Kurs:Vernetztes Denken/simulationsfähige Wirkungsgefüge

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Simulationsfähige Wirkungsgefüge sind quantitative Modelle, welche die Nichtlinearität und Rückkopplungsstrukturen abbilden.[1] Mit ihnen ist die Simulation von Zukunftsszenarien dank algrebraischer Übersetzung qualitativer in quantitative Modelle und der Darstellung in Flussdiagrammen möglich. Somit können die Folgen von Wirkungsbeziehungen auf das beobachtete Objekt und dessen Umgebung eingeschätzt werden.

Begriffsdefinition: Simulation[Bearbeiten]


"Unter einer Simulation ist der Prozess der Bildung einer Prognose mit Hilfe des Experimentierens innerhalb einer ausgewählten Modellebene zu verstehen, also die Durchführung von Versuchen bzw. (Hoch)Rechnungen in einem abstrakten Modell eines Systems.[...]. Ziel einer Simulation ist die Analyse des zukünftigen Systemverhaltens. "[2]

Methoden simulationsfähiger Modelle [Bearbeiten]

System Dynamics[Bearbeiten]

Die Anfänge liegen in der 50er Jahren des 20. Jahrhunderts. Jay W. Forrester entwickelte die Methodik der System Dynamcis, um komplexe dynamische Systeme ganzheitlich analysieren und simulieren zu können. [3] Dieses setzt sich aus dem qualitativen Systemdenken und der quantitativen Systemsimulation zusammen.
World II, das in Forresters Buch 'World Dynamics' (1971) ausführlich erläutert ist, stellt das erste globale Simulationsmodell dar, das mittels der von ihm so genannten Formelsprache Dynamo, die Welt anhand von 5 grundlegenden Bestandsvariablen beschreibt.

Anfangs der 80er Jahre des 20. Jahrhunderts entwickeln sich zunehmend System-Dynamics-Modelle, welche versuchen, die Wirkungsgefüge direkt in Flussdiagrammen zu übersetzen. Hierzu zählen Stella/iThink, Dynasys, Powersim, Vensim.[4]

Grundstruktur des System-Dynamics-Modells[5][Bearbeiten]

  1. Identifizierung von problemrelevanten Faktoren und Gruppierung zu Bereichen, sogenannten Frames.
  2. Erstellen eines Causal-Loop-Diagramms, indem für die Bereiche direkte und übergreifende Kausalitäten ermittelt werden.
  3. Durch die Übersetzung des Diagramms in Symbolsprache, entsteht ein Flussdiagramm.
  4. Ein Gleichungssystem wird mit algebraischen Ausdrücken, die dem Flussdiagramm hinterlegt sind, aufgebaut.
  5. Das mit Daten gespeiste Modell wird tabellarisch und graphisch ausgewertet.


Das Sensitivitätsmodell von Frederic Vester[Bearbeiten]

Basierend auf der Fuzzy Logic entwickelte Vester das Sensitivitätsmodell, das sich von der Methodik der System Dynamics wesentlich darin unterscheidet, dass es relative Veränderungen von Bestandsgrößen, anstelle von genau definierten Größen, darstellt. In seinem Buch 'Die Kunst, vernetzt zu denken' (1999), stellt er sein Modell vor und entwickelt eine eigene Software seiner Methodik. Das Sensitivitätsmodell eignet sich auch für mathematische Laien, im Gegensatz zum System Dynamics Ansatz, der mathematisches Verständnis voraussetzt.
Auch hier entstanden neben Vesters Entwicklung, weitere Programme, wie Gamma, Heraklit und dem Szenario-Manager.

Grundstruktur des Sensitivitätsmodells[6][Bearbeiten]

  1. Problemrelevante Variablen werden mittels spezieller Datenscreenings und der Aggregation von Einflussgrößen abgeleitet.
  2. Die Wechselwirkungen von Variablen werden errechnet und ins Modell übernommen.
  3. Visualisierung der Wirkungsbeziehungen und ihrer Rückkopplungen, wodurch Steuerungsmöglichkeiten ersichtlich werden.
  4. Die Wirkungsbeziehungen, sowie eine Wenn-Dann-Prognose, werden durch eine Simulation, die auf der Fuzzy-Logik basiert, dargestellt.
  5. Eine Bewertungsskala beurteilt die Situation, welche durch die Simulation abgebildet wird.


