Optimierung und agentenbasierte Simulation für Kapazitätsplanung im Katastrophenfall

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Im Rahmen des Teamprojektes “Wirtschaft und Technologie” im Studiengang Wirtschaftsingenieurwesen am Karlsruher Institut für Technologie wurde sich mit dem Thema “Optimierung und agentenbasierte Simulation für Kapazitätsplanung im Katastrophenfall” beschäftigt.

Im Folgenden wird die allgemeine Vorgehensweise beim Entwurf eines Modells zur Kapazitätsplanung im Katastrophenfall erläutert. Hierfür wird eine Unterteilung in die drei Hauptbestandteile vorgenommen, welche sich aus der Datenaufbereitung, Simulation und Optimierung zusammensetzen. Außerdem wird die allgemeine Vorgehensweise anhand des Beispiels der Wasserversorgung zur Bekämpfung der Dürre in Madagaskar konkretisiert. Hierbei ist es wichtig hervorzuheben, dass die Überlegungen am Fallbeispiel Madagaskars von einem im Zuge des Studiums durchgeführten Teamprojektes stammen. Somit dienen die Ergebnisse nicht als Planungsbasis für die tatsächliche Positionierung von Wasserausgabeorten.

Datenaufbereitung[Bearbeiten]

Problembeschreibung: Madagaskar erlebt die schlimmste Dürre seit 40 Jahren. Dadurch ist die Bevölkerung auf die Versorgung mit Wasser und medizinischen Gütern angewiesen. Dies soll durch das Eingreifen von Hilfsorganisationen realisiert werden. Hilfsorganisationen können Ausgabestellen platzieren, die durch die Bereitstellung von Trinkwasser und medizinischen Gütern die Bevölkerung versorgen. Somit ist es von großer Bedeutung die Ausgabeorte so platzieren, dass möglichst vielen Menschen geholfen werden kann. Deswegen sollten geographische Daten sowie Bevölkerungsdaten herausgearbeitet werden, um Hilfsorganisationen bei der Auswahl potentieller Ausgabeorte zu unterstützen.

Zur Lösung der Problemstellung empfiehlt sich ein Geoinformationssystem. Folgende Programme eignen sich dazu: QGIS, ESRI ArcGIS, Free GIS und SAGA GIS. Im Folgenden wird beschrieben wie bei der Lösung des Problems vorgegangen wurde. Veranschaulicht wird dies mit Hilfe von QGIS. Zuerst erfolgte eine Einarbeitung in das Softwareprogramm QGIS durch YouTube-Tutorials und durch das QGIS-Benutzerhandbuch Anschließend wurden nach mehreren Shape-files zur Einbindung in das Programm gesucht. Unter anderem Flughäfen, Seehäfen und Städte. Bei der Suche muss beachtet werden, dass die Dateien in einem bestimmten Format, *.shp , vorliegen sollten, da sie ansonsten nicht so leicht importiert werden können. Im Rahmen der Datenrecherche waren die Weltdatenbank und die Informationen von Humatarian Data Exchange die Hauptquellen für die verschiedenen Shapefiles. Zur Lösung des Problems muss die Bevölkerung mit Wasser und medizinischen Gütern versorgt werden. Hierbei kommen diese Güter an Flug- und Seehäfen an und werden dort erstmal zwischengelagert, bevor sie dann später zu den Ausgabestellen transportiert werden. Um die genaue Nachfrage nach diesen Gütern zu bestimmen, wurden den verschiedenen Städten und Dörfern Einwohnerzahlen in QGIS zugewiesen. Dabei wurde dem importierten Shapefile neben dem Bereits existierenden Attribut „Namen“ ein neues Attribut „Bevölkerung“ hinzugefügt. Durch Internetrecherche konnten knapp 20% der Städte und Dörfer mit Bevölkerungszahlen versehen werden. Um die restlichen Dörfer aufzufüllen, wurde von einer Gleichverteilung der Bevölkerung ausgegangen. Die betroffene Bevölkerung wurde hierbei durch Schätzungen bestimmt.

