deutschen Stadt die Befestigungslinie durch Theile des alten Dorfes Dresden gezogen wurde, indem sie dicht bis an die alte Frauenkirche vordrang. Die Mauer zwischen Frauenthor und Kreuzthor macht zwei starke Knicke. Die Lage dieser lässt sich auf Grund einer zwischen beiden Thoren errichteten Geraden nach dem Modell feststellen.

Die älteste Befestigungslinie geht also aus dem Modell und dem Stadtplan hervor.

Dresden besass darnach vier Stadtthore.

Das Seeth or, südlich, am Ende der Seegasse, wurde 1550 vermauert, der Thurm von Melchior Trost zu einem Gefängniss eingerichtet, nachdem das Thor schon 1538 theilweise abgetragen worden war.

Das Wilsche (Wilsdruffer) Thor, westlich, am Ende der Wilschen Gasse. Im Jahre 1416 errichtet, erhielt es sich nach mehreren Umbauten bis ins 19. Jahrhundert.

Das Elbthor (Brückenthor), südlich, auf dem ersten Landpfeiler der Elb- brücke, und in Verbindung mit diesem das Wasserthor als Zugang zum Elb- ufer (siehe unter Georgenthor).

Das Frauenthor, östlich, als Zugang zum wendischen Altendresden, am Ende der Frauengasse. Der Thurm dieses Thores wurde seit 1427 erbaut, 1548 aber abgebrochen.

Dazu kam die Kreuzespforte (Kreuzthor), südöstlich, am Ende der Kreuz- gasse, die auch schon um 1370 genannt wird.

Vor den Thoren führten Zugbrücken über den Stadtgraben.

Die Mauern bestanden sicher schon 1216. In der Mitte des 14. Jahr- hunderts wurden sie verstärkt, ebenso in der Zeit der Hussitenkriege. 1427 wurde mit dem Bau eines Zwingers begonnen, den man 1450 und 1458 fortführte. Gleichzeitig wurden Büchsenhäuser (Bastionsthürme) errichtet. Der Stadtgraben lag vor dem Zwinger und war ein nasser, der aus den Wassern der Kaitzbach gespeist wurde. (Näheres hierüber siehe: 0. Eichter, Verfassungsgeschichte I, S. 5 flg.) Die Mauerthürme am Zwinger entstanden erst im Laufe des 15. Jahr- hunderts. Es waren deren zwei hinter dem Kloster, fünf zwischen dem Wilschen und dem Seethore, dem „langen Viertel", drei zwischen Seethor und Kreuzpforte, drei von hier zum Frauenthor. Das. 16. Jahrhundert scheint ihrer noch einige hinzugefügt zu haben, so wenigstens nach dem Stadtmodell.

Erhalten hat sich von diesen Werken wenig oder nichts. Deutlich erkennbar ist die alte Linie namentlich im Südwesten und Süden. Die Ostfront der Sophien- und Wallstrasse, die Nordfront der Gasse „an der Mauer" zeigen unverändert, wo sich die hinter der Stadtmauer hinziehenden Gässchen von wenigen Metern Breite befanden. Die Mauer selbst erhielt sich noch als Rückseite der später weiter hinausgerückten Befestigungen im westlichen Theile der Gasse „an der Mauer". An der Ostseite hat sich die Linie mehrfach verschoben. Die Kreuz- pforte schloss die Kreuzstrasse dort ab, wo jetzt die östliche Ecke des ehemals Kleist'schen Hauses steht. In einem Bogen zog sich die Linie hinter den Häusern der Moritzstrasse bis ans Frauenthor. Das Stallhaus (Johanneum) durchbrach im 16. Jahrhundert diese Linie, die wieder erkennbar ist im Stallhofe. Hier steht ein Theil der alten Stadtmauer, jener zwischen Stallhof und Kanzlei. Es ist ein wenig kunstmässiges, mit Holzwerk durchsetztes Gemäuer. Die Front der Augustus-


314


Dresden (Stadt), Festungsbau.


Strasse und die jetzt mit dem Fürstenzuge geschmückte Wand steht an Stelle der alten Zwingermauer, die nun in das Elbthor einmündete. Ueber die Be- festigungslinie im Nordwesten wird beim Schlossbau gehandelt werden. Ueber die hinter dem Barfüsserkloster, siehe Seite 90 und 120 flg.

Die Vorstädte waren unbefestigt, doch schützten, wie es scheint, Seen und Sümpfe wenigstens die Frauenvorstadt. Fig. 211 giebt eine Darstellung des Zu- standes um 1500.

Diese Darstellung Dresdens entstand derart, dass das wahrscheinliche Bild auf Grund moderner Pläne, sowie solcher aus der Mitte des 19. Jahrhunderts und älterer Aufnahmen wieder hergestellt wurde. Dabei erschien als wahrscheinlich, dass die seit 1548 angelegten Festungswerke die natürliche Lage zu ihrer Verstärkung benutzten und dass gewisse im 16. Jahrhundert und später deutlich erkennbare grosse Wiesengrundstücke innerhalb des Vor- stadtgebietes ausgetrocknete Seen und Sümpfe darstellen. Die jetzige Kingstrasse dürfte an Stelle einer sumpfigen Thalsohle gelegen haben, durch die die Eampische und Pirnaische Strasse dammartig hindurch geführt haben. Der jetzt noch den Garten des Prinzen Georg durchziehende und der früher in der Zinzendorfstrasse laufende Arm des Kaitzbaches dürften den Sumpf ge- speist haben; das Grundstück des Johannes -Kirchhofes (jetzt etwa Johann Georgen-Allee), an dem die Borngasse plötzlich endete, ist erst im 16. Jahrhundert völlig entwässert worden.

Solche grosse Grundstücke, wie die Bürgerwiese, der Georgplatz, die im Plane von 1706 noch an der Halbegasse erscheinende Zippeiswiese, wie die Fläche vor der jetzigen Strasse Am See, wie der spätere kurfürstliche Bauhof, der Gondelhafen weisen auf die früheren Seen, die der Zeichnung der Stadtumgebung einigen Anhalt boten.

Die Ausdehnung der vorstädtischen Strassen konnten nach O. Eichters Untersuchungen vermuthungsweise festgestellt werden. Namentlich die Anlagen an der Weisseritz (Fischersdorf, Poppitz, Hunds- und Gerbergasse) sind durch die bestehenden Strassen ihrer Lage nach fest- zustellen gewesen.

Völlig im Dunkeln sind wir über das Gelände, das seit 1548 die Festungswerke bedeckten. Entschiedene Umgestaltungen schuf der Bau der Bastion , die Graf Lynar seit 1569 anlegte. Die Acten erzählen von den Schwierigkeiten, die die Verlegung der Weisseritz hierbei bot. Ver- folgt man deren Lauf und zugleich jenen aller Strassen im westlichen Vorstadtgebiete, so weisen sie bis an den künstlich durch jene Bastion geschaffenen Damm auf den Brückenkopf, das heisst auf jene Stelle, an der die Hauptschleuse der Stadt noch heute in die Elbe mündet. Die Strassen weisen also nicht nur auf das Wilsche Thor, sondern über dieses hinaus auf das Elbufer und den hier sich vollziehenden Umschlag der Handelswaaren.

Man könnte mithin die Rückbildung noch weiter erstrecken und das alte Dorf Dresden als eine Ringanlage um die Frauenkirche betrachten, die nach Süden und Südwesten durch das Loch und die spätere Windische Gasse abgeschlossen wurde. Das Gelände war wohl vor dem Bau der deutschen Stadt und der Brücke nach Süden von Sümpfen umgeben und hatte seinen südwestlichen Zugang nicht durch die jetzige Wilsche Gasse, sondern an der Nordseite des Schlosses.

Herr Rathsarehivar Dr. Richter bemerkt hierzu: Dass ein Theil des alten Dorfes unter Fortbestand der Dorfgassen in die Stadt aufgenommen worden, ist ausgeschlossen, da die Dorf- bewohner als Hörige unbedingt von der Stadt ferngehalten wurden. Aber es kann ein Stück des Dorfes rasirt worden sein, wie ich dies bezüglich der Zinsbauern der Frauenkirche ver- muthe, die nach Poppitz versetzt wurden. Die Windische Gasse ist also keinesfalls eine ursprüngliche Dorfgasse.

b. Die erste Erweiterung des Festungsringes. Die erste Erweiterung hat Herzog Georg angeordnet (Tafel XI). Neu war die Umwallung des alten wendischen Stadttheiles, der um die Frauenkirche lag und noch durch die alte stehen gebliebene Mauer von der übrigen Stadt getrennt blieb. Die neue Front wurde nur durch nassen Graben und Wall be-


Erste Anlage. — Erste Erweiterung.


