Maßtheorie/Fragestellung/Motivation/Einführung/Textabschnitt

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In diesem Kurs beschäftigen wir uns mit dem „Flächeninhalt“ von ebenen Gebilden und den Volumina von räumlichen Gebilden. Für ein Rechteck setzt man den Inhalt als Produkt der beiden Seiten und für einen Quader als Produkt von Breite, Länge und Höhe an. Die durch den Graphen einer stetigen Funktion, die -Achse und zwei dazu senkrechte Geraden eingeschlossene Fläche wird über das Riemann-Integral ein Inhalt zugeordnet. Die Berechnung der Flächeninhalte von Dreiecken, Parallelogrammen, des Kreises, der Volumina von Pyramiden, Kegeln und der Kugel sind klassische Themen der Mathematik. Eine intuitive Vorstellung, die die Existenz eines sinnvollen Volumenbegriffs nahelegt, ist, dass wenn man den Körper „wasserdicht“ in eine Flüssigkeit in einem quaderförmigen Becken ganz untertaucht, dass dann das Volumen sich als Grundfläche des Beckens mal gestiegenem Waserstand errechnet. Für Flächen kann man sich vorstellen, dass man die ebenen Figuren ausmalt und der Flächeninhalt proportional zur verwendeten Farbe sein muss, die ihrerseits wiederum proportional zum Höhenschwund im Farbeimer ist. Doch das sind nur Gedankenexperimente, die einen sinnvollen Maßbegriff erahnen lassen, keinesfalls zufriedenstellende Begründungen.

Wir werden im Folgenden die Maßtheorie einschließlich der Integrationstheorie entwickeln. Dabei werden insbesondere folgende Fragestellungen betrachten.

    • Was ist ein Maß (eine Länge, ein Flächeninhalt, ein Volumen)?
    • Welchen Mengen kann man ein Maß zuordnen? Allen Teilmengen des ?
    • Welches Volumen hat der ?
    • Welche Rechenregeln gelten für das Volumen?
    • Welche Möglichkeiten gibt es, Volumina zu berechnen?

    Die ersten beiden Fragen erweisen sich schon dann als nicht trivial, wenn man ein Rechteck betrachtet. Macht es beispielsweise einen Unterschied, ob man ein Rechteck mit oder ohne den Rand betrachtet? Ändert sich der Inhalt, wenn ich einen Punkt aus dem Inneren herausnehme? Besitzt das „rationale Rechteck“, das nur aus den Punkten des Rechtecks mit rationalen Koordinaten besteht, einen sinnvollen Flächeninhalt? Wie sieht es mit dem „irrationalen Rechteck“ aus? Ist die Summe dieser beiden Flächeninhalte, vorausgesetzt, dass sie existieren, gleich dem Rechtecksinhalt?