Die Dürre in Madagaskar trifft den Süden besonders hart. Diese Fläche liegt innerhalb der drei südlichsen Regionenen von Madagaskar. Mit Hilfe von QGIS konnte der flächenmäßige Anteil der betroffenen Regionenen bestimmt werden und somit auch der Anteil der betroffenen Bevölkerung. Im Anschluss wurde die Differenz der bereits eingetragenen Bevölkerung und die der Bevölkerung, die laut Gleichverteilung in diesem Gebiet leben sollte, gleichmäßig auf die Städte und Dörfer mit keinen Einwohnerzahlen verteilt.

Da die Nachfragehöhe nun ableitbar war, wurde mit der Platzierung der Ausgabestellen begonnen. Im Rahmen der Case-Study und Recherchen wurde festgelegt, dass jeder Mensch für Wasser nicht mehr als 20 km von einem potentiellen Ausgabeort entfernt sein darf. Aufgrund dessen wurde über die von der Dürre getroffenen Regionen ein Gitter mit einem vertikalen und horizontalen Abstand von 20 km gelegt. Befand sich innerhalb einer Gitterzelle eine Stadt oder ein Dorf, wurde in derselben eine Ausgabestelle nach bestimmten Platzvorraussetzungen platziert. Falls es in den umliegenden Gitterzellen oder derselben weitere Siedlungen gab wurde je nach Anzahl eine bis zwei weitere Ausgabestellen platziert. Hierbei wurde darauf geachtet, dass die Entfernung zu der Ausgabestelle eine maximale Distanz von 20 km nicht überschreitet. Nach dem die Daten komplett aufbereitet waren, wurden die Shapefiles an die Simulation übergeben und von jeder einzelnen Shapefile ein Excel-Export für die Optimierung erstellt. Dabei wurden für Flug- und Seehäfen die X- und Y-Koordinate exportiert. Für Städte und Dörfer wurden zusätzlich zu den Koordinaten, Name und Einwohnerzahl hinzugefügt.

Simulation[Bearbeiten]

Allgemeine Vorgehensweise[Bearbeiten]

Eine Möglichkeit um beispielsweise Ideen zu überprüfen, besteht in der Nutzung einer agentenbasierten Simulation. Dabei geht es darum das Verhalten einzelner Objekte wie beispielsweise Menschen zu antizipieren und somit Rückschlüsse auf die Realität zuzulassen. Die Darstellung eines Katastrophenfalls mithilfe einer Simulation kann in Abhängigkeit von der Art der Notlage und von der zu modellierenden Umgebung sehr variieren. Somit gibt es kein einheitliches Schema zum Aufbau der Simulation. Generell beginnt man aber die Planung der Simulation, indem man zunächst die verschiedenen Agenten bestimmt, welche verwendet werden sollen. Abhängig von der Art des Katastrophenfalls können sich die Art, Eigenschaften und Anzahl der Agenten stark unterscheiden. Bei der Simulation einer Dürre, kann die Simulation beispielsweise Wasserausgabestellen beinhalten, während bei der Darstellung von Flutkatastrophen Aufenthaltsorte für von der Flut betroffene Menschen benötigt werden. Auch die Umgebung kann starke Auswirkungen auf die Simulation haben. So ist es beispielsweise beim Transport von Hilfsgütern die Infrastruktur zu beachten. Deswegen kann eine aussagekräftige Simulation nur auf Basis einer strukturierten Datenaufbereitung umgesetzt werden.

