Kurs:Funktionen und Folgen formaler Organisationen/Mitgliedschaft

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Als Mitgliedschaft bezeichnet man eine Rolle innerhalb eines sozialen Systems - genauer einer Organisation. So wird häufig von der sogenannten Mitgliedschaftsrolle gesprochen. Diese sorgt dafür, dass es unterscheidbar wird, wer zu einer Organisation dazu gehört und wer nicht [1]. Somit ist durch die Mitgliedschaftsrolle erst eine Grenzziehung zwischen System(Organisation) und Umwelt möglich. Personen können erst in "formalisierten Systemen überhaupt Rechte ausüben und Pflichten erfüllen"[2], wenn sie eine Mitgliedschaft in dem System innehaben. Wenn eine Person eine Mitgliedschaftsrolle innehat, wird bei dieser eine gewisse Indifferenz gegenüber "fremddeterminierte Verhaltensweisen"[3] erzeugt.


Ein- und Austritt eines Mitglieds[Bearbeiten]

Bezeichnend für Organisationen ist, anders als Beispiel Familien oder Freundeskreise, dass sie die Möglichkeit haben über die Mitgliedschaft einer Person per Entscheidung zu bestimmen[4]. Somit werden die "Eintritts- und Austrittsentscheidungen, als einmaligen Akte von hoher Bewußtheit, zum Angelpunkt für die Interpretation eines Laufenden Zustandes"[5].

Dadurch, dass diese Möglichkeit des "nach außen versetzen" exisitert wird bei den Mitgliedern einer Organisation ein Grenzbewusstsein geweckt, welche es ermöglicht "sich die Ordnung, in der man Lebt, als System vorzustellen"[6]. Den durch diese wird es erst vorstellbar, dass bei Nicht-Erfüllung einer Verhaltenserwartung ein Mitglied seine Mitgliedschaft riskiert. Hierdurch werden Organisationen als System erlebt und behandelt, und sind nicht nur einfach eine wissenschaftliche Beobachtungsmaske [7].

Durch die Möglichkeit der Entlassung wird ein hohes Maß an Konformität der Mitglieder generiert, da diese Möglichkeit des Ausscheidens aus der Organisation bei jeder Handlung mitgedacht wird, denn "er eignet sich als Testfall, durch durch den das laufende Verhalten unter entscheidungsfähige Kriterien und zugleich in ein System gestellt wird: Kann ich Mitglied bleiben, wenn ich diese oder jene Zumutung offen ablehne?"[8]. Denn die Mitglieder müssen sich an die sogenannte Mitgliedschaftsbedingung halten. Diese führt den Mitgliedern vor Augen was von ihnen erwartet werden kann aber auch "welche Erwartungen ohne Risiko für die Mitgliedschaft unerfüllt bleiben können"[9]. Hierdurch wird sicher gestellt, dass die Organisation mit einer gewissen Bereitschaft rechnen kann ohne diese "von Fall zu Fall ermitteln und motivieren zu müssen"[10].

Teilnahme- und Leistungsmotivation[Bearbeiten]

"Die Artikulierung der Eintrittsentscheidung hat eine bedeutsame Folge: heterogenen und vielfältigen Motiven des Eintritts werden durch ein immer gleiches Mitgliedschaftsbekenntnis neutralisiert."[11]

"Sie holt nicht nur die persönlichen Motive für den Eintritt oder Austritt ins Bewußtsein. Diese bewußten und für abfragbaren Gründe präzisieren sich erst in Auseinandersetzung mit den Rollenwerwartungen, die im System gelten; sie klären sich ab, wenn man sich diejenigen Erwartungen vorstellt, die nur deshalb an jemanden gerichtet werden, weil er Mitglied im System ist, und nur solange."[12]

Sanktionen sind als künstlich zugefügte (sei es materielle oder immaterielle) Handlungsfolgen nur Teil einer hochkomplexen Motivationsstruktur. [13]

Wunschvorstellungen und Zufriedenheiten bilden sich im Zusammenleben und im Vergleich mit dem, was andere haben und erhalten. Sie richten sich nach einem Anspruchsniveau, bei dessen Festlegung Rücksicht auf andere mitspielt[14]

Die Funktion der Formalisierung für Motivationsfragen muß vielmehr von den grundlegenden Strukturentscheidungen eines Systems und den allgemeinen Systemproblemen her gesehen und untersucht werden. Sie ergibt sich daraus, daß die Motivation der Mitglieder von anderen Systemproblemen abgesondert und durch gezielte spezifische Leistungen sichergestellt wird, die an die Mitgliedsrolle anknüpfen.[15]

