Projekt:Dresdner Glossar/Hatheburg von Merseburg
Genealogie
[Bearbeiten]Hatheburg von Merseburg
ca 876-21.6. nach 909
Tochter des "senior" Erwin von Merseburg und der Hiltigard
Adels- und Königsfamilien im Spiegel ihrer Memorialüberlieferung
[Bearbeiten]Althoff Gerd: Seite 350
"Adels- und Königsfamilien im Spiegel ihrer Memorialüberlieferung"
A 40
Me: 21.6. Hadeburc abb
Durch die starke Verblassung des Eintrags ist heute nicht mehr zu entscheiden, ob er der Ergänzungsschicht angehört.
Die Identifizierung ist bisher nicht gelungen. Auch in der Abschrift eines ottonischen Familiennecrologs im Verbrüderungsbuch von St. Gallen begegnet vielleicht diese Äbtissin; vgl. Althoff, Unerkannte Zeugnisse vom Totengedenken der Liudolfinger Seite 402.
Es sei angesichts des durchaus nicht häufigen Namens (vgl. auch Schlaug, Die altsächsischen Personennamen, S. 100) an die erste Gemahlin HEINRICHS I. erinnert, die vor der Eheschließung schon den Schleier genommen hatte und daher wohl auch nach der Trennung wieder in eine geistliche Frauengemeinschaft eingetreten sein wird. Die gleiche Vermutung äußerte auch schon Eckhardt, Genealogische Funde Seite 15.
Europäische Stammtafeln Neue Folge
[Bearbeiten]Schwennicke Detlev: Tafel 10
"Europäische Stammtafeln Neue Folge Band I. 1"
HEINRICH I.
- 876, + Memleben 2. VII 936
I oo 906 HATHEBURG getrennt 909 + Witwe von N.N.; Tochter von Erwin senior
Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte
[Bearbeiten]Thiele, Andreas: Tafel 11
"Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band I,
Teilband 1"
HEINRICH I. "DER VOGLER"
- um 876, + 936
906-909 oo HATHEBURG VON MERSEBURG
+
Tochter und Erbin des Grafen Erwin
Heinrich von Sachsen heiratete die Witwe Hatheburg, die im Raum Merseburg reich begütert war. Obwohl aus dieser Ehe ein Sohn hervorging, wurde die Ehe später geschieden, weil Heinrich die IMMEDINGERIN Mathilde wegen ihrer Jugendlichkeit und vielleicht wegen ihres noch reicheren Erbes der Hatheburg vorzog. Heirats- und Erbgut der Hatheburg gab Heinrich nicht mehr heraus.
Kaiserin Agnes (1043-1077) Quellenkritische Studien
[Bearbeiten]Black-Veldtrup Mechthild: Seite 160-162
"Kaiserin Agnes (1043-1077) Quellenkritische Studien."
Thietmar schreibt zum Beispiel, dass der spätere König HEINRICH I. zur Ehe mit Hatheburg, der Tochter Graf Erwins von Merseburg, ob huius pulchritudinem et hereditatis divitiarumque utilitatem bewogen worden sei [Dabei handelte es sich um die Hälfte von Merseburg, dessen andere Hälfte ihr Vater behielt.]. Was der Herzogs-Sohn Heinrich im Jahre 906 Gräfin Hatheburg als Dotalgut geschenkt hat, wissen wir nicht, es muß aber dem Wert ihres Heiratsgutes, nämlich einer Hälfte Merseburgs ungefähr entsprochen haben.
Die Ottonen. Königsherrschaft ohne Staat
[Bearbeiten]Althoff Gerd: Seite 23
"Die Ottonen. Königsherrschaft ohne Staat."
In die Lebenszeit Ottos des Erlauchten fällt auch ein Ereignis, das für die weitere liudolfingische Geschichte bedeutungsvoll werden sollte. Sein jüngerer Sohn HEINRICH, der sein Nachfolger wurde, heiratet im Jahre 909 in zweiter Ehe Mathilde, eine Nachfahrin des Sachsen-Herzogs Widukind. Zunächst hatte er Hatheburg, die Erbtochter eines um Merseburg begüterten sächsischen Grafen, geehelicht und so die liudolfingischen Besitzungen in ihren Kernlanden vermehrt.
