Kurs:Seminar zur Nachhaltigkeit in der Europäischen Agrarpolitik/Instrumente der GAP: Preisstützung

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Instrumente der Gemeinsamen Agrarpolitik: Die Preisstützung[Bearbeiten]

Das Instrument der Preisstützung war zwischen dem Inkrafttreten der GAP am 30. Juli 1962 bis in das Förderjahr 1992 das zentrale Element der GAP. Es hat wesentlich dazu beigetragen, dass die europäische Landwirtschaft heute hoch produktiv ist und die europäische Bevölkerung in fast allen Belangen voll und ganz mit Nahrungsmitteln versorgen kann. Sie hat aber auch viele neue Probleme mit sich gebracht unter denen die europäische Landwirtschaft heute leidet. Heute dient das Instrument der Preisstützung nur noch als Notfallsicherung und wird nur noch in begründeten Ausnahmefällen und für einen begrenzten Zeitraum gezahlt.

Die Preisstützung[Bearbeiten]

Die Preisstützung schützt europäische Landwirte vor einem zu starken Abrutschen des Marktpreises. Wenn dieser nämlich in den Keller rauscht und beginnt den Landwirten Probleme zu bereiten, wird ihnen der anfallende Verlust beglichen.

Dies wird folgendermaßen umgesetzt: Zu allererst setzt die Europäische Kommission einen Mindestpreis fest, der Landwirten auf jeden Fall garantiert wird. Das bedeutet, dass die europäischen Landwirte sich darauf verlassen können, mindestens diesen Preis für ihre Erzeugnisse zu erlösen. Der Mindestpreis liegt bei einem Niveau, das den Landwirten ein ordentliches Auskommen ermöglicht und Investitionen in ihre Höfe erlaubt. Genau das sollte im Rahmen der GAP erreicht werden.

Allgemein formuliert funktioniert der Mechanismus der Preisstützung folgendermaßen: Rutscht der Marktpreis für Kartoffeln unter den Mindestpreis, können europäische Landwirte ihre Erzeugnisse nicht mehr zu den angestrebten Preisen absetzen. Sie bieten ihre Erzeugnisse an, finden aber keine Abnehmer, die bereit sind bobs diesen Preis zu zahlen. Dies kann geschehen, wenn beispielsweise die Ernte sehr gut ausfällt und plötzlich sehr viel Angebot und damit große Konkurrenz auf dem Markt herrscht. Registrieren die staatlichen Stellen, dass dies geschieht, intervenieren sie und kaufen den Landwirten ihre Erzeugnisse zu dem angestrebten Mindestpreis ab. Sie erzeugen also eine künstliche Nachfrage.

In Deutschland war und ist die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) dafür zuständig, auf die Entwicklung der Preise zu achten und notfalls zu intervenieren. Das bedeutet dann ganz konkret, dass die Bundesanstalt den Landwirten ihre Erzeugnisse abkauft und in eigenen Lagerstätten einlagert. Nach dem Kauf hat die Bundesanstalt folgende Handlungsoptionen:

  1. Sie kann erstens versuchen die Erzeugnisse selbst wieder auf dem Markt zu verkaufen sobald die Preise sich wieder erholt haben.
  2. Zweitens kann sie die Erzeugnisse auf dem Weltmarkt verkaufen, fährt dort aber meist einen erheblichen Verlust ein.
  3. Drittens kann die Bundesanstalt ihre Lagerbestände vernichten.

Von einem Anstieg der Produktion...[Bearbeiten]

Die Preisstützung hatte zunächst die erhofften Wirkungen: die Löhne der Landwirte stiegen und stabilisierten sich. Auch verbesserte sich schnell die Produktivität der europäischen Landwirtschaft. Europäische Landwirte begannen immer mehr zu produzieren und schafften es bald, die Versorgung der europäischen Bevölkerung sicherzustellen.

Der Hauptgrund hierfür war, dass die Preisstützung den Landwirten komplett das unternehmerische Risiko abnahm. Sie wussten, dass sie ihre Erzeugnisse auf jeden Fall werden absetzten können – ganz gleich wie der Markt aussieht; und sie wussten, dass sie auf jeden Fall vor widrigen Preisentwicklungen sind und den festgelegten Mindestpreis für ihre Waren einnehmen werden.