Damit wird erreicht, daß (1) Kommunikation nur noch informieren und nicht mehr motivieren müssen, daß (2) Autorität im System generell unbestimmt und ohne Rücksicht auf die Person akzeptiert und infolge dessen abgeleitete Autorität möglich wird, daß (3) die Systemzwecke von ihrer Aufgabe zu motivieren, entlastet werden und (4) Teilnahmemotivation und Leistungsmotivation sich trennen[16]

[In elementaren, relativ undifferenzierten Sozialordnungen gilt] Was jeder als seinen Beitrag erbringt, berechtigt ihn zu Erwartungen an andere.[17]

Dann entstehen für die Motivation ein besonderes Problem: Es müssen Handlugen erwartet werden, für welche in ihrem unmittelbaren Sinnzusammenhang verständliche persönliche Motive fehlen. Die Motivation muß über entfernte Sinnbezüge und abstrakte Symbole geleitet werden.[18] Sobald die Mitgliedschaft im System als eigene Rolle mit besonderen Rechten und Pflichten konzipiert ist, läßt sich die Motivation auf die Mitgliedschaft als solche beziehen. Die Entscheidung, Mitglied zu werden und zu bleiben (Teilnahmeentscheidung), wird isoliert getroffen und kann für sich motiviert werden. Sie setzt eine allgemeine Vertrautheit mit der ROlle, nicht aber die gedankliche Vorwegnahme all ihrer einzelnen Ausführungshandlungen voraus.[19]

Die Freiheit wächst demjenigen zu, der auf Grund der generellen Konzeption in der Lage ist, zu gegebener Zeit Bedürfnisse zu spezifieren und die Erfüllung konkretisierter Erwartungen zu verlangen: der Organisationsletung im Hinblick auf die Erfüllung der Organisationszwecke in einer wechselnden, nicht exakt vorhersehbaren Umwelt; dem einzelnen im Hinblick auf seinen jeweiligen Konsumbedarf[20]

Es ist leicht zu sehen, daß die Generalisierung der Autorität, der man sich durch Teilnahmeentscheidung unterwirft, und die Generaliserung der Motivation durch Geldvergütung sich wechselseitig fordern und bedingen. Eine gesonderte Motivation der Teilnahmeentscheidung, die Sicherstellung des Gehorsams für noch unbestimmte Weisungen, setzt einen weiten Zeithorizont voraus, so daß sich beide Seiten ihre Einzeldispositionen vorbehalten müssen. Ohen generalisierte Motivationsmittel ist es nicht möglich, generelle formale Autorität zu stabilisieren. Dazu muß der wechselnde, sprunghafte, qualitativ verschiedenartige Naturalbedarf in Geldbedarf umgeformt werden. Der Bedarf an Geld ist chronisch und gleichmäßig und kann durch eine einheitliche, kontinuierliche Systemmitgliedschaft befriedigt werden. Geldwirtschaft ist, wie besonders Max Weber betont hat, eine wesentliche Voraussetzung bürokratischer Verwaltung [21]

Die Unbestimmtheit der formalen Bindung ist also nicht als Mangel an Perfektion zu verstehen, sondern als planmäßige Eröffnung und Sicherung eines Variationsspielraums, als Offenheit für geregelte Spezifizierung. Sieh hat zur Folge, daß Unterschiede in den SItuationen und Ereignisse -- bis zu einer gewissen Schwelle -- sich auf die Motivation nicht auswirken. Die Motivation ist durch Beziehung auf die Mitgliedschaft generell stabilisiert. [22]

Es können Anordnungen gegeben werden, ohne daß gleichzetig ihre Durchführung besonders entgolten werden muß. Nicht jede Mitteilung muß genau in dem Maße, als sie belastet mit Vorteilen oder Vergünstigungen befrachtet ewrden, mit Drohungen gestützt werden oder emotional ansprechen. Sie ist von Motivationsaufgaben entlastet und kann deshalb besser, weil spezieller, formuliert und rationalisert werden [23]

Durch die Bindung der Vorteile an die Mitgliedschaft wird eine deutliche Interessenschwelle eingebaut: Das Mitglied wird ein gewisses Maß von Veränderungen, Enttäuschungen und Belastungen ertragen, bevor es sich zum Austritt entschließt [24]

Die Bindung der Motivation an das Mitgliedschaftsverhältnis macht es möglich, die Letung des Systems in ihrem konkreten Handeln von Motviationsaufgaben zu entlasten. Während "natürliche" Führer in nichtorganisierten Gruppen all ihr Handeln auf Motivationsrücksichten abstellen müssen und durch diese Erwaägungen in der Leitung des Systems beschränkt und behindert werden, können formalisierte Systeme reine Vorgesetztenverhältnisse ausbilden. Soweit die Mitgliedschaftsmotivation reicht -- aber auch nur so weit --, können Vorgesetzte unterstellen, daß die Anerkennung der formalen Erwartungen, die sie kraft Amtes formuliren, befolgt werde, und daß nur derjenige opponieren kann, der bereit ist, seine Mitgliedschaft zu riskieren[25]

