Kurs:Mikropolitik(WS 2018/19)/Spieltheorie

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Autor: Matthias Happel

Exzerpt: Hotz, Heiko (2006): A Short Introduction to Game Theory. In: https://www.theorie.physik.uni-muenchen.de/lsfrey/teaching/archiv/sose_06/softmatter/talks/Heiko_Hotz-Spieltheorie-Handout.pdf, zuletzt aufgerufen am 04.12.2018.

Allgemeine Beschreibung der Spieltheorie und ihre Anwendungsbereiche (S. 2 - 3, 12)[Bearbeiten]

Das Konzept der Spieltheorie dient als Hilfsmittel zur Darstellung und Analyse verschiedenster Szenarien mit strategischem Charakter, welche sehr unterschiedlicher Natur sein können – allgemein gesagt, werden in der Spieltheorie (Konflikt)situationen und die Interaktionen zwischen Akteuren und sowie Handlungsstrategien betrachtet. Konkrete Anwendungsbereiche der Spieltheorie (S. 2) sind unter anderem wirtschaftliche Kontexte, aber auch traditionell soziale Kontexte: Interaktionen zwischen Menschen/Gruppen, Politik und Konflikte bzw. Kooperationen. (S. 3) Des Weiteren wurde die Spieltheorie teils auch in naturwissenschaftlichen Kontexten angewandt: z.B. in der Evolutions/Biodiversitätsforschung sowie zur Modellierung von verschiedenen Wechselwirkungen. (S.12)

Das Spielverständnis in der Spieltheorie (S. 2 - 4)[Bearbeiten]

Essentiell für die Spieltheorie ist logischerweise der Begriff des Spiels: ein Spiel in der Spieltheorie bezeichnet eine finite Anzahl von Spielern und den ihnen jeweils zugewiesenen Handlungsmöglichkeiten in diesem Spiel, d.h. ihren Strategien. (S. 2) Zu einem jeden Spiel gehört ebenfalls eine Auszahlungsfunktion, durch die die jeweiligen „Auszahlungen“ jedes Spielerteilnehmers in Abhängigkeit der eigenen Strategiewahl und der Strategiewahl der anderen Spielteilnehmer beschrieben werden. (S. 3) Die Ergebnisse dieser Funktion werden bei Spielen, in denen die Zugreihenfolge keine Rolle spielt, in einer Matrix dargestellt und in sequentiellen Spielen (d.h. die Spieler führen ihre Züge nacheinander aus) in einem Spielbaum. (S. 4)

Weitere wichtige Begriffe (S. 4 - 5)[Bearbeiten]

  • Nash Gleichgewicht: Kombination von Strategien, bei der kein Spielteilnehmer eine Initiative zur einseitigen Abweichung hat (aufgrund einer geringeren Auszahlung bei Abweichung). (S. 4)
  • Beste Antwort: Strategie, die bei gegebener Strategie des Mitspielers die beste Auszahlung liefert. (S. 5)
  • Gemischte Strategie: Strategie, bei der die Handlungsentscheidung nicht durch strategische Abwägungen getroffen wird, sondern durch Zufallsmechanismen.

Besondere Spiele (S. 5 - 7)[Bearbeiten]

Gefangenendilemma: Spiel, dass die Situation zweier Personen darstellt, die beschuldigt werden, gemeinsam ein Verbrechen begangen zu haben und getrennt voneinander verhört werden. Die Strategien in diesem Spiel sind miteinander zu kooperieren (schweigen) und dadurch der Höchststrafe zu entgehen (nur geringe Bestrafung), gemeinsam das Verbrechen zu gestehen (mittlere Bestrafung für beide), sowie dass nur ein Spieler schweigt, während sich der andere als Kronzeuge anbietet (Höchststrafe/Freiheit). (S. 5)