315



Fig. 211. Dresden um 1500.


316


Dresden (Stadt), Festuugsbau.


festigt. Eine steinerne Brücke überschritt den von der Kaitzbach bewässerten Graben etwas südlich von der Stelle, wo die jetzige Landhausstrasse die Linie trifft. Ihre Linie ist nur noch wenig kenntlich. Nach Norden ist es die Nord- front der Terrassengasse in dem Theile zwischen Brühl'scher und Münzgasse, dann bildete die Nordwestecke des Eisalits des jetzt abgebrochenen Finanz- ministeriums gegen den Schlossplatz die Eichtungslinie nach Westen. Hier stiess die neue Mauer an die Brücke, Gegen Osten zog sich der Bogen so, dass die heutige Salzgasse etwa in ihrem Knickpunkte getroffen wurde. Die alte Grund- stücksgrenze des Landhauses zeigt wahrscheinlich den weiteren Verlauf der Linie an. Dieses Grundstück selbst lag ausserhalb der Mauer.

1530 wurde das neue Eampische Thor gebaut, das Weck noch in Besten neben dem heutigen Kurländer Palais gesehen haben will. Vor dem Thore ging eine zweite Brücke zu der Hasenberg-Bastion, der stärksten der ganzen Linie, die vor dem Mauerstüek lag, das durch die heutige Ostgrenze des neuen Polizeigebäudes bezeichnet wird, während die Spitze bis über die kleine Schiess- gasse hinausreichte.

Das neue Ziegelthor stand etwa an der Nordwestecke der heutigen Kunst- akademie. Vor dem Schlosse befand sich ein dreieckiger ummauerter Wall, der auch die Mündung des Mühlgrabens in die Elbe deckte.

Die Verstärkung der alten Linien bestand zunächst in einem Schutze der hohen Stadtmauer gegen das Brescheschiessen durch eine Erdanschüttung vor diese. Das geht aus dem Modelle hervor. Nur der Wehrgang sieht über diese Schüttung hervor. Die Folge war, dass vielfach der durch Begen beschwerte Boden die alte Stadtmauer eindrückte, so 1549 am Wilschen Thore und sonst noch.

Vor die Mauer sollen, nach Weck, dreieckige Bastionen, Aussenwerke, ge- legt worden sein. Eine vor der Wilsdruffer Strasse, eine an der Ecke zwischen heutiger Marienstrasse und Johannisallee, eine vor der Kreuzpforte. Ihrer Ge- staltung nach dürften sie sich wenig von Bavelins unterschieden haben.

So nach Weck, der berichtet, dass Herzog Georg im Sommer 1520 an der Kreuzpforte begann, 1521 bis ans Seethor fortbaute und dann bis zur Elbe fort- schritt, endlich die neuen Werke im Osten herstellte.

c. Die zweite Erweiterung unter den Kurfürsten Moritz und August.

Kurfürst Moritz setzte die Befestigungsbauten fort, indem er an Stelle der veralteten Befestigungssysteme ein neues anwendete, und zwar zunächst für die besonders gefährdete Westfront der Stadt.

Aus den Acten des Hauptstaatsarchivs geht hervor, dass Kurfürst Moritz selbst den wesentlichsten Antheil an der Befestigung hatte, die nun „vff die Anthorffer vnd Gennther Art nach dem naven strich" ausgeführt wurde. Der Bau begann 1546. Die Pläne entwarf Caspar Voigt vonWierandt, der 1545 Oberzeug- und Baumeister der Festungen Alt- und Neudresden und Pirna wurde. Kurfürst Moritz sagt in seinem Erlasse ausdrücklich, dass er selbst diese Be- festigungsart in Antwerpen und Gent gesehen habe und dass Voigt von ihr guten Bescheid weiss.

Die Bauart ist die sogenannte „altitalienisehe". (Fig. 212.) Moritz war 1543 gelegentlich des Feldzuges gegen Frankreich in den Niederlanden gewesen.


Erste Erweiterung. Zweite Erweiterung. Baubeginn.


317


Kaiser Karl V. hatte in Antwerpen 1540 durch seinen Baumeister Franz den Festungsbau beginnen lassen, nachdem er zahlreiche Fachleute dorthin zusammen- berufen. Voigt ist österreichischen Adels. Vielleicht kam er aus kaiserlichen Diensten, als er 1541 in sächsischen Diensten angestellt wurde.

Baubeginn.

Begonnen wurde am 11. Juli 1548 hinter dem Schlosse, wo ein starker Wall aufgeworfen wurde. Vor diesen hinaus rückte die Mauer etwa 44 Meter vor das Georgenthor. Es dürften zwei Landpfeiler der Brücke zugeschüttet worden



Fig. 212. Befcstigungsplan für Dresden, wohl von 155Ü. Aus dem Häuptstaatsarchiv.


sein. Eine kurze Face führte zu einer kleinen Bastei, welche die Schleuse des von der Weisseritz gespeisten Grabens deckte. Eine zweite „ Halbbastei • stand vor der Nordwestecke des Schlosses, die dritte hinter der Franziskanerkirche etwa an der Stelle des südlichen Zwingerpavillons. Hinter dieser erhob sieh ein starkes Erdwerk. Hiermit schloss die 1546 fertig gestellte Linie ab.

Für die grosse Auffassung und geschäftliche Klarheit des Kurfürsten zeugt die 1545 aufgestellte Bauordnung (Loc. 4449), in der feste Preise eingesetzt wurden für Löhne, Materialien, Schiffsfracht, Fuhrkosten u. dergl. Als Zahlmeister wird Veit Clement von Amshausen bestellt, Zahlschreiber wird Christoph Bei- chenbach. Jörg Fischer wird als Beaufsichtiger der Arbeiter, WolfGersten- bergk als Gegenschreiber angestellt, Obersteinmetz über den Bau ist Meie her


318


Dresden (Stadt), Festungsbau.


Trost, Polier in der Steinmetzhütte Hans von Görlitz, Polier auf der Mauer Lorenz Kahl (Kohl) und unter diesem Lorentz Beinn, Schirrmeister Jero- nimus Je ntzsch. Auch sonst werden noch Aufseher, Steckenknechte angestellt. Der erste Paragraph des Artikelshriefes lautet dahin, dass alle auf dem Bau dem Caspar Voigt gehorchen sollen.

Im folgenden Jahr stockte die Bauthätigkeit, 1548 aber wurde bis in die Mitte der Kurtine zwischen der Wilschen Bastei und Seethorbastei fortgebaut. Bis dahin wurden gegen 41,000 fl. für den Bau angewiesen. 1548 war Polier der Steinmetzen Diettrich Seuselitz, Oberzimmermeister Christoph Peltz.



Fig. 213. Wilsche Bastei, Plan von 1548. Aus dem Hauptstaatsarchiv.


Die neue Bastei am Wilschen Thore (Fig. 213) war wesentlich stärker. Die Facen waren 103 und 102 Ellen (ca. 58 m) lang, hinter ihnen zogen sich Kase- matten hin, die alle zehn Ellen durch Querwände verstärkt waren. Die Orillons hatten eine Stärke von 43 und 42 Ellen (ca. 24 m) und waren zu drei Kase- matten ausgebaut. Die Streichwehren waren mit 4 und 5 Geschützständen ver- sehen. In der Mitte war ein Fünfeck unkasemattirt. An den Ecken der Bastion war das Kurwappen angebracht.

Das Wilsche Thor behielt seinen alten gothischen Thurm, durchdrang die Mauer in einer Halle von über 90 Ellen (ca. 51 m) Länge. Das Aussenthor war von schlichter Anordnung, im Innern blieb das 1535 erbaute sichtbar.

Im Jahre 1549 wurde die Seethorbastei und die Kurtine gegen Süden ge- baut. Das alte Seethor wurde hierbei 1 550 vermauert, der mittelalterliche Thurm blieb stehen und wurde als Gefängniss eingerichtet. Er hiess der Trotzer oder nach dem ersten Insassen des Gefängnisses die Schneiderei. Man arbeitete da-


Wilsches Thor. Salomonisthor. Moritzdenkmal.


