Projekt:Altes Dresden/Stadtteil/Räcknitz
Räcknitz
[Bearbeiten]Räcknitz entstand im Mittelalter als markgräfliches Herrengut und wurde 1305 erstmals als Rekenicz erwähnt. Der Ortsname stammt aus dem sorbischen und bedeutet “Leute eines Rakon”, vermutlich der Gründer der Siedlung. Besitzer dieses Gutes waren 1384 zu gleichen Teilen die Dresdner Bürger Ziegler und Münzmeister. Das Erbgut Räcknitz wurde gemeinsam mit dem früheren Vorwerk Auswik am heutigen Fritz-Förster-Platz 1467 vom Rat der Stadt Dresden erworben und an 38 Dresdner Bürger aufgeteilt, die fortan die Fluren bewirtschafteten. Das Herrengut selbst kam 1468 als Stadtzinsgut in bäuerlichen Besitz, wurde jedoch 1892 wieder von der Stadt zurück erworben. An dieses Gut, seit 1951 als Versuchsgut der Technischen Universität genutzt, erinnert noch die Stadtgutstraße.
Weitere Zeugnisse der engen Bindung des Ortes an die Stadt Dresden sind die noch erhaltenen Weichbildsteine, die ursprünglich das gesamte Stadtgebiet umgaben und neben dem Stadtwappen auch die Jahreszahl ihrer Aufstellung tragen. Weichbildsteine befinden sich in Räcknitz u. a. am Stadtgut, am Räcknitzer Marktweg, und an der Ecke Räcknitzhöhe/ Bergstraße. 1764 erhielt der Ort das Privileg der Zollfreiheit auf der Dresdner Brücke. Zu diesem Zeitpunkt lebten fünf Familien in Räcknitz. Kirchlich unterstand Räcknitz bis 1889 der Kreuzkirche, danach der Lukaskirche.
Zu den bedeutendsten Ereignissen der Ortsgeschichte gehört die Schlacht bei Dresden am 26./27. August 1813, die sich zum Großteil auf der Räcknitzhöhe abspielte. An dieses letzte große Gefecht der Napoleonischen Kriege vor der Völkerschlacht erinnert neben dem Moreaudenkmal ein Gedenkstein in Alträcknitz. Der Ort wurde durch die Kampfhandlungen fast völlig zerstört und im Anschluss wieder aufgebaut. Seit dem 1. Juli 1902 gehört Räcknitz als Stadtteil zu Dresden. Drei Jahre später wurde die Straßenbahnlinie auf der Bergstraße bis zum Räcknitzer Gasthof “Elysium” verlängert. Diese Linie wurde jedoch bereits vor Ende des Zweiten Weltkriegs wieder eingestellt. Die Gaststätte fiel 1945 mit weiteren Gebäuden im Dorfkern dem Luftangriff zum Opfer. An ihrer Stelle befindet sich heute ein Automarkt.
Foto: Der Räcknitzer Gasthof “Elysium” an der Bergstraße auf einer historischen Postkarte
Die bereits im Mittelalter wichtige Verbindungsstraße ins Erzgebirge, heute Bergstraße genannt, wurde nach 1840 zur Chaussee ausgebaut und berührte den früheren Dorfkern. 1847 entstand an der Kreuzung Bergstraße/ Südhöhe ein Einnehmerhaus zur Erhebung des Chausseegeldes. Später diente dieses Gebäude als Gaststätte, nach 1945 als Schulungsstätte und zuletzt als Verwaltungsgebäude der Technischen Universität. 1978 musste das historische Bauwerk dem Ausbau der Fernverkehrsstraße 170 weichen.
Im Zusammenhang mit dem Ausbau der Dresdner Wasserversorgung und dem Bau des Wasserwerkes in Tolkewitz wurde 1898 zwischen Räcknitz und Zschertnitz in 166 Metern ü. NN ein Hochbehälter angelegt. Zum Schutz dieser Anlage entstand in den Folgejahren ein Park, der heute als Volkspark Räcknitz bezeichnet wird. Nach 1900 wurde der alte Dorfkern um einige Mietshäuser an der Räcknitzhöhe, der Zeunerstraße (Foto) und der Bergstraße erweitert. Letztere waren Auftakt zu einem kleinen Villenviertel, welches bevorzugt von Professoren der nahegelegenen Technischen Hochschule bewohnt wurde. Weitere Siedlungshäuser folgten in den Zwanziger Jahren zwischen Haeckel- und Stadtgutstraße. Zum Ortsbild von Räcknitz gehören heute neben Einrichtungen der TU auch das nach 1980 angelegte Neubauviertel Räcknitzhöhe rund um die 1906 entstandene Bismarcksäule auf der früheren Franzenshöhe.