Der Vorgesetze kann in einer bestimmten Zone von Entscheidungsmöglichleiten für seine Untergebenen Wahlen treffen, Entscheidungsprämissen oder gar konkrete Entscheidungen auswählen oder den Wahlbereich der Untergebenen einengen. Der Untergebene ist als Mitglied gehalten, solche Entscheidungen, wenn sie ihm definitiv zugestellt werden, unkritisch und indifferenz in seine Situation zu übernehmen. Eine solche ZOne begrenzter aber zuverlässiger Entscheidungsübertragung ist nur dadurch zu erkaufen, daß die Motivationsfragen ausgeklammert und in einem anderen Teilsystem gelöst werden[26]

Der Vorteil dieses Systems bezahlter Indifferenz liegt in der Freistellung des Vorgesetzten für flexible Sachentscheidungen, bei denen er nicht jeweils zu bedenken braucht, ob sie seinen Untergebenen gefallen oder ob sie die weitere Zusammenarbeit mit ihnen gefärden könnten. Der Vorgesetzte kann sein Entscheidungsprogramm rein "sachlich" orientieren, d.h. es rational an spezifischen Umweltproblemen ausrichten und es ändern in dem Maße, als diese Probleme es fordern. Das organisierte System ist dadurch elastischer und anpassungsfähiger als eines, das bei allen Entscheidungen immer auch die Rückwirkungen auf den Mitgliederbestand bedenken muß und durch diese doppelte Rücksichtnahme immobilisiert wird[27]

Die Mitgliedshcaft führt zur Unterwerfung unter die Foprmalstruktur der Organisation, innerhalb welcher die Organisationszwecke in gewissen Grenzen variabel bleiben. Dieses Typische Arrangement koppelt die Motivationsstruktur und die Zweckstruktur eines Systems so, daß beide in gewissen Grenzen unabhängig voneinander geändertt werden, d.h. je für sich besonderen Bedingungnen laufend angepaßt werden können.[28]

Organisationen, deren Zweck den Mitgliedern nichts bedeutet, können ihn anpassen, die Produktion von Badewannen auf Maschinengewehre umstellen oder in der staatlicehn Förderung der Landwirtschaft von individuell-fürsorgenden zu global-wirtschaftslenkenden Konzeptionen übergehen oder in der Gefängnisverwaltung die bloße Aufbewarung der Verbrecger durch Therapeutische Bemühungen ergänzen, ohne daß der organisatorische Apparat auseinandergeht[29]

Hingegen führt es einen erheblichen Schritt weiter, wenn man die Differenz von Teilnahmemotivation und Leistungsmotivation als ein Folgeproblem der strukturellen Grundentscheidung formaler Organisation erkennt. DIe Generalisierung der Teilnahmemotivation, deren positive Funktion wir untersucht haben, führt notwendig zu einer gewissen Unbestimmtheit der Mitgleidsrolle im Hinblich auf die erwarteten Leistungen. Das ist ihre Kehrseite[30]

Die Generalisierung der Motivation wird durch eine gewisse Indiffenz erkauft. Diese EInsicht hilft zunächst zu einem besseren Verständnis jenes eigentümlichen Klimas der kalkulierten Leistungsbereitschaft, das man in großen organisationen vorfindet. Der typische Bedienstete sieht, was von ihm als Bedingung seiner Mitgliedschaft verlangt wird. Er kennt die KOntaktflächen, an denen seine Arbeit auf diese Anforderungen hin kontrolliert wird. Er weiß, wie wenig er tun muß, um seine Mitgliedschafz zu erhalten, was genügt, um nicht aufzufallen. [31] Vor allem aber ist wichtig, daß die Bemühungen um zusätzliche Motivation nicht etwa bei der MItgliedschaftsmotivation, sondern bei der Leistungsmotivation ansetzen. Das verweist sie an sekundäre, abgeleitete Probleme und zwingt dazu, die Strukturentscheidungen großer, formalisierter Systeme vorauszusetzen[32]

Die Generalisierung der Motivation wird dadurch erkauft, daß die Leistungsmotivation in gewissem Unfange offen bleibt und, wo sie noch benötigt wird, als besonderes Problem auf die Einzelperson abgewälzt wird[33]


Zweckidentifikation[Bearbeiten]

Geld[Bearbeiten]

Zwang[Bearbeiten]

Kollegialität[Bearbeiten]

Handlungsattraktivität[Bearbeiten]

Mitgliedschaftbesonderheiten bei unterschiedlichen Organisationstypen[Bearbeiten]