319


mals mit 900 Mann. An der Spitze der Seethorbastei stand wieder das Kur- wappen mit der Inschrift:

MAVRICIVS DVX SAXONIAE ELECTOR ANNO ..MD.XLIX.

Salomonisthor.

Im Frühjahre 1549 begann Voigt das Neue Thor. Es ist das sogenannte Salomonisthor, das die kleine „Pförtels Pastey" diagonal durchschnitt. Dieses Thor erhielt eine reichere künstlerische Ausstattung.

Das Thor, das im Stichbogen geschlossen war, war von einem rechteckigen, abgefasten und mit Schilden versehenen Eahmen umgeben. Zwei Karyatiden standen vor den Pilastern, die das verkröpfte Gebälk und die darüberstehenden Wappenkrieger trugen. Ueber das Ganze weg spannte sich, ein breites Bildfeld offen lassend, ein Stichbogen. In dem Felde eine reiche Architektur. In der Mitte vor dieser König Salomon auf seinem Throne, seitlich der perspektivische Einblick in den Saal mit Eeliefgeslalten, davor die beiden streitenden Frauen.

Abbildungen dieses Thores sind mehrfach vorhanden, doch giebt keine einen genügenden Aufschluss über seinen künstlerischen Werth.

Von dem Thore oder vom benachbarten Fraumutterhaus stammen zwei Büsten, die sich jetzt in der Sammlung des K. S. Alterthumsvereins befinden (Fig. 214 und 215), Inv.-Nr. 528/29. Sandstein, 16 und 12 cm hoch. Nach Hasche I, 302 sind es Darstellungen Hauffe und Dehns. Vortreffliche Arbeiten von entschiedener Durchbildung.

An der Spitze der Bastei befanden sich fünf Wappenschilde. In der Mitte das der Kur, um das sich jene von Sachsen, Thüringen, Meissen und Pfalz- Thüringen legten. Die anderen vier, in Klippenform gestaltet, sind aus den er- haltenen Abbildungen nicht mehr zu erkennen. Dazu die Inschrift:

MDL.MAVRICV.DVX SAXONIAE ELECTOR. MDL.

Das Thor wurde auf Befehl des Kuradministrators Herzog Friedrich Wilhelm vom 22. September 1593 vermauert. Am 11. October bat die Gemeinde vor dem Thore um Erhaltung, ihres Geschäfts- und Kirchweges wegen, Eath und Geist- lichkeit von Dresden schlössen sieh dem am 15. October an. Am 10. November befahl der Herzog, eine Pforte am Thore zu lassen, das 20 Ellen dick von Paul Buchner vermauert wurde. Das Pförtchen wurde etwas höher seitlich angelegt. Die alten Bogen des Thores sah man noch bis zum Abbruch 1898.

Im Jahre 1550/51 wurden 22,000 fl. für den Festungsbau bewilligt und da- für die Bastei „wie der Eis vffm Pappir vermag" fertig gestellt und weiter an der langen Kurtine gearbeitet. 1552 wurde das alte Eampische Thor abgebrochen und der Zugang in die Stadt an dieser Stelle gesperrt.

Am 11. Juli 1553 starb Kurfürst Moritz. Die Stelle, an der die Bautätig- keit unter Kurfürst August anhob, die Spitze der Pirnischen Bastei (auch Hasenberg-Bastei, Hohe Bastei, Hasen-Bastei) wurde durch ein besonderes grosses Denkmal ausgezeichnet, das M oritz denkmal (Fig. 216).

Moritz denkmal .

Am 18. October 1553 berichtet Voigt an Kurfürst August über den Festungs- bau: Dort, wo Moritz den Bau verlassen und August ihn angefangen, sei ein Loch gelassen. Voigt sendet dem Kurfürsten Eisse des „gedechnis", der Stall- meister werde weiter darüber berichten, was daran gemacht ist, und Voigt an- xxn- 2 (21)


Dresden (Stadt), Festungsbau.



JVToritzdenkmal.


321



2* (21*)


322


Dresden (Stadt), Festuiigsbau.


geben, was der Kurfürst geändert haben wolle. (Akt. Artiii. und Bau 1553 — 57, Loc. 9126 Bl. 19.) Man baute damals am Schiesshaus.

Es geht hieraus nicht hervor, dass Voigt das Denkmal selbst entwarf; eben- sowenig steht fest, wer es ausführte.

Das Denkmal besteht aus einem Säulenbau dorischer Ordnung. Ein Zeichen der noch geringen Vertrautheit mit dieser ist der Umstand, dass zwischen das Triglyphengebälk und das Kapital noch ein verkröpftes Gebälkstück eingeschoben ist. Die Füllungen der Metopen enthielten unverstandene Ergänzungen aus dem Anfang der siebziger Jahre theilweise mit Anspielungen auf die Geschichte dieser Zeit. Sie wurden 1895 wieder beseitigt. Früher fanden sich anscheinend Waffenstücke in diesen.

Unter dem Gebälk findet sich ein rechtwinkeliger Mauerkörper, vor welchem in Hochrelief mehrere Gestalten sich erheben: Zur Bechten Kurfürst Moritz, das bihändige Schwert erhebend, scheinbar nach vorn zusammensinkend, mit zurück- gezogenem rechten und geknickt gehaltenem linken Beine. Er ist voll gerüstet, nur der Helm steht ihm zu Füssen. Hinter ihm der Tod als Knochenmann, der ihm mit erhobener Linken das Stundenglas vor Augen hält und mit der Bechten ihm in den Bücken stösst. Gegenüber Kurfürst August mit vorschreitendem gebeugten linken Beine, das Schwert mit der Bechten erfassend, die Linke am eigenen Schwerte, gleichfalls gerüstet. Darüber in der Mitte das Brustbild Gottvaters in Wolken, zu dessen Bechten das Brustbild Christi mit dem Kreuze, zur Linken die herabfliegende Taube.

Seitlich hinter den Säulen sind Pilaster angeordnet. Auf dem Mauerkörper in der Intercolumnie erscheint hinter der Gestalt des Kurfürsten Moritz dessen Gemahlin, Agnes von Hessen, in Wittwentracht, im Kopftuche mit lang herab- hängenden Bändern, über Nase, Mund und Kinn gebreitetem Schleier, langem gefalteten Mantel, die Hände über den Leib zusammengelegt. Hinter Kurfürst August dessen Gemahlin, Anna von Dänemark.

Die Säulen stehen auf Consolen. Auf der Front zwischen diesen befindet sich eine Tafel mit folgender Inschrift:

Christian Churfürst vnd Hertzog zue Sachsen hat | diess Monumentum anno MDXX

vernevern lassen.

Dann wiederhergestellt im Jahre der fünfzigjährigen | Regierungs jubelfeier des Königs

Friedrich August | 1818. |

Erneuert 1871. Hierher versetzt und abermals erneuert 1895.

Der ganze Bau ruht auf schweren, aus dem Mauerwerk der Festung hervor- ragenden Consolen. Ueber dem seitlich in diesen einschneidenden Wulst be- finden sich von Consolen eingefasste und mit einem Gesims bedeckte Tafeln, deren linke die Inschrift trägt:

Der durchlauchtige hochgeborene, Fürst vnd Herr, Herr Mauritius | Herzogk zue Sachsen, Churfürst, ist geboren zue Freyberck anno | MDXXI den XXI Martij , und hat im XXI Jahr seines Alters | angefangen zue regieren. Ist von Kayser Carolo ab. MDXLVIII den | XXIV February mit der Chur Sachsen belehnt worden, und nach | dem er in der Schlacht zue Sievershaufsen äo. MDLIII den IX | Juli tödtlich verwundet als Sieger vber seinen Feindt den | Marggrafen Albrecht zue Brandenburgk in Gottseliglichen | vorschieden den XI Juli im XXXIII Jahr seines löblichen Lebens | und im XII Jahr

seines gesegneten Eegierens.