Unterschiede zum System-Dynamics-Ansatz[Bearbeiten]

Im Unterschied zum System-Dynamics-Modell, bildet das Sensitivitätsmodell relative Veränderungen von Bestandsgrößen ab und erstellt Wirkungsverläufe anhand von Tabellenfunktionen, die zudem im Klartext dargestellt werden[7]. Dabei ist jede Funktion zu jedem beliebigen Zeitpunkt korrigierbar.

Dynamic Scorecard[Bearbeiten]

Die Dynamic Scorecard basiert auf der Idee der Balanced Scorecard und stellt ein Managementinstrument zur Unternehmensplanung und -führung dar, indem Wirkungsgefüge simuliert und abgebildet werden. Die Variablen werden anhand der Grunddimensionen der Balanced Scorecard definiert, welche nach Kaplan und Norten, Lernen und Entwicklung, Prozesse, Kunden, sowie Finanzen sind[8]. Hinzugefügt werden zudem noch wichtige "Variablen des Kontextes"[9]. Dabei wird die Dynamic Scorecard als Planspiel (z.B. Simon Welhoma: Simulation für Hotels), z.B. aufbauend auf der Software Heraklit, individuell an das Unternehmen angepasst.

Erstellung eines Simulationsmodells[Bearbeiten]

Das allgemeine Vorgehen nach Vester beim Erstellen eines Simulationsmodell beinhaltet folgende Schritte[10]:

1. Jede Variable wird mit einem Wertebereich und einem Anfangswert belegt.
2. Alle Wirkungsbeziehungen werden mit nicht-linearen Tabellenfunktionen versehen.
3. Festlegen eines Zeittakts für eine Simulationsrunde.
4. Definieren der Reihenfolge des Wirkungsflusses im Wirkungsgefüge.

Mögliche Fehlerquellen bei der Übersetzung eines Wirkungsgefüges in ein quantitatives Modell[Bearbeiten]

Nach Jung gibt es vier mögliche Fehlerquellen bei der Umsetzung eines Wirkungsgefüges in ein mathematisches, quantitatives Modell, das zur Computersimulation nötig ist.[11]

  1. Vereinfachungsfehler
  2. Verfahrensfehler (z.B. durch die Wahl des Rechenverfahrens)
  3. Rechenfehler (z.B. durch ungenaue Zuteilung der Werte zu den Variablen)
  4. Interpretationsfehler (Aussagen sind nur spekulativ)


Verwendete Literatur[Bearbeiten]

Fußnoten[Bearbeiten]

  1. Vgl.: http://www.systemdynamics.de/system-dynamics/systemdenken-simulation/
  2. Junge (2005): S.60.
  3. Vgl.: http://de.wikipedia.org/wiki/Systemdynamik
  4. Vgl. Wilms (2001): S.182ff.
  5. Vgl. Wilms (2001): S.178.
  6. Vgl. Wilms (2001): S.181.
  7. Wilms (2001): S.182.
  8. Vgl. Kaplan, Norton (1997).
  9. Richter, Wilms (2008): S.65-70.
  10. Vgl. Vester (1999): S.229 f.
  11. Jung (2005): S.60.

Internetquellen[Bearbeiten]

http://www.systemdynamics.de/system-dynamics/systemdenken-simulation/ http://de.wikipedia.org/wiki/Systemdynamik
http://www.httc.de/oksimo/oksimodb/modules/editor/tmp/Weltmodell.pdf

Literaturquellen[Bearbeiten]

Junge, J.: Unternehmenserfolg und Mitarbeiterverantwortung: Ein tauschtheoretisch basiertes,erfolgsorientiertes Vergütungskonzept. Diss. Universität Flensburg: 2005.

Kaplan, R., Norton, D.: Balanced Scorecard, Strategien erfolgreich umsetzen. Stuttgart: 1997.

Richter, M., Wilms, F. E. P., Business Performance in der Pharmaindustrie –Mit Vernetztem Denken die Zukunft gestalten. In: Pharmind Nr. 1, 2008.

Richter, M.; Wilms, F. E. P.: Strategieoptimierung mit Vernetztem Denken und Entscheidungssimulationen für die Pharmaindustrie und Apotheken. In: Plötz, U. (Hrsg.) Planspiele in der beruflichen Bildung, 4., überarb. Aufl. Bielefeld, Beitrag 5_13 (o.J.).

Vester, F.: Die Kunst, vernetzt zu denken. Stuttgart: 1999.

Wilms, F. E. P.: Systemorientiertes Management. München: Vahlen 2001.