Vereine[Bearbeiten]

Zwangsorganisationen[Bearbeiten]

Wirtschaftsunternehmen[Bearbeiten]

Zitatesammlung[Bearbeiten]

Sofern der Begriff der Rolle verwendet wird; lässt sich die Mitgliedschaftsrolle verstehen als Abstraktion eines Motivationspotenzials, als Erzeugung von Indifferenz, die dann im System durch besondere Regeln und Weisungen spezifiziert werden kann. Gemeint ist damit, dass ein Mitglied einer Organisation verschiedene/ fremddeterminierte Verhaltensweisen ausführen kann, ohne an Selbstre- spekt einzubüssen und ohne mit der Vorstellung von sich selbst in Konflikt zu geraten [34]

Als eine solche „black box" gehört das Individuum Mensch zur Umwelt der Gesellschaft, also auch zur Umwelt ihrer Organisationen[35]

Das Konstrukt der „Mitgliedschaft" ermöglicht eine Bündelung heteroge- ner Motivunterstellungen. Aufs Einfachste reduziert, kann man folgende Komponenten unterscheiden: (1) eine Variante von ökonomischer Nutzenkalkulation, die aber offen und der individuellen Bestimmung überlässt, welche Präferenzen ver- folgt werden; (2) eine Variante von Normbindung (hier: qua Vertrag), die aber offen und der individuellen Bestimmung überlässt, ob man sich faktisch normkonform oder verdeckt abweichend verhält; (3) Ein Karriereinteresse, das aber offen und der individuellen Bestim- mung überlässt, ob überhaupt und wie stark man sich um eine Kar- riere bemüht (wobei aber auch Verzicht oder Gleichgültigkeit noch im Schema von „Karriere" beobachtet werden).[36]


Sachlich ermöglicht die Mitgliedschaft eine doppelte Rahmung der kom- munikativen Operationen des Systems. Nach außen grenzt sich das Sy- stem durch die Unterscheidung von Zugehörigkeit/Nichtzugehörigkeit ab[37]


Sie erinnert vor allem daran, dass die betreffende Person durch Entscheidung Mitglied des Systems ist und dass, solange diese Ent- scheidung nicht widerrufen ist, jederzeit darauf zurückgegriffen werden kann. Sie erinnert außerdem an die Positionierung der Rolle im Stellen- konnex des Systems, also daran, zu welcher Abteilung sie gehört. Das funktioniert, und deshalb „Rolle", auch unabhängig von persönlicher Be- kanntschaft, also auch bei Erstbegegnungen in komplexen Systemen[38]


Solange die Arbeitsbereitschaft vertraglich gesichert erschien, solange die Organisation konzipiert war als ein System, das von seinen Mitgliedern eine „zone of indifference" (Barnard) kauft und solange Überwachung und Sanktion die Mittel waren, mit denen eine solche Verständigung zeit- beständig gewährleistet und gegen Ausrutscher abgesichert wurde, solan- ge schienen Theorie und Praxis ein durchführbares Konzept anzubieten.[39]


Organisationen scheinen ihre Mitglieder zu ungewohntem Verhalten - und auch zum Ertragen ungewohnten Verhaltens - zu bringen[40]

Organisationen stellen an ihre Mitglieder die Erwartung, dass diese auch für sie ungewöhnliche Verhaltenserwartungen erfüllen müssen - jedenfalls, wenn sie Mitglied werden oder Mitglied bleiben wollen. "Nur wer die Regeln der Organisation anerkennt, kann überhaupt in die Organisation eintreten. Wer sie nicht mehr befolgen will, muss austre- ten" (vgl. Luhmann 2005: 50).[41] Solange eine Person Mitglied einer Organisation bleiben will, muss sie sich, so die Organisationssoziologin Renate Mayntz, im "Rahmen der Re- gelordnung" verhalten,. die sie "mit ihrem Beitritt akzeptiert hat"[42] wichtig ist, dass das Organisationsmitglied erkennt, welche Erwartungen der Organisation zu erfüllen sind, um weiterhin Mitglied der Organisation bleiben zu können,. und dass alle anderen sich darauf verlassen können,. dass das Mitglied das begtiffen hat.[43]

Das lIunbeständige'~ teils auch IIträge" und "starrsinnige", jedenfalls tendenzielllaunenhafte "Individuum" wird durch die Androhung des Entzug der Mitgliedschaft "domestiziert" (vgl. Schimank 2005: 36).[44]

Bei jeder Kommunikation innerhalb einer Organisation läuft beim Mitglied im Hintergrund die Frage mit, ob es sich gerade den formalen Erwartungen der Organisation entsprechend verhält oder nicht und ob es mit einer Ablehnung einer formalen Erwartung die Mitgliedschaft aufs Spiel setzt.[45]