323


Von Gottes Gnaden, Agnes Herzoginn zue Sachsen, Ctmrfürstinn, | geborene Lantgrevinn zue Hefsen und Gemahl Hertzog Mauritij, ist geboren anno MDXXVII den XXXI May und zur tiefbetrübten Wittib | worden, nachdem sie in fürstlicher Ehe gelebt XII Jahre VI Monat. Magnanimitas Victoria. MDLIIL

Auf der rechten Tafel steht:

Was das Reich deutscher Nation an Ihme verloren, das | werden die Nachkohmen sowohl als die ietzo leben mit der Zeit | empfinden. Hat neben Erbauung des Schlofses alhier und des Jagdhaufs die Moritzburgk vfm Friedewald gelegen, wie auch | des Castell Pleifsenburgk zue Leipzigk, die Befestigung hiesiger Stadt | vollführet bis an diesen Ort, von da sie sein Bruder Augustus | Erbmarschaich und Churfürst vollends hat erbauen lassen | bis hinunter an die Elbe. Zum steten Gedächtnyfs des tet. Hintritts Churfürst Mauritz dadurch Ihme die Chur und Lande | angeerbet worden, liefse er

dieses Monumentum setzen. Von Gottes Gnaden, Anna, Herzogin zue Sachsen, Churfürstinn. | geborne aus königlichen Stamm zue Dennemarck hat sich verehlich mit | Churfürst Augusto, anno MDXLVIII den VII Oktober. MDLIII. Sapientia. Pax.

Ueber diesen Tafeln waren bis 1822 je zwei weitere solche angebracht, die bis zur Oberkante des Gesimses reichten.

In dem beschriebenen Zustande erscheint das Denkmal in der Kannegiesser- schen Abbildung von 1822. Weitaus reicher ausgebildet tritt es uns entgegen in einem Aquarell, das Zacharias Wehme 1591 malte (vergl. Steche, Ueber einige Monumentbauten Sachsens, N. Archiv für Sachs. Gesch. 1883, S. 115 flg., mit Abb.), das aber schwerlich eine Wiedergabe der Ausführung, sondern viel- mehr ein Entwurf für die Erweiterung ist. Dort ist auf das Denkmal eine Attika mit Giebel gesetzt, auf der fünf Krieger mit Schilden und Speeren stehen. Weiterhin ist eine Balustrade angeordnet, vor deren Pfeilern je ein weiteres Wappen und über der acht Putten wieder mit W T appen sich befinden. An die Wandflächen sind allegorische Gestalten Magnanimitas, Victoria, Sapientia und Pax gemalt, um die Tragconsolen Banken werk. Ich wüsste keine Darstellung, die diese Bereicherungen des Denkmals als ausgeführt bestätigte. Die Anspiel- ungen auf Augusts weise und friedliche Regierung dürften schwerlich schon 1553 gemacht worden sein, als diese eben begann.

Die Figuren haben etwa Lebensgrösse, sie sind etwas unbelebt in Haltung, das Gewand der Frauen ist trocken und bei sorgfältiger Durchbildung wenig bewegt gebildet. Den Meister des Werkes könnte man zunächst in Melchior Trost vermuthen, den Obersteinmetzen am Festungsbau, der durch seine Be- theiligung schon am Torgauer Schlossbau bewies, dass er auch Künstlerisches zu leisten vermochte. Aber die Behandlung des Figürlichen und der Architektur steht den Karyatiden an Trosts eigenem Denkmal, das ausdrücklich als von dessen Erben gesetzt bezeichnet wird, so nahe, dass wohl an einen Anderen, namentlich an Hans Walther hierbei zu denken ist. Steches Vermuthung, dass Wolf Schreckenfuchs in Frage käme, ist grundlos. (Yergl. meinen Aufsatz in den Mittheilungen des K. S. Alterthumsvereins, Heft 28, S. 18 flg., Archiv für die Sächs. Gesch., N. F., Heft IV, S. 363.)

Das Denkmal soll schon 1811 von seinem Platze versetzt worden sein. Nach Abtragung der Festungswerke kam es 1822 an die Ecke der Moritz- und


324


Dresden (Stadt), Festungsbau.


Augustus- Allee (Aufstellung siehe abgebildet: Die Bauten von Dresden, S. 48), dort wurde es 1871 erneuert und von dort 1895 durch Oberlandbaumeister Temper an die Ecke der Jungfernbastei (Brühische Terrasse) versetzt.

Fortbau.

üeber den Weiterbau der Festung sind wir wenig unterrichtet. Er scheint langsamer fortgeschritten zu sein, da jetzt auch die Rückmauer der Bastionen aufgeführt werden musste, als welche bisher überall die alte Stadtmauer gedient haben mag. Dazu kamen die Kriege. Doch wurde weiter gebaut. Die Kurtine, die bis zum „Klein Pastelin zur Schleyffen" nach dem Plane von 1550 führte, ist heute noch erkennbar in der Nordostfront des später auf sie aufgebauten Zeughauses (siehe dieses). Unverkennbar rückte der Festungsbau hier wieder ein Stück in das vorstädtische Gelände vor und erreichte die Linie, welche durch die Schiessgasse und das Zeughaus gekennzeichnet wird. Der Thurm, den Weck nahe dem heutigen Kurländer Palais sah, dürfte dem Bau von 1553, nicht von 1530 angehört haben.

Das Ziegelthor.

Auch das Ziegelthor (Fischerthor, Wasserthor) rückte weiter nach Westen, an die Stelle, wo jetzt, das Semper-Denkmal steht. Es durchschnitt ähnlich dem Salomonisthor eine Bastei. Die Thorhalle hat sich noch bis heute als Kasematte erhalten, die äussere Architektur, die jener in der Pleissenburg zu Leipzig (Heft XVIII, S. 302, Fig. 200—202) ähnlich war, ist entfernt worden. Von hier zog sich eine lange Kurtine bis zur Elbbrücke in der Linie, die durch die Rückseite der heutigen Brühl'schen Terrasse markirt wird.

Das Elbthor.

Am 5. April 1549 erhielt der Brückenmeister den Befehl, das Seitengebäude der Zugbrücke nach Angabe Voigts zu errichten. Voigt, Dehn, der Fischmeister Hans Kalbe und der Goldschmied Jörg Geifs erhielten Gärten an der alten Futtermauer geschenkt, die später als am Jüdenhof gelegen bezeichnet wird. Es bezieht sich dies auf den Neubau des Elbthores.

Doch erst 1553 erhielt der Brückenmeister Melchior Trost, den Herzog August am 28. und 29. Mai 1550 für dieses Amt empfohlen hatte, den Auftrag, das Thorhaus an der Elbe nach Voigts Plane auszubauen. Derselbe Befehl wiederholte sich 1554 für das Löwen- und Thorhaus.

Dieses Thorhaus wird um seiner schönheitlichen Gestalt besonders gerühmt. Es hiess kurzweg das „Schöne Thor" (Fig. 217). Leider haben sich nur ganz ungenügende Abbildungen von ihm erhalten. Es stand (A) etwa 39 m vor dem Georgenthore (C), mit der reichst geschmückten Ansicht gegen das Schloss zu. In Bündeln standen zu Seiten der drei (?) Durchlässe 12 Säulen toscanischer Ordnung, im Gesims waren die Wappen der Provinzen des Kurfürstenthums angebracht.

Hiermit war die neue Umwallung Dresdens vollendet, die Festung auf die Höhe damaliger Kunst erhoben.

Der Neumarkt.

In Zusammenhang mit diesem Bau stand der Abbruch der alten Linie, deren Mitte das Frauenthor bildete. Dieses wurde 1548 entfernt.

Kurfürst Moritz Hess nämlich das Georgenthor vermauern, lenkte den Ver- kehr durch die neu angelegte Augustusstrasse längs der alten Stadtmauer hin und führte ihn durch die Frauenstrasse ins Stadtinnere. Der Neumarkt wurde


Fortbau. Ziegelthor. Elbthor. Neumarkt.


325



326


Dresden (Stadt), Festungsbau.


nun angelegt. 1549 befahl Moritz den Platz für Holz-, Getreide- und Schweine- markt herzurichten, Voigt sollte die Anlage, Trost die Beschleusung herstellen, der Förster Hans Dehn überwachte den Holzmarkt. Jeder der dort Holz ver- kauft, soll drei Fuder Steine zur Pflasterung herbeiführen. 1554 klagte Kurfürst August in einem Schreiben an die Stadt, früher habe diese für die reinlichste gegolten, jetzt liege sogar Mist und Kehricht auf den Strassen, aller Unrath der Kaitzbach werde auf diese geschwemmt. Namentlich müssen der Neumarkt und die Gassen daselbst gepflastert werden.

Wasserversorgung.

Wichtig war die Wasserversorgung.