Nichtsdestotrotz kann in der Regel eine Unterscheidung zwischen mobilen und stationären Agenten vorgenommen werden. Beispiele für mögliche stationäre Agenten sind die bereits genannten Wasserausgabestellen oder Aufenthaltsorte. Sie stellen meist Gebäude oder eine Infrastruktur dar, welche von den mobilen Agenten genutzt werden können. Mobile Agenten können sich auf der Karte bewegen und sind unter anderem Menschen wie Helfer, Hilfeempfänger oder Fahrzeuge. Bei der Simulation der Menschen können die Handlungsmöglichkeiten auf hier relevante Eigenschaften beschränkt werden. Durch eine genauere Ausarbeitung der verschiedenen Bewegungsabläufe kann die Genauigkeit der Simulation erhöht werden, allerdings auf Kosten höherer Komplexität und eines höheren Arbeitsaufwandes. Ein Beispiel für eine Vereinfachung der Realität wäre, dass sich die Personen in einem bestimmten Gebiet zufällig bewegen, und nicht gerichtet, etwa zu ihrem Wohnort oder einem Supermarkt.

Die für die Simulation der Personen benötigten Eigenschaften hängen auch von der Art der Notlage ab. Im Falle einer Dürre oder Hungersnot kann beispielsweise mit sogenannten Energie-Leveln zur Visualisierung und Annäherung des Wasser- und Energieverbrauches gearbeitet werden. Währenddessen werden bei der Simulation von Krankheiten Kontrollvariablen benötigt, welche darüber Auskunft geben, ob sich eine Person infiziert hat. Des Weiteren muss auch die Interaktion zwischen Agenten betrachtet werden. Dabei können sich auch die Interaktionen stark unterscheiden. So könnten beispielsweise bei der Simulation einer Epidemie die Übertragung von Krankheiten eine mögliche Interaktion sein, während bei der Visualisierung einer Hungersnot die Übergabe von Lebensmitteln eine mögliche Kommunikation darstellt. Insgesamt lässt sich festhalten, dass die Simulation eines Katastrophenfalls, trotz einiger Gemeinsamkeiten, zwischen verschiedenen Notlagen stark variieren kann. Deswegen wird im Folgenden zur Veranschaulichung eine agentenbasierte Simulation im Katastrophenfall, einer Dürre, genauer beschrieben.

Beispiel Madagaskar[Bearbeiten]

Im Folgenden wird die Umsetzung einer Simulation zur „Kapazitätsplanung im Katastrophenfall“ anhand des Beispiels der Dürre in Madagaskar genauer erklärt. Die Simulation basiert auf dem Programm Repast Symphony. Unter den nachfolgenden Link ist eine Einführung in die Modellierungssoftware zu finden: Einführung in Repast Symphony

Beim Fallbeispiel Madagaskar wurden vier verschiedene Agenten definiert. Bei den stationären Agenten handelt es sich zum einen um Ausgabezentren, welche Wasser ausgeben und zum anderen um Informationszentren, welche Informationen über die Ausgabezentren sammeln und die Personen zur richtigen Ausgabestelle schicken. Die mobilen Agenten sind Zulieferer, welche die Ausgabestellen mit Wasser versorgen und die Bevölkerung, welche mit Wasser versorgt werden soll.

Zu Beginn der Simulation wird jeder Ausgabeort mit einem Wasservorrat ausgestattet. Dieser kann je nachdem was analysiert werden soll, auf einen beliebigen Wert gesetzt werden jedes Objekt der Klasse Bevoelkerung besitzt ein Energielevel, welches zu Beginn beliebig festgelegt wird. Danach kann sich die Person solange zufällig bewegen, bis das Energielevel verbraucht wird. Ist dies der Fall, bewegt sie sich zuerst zum am nächsten gelegenen Informationszentrum. Falls die Person auf dem Weg einer anderen Person begegnet, welche die nächste Ausgabestelle bereits kennt, bewegen sich beide Personen zusammen zur Ausgabestelle. Ist dies nicht der Fall, erhält die Person nach der Ankunft am Informationszentrum die Nachricht, zu welchem Ausgabeort sie sich bewegen soll. Dabei werden nur Ausgabeorte im Radius von 20 Kilometern und mit vorhandenem Wasservorrat berücksichtigt. Kann der Person kein Ausgabeort genannt werden, welche diese Bedingungen erfüllt, wird der Versorgungstatus der Person auf „unversorgt“ gesetzt.