Nach Protesten des Bischofs von Halberstadt, der einwandte, daß diese Hatheburg nach einer ersten Ehe bereits Nonne geworden war, schickte HEINRICH seine Gemahlin ins Kloster zurück, obgleich er mit ihr bereits einen Sohn Thankmar hatte. Ihr reiches Erbe behielt er dagegen.
Reges pueri. Das Königtum Minderjähriger im frühen Mittelalter
[Bearbeiten]Offergeld Thilo: Seite 571,650
"Reges pueri. Das Königtum Minderjähriger im frühen Mittelalter."
Nach dem vollständigen Sieg der KONRADINER über die BABENBERGER war Zurückhaltung auf liudolfingischer Seite erst recht angeraten.
Zwar sahen die LIUDOLFINGER sich gezwungen, vorerst ihre thüringischen und hessischen Pläne zurückzunehmen; in diesen Kontext dürfte auch der Verzicht Ottos auf die Hersfelder Abtswürde gehören.
Doch konzentrierten sich im Ausgleich dazu die liudolfingischen Interessen nun offenbar stärker auf sächsische Bereiche:
- Ottos Sohn HEINRICH trennte sich 909 von seiner ersten Frau Hatheburg, freilich unter Einbehalt ihrer thüringischen Güter, und ging eine neue Eheverbindung mit der IMMERDINGERIN Mathilde ein.
[5 Thankmar, der älteste Sohn HEINRICHS, stammte aus dessen mittlerweile aufgelöster und im nachhinein als illegitim betrachteter Verbindung mit Hatheburg; er war insofern mit einer im rechtlichen, vor allem aber, als 'Resultat' einer nachträglich revidierten Bündnisentscheidung des Königs [?], mit einem Makel behaftet und deshalb in der Thronfolge entschieden benachteiligt.]
1. oo N.N.
-
900/07
2. oo 1. Heinrich Herzog von Sachsen 876-2.7.936
Kinder:
2. Ehe
Thankmar ca 900/05-28.7.936
Literatur:
[Bearbeiten]Althoff Gerd: Adels- und Königsfamilien im Spiegel ihrer Memorialüberlieferung. Studien zum Totengedenken der Billunger und Ottonen. Wilhelm Fink Verlag München 1984, Seite 350 A 40 - Althoff Gerd: Die Ottonen. Königsherrschaft ohne Staat. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000 Seite 23,56,80 - Beumann, Helmut: Die Ottonen. Verlag W. Kohlhammer Stuttgart Berlin Köln, Seite 26,42 - Black-Veldtrup Mechthild: Kaiserin Agnes (1043-1077) Quellenkritische Studien. Böhlau Verlag Köln Weimar Wien 1995 Seite 160-162 - Diwald Helmut: Heinrich der Erste. Die Gründung des Deutschen Reiches. Gustav Lübbe Verlag GmbH, Bergisch Gladbach 1987 - Dümmler Ernst: Geschichte des Ostfränkischen Reiches. Verlag von Duncker und Humblot Berlin 1865 Seite 550,581 - Glocker Winfrid: Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik. Böhlau Verlag Köln Wien 1989 Seite 7,9,16,46,58,62,263,268,270,352 - Hlawitschka Eduard: Untersuchungen zu den Thronwechseln der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts und zur Adelsgeschichte Süddeutschlands. Zugleich klärende Forschungen um „Kuno von Öhningen“, Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1987, Seite 26,95,116 - Holtzmann Robert: Geschichte der sächsischen Kaiserzeit. Deutscher Taschenbuch Verlag München 1971 Seite 71,92,104,114 - Keller, Hagen: Die Ottonen. Verlag C.H. Beck München 2001 Seite 24,26 - Köpke, Rudolf/Dümmler Ernst: Kaiser Otto der Große, Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1962 Seite 15,69 - Laudage, Johannes: Otto der Große. Eine Biographie. Verlag Friedrich Pustet Regensburg 2001 Seite 36,67,82,85,113,124 - Ludat, Herbert: An Elbe und Oder um das Jahr 1000. Skizzen zur Politik des Ottonenreiches und der slavischen Mächte in Mitteleuropa, Böhlau Verlag Weimar 1995 Seite 117 Anm. 144 - Lüdtke Franz: König Heinrich I. Hermann Reinshagen Verlag Berlin 1936 - Offergeld Thilo: Reges