Röhrwasser gab es schon seit dem Ende des 15. Jahrhunderts. 1541 erhielt Voigt das Eecht, auf seine Kosten ein Eöhrwasser aus der Weisseritz bei der Rathswalkmühle oberhalb Plauen zu fassen, das bald weitere Leitungen nach sich zog. Jenes erste Wasser behielt Voigt als Besitz für sich und seine Erben. Er errichtete den Brunnen auf dem Markte, der Apotheke gegenüber, und durfte es hier nach eigenem Ermessen vertheilen. So kam es, dass die Wasserversorgung in die Hand der Privatunternehmung kam. 1563 waren bereits 14 Rohrleitungen vorhanden, welche von Plauen nach Dresden führten. Siehe hierüber 0. Richter, Verwaltungsgeschichte, IL, S. 212 flg.

Weiter fasste die Stadt ein Röhrwasser in Leubnitz, welches 1554 vom Kur- fürsten für das Bad und die Küche im Schlosse benutzt wurde. Aber dieser Zufluss schien bald ungenügend. Am 4. August 1556 erklärte Kurfürst August, dass er, nachdem die Stadt an Gebäuden und Mannschaft täglich zunehme, aber mit Wassern und Brunnen in den Gassen und auf der Gemein, als sich gebühre, nicht versehen sei, zu seiner Bequemlichkeit und der Stadt Besten ein Wasser in Lockwitz fassen und zu der Kaitzbach in die Stadt führen wolle. Ob dies geschah, weiss ich nicht anzugeben. Pläne der alten Rohrfahrten in der Samm- lung für Baukunst an der K. Technischen Hochschule.

Die folgende Zeit hat keine wesentliche Verbesserung des Zustandes gebracht.

Auch nach anderer Seite brachte das 16. Jahrhundert Aenderungen: Die „Feldwasser" liefen durch die Pirnaische Strasse bei starkem Regen in die Stadt. Voigt erhielt am 5. Juni 1554 Auftrag, sie hinter der 'Verdachung des Grabens abzuleiten.

Pulverthurm.

Endlich gehörten die Mühlen zum Bedürfniss der Festung. 1558 schlug Voigt vor, die Mühle beim neuen Elbthor, da man nach der Ziegelscheune geht, also beim Ziegelthor zu bauen. Der Kurfürst fürchtete Schäden für die Brücke. Es handelte sich also um eine auf der Elbe zu erbauende Mühle, da diese bei Hochwasser leicht gegen die Brücke geführt werden konnte. 1565 baute dann Wolf Rauchhaupt eine Windmühle in DresdeD, und zwar jene an der Stelle des jetzigen Kosel'schen Palais. Die alte Windmühle, die am Hahneberg stand, wurde 1571 abgebrochen und auf einem Schiffe nach Torgau überführt.

1566 berichten die Acten von einem festen Thurm zwischen Hasenberg- bastei und neuem Zeughaus, also an der angegebenen Stelle, der 30 Ellen (17 m) Durchmesser, 5 Gemach oder 41 Ellen (23 m) Höhe habe, als von einem nach- ahmenswerthen Bauwerk. Es war dies der später als Pulver thurm bezeichnete Bau, der im 18. Jahrhundert abgebrochen wurde.


Neumarkt. Wasserversorgung. Pulverthurm. Nordwestbastei.


327


d. Erweiterungen und Verbesserungen in der Altstadt. Das Wilsche Thor zeigte sich schon 1563 baufällig, Melchior Hauffe, der damalige Oberzeugmeister, trat aber erst 1566 mit Paul Buchner, Hans Irmisch und „dem neuen italienischen Baumeister" an die Berathung heran, was mit dem Thore zu geschehen habe. Jener Italiener war Juan Baptista Buonhominicus (Buonomina) aus Brescia, der am 19. Juni 1566 mit 312 fl. Jahresgehalt als Bildhauer, Kriegs- und Civilbaumeister bestallt wurde; im Jahre

1567 war er bei der Zerstörung des Grimmensteins nach der Eroberung von Gotha mit thätig; am 2. September 1568 erhielt er einen Pass zur Eeise nach Italien, Anfangs 1571 wurde er nach der Pfalz entlassen. Eine deutliche Spur seines Wirkens erhielt sich nicht. Vielmehr baute der Zeugmeister Paul Buch- ner und der Zeug wart Andreas Hesse das Wilsche Thor weiter aus. Im Juli

1568 schickten sie dem Kurfürsten ein „Muster" über diesen Neubau. Der von Buchner gezeichnete Entwurf liegt noch den Acten bei (Art. und Bau 1553 — 81, Loc. 9126). Es handelte sich um den Aufbau eines oberen Geschosses und einer Dachhaube mit Thurmknopf und Fahne. Diese, ein Engel mit dem Schwerte den zu seinen Füssen liegenden Drachen bekämpfend, erhielt sich lange. Kur- fürst August hatte die Absicht gehabt, den geharnischten Mann, der den Schloss- thurm des Grimmensteins in Gotha bekrönt hatte, hier aufzustellen. Er kam über das Schöne Thor, wo er bis zu dessen Zerstörung stand.

Inzwischen war ein zweiter Ausländer nach Dresden gekommen , der als Oberzeug- und Baumeister Anstellung fand, der Burgunde Nicolas de Harnes. Er ist seit 1567 nachweisbar, ist aber 3571 bereits gestorben.

Ein dritter Ausländer, Carlo Theti, kommt noch in Betracht, derselbe, dessen Discorsi delle fortificationi 1589 in Venedig erschienen. Er war als Er- zieher des Kurprinzen Christian nach Sachsen berufen worden und scheint hier gestorben zu sein.

Ein vierter hinterliess deutlichere Spuren seines Wirkens, der Florentiner Eochus Quirin, Graf von Lynar.

Die Nordwestbastei.

Im Jahre 1569 begann der Neubau der Bastei hinter dem Schlosse. Entwurf und Ausführung dieses Werkes gehört zweifellos dem Grafen allein zu. Eine der Hauptschwierigkeiten beim Bau bestand in der Abdämmung der Elbe und der hinter dem Schlosse in diese mündenden Weisseritz. Kurfürst August wandte sich an Herzog Johannes den Aelteren zu Holstein um einen Deichgräber. Aber ehe dieser (October 1569) kam, hatte er im Grafen Lynar eine vertrauens- würdige Persönlichkeit gefunden. Der Zeugmeister Paul Buchner war dem Grafen unterstellt, diesem als Baumeister Hans Irmisch beigegeben. Sehr bald stellte sich ein starker Zwiespalt zwischen dem Grafen und seinen deutschen Untergebenen heraus, so dass dieser nach und nach fast ganz aus seinem Ein- fluss herausgedrängt wurde. Siehe hierüber meinen Aufsatz „Der Bau des Frei- berger Schlosses Freudenstein" (Mittheilungen des Freiberger Alterthumsvereins, Heft XV, S. 1417 flg.).

Zunächst, namentlich im Frühjahre 1570, brachte das Hochwasser der Weisseritz viel Schaden, 800 Ellen Damm rissen, Pfähle und Pfosten wurden forfcgespült. Im October 1570 war die innere Basteimauer hinterm Sehlosse bis


328 Dresden (Stadt), Festungsbau.


an die Ecke gegen die Elbe fertig. 1571 ging der Bau flott weiter. Doch zeigt sich im Laufe des Jahres 1572, dass Lynar nicht mehr das volle Vertrauen seines Herrn besass.

In diesem Jahre scheint aber der Bau zunächst zum Abschlüsse gelangt zu sein, denn es wurde nun nahe dem Wilschen Thore auch diesem Festungsbau ein Denkmal gesetzt.

Es zeigte zwei Löwen, die das sächsische und dänische Wappen hielten. Darüber auf einem Sockel eine Justitia, abermals mit den beiden Wappen, dar- unter, von zwei Greifen gehalten, das Wappen des Grafen Lynar. Weck sagt, dies sei später abgebrochen worden, es ist aber noch in den Abbildungen von F. A. Kannegiesser (1811) zu sehen, während dort die Justitia fehlt.

Das Denkmal hatte folgende Inschriften:

Haec Auguste tuo renovasti diruta sumptu.

Hinc decos accessit commoditasque loco, Sic expugnandam vi nullä perficis urbem.

Dum modo propitio, sit quoque tuta Deo. Mauritius princeps haec primum struxerat at nunc

Magnanimi Augusti, sunt monumenta ducis.

Nil nisi quod magnum est, animo formatur ab alto

Quicquid agis fausto sidere prosper eris Dux pietas, fortuna comes tibi Semper adhaerent.

Certatimque favent, et tua vofa iuvant. Vive diu felix patriae pater et tua canjunx

Inelyta cum natis floreat Anna tuis.

