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Kurs:Dresdner in der Frühromantik/Johann Baptista Joseph Hirsch

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Johann Baptista Joseph Hirsch * 1770 in Dresden

Johann Baptista Joseph Hirsch begann seine Laufbahn in der Sächsischen Armee als Jugendlicher. Er avancierte zum Rittmeister der reitenden Abteilungen der Feldartillerie und in der Folge zum Rittmeister der Artillerie und hatte den Dienstgrad Hauptmann der Artillerie inne. Seine ersten Kampferfahrungen sammelte er in der erfolgreichen Schlacht bei Kaiserslautern im Jahr 1792. Nach Phasen des Kasernendienstes folgten im Jahr 1806 die sieglosen Schlachten gegen die Armee von Napoleon in Jena und Erfurt.


Stamm- und Rang-Liste der Chur-Sächsischen Armee 1803

S. 133 "Artillerie"

"Rangliste der Herren Officiere v. d. Hausartilleriecompagnie."

"Charge. Stuͤckjunker. Namen. Johann Baptista Joseph Hirsch. Patent. 8 Aug. 1800."


Johann Baptista Joseph Hirsch wurde 1777 in Dresden geboren. Er schlug eine Laufbahn bei der sächsischen Armee ein, wurde 1800 Stuͤckjunker (Fahnenjunker), 1806 Sou-Lieutenant (Unterleutnant) und 1810 Premierleutnant (Oberleutnant) bei der sächsischen Artillerie. Er gilt als ein Held der Völkerschlacht von Leipzig (Oktober 1813), da er im entscheidenden Moment die sächsischen Kanonen wenden ließ. Am 7. Oktober 1822 verunglückte er tödlich bei einem Ritt durch den Heller. Im Jahr darauf wurde zur Erinnerung an ihn das Hirschdenkmal errichtet.

Nicht zu verwechseln mit Johann Baptist Hirscher (* 1788), ab 1835 von Hirscher.

Um 1790: Eintritt in das Dresdner Kadettenhaus

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  • "Im Alter zwischen dem dreizehnten und fünfzehnten Lebensjahr trat er in das Kadettenkorps der königlich-sächsischen Armee in Dresden ein."[1]

November 1793: Schlacht bei Kaiserslautern

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Die üblicherweise sechsjährige militärische Ausbildung am Kadettenkorps wurde nach dem März 1793 unterbrochen, als die Reichsstände des Heiligen Römischen Reiches (deutscher Nation) in den Ersten Koalitionskrieg gegen das revolutionäre Frankreich eintraten.

Zwischen dem 28. November und dem 30. November 1793 nahm Johann Baptista Joseph Hirsch im sächsischen Kontingent der Reichsarmee wahrscheinlich bereits im Feldartilleriekorps an der Schlacht bei Kaiserslautern teil, einer von allein 24 größeren Schlachten des Jahres 1793 während des Ersten Koalitionskrieges (1792 bis 1797) der Allierten

  • Monarchie des Hauses Österreich (Ungarn, Böhmen usw.),
  • Preußen,
  • Großbritannien,
  • Kirchenstaat,
  • Parma und Modena,
  • Sardinien (Piemont, Savoyen usw.) und Neapel-Sizilien,
  • Toskana,
  • Vereinigte Niederlande,
  • Heiliges Römisches Reich (mit Sachsen, ab März 1793) und
  • Spanien)

gegen das revolutionäre Frankreich.

17. Mai 1795: Sachsen erklärt sich Frankreich gegenüber für neutral

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Nach dem Ausscheiden Preußens durch den Friede von Basel im April 1795 erklärte sich der Obersächsische Reichskreis (mit Sachsen) und eine Reihe weiterer Reichskreise am 17. Mai 1795 Frankreich gegenüber für neutral. Bataillonskommandeur des sächsischen Feldartilleriekorps war Carl Julius Birnbaum, der erst 1795 wieder nach Sachsen zurückkehrte, was wahrscheinlich auch auf Johann Baptista Joseph Hirsch zutrifft. Dieser konnte spätestens danach seine Ausbildung im Dresdner Kadettenhaus (in der späteren Kasernenstraße zwischen Niedergraben und Ritterstraße) wieder fortsetzen.