pueri. Das Königtum Minderjähriger im frühen Mittelalter. Hahnsche Buchhandlung Hannover 2001 Seite 571,650 - Plischke, Jörg: Die Heiratspolitik der Liudolfinger, Inaugural-Dissertation Universität Greifswald 1909 - Schnith Karl: Frauen des Mittelalters in Lebensbildern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1997 Seite 16 - Schulze Hans K.: Das Reich und die Deutschen. Hegemoniales Kaisertum. Ottonen und Salier. Siedler Verlag, Seite 137-139,167,178 - Schwennicke Detlev: Europäische Stammtafeln Neue Folge Band I. 1, Vittorio Klostermann GmbH Frankfurt am Main 1998 Tafel 10 - Thiele, Andreas: Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band I, Teilband 1, R. G. Fischer Verlag Frankfurt/Main 1993 Tafel 11 - Thietmar von Merseburg: Chronik Wissenschaftliche Buchgemeinschaft Darmstadt 1992 Seite 34 - Waitz, Georg: Jahrbücher des Deutschen Reiches unter König Heinrich I., Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1963 Seite 15,208 - Wies Ernst W.: Otto der Große. Kämpfer und Beter. Bechtle Verlag Esslingen 1989 Seite 92 -
Heinrich der Erste (Diwald)
[Bearbeiten]Diwald Hellmut: Seite 132-144
"Heinrich der Erste"
LIEBESHEIRAT MIT HATHEBURG
[Bearbeiten]Das Jahr 906 brachte auch in Heinrichs persönliches Leben eine Zäsur. Während Widukind Heinrichs erste Ehe mit keinem Wort erwähnt, berichtet Thietmar von Merseburg:
- "Heinrich erhielt Kunde von einer Dame namens Hatheburg, entbrannte mit dem ganzen Feuer der Jugend in Liebe zu ihr und war bemüht, sich mit ihr zu verbinden. Sie war eine Tochter des älteren Grafen Erwin im Hassegau, der den größten Teil der Merseburger Altenburg besaß. Da er keinen Sohn hatte, fiel bei seinem Tod das Erbe an seine beiden Töchter. Heinrich sandte wegen der Schönheit Hatheburgs und wegen des reichen Erbes eilig seine Werber zu ihr, versprach ihr Treue und bat um ihre Hand, obgleich er wußte, dass sie Witwe war und den Schleier genommen hatte. Schließlich ließ sie sich nach vielen Bitten und Ratschlägen zum Nachgeben bewegen, folgte den Boten Heinrichs, wurde ehrenvoll empfangen und von Heinrichs Angehörigen, wie es sich ziemte, voller Liebe aufgenommen. Nachdem die Vermählung dem Brauch gemäß stattgefunden hatte, begab sich der Gatte mit seiner Gemahlin nach Merseburg. Da er ein Mann von hohem Rang war, lud Heinrich sämtliche Herren der Umgebung zu sich und nahm sie durch sein gewinnendes Wesen so für sich ein, daß sie ihn als Freund liebten und als Herren verehrten."
Abgesehen von der Leidenschaft, die Heinrich erfaßt und die den Ausschlag für seine Werbung gegeben hatte, war die Heirat auch eine hochpolitische Angelegenheit. Hatheburgs reiche Erbschaft, die "Alte Burg" samt den dazugehörigen Merseburger Territorien im Saalebogen, wäre der Kirche als Besitz zugefallen, wenn Hatheburg ihren Entschluß, ins Kloster zu gehen, nicht revidiert hätte. Ob dieser Entschluß tatsächlich feststand, wissen wir nicht. Es ist also nicht zu klären, ob Hatheburg schon die Klostergelübde abgelegt hatte oder ob dies noch nicht der Fall war. Die Vermutung spricht dafür, denn sie, die junge Frau, war verwitwet und trug den Nonnenschleier; dieser Schleier war das äußerste Zeichen dafür, daß die Trägerin ihr weiteres Leben in Ehelosigkeit zuzubringen gedachte und sich auch ausdrücklich dazu verpflichtet hatte. Mit hoher Wahrscheinlichkeit allerdings war die Kirche selbst kräftig tätig gewesen, um die junge Witwe zu überreden, den Schleier zu nehmen. Thüringen, und damit Merseburg, gehörten zu der Diözese Mainz.