Damit hatten die Landwirte einen Anreiz so viel wie möglich zu produzieren – sie mussten nicht fürchten auf ihren Erzeugnissen sitzen zu bleiben. Und sie hatten auch einen starken Anreiz in die Modernisierung und die Vergrößerung ihrer Produktion zu investieren, denn: je mehr sie produzierten, desto mehr verdienten sie auch. Wir wissen, dass diese Rechnung ohne Preisstützung nicht aufgeht.

...bis zur Überproduktion[Bearbeiten]

Der starke Anreiz immer mehr zu produzieren entwickelt sich aber schnell zum Problem. Denn seit Mitte der 1960er Jahre – also schon kurz nach dem offiziellen Start der GAP und der Preisstützung, produziert die europäische Landwirtschaft genug, um die europäische Bevölkerung zu versorgen. Seit den 1960er Jahren hatten wir also genug Lebensmittel und brauchen eigentlich nicht mehr. Der festgelegte Mindestpreis animierte die Landwirte jedoch dazu immer mehr zu produzieren und so kam es zu einer enormen Überschussproduktion. Staatliche Stellen mussten einen immer größeren Anteil der jährlichen Produktion aufkaufen und einlagern. Diese Praxis brachte zwei schwerwiegende Probleme mit sich.

  1. Hohe Kosten der GAP

Die Überschussproduktion aufzukaufen und einzulagern war extrem teuer. Schnell liefen die Kosten der Preisstützung aus dem Ruder. Wie in Graphik 3.3 abzulesen ist, betrug der Anteil des Agrarhaushaltes am Gesamtbudget der EU in den 1970er- und 1980er-Jahren ca. 70%.

Über die Jahre ist es gelungen diesen Betrag zu verringern. Der Anteil des Agrarhaushaltes am Gesamtbudget der EU beträgt heute 38%. Das entspricht für den Zeitraum zwischen 2014 - 2020 etwa 400 Milliarden Euro.

  1. Ökonomische, ethische und moralische Bedenken

Aber auch jenseits der finanziellen Belastung ergab sich ein schwerwiegendes Problem mit der Überproduktion: was sollte mit der überschüssigen Produktion geschehen? Manchmal konnten überschüssige Produkte zu späteren Zeitpunkten verkauft werden, wenn es auf dem Markt gerade einen kleinen Engpass gab. Sehr häufig kam das allerdings nicht vor und so wurden die Lagerbestände viel zu oft einfach vernichtet. Diese Praxis ist und war unter keinen Umständen ökonomisch, ethisch und moralisch vertretbar. Ökonomisch gesehen stellt die Vernichtung von erzeugten Gütern eine Verschwendung dar, die sich eine Gesellschaft auf Dauer nicht leisten kann! Denn Landwirte, Konsumenten und der Staat investieren viel Arbeit und Geld in die Produktion dieser Erzeugnisse. Wenn diese nun nicht genutzt werden, sind diese Investitionen verloren.

Ethisch und moralisch lässt sich diese Praxis ebenfalls abzulehnen: warum vernichtet man einwandfreie Lebensmittel, während Menschen in Europa teilweise noch immer schlecht versorgt sind und in anderen Teilen der Welt Nahrungsmittel knapp sind?

Weblinks[Bearbeiten]

Arbeitsaufträge[Bearbeiten]

  • Die Preisstützung war lange Zeit das Hauptinstrument der GAP, mit der europäische Landwirte unterstützt worden sind. Stellen Sie dar, wie die Preisstützung das Einkommen von europäischen Landwirten sichert.
  • Die dramatische Versorgungslage war eine der Hauptgründe für die Einrichtung der GAP. Welche Auswirkungen hatte die Preisstützung als zentrales Element der GAP auf die Versorgungslage? Erklären Sie, warum die Preisstützung die Überproduktion von landwirtschaftlichen Erzeugnissen gefördert hat und nennen Sie dabei zwei wesentliche Probleme, die diese Überproduktion mit sich bringt.