Justitiae quisquis sculpturam lumine cernis Die, Deus est justus, justaque facta probat.

Anno Domini 1573. auspice Christo, generosi ac nobilis comitis Rochi ä Linar praeclara industria opera atque artificio insigni, ista munitae arcis et urbis pars ab Albis propinquo fluvio ad hoc usque portae vestibulum, feliciter exaedificata est.

Später wurde noch folgende Inschrift hinzugefügt:

Johann : Georg : dei : gratia dux Saxoniae Jul: Cliviae et Mont: elector renovari curavit. Anno M . DC . X VIII.

Vielleicht hat die Art und Weise, wie Lynar sich selbst hier feierte, den Kurfürsten Augast verdrossen, so dass dies der Grund für die Zerstörung des Wappens wurde. Lynar trat im selben Jahre 1573 mit dem Plane der Ver- legung der Weisseritzmündung mehr stromab hervor und scheint nun erst die Bastion, auf der später der Zwinger erbaut wurde, in Vorschlag gebracht zu haben. Alsbald begann man im Lande Steinmetzen zu suchen und Materialien anzuschaffen. Der Kurfürst bewilligte 12,000 fl. für den Bau, den während der häufigen Abwesenheit des Grafen Hesse und Buchner fortführten. Die von den beiden Deutschen am 8. Juli dem Kurfürsten vorgelegten Eisse wurden genehmigt. Nach ihnen wurde 1574 in der Nähe des Wilschen Thores gebaut. Nun schuf, auf den am 23. August ertheilten Auftrag hin, Lynar eine geschnitzte


I


329


Visirung der ganzen Festung, die er im December 1574 überreichte. Es ist dies die im Königl. Grünen Gewölbe erhaltene. Aber 1575 erscheinen Hesse und Buchner allein als Herren am Bau, Lynar ist meist ausserhalb Sachsens thätig.

Das grosse Werk, das damals angelegt wurde, ist die sich gegen Nord- westen am Elbufer vorbauende Bastion (Originalentwurf siehe Schreiben Lynars 1570 — 80, Loc. 9126). Es ist eine durchaus eigenartige Anlage, namentlich die Nordwestfront ist sehr merkwürdig: die Facen sehr lang, die Kurtinen um so kürzer, die Streichwehren besonders stark versteckt. Ebenso waren die letzteren dort angeordnet, wo die jetzt die Südwestfront des Zwingers tragende Südwest- kurtine nahe dem Wilschen Thore in die alte Linie einschnitt. Nach der Elb- seite rückte Linar nun abermals weiter vor, indem er die Werke schuf, auf denen jetzt Helbigs Eestaurant steht

Von den älteren Festungswerken unterschieden sich die von Lynar erbauten durch die geringere Anwendung von Kasemattirung.

Die älteren Werke besassen „Speramen", Schiessscharten, und zwar waren diese in Gestalt von Vierpassen, Kreisen oder Rhomben angeordnet. Diese finden sich mehrfach in zwei Geschossen, theils in dem schräg anlaufenden unteren Theile, der mit einem starken Eundstabe abschliesst, theils in der lothrechten Erhöhung. Bei Lynars Werk fehlt diese und sind statt ihrer starke Erdwälle aufgeworfen.

Verstärkungen an der Elbfront.

Inzwischen hatten sich auch am oberen Elbufer Verbesserungen nöthig ge- macht. 1566 unterbreitete Veit Clement dem Kurfürsten neue Vorschläge zur Befestigung des dortigen Zuganges, der namentlich bei niederem Wasserstande offen lag. Er schlug den Bau einer neuen Wehre vor dem Fischerthore mit Graben und festem Thurm gleich jenem an der Hasenbergbastei vor, ferner den Bau eines „Arsehanahls" (Arsenals), in das man mit Schiffen von der Elbe fahren kann, mit zwei Brücken und Treppen. Zu diesem Zwecke wurde ein ge- schnittenes Muster dem Kurfürsten vorgelegt. Doch kam es nicht zur Ausführung. Auf die gleiche Gefahr machte ein zweites Mal Paul Buchner im Jahre 1578 aufmerksam, ohne weiteren Erfolg.

Die ungenügende Befestigung der Neustadt veranlasste Paul Buchner 1578 den Bau eines Blockhauses auf der Elbbrücke vorzuschlagen. Es dürfte nunmehr zum weiteren Ausbau des Elbthores (Fig. 217) gekommen sein, über dessen Einzelheiten archivalische Nachrichten mir nicht bekannt sind. (B) Vor Allem wurde die Katze und der neue Zugang zur Brücke hergestellt. Der vom rechten Elbufer Kommende musste vor dem Thore mit „Halblinks" über eine Fallbrücke schreiten und gelangte nahe der Westfront des späteren Finanzministeriums auf den Schlossplatz. Ueber dem gekrümmten Gewölbe lag der ummauerte Oavalier (Katze), der das Thor deckte. Die Architektur der beiden Thorseiten erinnerte an andere Werke Buchners: Schlichte gequaderte Pilaster, Wappen, verkröpfte Gesimse, alles in schweren Formen. Der heutige Schlossplatz war durch eine Mauer getheilt, die das Georgenthor und das alte Elbthor abtrennte, so dass der Platz vor dem neuen Elbthor nur die Breite von etwa 20 m hatte. (Vergl. Tafel XIII). Im 18. Jahrh. (so auf Fig. 217) wurde diese Mauer wieder abgebrochen. Die Be- festigung wurde verstärkt durch ein Blockhaus auf dem nunmehr ersten Landpfeiler und durch zahlreiche Kasematten an den Kurlinen zu beiden Seiten des Thores.


330 Dresden (Stadt), Festungsbau.


Weitere Verstärkungen.

Von einer regeren Bauthätigkeit hören wir erst zehn Jahre später. 1588 wurden die Brustwebren und Cavaliers errichtet oder doch verstärkt. Jetzt erst entstanden die Laufgräben und Eavelins vor dem Wilsdruffer und Salomonisthor, die sich jenseits der Bskarpen hinzogen, freilich ohne je recht fertig zu werden. Man hatte sichtlich nicht die Thatkraft, das entsprechende Glacis zu schaffen, da die Vorstädte schon eine gewisse Blüthe erlangt hatten. Dagegen sind die Cavaliers auf den Bastionen errichtet und später mehrfach verstärkt worden.

Die jetzige Brühl'sche Terrasse.

Am 18. August 1589 wurde der Grundstein der „neuen Vestung oder Berges am Ziegelthor" durch den Hauptmann von Dresden Hans Claus Eufswurm und den Oberzeugmeister Paul Buchner gelegt. 1590 wurden nahezu 50,000 fl. für diese verausgabt, 1591 arbeiteten dort über 700 Personen. Die Bauleitung hatte Paul Buchner.

Es handelte sieh um die Bastion, welche später als Brühl'sche Terrasse zu so grossem Euhme gelangte, namentlich um deren östlichen Theil. Buchner machte sich die Lehre Lynars zu Nutze und legte wieder ein Werk mit langen Facen und gut verdeckten Streichwehren an. Dazu wurde Clements Plan eines Arsenals ausgeführt durch den später als „Gondelhafen" bezeichneten Graben- theil, der durch Schleusen für die Elbschiffe zugänglich gemacht wurde. Das Ziegelthor ging bei dieser Gelegenheit ein, doch wurden im Anschluss an dieses noch weitere Kasematten angelegt. Namentlich wurde die Spitze der Bastion unterkellert, auf welcher das Lusthaus errichtet wurde. Ferner reihten sich an die Streichwehren Kasematten. An Stelle des alten Ziegelthores wurde ein Ausfall angelegt, die lange Elbfront durch eine schmale Bastion unterbrochen, jene, auf der jetzt das Eietschel-Denkmal steht. Auch diese war kasemattirt. Später wurde der Ausfall hierher verlegt.

An der Spitze der Bastei gegen Nordosten stand ein Denkmal mit folgen- der Inschrift:

Sibi suisque prae* Hostibus terro»

sidio ri Dei gratia Christianus Dei gratia Fridericus

dux Saxoniae elector Wilhelmus dux Saxoniae

etc. inchoavit anno electoratus administrator

MD.XCI. etc. absolvit Anno MD.XCII.

Unter dem von Löwen gehaltenen Kurwappen :

Turris fortissima Deus refugium et

nomen domini fortitudo nostra

Dei gratia Christianus dux Sas xoniae sacri Komani imperii

archimarscalcus et elector landgrafius Thuringiae mar; chio Misniae et burggravius Magdeburgensis.