KONFLIKT MIT DER KIRCHE
[Bearbeiten]Die machtpolitischen Verhältnisse bestimmten Herzog Otto dazu, sich mit der Heirat Heinrichs und Hatheburgs einverstanden zu erklären, ja, sie mit Genugtuung zu billigen. Ein militärischer Kampf um Merseburg wäre nicht möglich gewesen. Herzog Otto waren als Hüter des Landfriedens die Hände gebunden.
Im gleichen Jahr 906 waren auch die BABENBERGER den KONRADINERN beim Kampf um die Macht in Franken endgültig unterlegen. So hingen also davon, ob Hatheburg dem Werben Heinrichs folgte oder an ihrem Entschluß festhielt, Nonne zu werden, erhebliche politische Gewichtsveränderungen ab.
Ob diese Rücksichten bei dem Jawort Hatheburgs eine Rolle spielten, wissen wir nicht. Die Wahrscheinlichkeit ist gering. Im Vordergrund steht zum einen, daß Heinrich sehr stürmisch und drängend um die schöne Witwe geworben hat. Es schien ihm auf jeden Tag angekommen zu sein. Das war ungewöhnlich, und dieser Eindruck wird noch bestätigt durch die Schnelligkeit, mit der die Hochzeit begangen wurde. Daß eine vornehme, begüterte Dame ihren Entschluß korrigierte und dem Kloster den Rücken kehrte, war in der damaligen Zeit ein spektäkulärer Schritt. Ob sie bereits alle Nonnengelübde abgelegt hatte oder nicht, spielt dabei keine Rolle; allein durch die Tatsache, daß sie den Schleier trug, hatte sie ja auf das Recht verzichtet, sich ein zweites Mal zu verheiraten. Maßgebend für das Jawort, das sie Heinrich gab, dürfte zum einen gewesen sein, daß sie nicht aus völlig freiem Entschluß, nur von sich aus, den Schleier genommen hatte; zum anderen dürfte die Wirkung den Ausschlag gegeben haben, den die Persönlichkeit Heinrichs auf sie machte. Heinrichs Eifer, mit dem er auf die Hochzeit drang, ist schließlich auch deshalb bemerkenswert, weil er wußte, daß er und seine Braut gegen Vorschriften der Kirche verstießen. Hatheburg hätte vor ihrer Eheschließung einen kirchlichen Dispens erwirken müssen. Ob dies ohne Schwierigkeiten zu erreichen war oder nicht: Jedenfalls wäre trotz der hohen Stellung Heinrichs bis zur Ausstellung einer solchen Genehmigung erhebliche Zeit vergangen. Offensichtlich dachte Heinrich aber nicht daran, unnütze Zeit zu verlieren. Ob sich darin eine gewisse Überheblichkeit gegenüber dem Klerus ausdrückte, ist schwer zu entscheiden.
Immerhin war in diesen Jahren nicht daran zu zweifeln, dass Heinrich der Nachfolger seines Vaters und damit Sachsen-Herzog werden würde, und in dieser Stellung wäre es zumindest mehr als unklug gewesen, sich ohne Not über die Bestimmungen der Kirche hinwegzusetzen.
Heinrich war zu klug, als daß ihn Leichtfertigkeit dazu verführt haben könnte, Hatheburg ohne Rücksicht auf die Meinung der hohen Geistlichkeit zu heiraten, sein Drängen hatte unstreitig absolut persönliche Motive. Sie allein waren für ihn maßgebend. Wenn er dabei den Unmut der Kirche, ja selbst einen schweren Konflikt mit ihr in Kauf nahm, dann entsprang das weder seiner Leichtfertigkeit noch einer ignoranten Überheblichkeit, sondern es handelte sich um eine bewußte Herausforderung, ja geradezu um eine herrische Anmaßung. Heinrich konnte sich dabei der Unterstützung seines Vaters sicher sein.