Chicken Game/ Mutprobenspiel: Zwei Spieler fahren aufeinander zu, wer ausweicht verliert. Weicht einer aus, gewinnt klar der andere Spieler. Weichen beide aus, verliert keiner sein Gesicht, hat aber auch keinen (Status)Gewinn über den anderen. Weicht keiner aus, gewinnen zwar beide die Mutprobe, verlieren aber dadurch ihr Leben (schlechteste Auszahlung). (S. 7)

Ultimatumspiele: Spiele, in dem der Altruismus bzw. der Egoismus von Spielern untersucht wird. Meist wird einem Spieler Geld o.ä. geboten, unter der Bedingung, dass es mit einer anderen Person geteilt werden muss, wobei die mögliche prozentuale Aufteilung durch ein Angebot von ersterem Spieler vorgeschlagen werden muss. Wird das Angebot nicht angenommen, gibt es keine Auszahlung für die Beteiligten.(S. 7)

Public Good Game: Spiel mit mehreren Spielern, die die Möglichkeit haben, in etwas zu investieren, wodurch sich ihr investiertes Kapital garantiert vermehren würde. Das Problem dabei ist, dass die Gewinne unter allen Spielern zu gleichen Teilen aufgeteilt werden, egal ob sie zum Anfangsinvestment beigetragen haben oder nicht. (S. 7)

Evolutionäre Spieltheorie (S. 8 - 11)[Bearbeiten]

Als Weiterentwicklung der eher statischen traditionellen Spieltheorie versucht die evolutionäre Spieltheorie Werkzeuge bereitzustellen, um dynamische Veränderungen von Sachverhalten/Populationen und Strategien/Verhalten sowie um das Entstehen/ Ende und die Evolution von Kooperationen beschreiben bzw. darstellen zu können. Eine grundlegende Annahme der evolutionären Spieltheorie ist, dass die Fähigkeit eines Spielers sich aus dem Erfolg in vorherigen Spielen ableitet. (S. 8) Ein sehr zentraler Begriff in der evolutionären Spieltheorie ist der Begriff der evolutionär stabilen Strategie. Damit wird eine Strategie bezeichnet, welche nicht durch die Anwendung einer anderen alternativen Strategie „besiegt“ werden kann. (S. 9)

Deutlich wird das bei Betrachtung des Falke-Taube-Spiels: in diesem Spiel wird der Konkurrenzkampf von Falken und Tauben um eine Ressource (V) modelliert. Dabei wird davon ausgegangen, dass Falken aggressives Verhalten zeigen und um diese Ressource kämpfen (auch mit anderen Falken, wobei am Ende jeder die Hälfte bekommt), sowie dass Tauben nicht aggressiv sind, bei Bedrohung durch Falken fliehen und die Ressource freiwillig mit anderen Tauben teilen. (S. 10)

Dadurch ergibt sich folgende Auszahlungsmatrix (wobei C für die Kampfkosten der Falken steht):

Falke Taube
Falke ½(V-C) , ½(V-C) V , 0
Taube 0 , V V/2 , V/2

Die tatsächlichen Auszahlungen bzw. Ergebnisse in diesem Spiel sind davon abhängig, in was für einem Verhältnis V und C stehen und wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass Falken und Tauben aufeinandertreffen. Im Fall V > C, wäre die Falke-Strategie die eindeutig dominante und evolutionär stabile Strategie, da es mit dieser Strategie immer möglich wäre, genügend Ressourcen für den Populationsfortbestand zu erlangen - auch unabhängig von der Wahrscheinlichkeit, dass Falken und Tauben aufeinandertreffen. (S. 10)

Wäre nun aber V < C, würde sich die Falken-Population im Lauf der Zeit auf das Verhältnis V/C verringern (vorausgesetzt, dass nicht signifikant mehr Taube-Falke-Interkationen als Falke-Falke-Interaktionen stattfinden), da die Kampfkosten den Ressourcenertrag bei dem Aufeinandertreffen zweier Falken übersteigen würden, was sich negativ auf die Populationsentwicklung auswirken würde.

Daraus lässt sich schließen, dass evolutionär stabile Strategien kein automatischer Garant für eine evolutionär stabile Population sind. (S. 11)