1795 trat auch der ein Jahr jüngere Friedrich Gottlieb Probsthayn aus Moritzburg (geboren dort am 13. Dezember 1778) in die sächsische Armee ein und absolvierte im Gleichklang mit Johann Baptista Joseph Hirsch seine Ausbildung im Kadettenhaus.

1797: Führungskräfte des Kadettenhauses

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Im Jahr 1797 sind als Führungskräfte des Kadettenhauses im Adressbuch folgende Personen verzeichnet: Johann Adolf Ferdinand von Ehrenstein (1769-1851) und Hartmann Julius Erdmann Vitzhum von Eckstein als Premierleutnants, Karl Heinrich von Osterhausen als Major sowie die Herren Kadetsunteroffiziers[2].

8. August 1800: Patent als Stuͤckjunker

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Am 8. August 1800 erhielt Johann Baptista Joseph Hirsch nach bestandener Prüfung das Patent für die Führung der "Charge" (des Dienstgrades) "Stuͤckjunker"[3], was dem heutigen Dienstgrad des Fahnenjunkers (oder eines Unteroffiziers/Fähnrichs) entspräche. Johann Baptista Joseph Hirsch wurde danach im Kasernendienst verwendet.

Ebenfalls im Jahr 1800 (am 18. April) avancierte der ein Jahr jüngere Friedrich Gottlieb Probsthayn zum "Stuͤckjunker". Die Karrieren und Stationen (später bei der sächsischen Artillerie) von Hirsch und Probsthayn weisen ungewöhnliche Parallelen auf.

7. März 1806: Sou-Lieutenant bei der sächsischen Feldartillerie

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Am 7. März 1806 wurde Johann Baptista Joseph Hirsch kurzfristig zum "Sou-Lieutenant" (Leutnant) der sächsischen Artillerie ernannt.[4] Einen Tag zuvor erhielt bereits Carl Heinrich Aster (*1782) diese Ernennung, der Sohn des Generalmajors Friedrich Ludwig Aster. Damit waren beide die jüngsten "Sou-Lieutenants" der sächsischen Artillerie (von 21 "Sou-Lieutenants" mit Offizierspatenten seit 1796).

Ein damals weiterer, später bekannt gewordener "Sou-Lieutenant" (mit einem Patent vom 6. Mai 1803) war Gottfried Wilhelm Leonhardi (* 24. März 1779 in Leipzig als Sohn des späteren kurfürstlichen Leibarztes und Hofrats Johann Gottfried Leonhardi), der eine Laufbahn bis zum Artillerieoberst (als Direktor der königlichen Artillerieschule) durchlief und es später noch bis zum königlich-sächsischen Grundsteuervermessungsdirektor brachte.

Weitere "Sou-Lieutenant" kamen 1806 aus alten Adelsgeschlechtern, die traditionell eine Militärlaufbahn einschlugen, wie Friedrich von Zanthier oder Friedrich August von Bose.

Ebenfalls am 7. März 1806 wurde Johann Friedrich Nerger aus Pirna[5] zum "Capitain" und Carl Friedrich Woldemar Gau zum "Premierlieutnant" (ab 28. April 1810 "Capitain") ernannt, tags zuvor bereits Carl Friedrich Freiherr von Hiller (* 10. Oktober 1777 in Freiberg) zum "Premierlieutnant" (Sohn von Johann Friedrich Freiherr von Hiller).

Chef und Oberst des Feldartillerie-Corps war seit dem 1. Mai 1805 Carl Julius Birnbaum (* 1745 in Dresden; † 22. April 1810 ebenda).

  • vgl. Sächsische Armee - Artilleriekorps 1806 Farbtafel von Carl Adolph Heinrich Heß (* 1769 in Dresden; † 3. Juli 1849 in Wilhelmsdorf, heute Stadt Wien): In den Jahren 1805 und 1806 fertigte Carl Adolph Heinrich Hess eine sowohl künstlerisch ansprechende als auch uniformkundlich interessante Serie von 16 Tafeln über die damalige sächsische Armee. Der Titel der Serie lautet Abbildung der Chur-Sächsischen Truppen in ihren Uniformen unter der Regierung Friedrich August III. Die Tafeln bestechen durch ihren Detaillierungsgrad und bieten eine wertvolle Unterstützung bei der Beurteilung des äußeren Erscheinungsbildes der sächsischen Armee während des Feldzuges von 1806.