So war die unbeirrbare Eigensinnigkeit, mit der Heinrich die Ehe mit Hatheburg erzwang, keineswegs nur der Ausdruck eines rein privaten Willens. Er wußte, welche Gegner er damit herausforderte.
Heinrichs erste Ehe steht im Zeichen eines Widersacherverhältnisses mit der Kirche, das viele Jahre die Herrschaft des Sachsen-Fürsten und ersten deutschen Königs prägt, das auch seiner Krönung einen besonderen Aspekt verleihen wird, und das sich erst verhältnismäßig spät merklich entspannt und in eine ausgeglichene Beziehung verwandelt.
DIE TRENNUNG
[Bearbeiten]Wie stark die kirchlichen Interessen durch diese Ehe getroffen waren, zeigte sich bei dem Nachspiel. Von den Reaktionen Erzbischof Hattos ist nichts aktenkundig.
Wohl aber erhob der für O-Sachsen zuständige Bischof Siegmund von Halberstadt, der dem Mainzer Erzbischof unterstellt war, scharfen Protest - unstreitig mit Wissen des Erzbischofs, wenn nicht in seinem Auftrag. Bischof Siegmund wies darauf hin, daß die Ehe rechtswidrig vollzogen worden sei, weil die Kirche weder darum gebeten wurde, die verpflichtenden Bindungen Hatheburgs zu lösen, noch den Dispens erteilt hatte. Da sie also entsprechend dem Kirchenrecht noch immer bestünden, untersagte der Bischof kraft seiner Banngewalt apostolischer Bevollmächtigung Heinrich und Hatheburg strikt die eheliche Gemeinschaft, drohte bei Widersetzlichkeit, also bei Fortführung des verwerflichen Konkubinats, mit dem Kirchenbann und zitierte die beiden Sünder vor eine Synode, die er einberief, um sie dort vor ein kirchliches Gericht zu stellen und sie aburteilen zulassen.
Da ein ernsthafter Zwist mit dem Haus und der Familie des Herzogs bei der prekären inneren Lage O-Frankens nicht im Sinne der Kirche und ihrer Pläne sein konnte, blieb es offensichtlich nur bei der bloßen Androhung Bischof Siegmunds.
Erzbischof Hatto und Herzog Otto von Sachsen legten die Angelegenheit auf friedliche Weise bei. Am 5. Oktober 908 wurde in Trebur eine Urkunde ausgestellt, in der dem Kloster Hersfeld - es lag in einer Grafschaft Herzog Konrads, Herzog Otto stand ihm aber als Laienabt vor - nach dem Tod Ottos von Sachsen oder, falls der Herzog "früher willens sei, auf die Würde des Abtes zu resignieren", die freie Abtswahl zugesichert und jeder Einspruch von seiten der LIUDOLFINGER untersagt wird. Veranlaßt wurde diese Urkunde durch Otto von Sachsen - ein Entgegenkommen, das sich in keiner Weise mit dem gewohnten Bild der entschlossenen Expansionspolitik verträgt, die Otto von Sachsen so erfolgreich vertrieben hatte. Unstreitig handelt es sich bei der Urkunde des Jahres 908 um eine Kompensation dafür, daß die Geistlichkeit die Legitimität der Ehe Heinrichs mit Hatheburg nicht mehr bestritt. Die Kirche verzichtete damit auch auf alle ihre Ansprüche auf das Erbe des Markgrafen Erwin vom Hassegau.
Hatheburg bringt einen Sohn zur Welt, er wird auf den Namen Thankmar getauft, also nach dem ältesten Bruder Heinrichs benannt; als Kind wird er Tanno gerufen. Thankmar ist ein vollberechtigtes Mitglied des sächsischen Fürstenhauses; das ist schon daran zu erkennen, daß er einen liudolfingischen Familiennamen erhält. Zwei Jahre später beschließen die Ehegatten, sich zu trennen. Hatheburg geht endgültig ins Kloster. Thankmar wächst am Hof seines Vaters auf, wird dort erzogen, gerät im Jahr 938 mit seinem Halbbruder OTTO, dem Nachfolger HEINRICHS I. als König, in heftige Auseinandersetzungen wegen der von ihm geltend gemachten Ansprüche und wird ohne Schuld OTTOS I. am 28. Juli 938 getötet.
