Kurs Diskussion:Schloß Dresden/Goldenes Tor

Seiteninhalte werden in anderen Sprachen nicht unterstützt.
Aus Wikiversity

DAS PORTAL DER SCHLOSSKAPELLE. (Schumann 1909)[Bearbeiten]

DAS PORTAL DER SCHLOSSKAPELLE.

Das herrliche Portal, einst seiner Farbenpracht wegen das goldene Tor genannt, ist als römischer Triumphbogen gestaltet. Zwei Paar korinthische Säulen auf hohen Sockeln tragen ein reich gegliedertes Gebälk mit köstlich verziertem Fries mit Zahnschnitt, Eierstab, Konsolen usw., darüber eine Attika mit der bewegten, lebhaften Auferstehung Christi im Relief, links und rechts davon in Nischen zwischen den flachen Pilastern Jesaias und Paulus, obenauf der auferstandene Christus mit der Fahne, links der Glaube mit dem Kelch, rechts die Stärke mit der Säule. Zwischen den Säulen in Nischen links Johannes der Täufer mit Buch und Lamm, darunter Johannes der Evangelist mit Kelch und Adler, rechts der gehörnte Moses mit den Gesetzestafeln, darunter Petrus mit Schlüssel und Tafel. Die hölzerne Tür umrahmen verzierte Pilaster mit Bogen. Das Relief im Mittel zeigt Christus mit der Ehebrecherin, links davon das Kurwappen, rechts das der Wettiner, darüber in der Attika den Wahlspruch der sächsischen Kurfürsten: VDMIE = Verbum Domini Manet In Aeternum (Das Wort Gottes bleibet in Ewigkeit).

Die ganze Herrlichkeit der Renaissance strahlt von dem Werke wieder. „Es ist weitaus die edelste Portalkomposition der ganzen deutschen Renaissance, in Schönheit der Verhältnisse, Klarheit der Komposition, Anmut der Ornamente und Feinheit der Gliederung den Geist durchgebildeter Hochrenaissance verkündend.“ (Lübke,

[31]


Abb. 18 Tor der ehemaligen Schloßkapelle 1555 (jetzt am Jüdenhof) (Phot. Tamme)

Deutsche Renaissance II, 331.) Welch ein unerschöpflicher Reichtum der Ornamentik tritt uns entgegen! Wie fein und anmutig sind die Einzelheiten durchgebildet! Wie aus einem Guß steht

[32] das klassisch vornehme Werk in einer harmonischen Abgeschlossenheit vor uns, wenn wir es als Ganzes auf uns wirken lassen.

Betrachten wir einläßlich alle Einzelheiten, so schwindet ja dieser Eindruck der Einheitlichkeit hier und da: die beiden Tugenden sind etwas schwerfällig und stehen zurück hinter der freieren Gestaltung des auferstandenen Christus. Nicht minder groß ist der Unterschied zwischen dem kraftvoll und lebendig empfundenen Täufer und dem akademisch braven Evangelisten Johannes, nach Gurlitt einer späteren Ergänzung um 1730. Ja, man wird nicht fehl gehen, wenn man mit Steche das ganze Tor als ein gemeinsames Werk der italienischen und der deutschen Steinmetzen, die zugleich am Schloßbau tätig waren, betrachtet. Der Entwurf zu dem ganzen Werk, abgesehen von der Attika, darf Juan Maria zugeschrieben werden, von dem zugleich die korinthischen Säulen nebst dem Sims und der sonstigen Ornamentik herrühren. „Der Schmuck der Pilaster verrät deutlich die Art der lombardischen Renaissancedekoration: wie an den oberitalischen Portalen ist es ein kandelaberartiger Aufbau, aus dem Ranken herauswachsen, die mit kleinen Schildern und Fruchtschnüren behangen sind. Dieses Ornament führt uns auch auf venezianische Einflüsse zurück. Das Schmücken mit kleinen Schildern, Masken, Vögeln und antiken Fabelwesen hatte sich in Venedig, Brescia und Padua besonders entwickelt: hier war die Heimat der reichverzierten Pilaster. Das Antikisieren in Kostüm und Haartracht, am Kapellentor in der Viktoria in den Bogenzwickeln bemerklich, ist das Merkmal venezianischer Hochrenaissance. Man wird also nicht fehl gehen, wenn man den Hauptschmuck des Tores dem Juan Maria da Padua zuschreibt.“ (Mackowski Nosseni S. 13.) Die gesamte figürliche Plastik dagegen, die hölzerne Tür sowie der Schmuck der Säulensockel gehören ganz oder teilweise den deutschen Meistern an, die damals in Dresden wirkten. Die Attika aber mit dem Relief der Auferstehung dürfte noch jünger sein, jedenfalls von einem deutschen Meister herrühren, der italienisches Kunstempfinden in sich aufgenommen hat.