Mithilfe der Simulation werden Daten über die Nachfrage an den Ausgabestellen, den Versorgungsanteil und die von den Menschen zurückgelegte Distanz gesammelt, welche dafür verwendet werden können um Aussagen über die benötigte Anzahl an Ausgabeorten und die Wasservorräte zu treffen. Die Daten hängen maßgeblich von der Einstellung bestimmter Parameter ab. Beispiele hierfür sind die Anzahl an verwendeten Ausgabeorten, die Vorratsmenge der einzelnen Ausgabeorte sowie die Anzahl und das Transportvolumina der einzelnen Zulieferer. Durch Veränderung der Variablen, kommt es auch zu Unterschieden bei den gemessenen Ergebnissen.

Die vorgestellte Beschreibung der Simulation, stellt diese nur stark vereinfacht dar. Für die genaue Definition des Programms kann unter folgendem Link der Programmcode eingesehen werden: Veröffentlichter Programmcode

Im Folgenden ist ein Videoausschnitt der Simulation beigefügt. Dabei stellen gelbe Punkte die Bevölkerung dar und blaue die Zuliefer:innen. Des Weiteren sind die benutzten Ausgabeorte durch rote Sterne und Städte, welche gleichzeitig Informationszentren darstellen, als grüne Pfeile gekennzeichnet.


Optimierung[Bearbeiten]

Allgemeine Vorgehensweise[Bearbeiten]

Im Rahmen des Operational Research im Katastrophenfall gibt es unterschiedliche Modelle zur Lösung eines Standortproblems. Bei der Platzierung einer oder mehrerer Einrichtungen oder Objekte, um ein bestimmtes Maß an Abdeckung zu erreichen, spricht man von den sogenannten Covering Modellen.  

Bei diesen Modellen geht es um die Abdeckung, bei der eine Einrichtung aufgrund ihrer räumlichen Nähe Dienste anbieten kann. Einrichtungen können Feuerwehrstationen, Kliniken, Mobilfunkantennen oder eine Restaurantkette sein. Jede Einrichtung hat ein Gebiet, dass sie bedienen kann. Diese Abdeckung kann auf der Reisezeit basieren, wie es bei Polizei, Krankenwagen und Feuerwehr der Fall ist, oder auf Sicht- oder Hörbarkeitsfaktoren. Solche räumlichen bedienbaren Zonen können regelmäßig oder unregelmäßig geformt und zusammenhängend oder fragmentiert in Bezug auf die flächenmäßige Ausdehnung sein.

Die am häufigsten benutzten Modelle, sind das Set Covering Modell und das Maximum Coverage Location Modell.  

Beim Set Covering Modell, welches 1971 von Constantin Toregas eingeführt wurde, geht es um die Minimierung der totalen Kosten der Standortsetzung von Einrichtungen. In dem Spezialfall, dass alle möglichen Einrichtungen die gleichen Standortsetzungskosten haben, ist dies gleichwertig wie eine Minimierung der Anzahl der benötigten Einrichtungen.

Ähnlich funktioniert dies bei dem Maximum Coverage Location Modell. Es wurde 1974 von Richard Church und Charles ReVelle eingeführt und maximiert die Anzahl der versorgten Bevölkerung, während die Anzahl der zu bestimmenden Einrichtungen im Vorhinein festgelegt wurde.  

Beispiel Madagaskar[Bearbeiten]

In dem vorliegenden Beispiel eines Krisenfalls auf Madagaskar musste nun ein mathematisches Optimierungsmodell gefunden werden, welches die optimalen Ausgabeorte sucht, um im Fall einer Dürre einen größtmöglichen Teil der Bevölkerung mit Wasser zu versorgen.  