14. Oktober 1806: Schlacht bei Jena und Auerstedt

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Am 14. Oktober 1806 nahm Johann Baptista Joseph Hirsch auf sächsischer Seite an der Doppel-Schlacht bei Jena und Auerstedt teil, bei der im Vierten Koalitionskrieg die Verbündeten Preußen und Sachsen durch die französische Armee unter Napoleon besiegt wurden. Auch Friedrich Gottlieb Probsthayn war Teilnehmer der Doppelschlacht auf sächsischer Seite.

20. April 1810: Premierleutnant im sächsischen Artillerie-Regiment

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Am 20. April 1810 erhielt er das Patent zum Premierleutnant (= Oberleutnant) und wurde nach wie vor im sächsischen Artillerie-Regiment eingesetzt.[6]

Informationstafel von 2017

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„Als sächsischer Artillerieoffizier erlebte er 1806 in der Schlacht bei Jena und Auerstedt den Zusammenbruch des preußisch-sächsischen Heeres im Kampf gegen die französische Armee Napoleons. Er nahm in dem von nun an unter französischem Kommando stehenden sächsischen Truppenkontinent am österreichischen Feldzug 1809, am Rußland-Feldzug 1812 und 1813 an der Völkerschlacht in Leipzig teil. Während dieser Schlacht wechselte seine Artillerieeinheit am 18. Oktober 1813 eigenmächtig die Stellung, richtete ihre Waffen gegen die französischen Unterdrücker und trug damit zum entscheidenden Sieg der vereinigten russisch-preußischen-österreichischen Heere gegen die napoleonische Fremdherrschaft bei. Hirsch zeichnete sich wiederholt in den bis 1815 stattfindenden Befreiungskriegen aus und wurde mit dem militärischen St. Heinrichs-Orden dekoriert. Im Jahre 1822 verunglückte er hier auf dem Heller tödlich.“[7]

Informationstafel vom 7. Oktober 2022

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"Er nahm in dem von nun an unter französischem Kommando stehenden sächsischen Truppenkontingent am Österreichfeldzug 1809 teil, am Russlandfeldzug, wo er für seine besondere Tapferkeit am 4. September 1812 mit dem Sank-Heinrichs-Orden ausgezeichnet wurde und an der Völkerschlacht bei Leipzig. Während dieser Schlacht wechselte seine Artillerieeinheit am 18. Oktober 1813 eigenmächtig die Stellung, richtete ihre Waffen gegen die französischen Unterdrücker und trug damit entscheidend zum Sieg der vereinigten russisch-preußisch-österreichischen Heere gegen die napoleonische Fremdherrschaft bei. Diese mutige Tat rette 3500 sächsischen Soldaten und 600 württembergischen Reitern das Leben."[8]


Deutsches Soldaten-, Wander- und Trinkliederbuch von 1913

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„Nachdem Hauptmann Hirsch, Träger des militärischen St. Heinrichs-Ordens, auf verschiedenen Kriegsschauplätzen im Zentrum, im Westen und Osten Europas dem Tode dutzendmale ins Auge gesehen, setzte ihm im tiefsten Frieden, im Sande der Dresdner Heide, aber dennoch im Dienste, ein tragischer Unglücksfall seiner vielversprechenden militärischen Laufbahn ein vorzeitiges Ende.“[9]

Sächsische Zeitung von 1981

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„Nach der am meisten verbreiteten Überlieferung geschah das Unglück, als er am 7. Oktober 1822 aus den Moritzburger Jagdstallungen zurückkehrte und sein Pferd auf dem Heller scheute. Es warf ihn ab, er blieb im Steigbügel hängen und wurde über den Waldboden geschleift. Man fand den Schwerverletzten und brachte ihn in die Stadt. Noch am selben Tag erlag er seinen Verletzungen und wurde am 10. Oktober 1822 auf dem Alten Neustädter Friedhof beigesetzt. Sein Grab ist nicht mehr vorhanden. Ein Jahr nach diesem Unglücksfalle setzten ihm seine Kameraden an dieser Stelle einen Denkstein.“[10]

In der Mitte des Friedhofgeländes Alter Neustädter Friedhof befindet sich der alte militärische Teil. Hier liegt Hauptmann Hirsch in Reihe 6 Grab 12 begraben.