Das Organisationsmitglied stellt mit dem Unterzeichnen eines Arbeitsvertrages eine Art "Blankoscheck" aus und erklärt sich bereit, seine Arbeitskraft, seine Fähigkeit, seine Kreativität gemäß der ihm gestellten Aufgabe einzusetzen. Es verzichtet darauf, dass im Detail festgeschrieben wird, worin seine Leistungen zu bestehen haben (vgl. Commons 1924: 284).[46]

Für Organisationen liegt die Funktionalität einer möglichst großen Indif- ferenzzone auf der Hand: Die Mitglieder geloben eine Art von begrenztem Generalgehorsam gegenüber zunächst nicht weiter spezifizierten Weisungen. Innerhalb dieser Indifferenzzonen können die Organisationen ohne umständ- liche interne Aushandlungsprozesse die Erwartungen an ihre Mitglieder an- passen. Kurz: Sie erklären die Bereitschaft zur Anpassung an Änderungen in der Organisation zur Mitgliedschaftsbedingung (vgl. Luhmann 1991: 202).[47]


Juristische Perspektive auf Mitgliedschaften[Bearbeiten]

In der Rechtssprechung gibt es viele unterschiedliche Auslegungen und Spezifizierungen des Mitgliedschaftsbegriffs, welche im Folgendem exemplarisch aufgeführt werden soll:

Körperschaftlich organisierte Organisationen erheben Umlagen, die übrigen Organisationen legen eine Beitragspflicht in ihren Satzungen fest oder sind kostenlos (Organmitglieder). Bei privatrechtlichen Gesellschaften gibt es keine Mitglieder, sondern Gesellschafter oder Aktionäre.

Besonderheiten[Bearbeiten]

Akademien[Bearbeiten]

Akademien sind Gelehrtengesellschaften zur Förderung der Wissenschaften, der Kunst und Kultur, sowie ihrer Erforschung. Sie sind keine Lehrinstitute, obwohl sie meist nach verschiedenen Fachrichtungen in Klassen organisiert sind. Ihre Arbeit vollzieht sich in gemeinsamen Sitzungen ihrer Mitglieder, während der die Forschungsergebnisse vorgetragen werden, die dann wiederum in Sitzungsberichten oder Abhandlungen veröffentlicht werden. Die Zahl ihrer lebenden Mitglieder ist in der Regel begrenzt, die jeweils durch Nachwahl und Neuberufung aufrechterhalten wird.

Politische Parteien[Bearbeiten]

Nach Vorlage:Art. GG hat jeder das Recht, einer politischen Partei anzugehören. In der Praxis ist jedoch die Parteimitgliedschaft an bestimmte Bedingungen geknüpft (Alter, Zahlung eines Mitgliedbeitrages, keine Zugehörigkeit zu einer anderen politischen Partei). Grundsätzlich ist keine Partei verpflichtet, dem Aufnahmeantrag des Antragstellers nachzukommen. Eine bestehende Parteimitgliedschaft kann sowohl vom Mitglied als auch von der Partei beendet werden, wobei jedoch die Partei niemanden grundlos ausschließen kann (Parteiausschluss).

Parlamente[Bearbeiten]

Abgeordnete des Deutschen Bundestages und der Landtage der Länder sind Mitglieder im Parlament (§ 1 AbgG). Sie verwenden auf offiziellen Briefen das Kürzel MdB bzw. MdL für Mitglied des Bundes-/Landtags.

In Österreich werden die Ländervertreter im Bundesrat nicht direkt gewählt und deshalb als Mitglieder des Bundesrates bezeichnet.

Religionsgemeinschaften[Bearbeiten]

Nach Vorlage:Art. GG [Glaubens-, Gewissens- und Bekenntnisfreiheit] wird in Deutschland die ungestörte Religionsausübung gewährleistet. Das Vereinswesen wurde großenteils auf die christlichen Gemeinden (Kirchen) übertragen, die oftmals die äußere Form eines Vereins haben, aber öffentlich-rechtliche Religionsgesellschaften sind. Mitglied in einer christlichen Kirche wird man in der Regel durch die Taufe, häufig bereits als Kleinkind. Da ein Säugling bei der Taufe jedoch keine bewusste Entscheidung trifft, ist diese Form der Mitgliedschaft unfreiwillig. Sie kann vom Mitglied nur dann aufgehoben werden, wenn es die sogenannte Religionsmündigkeit erlangt hat, d. h. mindestens 14 Jahre alt ist. Andernfalls muss dies durch dessen Erziehungsberechtigten geschehen. Für Erwerbslose ist eine Mitgliedschaft in der Regel nicht mit Kosten verbunden, Erwerbstätige zahlen eine Kirchensteuer, die ihnen automatisch vom Gehalt abgezogen wird.

