Projekt:Dresdner Glossar/Cottaer Friedhof
Geschichte des Friedhofes Cotta
Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts war die Gemeinde Cotta ein kleines unbedeutendes Dorf, das mit seinen Einwohnern nach Briesnitz eingepfarrt war. Die heutige Gottfried-Keller-Straße hieß damals noch Kirchstraße, allerdings sprach der Volksmund immer vom Leichenweg. Bei Schnee, Sturm und Regen zogen über diese Straße die Begräbnisgesellschaften nach dem Briesnitzer Friedhof, wo lange Zeit für fast 30 Gemeinden das kirchliche Zentrum stand. Dass viele von ihnen, so auch die Cottaer, den Wunsch nach einer eigenen Kirche hatten, versteht sich da von selbst.
Und sie sollten sie bekommen. Am 5. Mai 1895 wurde ein neues Fachwerkgebäude auf der Hebbelstraße als Interimskirche feierlich geweiht. Sie bot 600 Gemeindemitgliedern Platz. Danach war es nur noch ein kleiner Schritt bis zum Aufbau einer eigenen Parochie, zu der natürlich auch ein eigener Friedhof gehören sollte. Der damalige Gemeindevorsteher Grahl, schrieb am 17. August 1895, an das hohe Königliche Finanzamt: „In der ganzen Flur Cotta ist aber ein Platz für eine Begräbnisstätte nicht zu beschaffen, einmal, weil alles Land in den Händen der Bauspeculation sich befindet und dann, weil der Boden infolge seines harten felsigen Untergrundes sich überhaupt nicht zur Ausschachtung von Gräbern eignet. Als passender Platz für die Anlegung eines Gottesackers erscheint dagegen das zum Kammergut Gorbitz gehörige, auf Wölfnitzer Flur, zwischen den Parzellen 256 und 254d des Flurbuches für Cotta gelegene und zwei Hektar umfassende Areals. Der ehrerbietigste Unterzeichnete gestattet sich deshalb die gehorsamste Anfrage, ob und unter welchen Bedingungen das oben bezeichnete Areal von der Gemeinde Cotta käuflich erworben werden könnte. …“ Um sicher zu gehen, den richtigen Platz für den Friedhof zu finden, führte der Gemeindevorsteher noch weitere Gespräche, so auch über den Ankauf von 44 750 Quadratmetern auf Leutewitzer und Burgstädtler Flur. Als Cotta dann 1896 seinen eigenen Kirchenvorstand bekam, begann dessen Friedhofsausschuss sofort mit der Arbeit. Die Männer der „ersten Stunde“ waren der Weinbergsbesitzer Ernst Pietzsch, Fabrikant Hermann Zimmer und Betriebssekretär Hermann Lippold. Der Gärtner Arthur Zeibig bekam den Zuschlag als Totenbettmeister. Sein Grab, wie auch das von Hermann Lippold, sind heute noch bei den Erbbegräbnisstätten an der Mauer des Cottaer Friedhofs zu finden. Angelegt wurde der Gottesacker auf eben jenem Flurstück, um das der Gemeindevorsteher Grahl weitblickend schon länger gekämpft hatte. Für fast 50 000 Mark kaufte die Gemeinde die Länderein auf der Leutewitzer und Burgstädtler Flur. Ein Kunstgärtner Heinze übernahm die Gestaltung und Bepflanzung der Anlage. Von den von ihm gepflanzten Bäumen, sie wären heute fast 120 Jahre alt, sind nur noch wenige erhalten. Gegenwärtig werden an den Hauptwegen Linden gepflanzt, so dass die sich kreuzenden Alleen, die Kunstgärtner Heinze anlegte, wieder gut erkennbar werden. Neben dem Gärtner war Baumeister Mähler an der Friedhofsgestaltung beteiligt. Er baute - nach Plänen von Walter Weichard – die Parentationshalle. Die umfangreichen Straßen- und Erdarbeiten brachten dem Straßenbauunternehmen Mros aus Löbtau einen guten Auftrag ein. Der Bau des Totenbettmeisterhäuschens wurde der Firma von Hermann Speck übertragen, dessen letzte Ruhestätte ganz in der Nähe dieses Hauses zu finden ist. Um alle Arbeiten bezahlen zu können, nahm die Gemeinde eine Anleihe von 110 000 Mark beim Landwirtschaftlichen Kreditverein in Dresden auf. Am Neujahrstage 1897 vollzog Pfarrer Schmidt die feierliche Einweihung der Parentationshalle und des Friedhofes. Für diesen Anlass hatte der neugebackene Kantor Hultsch extra das Lied „Am Hügel draußen nach Abend zu“ komponiert. Schon damals kannte man verzögerte Fertigstellungstermine. So konnte zur Einweihung die Halle nur im Rohbau präsentiert werden. Ein bisschen entschädigte, dass die farbigen Fenster der Firma Urban aus Dresden Friedrichstadt schon bewundert werden konnten. Sie zeigten den auferstandenen Heiland und Sprüche aus der Bibel. Fenster, Kruzifix und anderer Schmuck der Halle wurde von Cottaer Vereinen und kirchlich gesinnten Personen der Gemeinde gestiftet. Am Tag der Weihe gab es schon die erste Beisetzung. Beerdigt wurde ein Kind mit Namen Franz Willi Erhardt.