Der Entwurf des Gedenksteins wird Franz Seraphim Pettrich, einem der bedeutendsten klassizistischen Bildhauer Deutschlands, zugeschrieben. Möglich ist, dass das 1814 eingeweihte Moreau-Denkmal auf der Räcknitzhöhe als Vorbild gedient hatte.

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Quellen

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  1. Text der Informationstafel am Denkmal.
  2. Adressbuch von Vorlage:ABJ S. 409f.
  3. "Stamm- und Rang-Liste der Chur-Sächsischen Armee" (1803), S. 133 "Artillerie".
  4. "Stamm- und Rang-Liste der Chur-Sächsischen Armee". 1806. S. 141.
  5. Nachlassregulierung des in Meißen verstorbenen Artilleriehauptmanns Johann Friedrich Nerger aus Pirna (Kommissionsakte) = Sächsisches Staatsarchiv, 10062 Amt Pirna, Nr. 1604.
  6. Jörg Titze (Hrsg.): "Das Tagebuch von Ernst Ferdinand Aster aus dem Jahre 1812." BoD – Books on Demand, 2012, S. 112. "Ernst Ferdinand Aster nahm als 20jähriger Sous-Lieutenant im Regiment Artillerie zu Fuß am Feldzug von 1812 gegen Rußland teil. Er stand während der Dauer seiner Tagebuchaufzeichnungen (23.02. - 22.09.1812) beim Artillerie-Hauptpark unter dem Kommando des Oberst-Lieutenants Hausmann. Die Tagebuchaufzeichnungen geben interessante Einblicke in das Innenleben dieser Reserve- und Nachschubeinheit und die Beschäftigungen eines jungen Offiziers sowie die Stimmungen im sächsischen Korps. Ergänzt wird das Tagebuch durch Angaben der Organisation der mobilen sächsischen Artillerie im Feldzug von 1812 und ein Register der von E.F. Aster genannten sächsischen Offiziere. Mit einem Vorwort von Ernst-Ludwig von Aster."
  7. Text auf der Tafel am „Besonders geschützten Baum“, der letzten Schwarzkiefer des Dresdner Hellers
  8. Text auf der Informationstafel am Denkmal
  9. Deutsches Soldaten-, Wander- und Trinkliederbuch, Verlag „Der Kamerad“, Berlin-Wannsee, 1913, Nr. 3.
  10. Wolfgang Müller in der Sächsischen Zeitung vom 4./5. Juli und 11./12. Juli 1981

Kategorie:Mann Kategorie:Militärperson Kategorie:Romantik


Datei:Hirschdenkmal 20191007 163117.jpg|thumb|Hirschdenkmal 2019 nach der letzten Instandsetzung und Erneuerung

Datei:Hirschdenkmal 20191007 163213.jpg|thumb|Hirschdenkmal 2019, Rückseite

Datei:Hirschdenkmal Baum 04 02 12.jpg|thumb|Info-Tafel 2012

Datei:Sächsische Armee 1810 Artillerie.jpg|thumb|Uniformen des Artilleriekorps nach der Militärreform der sächsischen Armee 1810

Datei:Gasthof-zum-Heller.JPG|thumb|Ehemaliger „Gasthof zum letzten Heller“, wovon unweit die Unglücksstelle war und Hirsch starb.

Johann Baptista Joseph Hirsch (* 1777 in Dresden; † 7. Oktober 1822 auf dem Heller, unweit des damaligen Wirtshauses „Zum letzten Heller“ bei Dresden) war ein kurfürstlich-sächsischer und später königlich-sächsischer Soldat und Offizier, zuletzt im Rang eines Artillerie-Capitäns 1. Klasse. Seine ehemaligen Kameraden vom sächsischen Artilleriekorps errichten 1823 ihm zu Ehren ein noch heute erhaltenes Denkmal, das Hirschdenkmal an seinem Unfallort am Rand der Jungen Heide.