Die Umstände der Heirat Heinrichs und Hatheburgs waren höchst ungewöhnlich. Um so auffälliger ist, daß von den Gründen der Trennung kein Wort aktenkundig ist. Am meisten spricht dafür, dass Heinrich zu der Trennung gezwungen wurde, dass er darunter litt und man ihn zu seiner zweiten, fast hektisch rasch geschlossenen Ehe mit Mathilde nötigen mußte. Seine Fürsorglichkeit, mit der er noch viele Jahre später Merseburg betreute, hängt nicht unwesentlich mit seiner Erinnerung an Hatheburg zusammen.
MERSEBURG
[Bearbeiten]Sieht man von Thietmar ab, so hatte die Heirat mit Hatheburg als bleibende Folge, dass unbeschadet der späteren Trennung der Ehegatten das Erbe Hatheburgs in Heinrichs Besitz verblieb: das Merseburger Gebiet mit den reichen Gütern im Hassegau (Hochseegau) und dem Zentrum der Hochseeburg an den Mansfelder Seen und im Friesenland zwischen Harz, Saale und Unstrut. Mit diesen Ländereien am unteren Ende der versumpften Elsterniederung, die besonders lange unwegsam war, hatte sich die Hausmacht der LIUDOLFINGER bis zur Ostgrenze Sachsens vorgeschoben, und zwar in einer Zone, die seit Menschengedenken unruhig und besonders gefährdet war. Um den Kern der "Alten Burg", die auf einem langgestreckten Felsrücken lag, der von Nord nach Süd verläuft, ließ Heinrich später die Stadt Merseburg anlegen.
Lemma
[Bearbeiten]Hatheburg, urkundlich auch Hatheburch genannt, (* 876 in Altenburg (Vorstadt), dem ältesten Stadtteil von Merseburg[1]; † an einem 21. Juni nach 909) war die erste Frau des späteren ostfränkischen Königs Heinrich I. und nach der Scheidung von ihm Äbtissin eines Klosters.
Herkunft
[Bearbeiten]Hatheburg war die Tochter des im Hassegau und im Gau Friesenfeld reich begüterten Erwin von Merseburg. Dessen Ehefrau hatte eine Schwester Hildegard, die Gemahlin Thietmars, Erzieher und Ratgeber Heinrichs I. Nach dem Tod Erwins war Thietmar der nächste männliche Familienangehörige Hatheburgs.
Leben
[Bearbeiten]Hatheburg heiratete um 890 ein erstes Mal einen in den Quellen nicht benannten Mann, verwitwete allerdings bald und trat in ein Nonnenkloster ein.
Als Erbin der Hälfte des für damalige Verhältnisse recht großen Besitzes ihres Vaters wurde sie für die Expansionspolitik der Liudolfinger interessant, die ihren Einflussbereich möglichst weit nach Osten auszudehnen suchten. Auch Thietmar könnte ein Interesse daran gehabt haben, die Besitzungen Hatheburgs für sich und seine Familie nutzbar zu machen. Jedenfalls warb sein Schützling, der spätere König Heinrich, bei der Rückkehr von einem erfolglosen Feldzug gegen die Daleminzier (spätestens im Frühjahr 906) um die Witwe, welche diese Gelegenheit nutzte, sich vom Schleier wieder zu trennen.
Durch die Heirat kam Heinrich in den Besitz der wichtigen, ganz im Osten des damaligen fränkischen Reiches gelegenen ehemaligen Erwinschen Güter. Die Reaktion der Kirche ließ nicht lange auf sich warten. Bischof Sigimund von Halberstadt bezeichnete die Ehe als rechtswidrig vollzogen. Die Kirche sei weder darum gebeten worden, die Nonnengelübde Hatheburgs zu lösen, noch den Dispens davon zu erteilen. Aus diesem Grunde untersagte der Bischof Heinrich und Hatheburg die eheliche Gemeinschaft und drohte bei deren Fortführung mit dem Kirchenbann. Hintergrund war, auf diese Art und Weise doch noch an die reichen Güter der ehemaligen Nonne zu gelangen.