In der frühen Neuzeit war es mancherorts in reformierten und lutherischen Gemeinden üblich, von Reisenden und Neuzugezogenen ein Kirchenzeugnis zu verlangen, welches bestätigte, dass der Besitzer, auf dem es namentlich ausgestellt war, bereits zuvor Mitglied einer protestantischen Gemeinde gewesen war. Hierzu konnte eine Tauf- oder Heiratsurkunde dienen, aber auch eine vom Pfarrer der alten Gemeinde ausgestellte schriftliche Bestätigung, die dann im engeren Sinne als Kirchenzeugnis bezeichnet wurde.

Eine Mitgliedschaft in einer Freikirche erfolgt in der Regel durch freiwilligen Beitritt, sofern die Glaubenssätze der Kirche akzeptiert werden können. Die Aufnahme geschieht durch die Taufe. Einen verpflichtenden Mitgliedsbeitrag gibt es nicht, jedoch ist es üblich, den zehnten Teil seines Einkommens zu zahlen.

Religionsgemeinschaften können jedoch nicht verpflichtet werden, dem Antrag des Antragstellers nachzukommen. Eine Exkommunikation ist möglich, wenn das Mitglied gegen die geltenden Glaubenssätze lebt bzw. diese ablehnt.

Strafrecht[Bearbeiten]

Ein in einer Tätergruppe handelnder Krimineller oder Terrorist kann nach deutschem Strafrecht als Mitglied einer kriminellen bzw. terroristischen Vereinigung gemäß § 129, § 129a StGB bestraft werden. Andere Staaten kennen in ähnlicher Form den Straftatbestand der Mitgliedschaft in einer Verschwörung.

Vereine[Bearbeiten]

Viele Personen sind Mitglied in einem Verein und üben ihre Rechte in der Mitgliederversammlung gemäß § 32 Abs. 1 Satz 1 BGB aus. Dadurch zeigt das Vereinsmitglied seiner Umwelt, dass es „seinen“ Verein und/oder seine Ziele unterstützt. Als Gegenleistung erhalten Vereinsmitglieder die Möglichkeit, zum Beispiel bei Sport- oder Musikvereinen, unter fachmännischer Aufsicht zu trainieren oder zu proben und in der Öffentlichkeit zu spielen bzw. aufzutreten. Mitglieder von Vereinen mit kulturellem Charakter wollen Traditionen aufrechterhalten und/oder verbreiten. Soziale Vereine und ihre Mitglieder wollen anderen helfen.

Status[Bearbeiten]

Ordentliche Mitglieder[Bearbeiten]

Ordentliche Mitglieder sind Personen, die einem Organ (zum Beispiel Vorstand, Aufsichtsrat, Hauptversammlung oder Mitgliederversammlung) vollständig und mit Stimmrecht angehören. Daneben kann es „Mitglieder mit beratender Stimme“ geben, also ohne das Recht, bei Abstimmungen oder Wahlen mitzuwirken. Ob Ehrenmitglieder zu den ordentlichen Mitgliedern gerechnet werden, wird unterschiedlich gehandhabt. In einigen Vereinigungen (z. B. Feuerwehr) werden aus dem aktiven Dienst ausgeschiedene ordentliche Mitglieder als passive Mitglieder bezeichnet, für die eigene Regelungen gelten.

Ordentliche Mitglieder im Deutschen Bundestag[Bearbeiten]

Die Bezeichnung ordentliches Mitglied wird beispielsweise für Abgeordnete des Deutschen Bundestags verwendet in Bezug auf die Ausschüsse, wobei ordentliche Mitglieder in den einzelnen Ausschüssen ein Stimmrecht haben und ihm ständig angehören. Die stellvertretenden Mitglieder hingegen gehören dem Ausschuss nur an, wenn ein ordentliches Mitglied verhindert ist oder ausscheidet.

Fördermitglieder [Bearbeiten]

Fördermitglieder sind natürliche oder juristische Personen, die unter bestimmten Voraussetzungen einer Körperschaft wie einem Verein angehören. Es gibt keine festgelegten Definitionen für Rechte und/oder Pflichten von Fördermitgliedern, sodass diese von jeder Körperschaft selbst festzulegen sind (bspw. in der Vereinssatzung). Typischerweise zahlen Fördermitglieder verpflichtend Mitgliedsbeiträge, erhalten im Gegensatz zu ordentlichen Mitgliedern aber kein Stimm- und/oder kein Wahlrecht.[53]

Korrespondierende Mitglieder[Bearbeiten]

Die Akademie der Wissenschaften hat auch „korrespondierende Mitglieder“. Damit werden in diesem Fall auswärtige Mitglieder bezeichnet.[54]

Mitglieder von Amts wegen[Bearbeiten]

Ein Mitglied von Amts wegen ist eine Person, die allein deshalb Mitglied des Gremiums wird, weil sie eine bestimmte Stellung außerhalb des Gremiums innehat.