Vorwort

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Anders als andere Offiziere der sächsischen Armee durchlief Johann Baptista Joseph Hirsch keine klassische Kadettenausbildung, die mit der Ernennung zum Offizier endete. Dies möglicherweise auch, weil die üblicherweise sechsjährige militärische Ausbildung am Kadettenkorps nach März 1793 unterbrochen wurde, als die Reichsstände des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation in den Ersten Koalitionskrieg gegen das revolutionäre Frankreich eintraten. Außerdem existierte noch bis Anfang des 19. Jahrhunderts ein ausschließlich adeliches Kadettenkorps in Sachsen, so dass Offizierslaufbahnen für bürgerliche Interessenten in der Regel nur im Artillerie- oder Ingenieurkorps in den dortigen Schulen möglich waren. Die derzeitigen belegbaren Quellen stehen damit auch teilweise im Widerspruch zu den Inschriften oder zur Informationstafel am Denkmal, so:

  • "Im Alter zwischen dem dreizehnten und fünfzehnten Lebensjahr trat er in das Kadettenkorps der königlich-sächsischen Armee in Dresden ein."[1]

Es muss daher angenommen werden, dass Hirsch im Laufe der Geschichte zu einer Ikone der sächsischen Artillerie stilisiert wurde und zumindest Teile seines Lebenslaufes in der Literatur später entweder aus Unkenntnis oder gar bewusst falsch dargestellt bzw. mindestens geschönigt wurden. Auch die Aussage, dass er ein Held der Völkerschlacht bei Leipzig im Oktober 1813 sei, da er im entscheidenden Moment die sächsischen Kanonen wenden ließ, ist mit äußerster Vorsicht zu genießen. Zu seiner Familie und genauen Herkunft lassen sich mit der derzeitig verfügbaren Quellenlage nur Vermutungen anstellen. Bekannt ist nur, dass er ein Kind bürgerlicher Eltern war.

Leben und Wirken

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Ausbildung und Beginn der militärischen Laufbahn

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Johann Baptista Joseph Hirsch ist erstmals im Nachtrag für den Monat August zur Rangliste von 1800 der kursächsischen Armee verzeichnet. Dort heißt es:

  • Hausartilleriecompagnie: 8. avanciert Artilleriecorporal Joh. Baptista Joseph Hirsch zum Stückjunker. [2]

Die Hausartilleriekompanie war in der sächsischen Residenzstadt Dresden disloziert und wurde zu keiner Zeit - anders als die sächsische Feldartillerie - auf Feldzüge geschickt. Aufgrund seines Geburtsjahres 1777, das mehrere Quellen angeben und dem Dienst in der Hausartilleriekompanie erscheint es unwahrscheinlich, dass er bereits 1793 an der Schlacht bei Kaiserslautern teilgenommen hat, wie dies in seinem Wikipedia-Artikel behauptet wird.

Die soldatische Laufbahn in der Artillerie begann mit dem Eintritt als Unterkanonier (1800 mit 83 Soll-Stellen). Beförderungen zum Oberkanonier (im Jahr 1800 mit 30 Soll-Stellen) und zum Kanonierkorporal (8 Planstellen) waren bei einer längeren Dienstzeit in den Mannschaftsdienstgraden wie bei Hirsch möglich. Nach seiner Ernnung zum Stückjunker am 8. August 1800 und damit zum Offiziersanwärter bei der sächsischen Artillerie diente Hirsch bis zu seiner Ernennung zum Offizier ununterbrochen weiter in der Hausartilleriekompanie in Dresden unter dem damaligen Kommando des sächsischen Oberzeugmeisters und Generalleutnants Johann Gottfried von Hoyer, nach dessen 1802 erfolgten Tod unter der Führung des neuen Oberzeugmeisters und Generalmajors Carl Friedrich Winzler. In seiner Zeit als Stückjunker besuchte Hirsch die Artillerieschule der sächsischen Armee, anfangs unter der Leitung von Oberstleutnant August Friedrich von Klette, ab 1805 von Major Johann Christian Pietsch.

Offizierslaufbahn

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Am 7. März 1806 erhielt Hirsch unter gleichzeitiger Versetzung zum Feldartilleriekorps sein kurfürstlich-sächsisches Offizierspatent mit der Ernennung in den ersten Leutnantsdiensgrad, zum Sous-Lieutenant. Er diente anfangs als einer von 21 Sous-Leutnants, darunter Carl Heinrich Aster, Sohn des Generalmajors Friedrich Ludwig Aster. Die militärische Führung des Feldartilleriekorps hatte zu dieser Zeit bereits Carl Julius Birnbaum inne, damals noch im Rang eines Obersts.