https://web.archive.org/web/20230205134725/http://dresdner-stadtteile.de/Sud/Racknitz/racknitz.html
Gedenksäule Räcknitz
[Bearbeiten]An die fast völlige Zerstörung des Dorfes Räcknitz während der Schlacht bei Dresden am 26./27. August 1813 erinnert eine Gedenksäule an der Einmündung Alträcknitz/ Bergstraße. Die Sandsteinsäule wurde von den Bewohnern des Ortes nach dem Wiederaufbau aufgestellt und 1994 restauriert. Die Tafel trägt folgende Inschrift:
Achtzehnhundertdreizehn
war für Räcknitz ein Schreckensjahr
Frankreichs, Rußlands rohe Krieger
hausten hier wie wilde Tiger
schändten, plünderten, verheerten
raubten, brannten und zerstörten
Scheunen, Keller, Hof und Haus
jagten die Bewohner naus
Väter, Mütter, Kinder, Greise
irrten hier im Feld herum
ohne Obdach, Kleid und Speise
weinten um ihr Eigenthum
Doch mein Leser dieser Stein
mag zur Ehre Gottes sein
Der half, weil wir ihm vertrauen
unser Dorf mit auferbauen
Foto: Der Räcknitzer Gedenkstein an der
Ecke Bergstraße/Alträcknitz
Volkspark Räcknitz
[Bearbeiten]Der zwischen Räcknitz und Zschertnitz gelegene Volkspark an der Räcknitzhöhe wurde 1898 aus Mitteln der König-Albert-Jubiläumsstiftung angelegt. Diese Stiftung war aus Anlass des 70. Geburtstags des Königs von der Stadt Dresden mit einem Kapital von zwei Millionen Mark zur Unterhaltung städtischer Grünanlagen gegründet worden. Die Parkanlage dient dem Schutz des 1897 hier erbauten Wasserhochbehälters des Wasserwerkes Tolkewitz. Ein zweiter Hochbehälter folgte 1905. Neben einem Wohnhaus für Angestellte der DREWAG an der Räcknitzhöhe entstanden zwei kleinere Gebäude (Schieberhäuser), in denen sich die Einstiege zu den Hochbehältern befinden. Auf deren Dach befindet sich eine Aussichtsplattform, von der sich ein weiter Rundblick über die Umgebung bietet. Leider sind diese einst durch eine Pergola verbundenen Türmchen derzeit nicht mehr öffentlich zugänglich (Foto). Außerdem wurden Teile des Parks nach dem Ersten Weltkrieg durch einen Zaun abgetrennt, um das Betriebsgelände der DREWAG zu schützen.
Das Gelände des Volksparkes Räcknitz wurde 1936 aus Anlaß der Reichsgartenschau in Dresden umgestaltet und erweitert. Gleichzeitig wurde ein neues Wegenetz mit Ruheplätzen geschaffen. Im Park sind einige seltene Gehölze zu finden, weshalb die gesamte Anlage unter Schutz steht. Bemerkenswert ist vor allem eine schlitzblättrige Roßkastanie als botanische Rarität (Naturdenkmal). Das früher vorhandene überdachte Tor am Haupteingang Stadtgutstraße wurde Ende der 1970er Jahre wegen Baufälligkeit abgetragen, Reste der Mauern sind noch erhalten. Der Park ist bis heute Erholungsgebiet der Bewohner der umliegenden Neubaugebiete Räcknitzhöhe und Zschertnitz. 2016 begann seine Sanierung nach historischem Vorbild, die künftig auch eine Einbeziehung großer Teile des Wasserwerksgeländes vorsieht.