In dieser Situation brachte Hatheburg vermutlich noch 906 einen Sohn Thankmar (nach dem Bruder Heinrichs benannt) zur Welt.
Am 5. Oktober 908 wurde in Trebur das Kompensationsgeschäft über die Güter der Hatheburg zwischen Heinrichs Vater Otto dem Erlauchten und dem für Merseburg zuständigen Erzbischof Hatto I. beurkundet. Herzog Otto verzichtete hierbei darauf, seine Funktion als Laienabt des wichtigen Klosters Hersfeld weiter zu vererben. Die Kirche bestritt dafür im Gegenzug nicht mehr die Legitimität der Ehe von Heinrich und Hatheburg, was einen Verzicht auf Erwins Güter bedeutete. Vermutlich wurde aber auch die stillschweigende Trennung von Heinrich und Hatheburg beschlossen, denn schon 909 musste Hatheburg erneut den Schleier nehmen – diesmal als Äbtissin. Dennoch verblieben ihre Güter bei den Liudolfingern. Heinrich verheiratete sich mit der damals etwa 14-jährigen Immedingerin Mathilde, einer Tochter des Grafen Dietrich, der von Widukind abstammen soll. Mathilde wurde im Kloster Herford erzogen. Ihre gleichnamige Großmutter war dort Äbtissin, welche auch die Erlaubnis zu dieser Ehe gab. Somit erhielten die Liudolfinger diesmal den nötigen Dispens für ihre expansiven Heiratspläne, welche sich nun dem Westen des Herzogtums Sachsens zuwandten.
Das Überschreiten des Raumes Merseburg in Richtung Osten war nur noch mit Waffengewalt möglich – was dann auch ab 928/929 mit der Eroberung sorbischen Landes durch Heinrich I. sukzessive erfolgte. Hatheburg verschwand in einem Kloster und aus den historischen Quellen. In den offiziellen Annalen wurde sie ohnehin nie erwähnt. Sie starb irgendwo an einem 21. Juni irgendwann nach 909.
Nachkommen
[Bearbeiten]Ihr Sohn Thankmar erhielt zu keiner Zeit sein mütterliches Erbe – weder nach dem Tode Heinrich I. 936 noch nach dem Tode Siegfrieds von Merseburg 937, was ihn zu einem Aufstand gegen seinen jüngeren Halbbruder Otto I. reizte, an dessen Ende er am 28. Juli 938 auf der Eresburg getötet wurde. Thankmar hinterließ keine bekannten Nachkommen.
Nachwirkung
[Bearbeiten]Aus der Burgsiedlung Altenburg und den umfangreichen Gütern Erwins, welche über Hatheburg an die Liudolfinger fielen, entstand ein umfangreiches, mit einer Mauer umwehrtes Königsgut um Merseburg. Auf dem Domhügel wurde eine Königspfalz, an der Saale eine Königsmühle errichtet. Bei dieser Pfalz baute man mit der Johanniskirche die zweite Kirche Merseburgs neben der sicherlich schon fränkischen Peterskirche. Die „Merseburger Schar“ (legio Mesaburiorum) diente als Grenzwacht gegen die Sorben und Ungarn. 932 gab es einen comitatus (Hof) Merseburg, als die Burgsiedlung ihre Funktion als Ostgrenze des Reiches eingebüßt hatte. Für 933 belegt die Bezeichnung palatium die Königspfalz in Merseburg, welches 968 sogar zum Bischofssitz und Markgrafensitz mit Münzstätte erhoben wurde.
Literatur
[Bearbeiten]- Wolfgang Giese: Heinrich I. Begründer der ottonischen Herrschaft. Darmstadt 2008
- Winfrid Glocker: Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik. Böhlau, Köln/Wien 1989.