Für diese Aufgabe eignet sich das gewichtete Maximum Coverage Location Modell. Für dieses werden die Standorte der möglichen Ausgabestellen und der Städte, und die Bevölkerungszahlen in den Städten als gegebene Daten benötigt. Die Entfernungen zwischen den Städten und den möglichen Ausgabestellen müssen zudem in der Form einer Versorgungsmatrix vorhanden sein. Das Modell sucht die Versorgungsstandorte, die geöffnet werden sollten, um möglichst viele Menschen zu versorgen, wobei die Anzahl der gesuchten Ausgabestelle vorgegeben wird. Die Bevölkerungszahlen werden hier genutzt, um die Städte zu gewichten.  


Dies gestaltet sich anhand des vorliegenden Beispiels, wie folgt:  

Maximiere

1)    

Mit den Nebenbedingungen:

2)    

3)  

4)                             i=1,…,N

5)                              k=1,…,O


i = Index des möglichen Standortes der Ausgabestelle mit i   I (Menge der möglichen Standorte)

k = Index der Stadt mit k  K (Menge der Städte)

M = Anzahl an Ausgabestellen, die platziert werden sollen

N = Anzahl an möglichen Ausgabestellen

O = Anzahl der zu versorgenden Städte


Das Hauptziel, hier dargestellt durch Funktion (1), ist die Anzahl der versorgten Bevölkerung zu maximieren. Nebenbedingung (2) stellt sicher, dass Stadt k nur dann versorgt werden kann, wenn mindestens eine der Ausgabestellen auf einem der möglichen Standorte platziert ist, die innerhalb eines 20 km Radius von Stadt k liegen. Nebenbedingung (3) stellt sicher, dass maximal M Ausgabestellen platziert werden können.  

Ein Ansatz für die Lösung des Maximum Coverage Location Problems bietet die Verwendung von Optimierungssoftware, wie IBM ILOG CPLEX. Unter den nachfolgenden Link ist eine Einführung in die Optimierungssoftware zu finden: Einführung in Cplex.

Bei der Verwendung dieser Ansätze wird das Problem mithilfe einer Skript- oder Programmiersprache erstellt und dann eine mit dem Softwarepaket verbundene Solver-Bibliothek aufgerufen.  

Unter Anwendung dieses Programms können nun die optimalen Lösungen errechnet werden, abhängig von einer selbst festgelegten Anzahl an Ausgabestellen.

Ergebnisse[Bearbeiten]

In den vorherigen Kapiteln wurde die allgemeine Vorgehensweise bei der Erarbeitung eines Modells zur Optimierung und agentenbasierten Simulation für die Kapazitätsplanung im Katastrophenfall erklärt. Außerdem wurde das Modell mithilfe des Fallbeispiels der Dürre in Madagaskar konkretisiert. Das Beispiel soll nun im folgenden dazu dienen um die Aussagemöglichkeiten des Modells zu verdeutlichen. Im Zuge der Modellentwicklung wurden verschiedene Parameter erarbeitet, wodurch sich verschiedene Lösungen des Optimierungsproblems vergleichen lassen. Der zentrale Parameter ist dabei der Versorgungsanteil, welcher den versorgten Anteil der Bevölkerung beschreibt. Eine Person gilt so lange als versorgt, bis ihr das Informationszentrum kein Ausgabeort mit vorhandenem Wasservorrat im Radius von 20 km nennen kann. Ab diesem Moment gilt die Person als unversorgt. Mithilfe dieser Methodik lässt sich die Wahl von verschiedenen Ausgabeorten vergleichen. Ein weiterer Parameter stellt die durchschnittliche Distanz dar, welche bis zum nächsten Ausgabeort überbrückt werden muss. Da der Transport von Wasser körperlich anstrengend ist, werden niedrige durchschnittliche Distanzen präferiert. Eine Möglichkeit um die Parameter zu beeinflussen ist die Verwendung von verschiedenen Anzahlen an Ausgabeorte. Eine andere Möglichkeit ist die Einführung von Kapazitäten. In Abhängigkeit von der Wahl der Vorräte, kann die Nachfrage an den einzelnen Ausgabepunkten die Kapazität über- oder unterschreiten. Ist die Nachfrage höher als die Vorräte, so sinkt der Anteil der versorgten Bevölkerung. Somit besteht die Schwierigkeit darin die Kapazitäten so zu wählen dass an möglichst allen Ausgabeorten die Nachfrage die Kapazitäten unterschreitet, aber gleichzeitig auch möglichst wenig unbenutzte Wasservorräte übrig bleiben. Eine Möglichkeit zu Lösung des Problems besteht darin die Nachfrage an jedem einzelnen Ausgabeort zu messen und dann die Vorräte an die gemessene Nachfrage anzupassen. Da die Nachfrage nicht bei jedem Simulationsdurchlauf gleich ist, lassen sich sogenannte n-Quantile berechnen, welche besagen dass in n % der Fälle der Nachfragewert nicht überschritten wurde. Dabei steht n für einen Wert zwischen 0 und 100. Nun besteht eine Möglichkeit zur Bestimmung der Kapazitäten darin, sie auf verschiedene n-Quantile zu setzen und zu überprüfen wie sich die Versorgungsrate verändert.

