Kurs:Strömungslehre/Kennzahlen

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Bedeutung von Kennzahlen[Bearbeiten]

Kennzahlen in der Strömungslehre ermöglichen den Vergleich zweier strömungstechnischer Gegebenheiten bei unterschiedlicher Ausgangssituation. Es ist bekannt, dass das Strömungsverhalten von Flugzeugen meist an wesentlich kleineren Modellen in einem Strömungskanal untersucht wird. Um jedoch bei der Original- und der Modellvariante die gleichen Bedingungen zu erzielen müssen die Testparameter angeglichen werden (beim Flugzeugmodell im Strömungskanal vor allem die Strömungsgeschwindigkeit). Um zu wissen in welchem Maße diese Parameter angeglichen werden müssen werden diese mit Hilfe der geeigneten Kennzahlen berechnet.

Die Reynolds-Zahl[Bearbeiten]

Definition[Bearbeiten]

Die Reynolds-Zahl ist die für die meisten Aufgabenstellungen im Maschinenbau am häufigsten benötigte Kennzahl.

Die Reynolds-Zahl ist das Produkt der Geschwindigkeit der charakteristischen Länge durch die kinematische Viskosität . Hierbei ist die kinematische Viskosität ein temperaturabhängiger Tabellenwert der aus Tabellenwerken wie zum Beispiel dem VDI-Wärmeatlas ausgelesen werden kann.

Die charakteristische Länge[Bearbeiten]

Beispiel[Bearbeiten]

Das Strömungsverhalten eines Autos bei einer Geschwindigkeit von 50km/h soll untersucht werden. Dafür wird ein Modell im Maßstab 1:5 angefertigt. Das im Strömungskanal verwendete Medium ist Luft bei 20°C. Welche Windgeschwindigkeit muss im Strömungskanal eingestellt werden, damit die Effekte beim Modell mit denen am Original vergleichbar werden?

Gegeben: (charakteristische Länge des Originals); (charakteristische Länge des Modells); (Windgeschwindigkeit beim Original)
Gesucht: (Windgeschwindigkeit beim Modell)

Ansatz: Um bei Original und Modell gleiche Bedingungen zu schaffen, müssen die beiden Reynoldszahlen übereinstimmen, also:





Die kinematische Viskosität lässt sich kürzen. Es ergibt sich:





Das 1:5 Modell muss also mit der 5-fachen Geschwindigkeit angeströmt werden, damit die beiden Strömungssituationen vergleichbar sind.

Froude-Zahl[Bearbeiten]

Definition in der Gerinnehydraulik[Bearbeiten]

Als dimensionslose Froude-Zahl wird das Verhältnis von mittlerer Fließgeschwindigkeit und Wellenausbreitungsgeschwindigkeit bezeichnet:

mit

wobei B_WSP die Breite des Wasserspiegels ist und A der durchflossene Querschnitt. Bei Breiten Gerinnen ergibt sich dann angenähert die Wassertiefe des Gerinnes als y.

Anwendung in der Gerinnehydraulik[Bearbeiten]

  • Ruhender Strömungszustand (Fr = 0)
  • Strömender Strömungszustand (Fr < 1)
  • Grenzabfluss / kritischer Abfluss (Fr = 1): Die Wellenausbreitungsgeschwindigkeit stimmt nun genau mit der Fließgeschwindigkeit überein. Wellen können sich nicht mehr gegen die Strömung fortpflanzen. Die nach Oberstrom gerichtete Wellenfront bleibt an der Stelle der Störung "stehen". In diesem Zustand kann die größtmögliche Wassermenge beim vorliegenden Energieniveau abgeführt werden. Im Wasserbau wird dies als Abflusskontrolle ausgenutzt.
  • Schießender Strömungszustand (Fr > 1): Die Fließgeschwindigkeit übersteigt jetzt die Ausbreitungsgeschwindigkeit. Eine Störung breitet sich jetzt nur nach Unterstrom aus.