Mit dem Ausbruch des Vierten Koalitionskrieges nahm Hirsch am preußisch-sächsischen Feldzug mit der sächsischen Feldartillerie teil. Als nach der verlorenen Doppelschlacht bei Jena und Auerstedt Sachsen dem Rheinbund beitrat und auf Frankreichs Seite wechselte, Sachsen im Gegenzug von Napoleon zum Königreich erhoben wurde, wurde Hirsch damit königlich-sächsischer Leutnant im Feldartillerieregiment. In der Folge nahm Hirsch 1809 mit dem sächsischen Feldartilleriekorps an der Seite von Frankreich am Feldzug gegen Österreich teil, u.a. bei der Belagerung und Schlacht bei Linz im Mai und der Schlacht bei Wagram im Juli 1809.

Am 20. April 1810 erhielt Hirsch seine Beförderung zum Premier-Lieutenant im 1848 Mann starken Artillerie-Regiment zu Fuß, das ebenfalls mit der Militärreform der sächsischen Armee im gleichen Jahr neue Uniformen erhielt, die sich an die französische Armee anlehnten. Hirsch war damit einer von 16 Premierleutnants des Artillerieregiments und damit stellvertretender Kompaniechef in einer der 16 Kompanien des Regiments. In jenem Jahr wohnte Hirsch in Dresden im Haus 193 in der Breiten Gasse in der Dresdner Neustadt,[3] wo er erstmals im Dresdner Adressbuch verzeichnet ist und bis zu Beginn von Napoleons Russlandfeldzug 1812, zwei Jahre lang wohnte.

Während des Russlandfeldzuges, an dem Hirsch mit dem sächsischen Feldartilleriekorps an der Seite der französischen Grande Armée teilnahm, erhielt er mit dem Militär-St.-Heinrichs-Orden die höchste militärische Auszeichnung des Königreiches Sachsen, zusammen mit 27 anderen Offizieren,

  • "... in Anerkennung ihres tapferen Verhaltens in den letzten Feldzügen, insbesondere bei Podobna.[4]

In der Schlacht bei Podobna trug die Flankensicherung durch das sächsische und österreichische Korps mit zum Sieg der französischen Armee über die 3. russische Westarmee bei. Hirsch kehrte mit den Resten der Grande Armée und des sächsischen Armeekorps nach dem gescheiterten Russlandfeldzug nach Dresden zurück. Vom 16. bis 19. Oktober 1813 nahm Hirsch im Folgejahr an der Völkerschlacht bei Leipzig teil. Da er als Premierleutnant keine direkte Befehlsgewalt über eine Kompanie hatte, die stets ein Hauptmann (1. bzw. 2. Klasse) befehligte, ist es fraglich, ob Hirsch tatsächlich den Befehl in "seiner" Einheit gab, die Kanonen zu wenden, womit ein Großteil der sächsischen Armee von der französischen Seite auf die der Allierten wechselte. In der Folge nahm Hirsch mit der sächsischen Feldartillerie als Teil der allierten Truppen gegen Napoleon an den Befreiungskriegen teil.

Am 30. Juli 1815 wurde Hirsch zum Capitän II. Klasse im Artilleriekorps befördert und gleichzeitig zu der erst im Mai 1806 formierten reitenden Artillerie-Brigade im sächsischen Artilleriekorps versetzt, die in Radeburg und Großdittmannsdorf stationiert war. Diese sehr kleine Brigade mit nur zwei Batterien hatte einen Etat von 242 Soldaten. Hirsch übernahm als Kommandeur eine der beiden Batterien. Sein Vorgesetzter als Brigadier der reitenden Artillerie war der damalige Major und spätere Oberstleutnant Johann Heinrich August von Roth († 1829).

Am 20. Dezember 1821 wurde Hirsch zum Capitän (Hauptmann) I. Klasse erhoben und unter gleichzeitiger Versetzung von der reitenden Artillerie-Brigade zurück zum Fuß-Artillerie-Regiment versetzt. Dort übernahm er als Kompaniechef eine Einheit in der 3. Fuß-Artillerie-Brigade, die mittlerweile ebenfalls in Radeburg disloziert war. Kommandeur des Fuß-Artillerieregiments war der damalige Oberst und spätere General der Artillerie Gustav Ludwig Ferdinand Raabe, der wie Hirsch als Unterkanonier im sächsischen Artilleriekorps seine Militärkarriere begann. Seine neue Dienststellung in Radeburg konnte Hirsch nicht einmal ein Jahr ausüben.

