Wir wollen hier zwei allgemeine Konstruktionen mit Vektorräumen ergänzen, die auch bei anderen Strukturen immer wiederkehren werden.
Betrachten wir lineare Gleichungssysteme , mit fester Koeffizientenmatrix und variabler rechter Seite . Dann sind die Lösungsmengen affine Unterräume mit gleichem Untervektorraum , wobei eine spezielle (aber beliebige) Lösung von ist (sofern es überhaupt eine Lösung gibt). Wir wissen bereits: Sind und , dann sind . Damit erhält die Menge der Lösungsräume die Struktur eines Vektorraumes.
Jeder Unterraum induziert auf ein Äquivalenzrelation gdw. . Wir bezeichnen mit die
Menge der zugehörigen Äquivalenzklassen .
- ist ein -Vektorraum, genannt der Quotientenraum von nach , durch die folgende Festsetzung der Addition und skalaren Multiplikation und .
- Die natürliche Abbildung ist eine surjektive lineare Abbildung mit . Insbesondere gilt .
Beispiel: Sei , dann gilt und .
- Sei eine lineare Abbildung, dann gibt es eine eindeutige lineare Abbildung mit . Dabei induziert einen Isomorphismus .
Dabei entsprechen die Elemente von den Fasern (Urbildmengen) von .
Die Konstruktion von Restklassenstrukturen ist nicht an Vektorräume gebunden. Dahinter steckt ein allgemeines Prinzip. Dies gilt auch für den folgenden Isomorphiesatz.
- Sind und Unterräume von , dann gilt .
- Der duale Raum eines Vektorraumes ist der Raum der linearen Funktionale .
Beispiel: Der duale Raum von ist und umgekehrt, der duale Raum von ist isomorph zu .
Eigenschaften und spezielle Konstruktionen:
- Die Anwendung linearer Funktionale auf Vektoren induziert eine (kanonische) Bilinearform .
- Zu jeder Basis von gibt es eine eindeutig bestimmte Basis von , genannt duale Basis zu . Dabei wird durch lineare Fortsetzung der Zuordnung definiert. Dann gelten ähnliche Rechenregeln wie für ONBs, beispielsweise bestimmen sich die Koordinaten eines Vektors bzgl. durch .
- Zu einem Unterraum lässt sich ein Unterraum zuordnen
- .
Testfrage: Man bestimme als Funktion von .
- Ein endlich-dimensionaler Vektorraum ist isomorph zu seinem dualen Raum (allein aus Dimensionsgründen), es gibt jedoch keinen ausgezeichneten Isomorphismus, der basisunabhängig definiert werden kann.
- Dagegen ist die Abbildung , wobei durch die Festlegung für alle bestimmt ist, ein kanonischer Isomorphismus für jeden endlich erzeugten Vektorraum.
- Ist ein endlich erzeugter Vektorraum euklidisch, dann existiert ein basisunabhängiger Isomorphismus induziert durch das Skalarprodukt durch .
- Jeder linearen Abbildung ist eine duale (oder auch adjungierte) lineare Abbildung zugeordnet. Dabei wird definiert durch .
Beispiel für nützliche Aussagen in Termen dualer Räume:
- ,
- ,
- ist lösbar gdw. oder anders geschrieben: .
Anwendungsbeispiel: Langrangesche Interpolationspolynome
Betrachte zu , den Polynomen von Grad , dann bilden die Evaluierungsabbildungen in verschiedenen Werten eine Basis von . Wir suchen eine Basis von , so dass die duale Basis mit übereinstimmt.
Lösung: Die Lagrange-Polynome bilden die gesuchte Basis . Wir wollen ein Polynom finden, dass an den Stellen vorgegebene Werte annehmen soll: .
Dann gilt .