Die Auswirkungen einer Kapazitätsbeschränkung auf den Versorgungsgrad ist auch in der nachfolgenden Abbildung zu erkennen:

Es ist ersichtlich, dass mithilfe von höheren Kapazitäten eine höhere Versorgung sichergestellt werden kann. Gleichzeitig kann aber, vor allem bei einem kurzen Versorgungszeitraum von beispielsweise einem Tag, auch bei niedrigeren Kapazitäten eine Versorgung eines hohen Bevölkerungsanteil sichergestellt werden.

Des weiteren gibt es auch noch weitere Faktoren welche die Versorgung und die durchschnittliche Distanz beeinflussen. Eine Möglichkeit besteht in dem Einsatz von Lieferungen. Dadurch werden die zu Beginn festgelegten Vorräte mit der Zeit immer wieder nachgefüllt, wodurch bei einer ausreichend großen Anzahl an Zuliefer:innen die Versorgung verbessert werden kann. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, die Ausgabeorte in Abhängigkeit von der Bevölkerungsverteilung dynamisch zu öffnen oder zu schließen. Dies sind nur zwei weitere Beispiele, welche verdeutlichen wie viele Möglichkeiten es bei der Umsetzung eines Modells zur Optimierung und agentenbasierten Simulation bei einer Kapazitätsplanung im Katastrophenfall gibt. Nichtsdestotrotz ist es beim Bau eines Modells für ein konkretes Beispiel wichtig die Realisierbarkeit der Faktoren zu beachten. So stellen Lieferant:innen in der Theorie ein zentrales Mittel zur Erhöhung des Versorgungsanteils dar. Im Fallbeispiel Madagaskar haben sie aber aufgrund von mangelnder Infrastruktur kaum Auswirkungen. Somit ist es wichtig die Simulation und die Optimierung fortlaufend mit Daten abzugleichen, damit die Aussagekraft der Programme gewährleistet ist.

Nachbearbeitung[Bearbeiten]

Das vorgestellte Modell zur Kapazitätsplanung im Katastrophenfall am Fallbeispiel der madagassischen Dürre, bietet die Möglichkeit durch Veränderungen des bestehenden Modells auch auf andere Problemfälle angewendet zu werden. Dabei lassen sich in allen drei der vorgestellten Modellteile Modifikationen vornehmen. Deswegen werden im Folgenden für jeden Schritt bei der Entwicklung des Modells beispielhafte Optionen zur Modelländerung erwähnt. Dies soll zum einen verdeutlichen, dass solche Modelle nicht als abgeschlossen angesehen werden sollen immer noch weiterentwickelt werden können. Zum anderen können die vorgestellten Modifikationen auch Ansätze für den Entwurf von Modellen für andere Fallbeispiele darstellen. Dabei ist zu beachten, dass eine Veränderung in einem Modellteil auch Auswirkungen auf die anderen Teile haben kann. Außerdem lassen sich manche Modifikationen nicht eindeutig einem Modellteil zuordnen.