Im Mai 1897 präsentierte sich der Friedhof dann in seiner vollen Schönheit. Im „Löbtauer Anzeiger“ stand: „…Wie würdig präsentiert sich gleich das Eingangsthor mit den beiden kleinen Thüren rechts und links. Weithin leuchten die Strahlen der vergoldeten Sonnen, die die beiden Thorflügel wie auch die Seitenthüren schmücken…. Das Hauptthor enthält außerdem noch an Sinnbildern das Monogramm Christi und die verschlungenen Anfangs- und Endbuchstaben des griechischen Alphabets (A und O), beide auf den Anfänger und Vollender unseres Glaubens hinweisend…. An der Mauer neben dem Thor erblickt man allerlei zum Theil blühende Ziersträucher und Zierbäume, z. B. auf jeder Seite 3 prächtige Trauerakazien…. Am Rande aller breiteren Wege zieht sich eine schnurgerade Linie ansehnlicher Ahornbäume hin, im ganzen nicht weniger als 160 Stück. …“
Die zwei furchtbaren Weltkriege veränderten das Bild auch des Cottaer Gottesackers. Die an der Innenseite eines Torpfeilers aufgehängte Glocke wurde vermutlich schon im ersten Weltkrieg für die Herstellung von Geschossen eingeschmolzen. Auch der Zweite Weltkrieg forderte von der Gemeinde sein Tribut. Wieder wurden die Kirchenglocken konfisziert, nur die Kleine, die Friedensglocke, wurde gerettet. Sie befindet sich heute auf dem Dach der Parentationshalle. Sie war 1945 das letzte Geläut für viele Tote nach den Angriffen auf Dresden. Die oft namenlos Beigesetzten erhielten im Jahre 1992 endlich durch die Kriegsgräberfürsorge eigene, einheitliche Grabsteine.
Mit den Jahren gerieten viele Cottaer Persönlichkeiten in Vergessenheit. An das Grab vom letzten Gemeindevorsteher Max Grahl und dem ersten, sehr beliebten Schuldirektor Otto Hörig, erinnern noch Gedenksteine. Das Grab des ersten Bauinspektors Cotta, Bernhard Seitz, der auch großen Einfluss auf die Gestaltung des Cottaer Rathauses hatte, befindet sich am oberen Ende der Friedhofsmauer. Unweit davon liegt auch der Baumeister Korb. Er war maßgeblich am Bau der Heilandskirche beteiligt. In der Abteilung VI befindet sich das Grab der berühmten und beliebten Sopranistin Elfriede Trötschel, von der im Juni 1958 hunderte Dresdner Abschied nahmen. Nicht weit davon, in der Abteilung VII, ist der unvergessene und langjährige Pfarrer der Heilandskirche Ekkehart Zieglschmid beigesetzt. Gleich nebenan befindet sich das Grab vom Arzt Dr. Johannes Wolf, dessen Familie über viele Jahrzehnte in Cotta praktizierte. Etwas weiter südlich, am Andachtsplatz, ruhen die beiden Pfarrer Heinz Kühne und Karl Richter. Über die Zeit hat sich auf dem Friedhof viel verändert. Wobei heute wieder mehr auf die Tradition geachtet wird. Jetzt gibt es für den Friedhof eine eigene Gehölzkonzeption. So wurde die ehemalige Abgrenzung des Vorplatzes aus Wachholdern und Latschenkiefern durch eine Reihe alter Fliedersorten ersetzt. Stück für Stück sollen die Lücken bei Bäumen und Sträuchern geschlossen werden. Die alte Zeit, in welcher der Friedhof fernab allen Trubels vor den Toren des Dorfes lag, ist allerdings für immer vorbei. Zwei stark befahrene Straßen tangieren heute die schöne Anlage. Trotzdem ist der Friedhof ein Ort, an dem man Ruhe, Geborgenheit und Trost finden kann. Ein Ort, der uns zum Verweilen und Erinnern einlädt, ein Ort mit gepflegten Gräbern, Bäumen und bunten Blumen, eine würdige Ruhestätte, für die von uns gegangenen.
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