Sehr geschickt ist übrigens an dem Relief der Ehebrecherin vor Christo die perspektivische Verkürzung der Säulenarchitektur des Saales, der den Schauplatz der Handlung bildet. An dem obern Relief aber ist bemerkenswert, wie der Künstler die Fläche

[33] von unten nach oben immer weiter zurückgehen läßt, um dadurch die Tiefenperspektive und mehr Raum zu gewinnen. Vorn sehen wir in leidenschaftlicher Bewegung die bestürzten Krieger, denen der auf dem leeren offenen Grabe sitzende Engel verkündet, daß Christus auferstanden ist. Ein einziger Krieger im Gegensatz zu seinen aufgeregten Kameraden schläft noch rechts vom Engel an das Grab gelehnt. Im Mittelgrunde sehen wir die drei Marien ihre Gedanken über das große Ereignis austauschen, im Hintergrunde stehen die drei Kreuze von Golgatha. Das Ganze ist in seiner lebendigen Darstellung ungemein anschaulich. Der geistige Gehalt des ganzen Portals ist entschieden protestantisch. Die Darstellung Christi und der Ehebrecherin an der Tür deutet auf die Vergebung der Sünden hin. Das alte Testament mit seiner Gesetzesstarrheit (Moses) ist überwunden, das Neue Testament (Johannes, Petrus) bringt die Erlösung. Die Inschriften oben weisen auf Jesaias 7 und Römer 3. Bei dem Propheten finden wir die Prophezeiung auf die Geburt Christi, im dritten Kapitel des Briefes an die Römer aber steht der grundlegende Satz des evangelischen Bekenntnisses: „So halten wir nun dafür, daß der Mensch gerecht werde ohne des Gesetzes Werke allein durch den Glauben.“ Und zwar durch den Glauben an Christus den Auferstandenen, der aus dem Grabe verschwunden ist und oben segnend mit der Fahne des Triumphators über Sünde und Tod steht. Nur dieser Glaube gibt die wahre Stärke des Christen. Wir wundern uns bei dem protestantischen Gehalt des Werkes nicht, daß das Portal nach dem Übertritt Augusts des Starken und seines Nachfolgers zum Katholizismus aus dem Schloßhof verwiesen und an die protestantische Sophienkirche versetzt wurde. Dort hat es gestanden von 1737–1864.


Paul Schumann (1855-1927)

Titel: Dresden

Untertitel: Berühmte Kunststätten, Band 46

Auflage: 1

Erscheinungsdatum: 1909

Verlag: E.A. Seemann

Erscheinungsort: Leipzig

Goldenes Tor (Artikelabschnitt)[Bearbeiten]

w:de:Schlosskapelle (Dresden)

Goldenes Tor

Das Außenportal, Goldenes Tor oder auch Schönes Tor genannt, wurde nach dem Vorbild römischer Triumphbögen errichtet. Es trägt die inschriftliche Datierung 1555. Auf zwei Paar korinthischer Säulen, die auf Sockeln errichtet wurden, ruht ein mit einem Fries geschmücktes Gebälk mit Zahnschnitt, Kymation und Konsolen. Zwischen den Säulen in Nischen stehen links Statuen von Johannes dem Täufer mit Buch und Lamm, darunter Johannes, dem Evangelisten, mit Kelch und Adler. Zwischen den rechten Säulen stehen der gehörnte Moses mit den Gesetzestafeln, darunter Simon Petrus mit Schlüssel und Tafel.

Über dem Gebälk befindet sich eine Attika, die im Mittelfeld mit einem Relief mit dem Thema der Auferstehung verziert worden ist. Zu beiden Seiten des Reliefs in der Mitte befinden sich die Nischenfiguren Jesaja und Paulus, die von flankierenden Pilastern geschmückt werden. Drei Statuen stehen oberhalb der Attika, Christus in der Mitte flankiert von den Allegorien Glaube mit dem Kelch und Stärke mit der Säule.[1]

Die hölzerne Tür umrahmen verzierte Pilaster mit Kapitellen. Das Relief im Mittel zeigt Jesus und die Ehebrecherin, links davon das Kurwappen, rechts das der Wettiner Wappen.[2] Die Attika der Tür darüber trägt die Lateinische Inschrift VDMIE, die Abkürzung für den Wahlspruch der sächsischen Kurfürsten Verbum domini manet in aeternum (= Gottes Wort bleibt in Ewigkeit).

Wilhelm Lübke bezeichnete es als „die weitaus edelste Portalkomposition der ganzen deutschen Renaissance, in Schönheit der Verhältnisse, Klarheit der Komposition, Anmut der Ornamente und Freiheit der Gliederung den Geist durchgebildeter Hochrenaissance“.

Das Goldene Tor wurde 1737 an das Westportal der Sophienkirche angebaut, beim Umbau der Kirche 1864 jedoch entfernt. Im Jahr 1872 wurde es neben der Südfassade des Johanneums aufgebaut, wo es im Jahr 1945 beschädigt wurde. Im Jahr 2004 wurde das Portal dort abgebaut und mit Teilergänzungen wieder am alten Standort als Eingang der Kapelle aufgebaut.

  1. Fritz Löffler: Das alte Dresden – Geschichte seiner Bauten. E. A. Seemann, Leipzig 1981, S. 53, Bildnr. 57. [Das Tor zur Schloßkapelle]
  2. Paul Schumann: Dresden. 1. Auflage. E. A. Seemann, Leipzig 1909, OCLC 1043264301, S. 30 (Vorlage:Archive.org).