So sind etwa die Mitglieder des Deutschen Bundestages von Amts wegen auch Mitglieder der Bundesversammlung, die den Bundespräsidenten wählt. Zusätzlich werden ebenso viele Mitglieder der Bundesversammlung von den Volksvertretungen der Länder gewählt.

Mitglieder von Amts wegen werden manchmal als geborene Mitglieder bezeichnet. Das ist ungenau; in manchem Adels­verein kann man durch Geburt Mitglied werden. Mit dem alten Wort küren (für wählen) kann man von geborenen und gekorenen Mitgliedern sprechen.

Weblinks[Bearbeiten]

Wiktionary
Wiktionary
 Wiktionary: Funktionen und Folgen formaler Organisationen/Mitgliedschaft – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise[Bearbeiten]

  1. Luhmann, Niklas: Funktionen Und Folgen Formaler Organisation. Schriftenreihe Der Hochschule Speyer; 20. Berlin: Duncker & Humblot, 1964 S. 43
  2. Luhmann, Niklas: Funktionen Und Folgen Formaler Organisation. Schriftenreihe Der Hochschule Speyer; 20. Berlin: Duncker & Humblot, 1964 S. 46
  3. Luhmann, Niklas. Organisation Und Entscheidung. Opladen [u.a.]: Westdt. Verl., 2000. S.84
  4. Luhmann, Niklas: Funktionen Und Folgen Formaler Organisation. Schriftenreihe Der Hochschule Speyer; 20. Berlin: Duncker & Humblot, 1964 S. 44
  5. Luhmann, Niklas: Funktionen Und Folgen Formaler Organisation. Schriftenreihe Der Hochschule Speyer; 20. Berlin: Duncker & Humblot, 1964 S. 40
  6. Luhmann, Niklas: Funktionen Und Folgen Formaler Organisation. Schriftenreihe Der Hochschule Speyer; 20. Berlin: Duncker & Humblot, 1964 S.41
  7. Luhmann, Niklas: Funktionen Und Folgen Formaler Organisation. Schriftenreihe Der Hochschule Speyer; 20. Berlin: Duncker & Humblot, 1964 S.41
  8. Luhmann, Niklas: Funktionen Und Folgen Formaler Organisation. Schriftenreihe Der Hochschule Speyer; 20. Berlin: Duncker & Humblot, 1964 S. 40
  9. Luhmann, Niklas: Funktionen Und Folgen Formaler Organisation. Schriftenreihe Der Hochschule Speyer; 20. Berlin: Duncker & Humblot, 1964 S. 43
  10. Luhmann, Niklas: Funktionen Und Folgen Formaler Organisation. Schriftenreihe Der Hochschule Speyer; 20. Berlin: Duncker & Humblot, 1964 S. 42
  11. Luhmann, Niklas: Funktionen Und Folgen Formaler Organisation. Schriftenreihe Der Hochschule Speyer; 20. Berlin: Duncker & Humblot, 1964 S.42
  12. Luhmann, Niklas: Funktionen Und Folgen Formaler Organisation. Schriftenreihe Der Hochschule Speyer; 20. Berlin: Duncker & Humblot, 1964 S. 41
  13. Luhmann, Niklas: Funktionen Und Folgen Formaler Organisation. Schriftenreihe Der Hochschule Speyer; 20. Berlin: Duncker & Humblot, 1964 S.89
  14. Luhmann, Niklas: Funktionen Und Folgen Formaler Organisation. Schriftenreihe Der Hochschule Speyer; 20. Berlin: Duncker & Humblot, 1964 S.90
  15. Luhmann, Niklas: Funktionen Und Folgen Formaler Organisation. Schriftenreihe Der Hochschule Speyer; 20. Berlin: Duncker & Humblot, 1964 S.90
  16. Luhmann, Niklas: Funktionen Und Folgen Formaler Organisation. Schriftenreihe Der Hochschule Speyer; 20. Berlin: Duncker & Humblot, 1964 S.90
  17. Luhmann, Niklas: Funktionen Und Folgen Formaler Organisation. Schriftenreihe Der Hochschule Speyer; 20. Berlin: Duncker & Humblot, 1964 S.90
  18. Luhmann, Niklas: Funktionen Und Folgen Formaler Organisation. Schriftenreihe Der Hochschule Speyer; 20. Berlin: Duncker & Humblot, 1964 S.91
  19. Luhmann, Niklas: Funktionen Und Folgen Formaler Organisation. Schriftenreihe Der Hochschule Speyer; 20. Berlin: Duncker & Humblot, 1964 S.93