Als Anfang Oktober 1822 in Moritzburg das Einfangen der Remonte-Pferde für die Kavallerie statt fand, war auch Hirsch mit mehreren Kameraden aus der Garnison Radeburg nach Moritzburg gekommen. Auf dem Ritt zurück nach Hause übersah Hirsch im Wald unweit des ehemaligen Gasthofes „Zum letzten Heller“ (frühere Hellerschänke)[5] einen herunterhängenden Baumast, der ihn vom Pferd riss und gegen einen Baum schleuderte, so dass er nach kurzer Zeit vor Ort seinen schweren Verletzungen an der Halswirbelsäule erlag.[6][7]

Datei:Hirschdenkmal-Heller.JPG|thumb|left|130px|Hirschdenkmal um 1900

Hirschdenkmal am Rand der Dresdner Heide um 1900, Deutsche Fotothek

Hirsch wurde am 10. Oktober 1822 auf dem Alten Neustädter Friedhof beerdigt.[8] In der Mitte des Geländes vom Alten Neustädter Friedhof befindet sich der alte militärische Teil. Sein Grab war dort in Reihe 6, Grab 12. Seine ehemaligen Kameraden im sächsischen Artilleriekorps stifteten ihm ein Jahr später, 1823 ein Denkmal am Rande der Dresdner Heide, das heute bekannte Hirschdenkmal. Der Quader hat folgende Inschrift:

DEM
KOEN. SAECHS. HAUPTMANN
DES ARTILLERIE CORPS
UND RITTER DES SANCT
HEINRICHS ORDENS
J. B. J. HIRSCH
VON SEINEN TRAUERNDEN
WAFFENBRUEDERN
D. 7. OCTOBER 1822

Der Entwurf des Gedenksteins wird Franz Seraphim Pettrich, einem der bedeutendsten klassizistischen Bildhauer Deutschlands, zugeschrieben. Das 1814 eingeweihte Moreau-Denkmal auf der Räcknitzhöhe soll dabei als Vorbild gedient haben.

Auszeichnungen (Auswahl)

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  • 4. September 1812: Ritterkreuz des königlich-sächsischen Militär-St.-Heinrichs-Ordens

Weitere Informationen

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Deutsches Soldaten-, Wander- und Trinkliederbuch von 1913

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„Nachdem Hauptmann Hirsch, Träger des militärischen St. Heinrichs-Ordens, auf verschiedenen Kriegsschauplätzen im Zentrum, im Westen und Osten Europas dem Tode dutzendmale ins Auge gesehen, setzte ihm im tiefsten Frieden, im Sande der Dresdner Heide, aber dennoch im Dienste, ein tragischer Unglücksfall seiner vielversprechenden militärischen Laufbahn ein vorzeitiges Ende.“[9]

Sächsische Zeitung von 1981

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„Nach der am meisten verbreiteten Überlieferung geschah das Unglück, als er am 7. Oktober 1822 aus den Moritzburger Jagdstallungen zurückkehrte und sein Pferd auf dem Heller scheute. Es warf ihn ab, er blieb im Steigbügel hängen und wurde über den Waldboden geschleift. Man fand den Schwerverletzten und brachte ihn in die Stadt. Noch am selben Tag erlag er seinen Verletzungen und wurde am 10. Oktober 1822 auf dem Alten Neustädter Friedhof beigesetzt. Sein Grab ist nicht mehr vorhanden. Ein Jahr nach diesem Unglücksfalle setzten ihm seine Kameraden an dieser Stelle einen Denkstein.“[10]

Informationstafel vor 2012

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„Als sächsischer Artillerieoffizier erlebte er 1806 in der Schlacht bei Jena und Auerstedt den Zusammenbruch des preußisch-sächsischen Heeres im Kampf gegen die französische Armee Napoleons. Er nahm in dem von nun an unter französischem Kommando stehenden sächsischen Truppenkontinent am österreichischen Feldzug 1809, am Rußland-Feldzug 1812 und 1813 an der Völkerschlacht in Leipzig teil. Während dieser Schlacht wechselte seine Artillerieeinheit am 18. Oktober 1813 eigenmächtig die Stellung, richtete ihre Waffen gegen die französischen Unterdrücker und trug damit zum entscheidenden Sieg der vereinigten russisch-preußischen-österreichischen Heere gegen die napoleonische Fremdherrschaft bei. Hirsch zeichnete sich wiederholt in den bis 1815 stattfindenden Befreiungskriegen aus und wurde mit dem militärischen St. Heinrichs-Orden dekoriert. Im Jahre 1822 verunglückte er hier auf dem Heller tödlich.“[11]