Diese Tafel verschwand, wie es seheint, bei der Pulverexplosion am 22. Sep- tember 1747.

Gleichzeitig mit den Cavaliers wurde die Katze über dem Salomonisthore gebaut, ein fest ummauertes Werk, das die Bastion überhöhte gleich jenem auf


Weitere Verstärkungen. Brührsche Terrasse. Pirnisches Thor. 331


dem Elbthore. Die Vermauerung des Ziegelthores und des Salomonisthores war nur möglich, seit an der Ostfront ein neuer Zugang zur Stadt geschaffen war, das neue Pirnische Thor am Ausgange der heutigen Landhausstrasse auf den Pirnaischen Platz, also etwa 90m weiter hinaus, als jenes „äussere Frauen- thor" oder Eampische Thor von 1530.

as Pirnische Thor.

Das Pirnische Thor (Fig. 218) war ein starker Thurm von zwei Geschossen. Zu beiden Seiten der rundbogigen Hauptthüre standen zwei Giebelaufbauten über gequaderten Halbsäulen, in welchen die Thüren für Fussgänger unter mächtigen Wappen (Sachsen und Kur) einführten. Ueber der Mittelthüre ein wagrechtes Gewölbe in Quadern, das auf Consolen einen Giebel und unter diesem eine Nische trug. In jedem Giebel war der Kopf eines Kriegers, auf den seitlichen stand je ein Krieger mit einem Schilde, darauf die Wappen sächsischer Provinzen. In der Nische stand die Eeitergestalt des Kurfürsten Christian L, so dass sie aus dem Thore herauszusprengen schien. Diese lebhaft bewegte Auffassung ist be- achtenswerth.

Der Bau entstand 1590 — 91 und ist von Paul Buchner entworfen. Ueber den Meister der Bildhauerarbeiten ist Sicheres nicht zu ermitteln gewesen. Sie waren bemalt. Der Maler forderte für die Bemalung des grossen Kurwappens 1000 fl., der Bildnisse 502 fl.

Bei der Belagerung von 1760 wurde dem Pferde des Eeiters der Hals ab- geschlagen, später wurden Trophäen an Stelle des Eeiters aufgestellt. Im Ober- geschoss ward nach der Belagerung die Baugefangenenkirche untergebracht (Pläne im Hauptstaatsarchiv).

Der einzige Eest des Thores ist ein kolossaler Mannskopf mit Helm in Sandstein im Städtischen Museum. Es dürfte einer jener Köpfe gewesen sein, welche die Verdaehungen verzierten. Er ist ein nicht zu unterschätzendes Werk derber Barockkunst. Namentlich die Bildung des Helmes ist von grosser Schönheit.

e. Spätere Verhältnisse.

Die späteren Umgestaltungen der Festungswerke sind von geringer Be- deutung. Die unter Johann Georg III. ausgeführte Herstellung eines Ausfalles an der unteren Elbe sei noch besonders erwähnt. Er stand in Verbindung mit den von den Feuerwerkern benutzten Kasematten. Die Thore gegen Innen in derber Architektur sieht man bei Weck.

Seit dem Beginne des 18. Jahrhunderts ging die Festung mehr und mehr zurück. August II. hat zwar grossartige Pläne entworfen, die ihre Verstärkung zum Ziele haben, aber sie sind nie ernstlich in Angriff genommen worden.

Früh verfiel das Schöne Thor. Schon 1691 wurde die Erneuerung in Er- wägung gezogen. 1722 stürzte ein Wappen über der Seitenthüre herab und dar- auf wurden auch die übrigen Wappen entfernt. Das Oberhofmarschallamt be- sitzt die grossartigen Pläne Longuelunes für die Neuausgestaltung des Thores, die damals gefertigt wurden. Sie kamen nicht zur Ausführung. 1730 wurde das Thor, 1738 der ganze Wall abgetragen und zugleich wieder l 1 ^ Bogen der Brücke und 2 Pfeiler verschüttet. Die Katze, die Johann Georg III. 1689 über dem


332


Dresden (Stadt), Festimgsbau.


Thore aufs Neue errichtet hatte, fiel bei dieser Gelegenheit auch (1734) der Zerstörung anheim.



Fig. 218. Das Pirnische Thor, Zustand nach 1760.


Es war dies der zweite Eingriff in die Geschlossenheit des Einges. Vorher war ein ähnlicher durch den Bau des Zwingers erfolgt. Der König August II. befahl am 12. December 1711 den Wall zu öffnen, trotz der Warnungen des


Pirnisches Thor. Ueberblick.


333


Grafen Plemming und Wackerbarth. 1715 wurde die hölzerne Brücke über den Graben gebaut.

Die Werke hielten noch bei der Belagerung durch Friedrich den Grossen 1760 wacker Stand, ohne jedoch als wirklicher Schutz für die Stadt gelten zu können. Waren doch schon vorher die Befestigungswerke der Altstadt fast aus- nahmslos in Privatbesitz übergegangen und von den Besitzern in verschiedener Weise benutzt worden. Ueber die dort errichteten Bauten an anderer Stelle.

Nach der Belagerung trat der Wunsch hervor, die Werke abzutragen (vergl. H. Haug, Die Demolition der Dresdner Festungswerke, Dresdner Geschichtsblätter VII, 3). Aber dieser wurde zunächst nicht verwirklicht, weil die Kosten für die Ueberwölbung der in dem alten Graben anzulegenden Schleusen zu gross waren. Im Jahre 1778 wurden sogar neue Aussenwerke vor den Vorstädten errichtet. Erst 1809 kam der Abbruch in Fluss. Er wurde am 20. November unter Leitung des Obersten Backstroh, seit 1811 des Hauptmanns Ernst Ludwig Aster durchgeführt. Ueber die Einzelheiten siehe die angegebene Abhandlung.

Ueberblick.

Die Befestigungslinie zerfiel im 18. Jahrhundert in folgende Theile.

Westlich von der Elbbrücke stand der Mond, welcher 1738 wegen des beabsichtigten Neubaues der katholischen Kirche entfernt wurde, ein Erdwerk von bescheidenen Abmessungen.

Weiterhin stand die Bastei hinter dem Schlosse, an der unter Kurfürst Johann Georg III. der Ausfall mit Aussenwerken jenseits des Mühlgrabens errichtet wurde. Ueber dem Thore stand ein festes Haus, das das Tapete n- hau sehen hiess. Bei der Neubenennung 1721 erhielt die Bastei den Namen Apollo oder Sol. Der Platz dahinter, im Wesentlichen der heutige Theaterplatz, hiess der Feuer werksplatz.

Die jetzt als Zwingerwall erhaltene Bastion hiess der Hohe Wall wegen der hier besonders hohen Erdschüttung, seit 1721 Luna. Auf der langen Kur- tine bis ans Wilsche Thor erhob sich die Aussenfront des Zwingers. Zum Thore dieses führte eine Holzbrücke.

Jene Vorkragung der Festungsmauer zwischen den Streichwehren der Zwinger- kurtine und dem Thore, welche das Denkmal von 1573 trug, war ohne Namen.

Es folgte das Wilsche Thor, das später im Obergeschoss das Becken für die Wasserkünste des Zwingers enthielt. Auch hier überschritt eine massive Brücke den Graben. Vor dem alten Thore lag ein runder Oavalier, der Hersen- thurm (von herse, Fallgatter).

Weiterhin die Wilsche Bastei, der Wilsche Berg, seit 1721 Saturnus mit den nun Saturni-Eremitagen genannten Kasematten. Sie stand an der Stelle der heutigen Keiehspost.

Die lange Kurtine bis zur Seebastei war undurchbrochen.

Die Seebastei, 1550 Seethor, Grossbastei, Seeberg, 1721 Mercur, erhielt sich in der Grundanlage durch die Strassenlinien der Marienstrasse und Johannisallee.

Die folgende Kurtine ist wenigstens in ihren rückwärtigen Mauern erhalten. Sie wurde durchbrochen vom mittelalterlichen Seethor, welches 1746 wieder geöffnet worden war. Es erhielt damals keinen fortifikatorischen Abschluss. Der


834


Dresden (Stadt), Festungsbau.


alte Trotzer wurde entfernt, zwei hohe Postamente mit Trophäen darauf und ein Wachthaus 1747 — 48 errichtet.