Foto: Der Eingang Stadtgutstraße zum Volkspark Räcknitz
Bismarcksäule
[Bearbeiten]Die Idee zur Schaffung einer Bismarcksäule geht auf den 1890 gegründeten Dresdner Bismarck- Denkmalausschuss zurück. Zum gleichen Zeitpunkt entstanden ähnliche Vereinigungen in zahlreichen deutschen Städten, die in der Folge zum Bau von Bismarcktürmen und -säulen an verschiedenen Orten führten. Der Entwurf zur Dresdner Säule wurde nach einem Architektenwettbewerb erstmals auf der Dresdner Bauausstellung 1900 präsentiert. Nach Wahl des Standortes auf der Franzenshöhe in unmittelbarer Nähe des Moreaudenkmals begannen im März 1905 die Arbeiten, die im folgenden Jahr beendet wurden. Architekt der Bismarcksäule war der junge Baumeister Wilhelm Kreis. Sein Entwurf, der den Namen “Götterdämmerung” trug, wurde in leicht abgewandelter Form in zahlreichen deutschen Städten realisiert. Die Finanzierung der Dresdner Säule erfolgte zum Großteil durch Spenden der Bevölkerung. Am 22. Juni 1906 konnte das Monument feierlich eingeweiht werden. Der 35 Meter hohe wuchtige Turm wird von vier Säulen getragen, die die Stärke und Macht des früheren Reichskanzlers symbolisieren sollen. Als einziger plastischer Schmuck befindet sich an der Vorderseite der Reichsadler, der eine Schlange in seinen Krallen trägt. Um die Säule wurde ein heute nur noch teilweise vorhandener Vorplatz mit Treppenaufgängen angelegt.
Die Bismarcksäule, von deren Sockel sich ein weiter Ausblick über die Stadt bietet, war jedoch von Anfang an nicht als Aussichtsturm konzipiert. Auf der Turmplattform wurde eine Flammenschale angebracht, in der bei besonderen Anlässen Holz mit Hilfe von Gasöl entzündet werden konnte und deren Feuer dann weithin sichtbar leuchtete. Bis 1941 fanden aller zwei Jahre am Tag der Sommersonnenwende Bismarck-Gedenkfeiern an der Säule statt, die meist mit einem Fackelzug durch die Stadt kombiniert wurden. 1931 übernahm die NSDAP-Ortsgruppe die Ausrichtung dieser Feiern, die die Popularität des früheren Reichskanzlers Bismarck nun für ihre politischen Zwecke missbrauchte. In diesen Rahmen fällt auch die am 10. Mai 1933 zu Füßen der Bismarcksäule durchgeführte Bücherverbrennung von Werken fortschrittlicher Schriftsteller durch Studenten der Technischen Hochschule (Foto). Nach einem Aufruf der Studentenschaft der TH versammelten sich an diesem Abend Studenten, Professoren und Behördenvertreter im Studentenhaus an der Mommsenstraße und zogen anschließend in einem Fackelzug zur Bismarcksäule, wo u.a. Werke von Karl Marx, Heinrich Mann, Erich Kästner und Erich Maria Remarque den Flammen übergeben wurden.
Die Bismarcksäule überstand die Kriegsereignisse unbeschädigt und wurde am 1. September 1946 aus Anlaß des Weltfriedenstages in Friedenssäule umbenannt. Ein in den fünfziger Jahren vorgesehener Abriss des Monuments scheiterte an den hohen Kosten. Auch die im Zusammenhang mit dem Bau des Neubaugebietes Räcknitzhöhe erwogene Umwandlung zum Aussichtsturm kam nicht zu Stande. 1990 erhielt die Bismarcksäule per Stadtratsbeschluss wieder ihren ursprünglichen Namen zurück und gehört bis heute zu den Wahrzeichen der südlichen Stadtteile.
Im Februar 2004 entstand eine Initiativgruppe von TU-Studenten, die sich die Sanierung der Bismarcksäule zum Ziel setzte. Wenig später begann mit Hilfe von Sponsoren die komplette Sanierung des Turmes, welche mit der Eröffnung der Aussichtsplattform am 30. August 2008 abgeschlossen werden konnte. 2011 folgte die Einrichtung einer kleinen Ausstellung, in der nicht nur an die Geschichte des Bauwerkes, sondern auch an die Bücherverbrennung 1933 erinnert wird.
Blick von der Aussichtsplattform über das Elbtal in Richtung Nordosten