Informationstafel vom 7. Oktober 2022

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"J.B.J. Hirsch wurde 1777 als Kind bürgerlicher Eltern in Dresden geboren. Im Alter zwischen dem dreizehnten und fünfzehnten Lebensjahr trat er in das Kadettenkorps der königlich-sächsischen Armee in Dresden ein. Dort begann er eine sechsjährige wissenschaftlich-militärische Ausbildung, die mit der Fähnrichs Prüfung (bei der Artillerie = Stückjunker) endete. In der Schlacht bei Jena und Auerstedt 1806 kämpfte er als frisch ernannter Sous-Lieutenant in der Batterie von Hoyer und erlebte die vernichtende Niederlage des preußisch-sächsischen Heeres gegen die napoleonischen Truppen. Er nahm in dem von nun an unter französischem Kommando stehenden sächsischen Truppenkontingent am Österreichfeldzug 1809 teil, am Russlandfeldzug, wo er für seine besondere Tapferkeit am 4. September 1812 mit dem Sankt-Heinrichs-Orden ausgezeichnet wurde und an der Völkerschlacht bei Leipzig. Während dieser Schlacht wechselte seine Artillerieeinheit am 18. Oktober 1813 eigenmächtig die Stellung, richtete ihre Waffen gegen die französischen Unterdrücker und trug damit entscheidend zum Sieg der vereinigten russisch-preußisch-österreichischen Heere gegen die napoleonische Fremdherrschaft bei. Diese mutige Tat rette 3500 sächsischen Soldaten und 600 württembergischen Reitern das Leben. Hirsch zeichnete sich wiederholt in den bis 1815 andauernden Befreiungskriegen aus. Am 07.Oktober 1822 verunglückte er hier auf dem Heller tödlich. Hirsch wurde am 10. Oktober auf dem alten Neustädter Friedhof beigesetzt. Am ersten Todestag setzten ihm seine Kameraden im Namen aller sächsischen Artillerieoffiziere an der Unglücksstelle einen Gedenkstein."[12]

Quellen

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  • Ranglisten der sächsischen Armee von 1800 bis 1822, digitalisierte Ausgaben der SLUB in:

Einzelnachweise

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  1. Text der Informationstafel am Denkmal.
  2. Nachträge aus dem Monat August 1806 in Geschichte und gegenwaertiger Zustand der Kursaechsischen Armee, Ausgabe auf das Jahr 1806, Dresden 1806, Digitalisat der SLUB, S. 250.
  3. Dresdner Adress-Kalender 1811, S. 90, SLUB.
  4. Oberst a.D. Georg Richter: Der Königlich Sächsische Militär-St. Heinrichs-Orden, 1736 – 1918, Ein Ehrenblatt der Sächsischen Armee, Göppingen 1937, S. 45.
  5. Klaus Brendler: Brendler’s Geschichten: Von der Bahnstation Radebeul zum „Letzten Heller“, Onlineartikel auf pieschen-aktuell.de vom 11. September 2020.
  6. Bayreuther Zeitung 1822, No. 215 vom 29. Oktober 1822, Digitalisat auf Google Books, S. 941.
  7. David August Taggesell: Tagebuch eines Dresdner Bürgers oder Niederschreibung der Ereignisse eines jeden Tages vom Jahre 1806 bis 1851..., Dresden 1854, Digitalisat auf Google Books, S. 401.
  8. Datensatz auf Ancestry mit dem Geburtsjahr 1777.
  9. Deutsches Soldaten-, Wander- und Trinkliederbuch, Verlag „Der Kamerad“, Berlin-Wannsee, 1913, Nr. 3.
  10. Wolfgang Müller in der Sächsischen Zeitung vom 4./5. Juli und 11./12. Juli 1981
  11. Text auf der Tafel am „Besonders geschützten Baum“, der letzten Schwarzkiefer des Dresdner Hellers
  12. Text auf der Informationstafel am Denkmal.
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SORTIERUNG:Hirsch, Johann Baptista Joseph

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