Die Pförtelsbastei , Salomonisbastei, Salomonsberg, 1721 Jupiter, mit dem vermauerten Salomonisthore und der späteren Pforte mit Brücke blieb bis 1898 theilweise stehen. Namentlich erhielt sich die vertiefte Kehle, die als Festungsbauhof für die Baugefangenen benutzt wurde, bis zum Ausbau der Ringstrasse 1899.

Die folgende Kurtine hatte an ihrer Bückseite einen Laufgang, den schwar- zen Gang. Beste der nördlichen Hälfte erhielten sich vom Botanischen Garten bis zur Verbreiterung der Moritzallee noch in den neunziger Jahren des 19. Jahr- hunderts. In der Mitte unterbrach die Kurtine das Pirnische Thor mit seiner massiven Brücke und einem Ravelin.

Die Pirnische Bastei, Hasenberg-Bastei, Bastei hinterm Zeug- hause, Hohe Bastei, 1721 Mars, war durch das Moritz-Denkmal aus- gezeichnet.

Daran schloss sich die Neue Bastei, Lusthausbastei, Jungfer, Jungfernbastei, 1721 Venus, welche später zum Brühl'schen Garten gehörte. Ueber die Bauten auf dieser an anderer Stelle.

Vor der Ostfront dieser Bastei lag das Arsenal, der neue Graben, später Gondelhafen, mit seinen Schleusen und jenseits der Eskarpe ein kleines Aussenwerk. Die Bastei erhielt sich vollständig.

Westlich schloss sich das alte Ziegelthor, Wasserthor, Fischerthor an, dessen Architektur bis etwa 1880 stand. Die anstossenden Kasematten hiessen seit 1712 die Vulkanus höhlen. In der nördlichen Kasematte befand sich lange Zeit die Stückgiesserei. Ueber dem Thore erhob sich eine Katze.

Die Vorlage vor die Elbkurtine hiess der obere Ritterberg, der Ausfall zwischen diesem und der Jungfer der Salzausfall, weil sich dort die Salz- niederlage befand. Hinter der Kurtine stand ein Provianthaus, welches schon im 16. Jahrhundert vorhanden war. Später dehnte sieh längs der heutigen Terrassengasse der Klepperstall aus.

Das Elbthor (Schöne Thor) mit seinen ungünstigen Verkehrsverhältnissen war schon früher beseitigt worden.

f. Die Befestigung der Neustadt. Fig. 211 giebt den Plan der Neustadt am Ende des Mittelalters. Wir sehen vor der Brücke eine RiDganlage, ähnlich dem Poppitz und Altendresden, zu der von Norden, Nordosten und Nordwesten kommende Strassen führen. Zwischen Markt und dem Platz um die Kirche lag das Rathhaus. Die mittelalterliche Stadt hatte keine feste Umwallung.

Die in Fig. 211 eingezeichneten Strassenzüge wurden nach älteren Plänen aus der Samm- lung für Baukunst herüber genommen, ohne dass sie Anspruch auf Verlässigkeit machen können, namentlich nicht in den der Stadt näheren Theilen, die durch die Festungsbauten so vielfache Umgestaltungen erfuhren. Die Neuanlage der Thore hatte natürlich auf die Zugangs- linien zur Stadt hervorragenden Einfluss.

Der Plan der inneren Neustadt war aber bis zum Brande von 1685 unverkennbar der ursprüngliche.


Ueberbliek. Befestigung der Neustadt.


335


Kurfürst Moritz beabsichtigte 1545 alsbald beide Stadüheile zugleich zu be- festigen. Die Räthe wiesen aber auf die grossen Kosten und den Mangel an Baumaterial hin. Moritz befahl, das Augustinerkloster, den Ochsenstall und die Kirche abzubrechen, um Material zu schaffen. Die Kirche blieb jedoch erhalten. Der Festungsbau stockte bald. Schon 1554 baten die Altendresdner um Ersatz für die entstandenen Kosten. Hatte doch am 23. März Hans Dehn den Befehl erhalten, die dort vorhandenen Steine an Voigt für die Festungswerke am linken Ufer abzugeben. Die Werke wurden daher nicht vollendet, blieben auch während des 17. Jahrhunderts liegen, so dass sie nach und nach ganz verschwanden, bis auf die beiden landseitigen Bastionen, die sich wohl nur als Erdwerke am Ende der beiden Strassen Ober- und Niedergraben erhoben. Die Baulichkeiten an diesen stehen auf der alten Nordkurtine, während die Ostseite des ehemaligen Jägerhofes auf den Eskarpen stand.

Späteren Ursprungs war die Schanze, die vor dem Wiesenthor sich zum Schutze der Elbe vorbaute, und die mehrfach geknickte Kurtine an der Elbe, die etwa bis an den heutigen Palaisgarten heranreichte.

Die zweite Befestigung wurde 1632 unter Johann Georg I. angelegt, sie schuf die vier Thore, die auch in der Folgezeit bestehen blieben: gegen Osten das Lausitz er, Bautzner oder Schwarze Thor, gegen Westen das Meissnische, Leipziger oder Weisse Thor, gegen Südosten das Jägerthor oder Wiesenthor, das oberhalb der Brücke

auf die Wiesen an der Elbe führte, gegen Südwesten das Bader-, Wasser- oder Mühith or. Dazu kam noch die Rhänitzp forte, die nach den Kirchhöfen führte. Keines von diesen erhielt damals eine stärkere bauliche Ausstattung, sondern diese erfolgte erst 1684 durch den Landzeugmeister von Klengel unter Kur- fürst Johann Georg III.

Ein Modell im König]. Grünen Gewölbe zeigt den Entwurf von 1632- Von diesem wurden die Kasernen und Thorbauten, sowie die Aussenwerke nicht fertig- gestellt. Es entstand ein Halbkreis mit fünf ganzen und zwei an die Elbe ge- lehnten halben Bastionen mit Polygonseiten von 600 Ellen (340 m) Länge, mit tief, auf ein Viertel der Polygonseite zurückgezogenen Kurtinen, entsprechend steilen Defenslinien.

Mit dem Bau von 1684 begann die stärkere Entwickelung der Aussenwerke. Unter König August II. erfolgte 1704 der Bau des Ravelins vor dem Schwar- zen Thore gegen Norden, 1705 jenes gegen Nordwesten, dessen Spitze bis an die Theresienstrasse reichte, 1706 jenes gegen Westen, die heutige Kaiserstrasse. 1740 wurden die Werke abermals ausgebaut, nachdem 1732 der Graben vertieft worden war. Dann liess Friedrich der Grosse 1757 durch den Ingenieur Ober- leutenant Hennert die Aussenwerke wehrhafter gestalten. Auch 1796 wurden einige Aenderungen vorgenommen.

Der Abbruch, der seit 1809 erfolgte, war hier ein besonders durchgreifen- der, so dass selbst die Strassenlinien wenig Beziehung zur alten Fortifikation mehr zeigen.

Die Anordnung vor dem Abbruche war folgende: xxii. 3 (22)


336


Dresden (Stadt), Festungsbau. —


Königliches Schloss


Bastion I, der grosse Bär (von beyer, dem Schutzdamm zwischen Hafen und Elbe), mit dem davor liegenden Hafen reichte bis nahe an den heutigen Kurfürstenplatz. Die Kurtinen waren durch Caponieren an den Ecken nach innen gebrochen. Die folgenden Bastionen II, III, IV und V waren von etwa gleicher Anlage. In der Mitte enge Kessel, starke Wälle überragten das Mauerwerk. Zwischen III und IV das Schwarze Thor, das zu einer architektonischen Ge- staltung nicht gelangte, zwischen Bastion V und IV, jener an der Elbe, die sich im Walle im Palaisgarten erhielt.

Das Weisse Thor wurde 1718 von Pürstenhof erbaut, jedoch nie ein- gewölbt, so dass nur die beiden Schauseiten standen. Diese zeigten eine schwere Pilasterarchitektur und einen Eundbogen mit W T appen.

Die Befestigungen längs der Elbe erhielten keine stärkere Ausbildung.


Das Königliche Schloss.

Die älteste Erwähnung eines Schlosses (curia) geschieht 1285 in einer Ur- kunde Markgraf Heinrichs des Erlauchten. Ueber den Standort dieses Baues istj Sicheres nicht bekannt, doch dürfte er dem kriegerisch wichtigsten Punkte der Stadt, nämlich dem Brückenkopfe, nicht zu fern gestanden haben.