  20. Luhmann, Niklas: Funktionen Und Folgen Formaler Organisation. Schriftenreihe Der Hochschule Speyer; 20. Berlin: Duncker & Humblot, 1964 S.94
  21. Luhmann, Niklas: Funktionen Und Folgen Formaler Organisation. Schriftenreihe Der Hochschule Speyer; 20. Berlin: Duncker & Humblot, 1964 S.94
  22. Luhmann, Niklas: Funktionen Und Folgen Formaler Organisation. Schriftenreihe Der Hochschule Speyer; 20. Berlin: Duncker & Humblot, 1964 S.94
  23. Luhmann, Niklas: Funktionen Und Folgen Formaler Organisation. Schriftenreihe Der Hochschule Speyer; 20. Berlin: Duncker & Humblot, 1964 S.95
  24. Luhmann, Niklas: Funktionen Und Folgen Formaler Organisation. Schriftenreihe Der Hochschule Speyer; 20. Berlin: Duncker & Humblot, 1964 S. 94
  25. Luhmann, Niklas: Funktionen Und Folgen Formaler Organisation. Schriftenreihe Der Hochschule Speyer; 20. Berlin: Duncker & Humblot, 1964 S.96
  26. Luhmann, Niklas: Funktionen Und Folgen Formaler Organisation. Schriftenreihe Der Hochschule Speyer; 20. Berlin: Duncker & Humblot, 1964 S.96
  27. Luhmann, Niklas: Funktionen Und Folgen Formaler Organisation. Schriftenreihe Der Hochschule Speyer; 20. Berlin: Duncker & Humblot, 1964 S.98
  28. Luhmann, Niklas: Funktionen Und Folgen Formaler Organisation. Schriftenreihe Der Hochschule Speyer; 20. Berlin: Duncker & Humblot, 1964 S.102
  29. Luhmann, Niklas: Funktionen Und Folgen Formaler Organisation. Schriftenreihe Der Hochschule Speyer; 20. Berlin: Duncker & Humblot, 1964 S. 103
  30. Luhmann, Niklas: Funktionen Und Folgen Formaler Organisation. Schriftenreihe Der Hochschule Speyer; 20. Berlin: Duncker & Humblot, 1964 S.105
  31. Luhmann, Niklas: Funktionen Und Folgen Formaler Organisation. Schriftenreihe Der Hochschule Speyer; 20. Berlin: Duncker & Humblot, 1964 S.105
  32. Luhmann, Niklas: Funktionen Und Folgen Formaler Organisation. Schriftenreihe Der Hochschule Speyer; 20. Berlin: Duncker & Humblot, 1964 S.107
  33. Luhmann, Niklas: Funktionen Und Folgen Formaler Organisation. Schriftenreihe Der Hochschule Speyer; 20. Berlin: Duncker & Humblot, 1964 S.108
  34. Luhmann, Niklas. Organisation Und Entscheidung. Opladen [u.a.]: Westdt. Verl., 2000. S.84
  35. Luhmann, Niklas. Organisation Und Entscheidung. Opladen [u.a.]: Westdt. Verl., 2000. S. 90
  36. Luhmann, Niklas. Organisation Und Entscheidung. Opladen [u.a.]: Westdt. Verl., 2000. S.110
  37. Luhmann, Niklas. Organisation Und Entscheidung. Opladen [u.a.]: Westdt. Verl., 2000. S.112
  38. Luhmann, Niklas. Organisation Und Entscheidung. Opladen [u.a.]: Westdt. Verl., 2000. S.113
  39. Luhmann, Niklas. Organisation Und Entscheidung. Opladen [u.a.]: Westdt. Verl., 2000. S.114
  40. kühl S.30
  41. kühl S.31
  42. kühl S.31
  43. kühl S.31
  44. kühl S.30
  45. kühl S.33
  46. kühl S.35
  47. kühl S.36
  48. Gunther Schwerdtfeger, Individuelle und kollektive Koalitionsfreiheit, 1981, S. 54
  49. Thorsten Franz, Einführung in die Verwaltungswissenschaft, 2013, S. 47
  50. Die meisten Jagdscheininhaber sind heute im Deutschen Jagdverband (DJV) organisiert. Das Reichsjagdgesetz sah in § 56 vor, dass die Jagdscheininhaber im Reichsbund „Deutsche Jägerschaft“ zusammengeschlossen waren.
  51. Vorlage:Rspr, 286
  52. Alexander Weichbrodt, Das Semesterticket, 2001, S. 64
  53. Mitgliedschaftsarten – ordentlich, außerordentlich, … – Juraforum.de, abgerufen am 13. Juli 2013
  54. Mitglied, Duden online, abgerufen am 1. April 2018.