Veränderung des Modells durch die Datenaufbereitung[Bearbeiten]

Eine Möglichkeit zur Veränderung des Modells mithilfe der Datenaufbereitung bietet die Verwendung von Informationen über das Straßennetz. Aufgrund einer mangelnden Datenlage war es nicht möglich, das Straßennetz der untersuchten Region in das Modell aufzunehmen. Stattdessen wurde die Distanz durch die Luftlinie, welche mit Wurzel zwei multipliziert wurde, approximiert. Bei Anwendung des Modells auf Regionen mit verfügbaren Daten über die Straßeninfrastruktur könnte es aber zu einer erhöhten Genauigkeit beitragen, wenn die tatsächliche Entfernung mithilfe des Straßennetzes berechnet werden würde. Mithilfe von Daten zur Straßeninfrastruktur könnten auch Straßenkapazitäten ermittelt werden, was eine noch genauere Lokalisierung von geeigneten Ausgabeorten ermöglichen würde. Ein weiterer Aspekt, welcher die Ergebnisse beeinflussen kann, ist die demographische Bevölkerungsstruktur in den einzelnen Regionen. Eine junge Bevölkerungsstruktur benötigt so etwa weniger Wasser und somit eine geringere Wasserversorgung, da Kinder und Jugendliche im Vergleich zu Erwachsenen über eine geringere Flüssigkeitsverbrauch verfügen. Somit bietet die genaue Analyse der demographischen Struktur eine weitere Möglichkeit, um die Ergebnisse und errechnete Kapazitäten zu konkretisieren.

Veränderung des Modells durch die Simulation[Bearbeiten]

Ein Ansatz für die Modifikation mit der agentenbasierten Simulation ist die Verringerung der Anzahl an Personen pro Objekt, im beschriebenen Modell stellt ein Objekt der Klasse Bevölkerung 2.000 Personen dar. Dadurch kann die Genauigkeit der Simulation weiter erhöht werden. Eine weitere Möglichkeit zur Modifikation der Simulation bietet der Entfall der Informationszentren. In einem Gebiet mit höherem Internetzugang können aber auch mobile Technologien wie Websites und Apps zur Weitergabe von Informationen über die einzelnen Ausgabeorte benutzt werden. Somit müssten die Personen nicht den Umweg über die Informationszentren bewältigen.

Veränderung des Modells durch die Optimierung[Bearbeiten]

Des Weiteren können bei der Wahl von möglichen Ausgabeorten auch noch Faktoren, welche sich aus der geographischen Lage ergeben, beachtet werden. Ein Beispiel hierfür, welches vor allem bei Anwendungen in Regionen mit einer besseren Infrastruktur verwendet werden kann, ist die Berücksichtigung der Entfernungen zwischen Ausgabeorten und Häfen sowie Flughäfen beim Aufstellen des Optimierungsproblems. Dadurch könnte der Einfluss von Lieferanten erhöht werden. Weiterhin können Daten über externe Faktoren wie etwa Grundwasserspiegel und durchschnittliche Niederschläge gesammelt werden. Dies ermöglicht zum einen Aussagen darüber, welche Wasserversorgungsanlagen an den jeweiligen Stellen verwendet werden können. Zum anderen könnte es dadurch, unter der Berücksichtigung der Beibehaltung der vollen Versorgungsrate, zu Repositionierung der Ausgabestellen kommen, um auf beispielsweise höhere natürliche Wasservorräte zurückzugreifen.