- Claudia Moddelmog: Ein ideales Paar? Heinrich I. und Königin Mathilde und aristokratische Polygynie in der Vita Mathildis antiquior, bei Widukind von Corvey und Thietmar von Merseburg. In: Gabriele Köster, Stephan Freund (Hrsg.): 919 – Plötzlich König. Heinrich I. und Quedlinburg. Regensburg 2019, S. 195–208
Weblinks
[Bearbeiten]- 906: Zug Heinrich I. gegen die Daleminzier RI II,1 n. b, in: Regesta Imperii Online (Abgerufen am 25. Januar 2015).
- 906: Hochzeit Heinrich I. mit Hatheburg RI II,1 n. c, in: Regesta Imperii Online (Abgerufen am 25. Januar 2015).
- 906: Aufenthalt Heinrich I. nach der Hochzeit in Merseburg RI II,1 n. d, in: Regesta Imperii Online (Abgerufen am 25. Januar 2015).
- 909: Werbung Heinrich I. um Mathilde RI II,1 n. e, in: Regesta Imperii Online (Abgerufen am 25. Januar 2015).
- 909: Hochzeit Heinrich I. auf der Pfalz Wallhausen RI II,1 n. f, in: Regesta Imperii Online (Abgerufen am 25. Januar 2015).
Einzelnachweise
[Bearbeiten]
Thietmar (Ostfalen)
[Bearbeiten]Graf Thietmar gewinnt in den erzählenden Quellen zur Geschichte des frühen 10. Jahrhunderts ein „verhältnismäßig scharfes Profil“ (Gerd Althoff).[1] Die ältere der beiden Lebensbeschreibungen der Königin Mathilde, der zweiten Ehefrau König Heinrichs I., bezeichnet Thietmar als Erzieher (magistrum pueri) Heinrich I.[2] Die Erziehung diente im Mittelalter häufig nicht nur zur militärischen Ausbildung des Zöglings,[3] sondern auch dazu, die Bindung des Erziehers an die Familie des Auszubildenden zu festigen. Demnach unternahm Heinrich I. Vater Otto der Erlauchte mit der Berufung Thietmars zum Erzieher den Versuch, sich dessen Unterstützung zu versichern, was wiederum Rückschlüsse auf eine nicht geringe politische und militärische Bedeutung Thietmars und seiner Familie zulässt.
Graf Thietmar vermittelte um das Jahr 906 mutmaßlich die erste Ehe des jungen Heinrich I. mit Thietmars Nichte Hatheburg[4] Seine Ehefrau Hildegard war die Schwester von Hatheburgs namentlich unbekannter Mutter. Nachdem Hatheburgs ebenfalls unbekannt gebliebener Ehemann und ihr um Merseburg reich begüterter Vater Erwin verstorben waren, kam Graf Thietmar als Schwager von Hatheburgs Mutter wahrscheinlich die Rolle des nächsten männlichen Verwandten zu, der Hatheburgs Rechte vertreten durfte.[5] Die Ehe mit Hatheburg stellte eine Abkehr von der bisherigen, nach Franken ausgerichteten Heiratspolitik der Liudolfinger dar. Sie diente nicht nur der Festigung ihrer Macht im östlichen Sachsen, nachdem eine Ausweitung nach Franken im Zuge der Babenberger Fehde gescheitert war, sondern dürfte auch in ihrem reichen Erbe begründet sein.[6] Heinrich konnte Merseburg in der Folge zur Pfalz ausbauen, und Claudia Moddelmog nimmt an, Graf Thietmar habe dort eine neue Herrschaftsbasis gefunden, ist doch belegt, dass sein Sohn Siegfrid später dort residierte.[7]
Auch an der zweiten Eheschließung Heinrich I. im Jahr 909 war Graf Thietmar als Brautwerber maßgeblich beteiligt. Wohl im selben Jahr war die Ehe Heinrich I. mit Hatheburg aus kirchenrechtlichen Gründen annulliert worden. Auf Veranlassung Otto des Erlauchten reiste Thietmar anschließend ein erstes Mal in die Abtei Herford, deren Laienabt Otto seit 902 war, um dort unerkannt die um 896 geborene Mathilde in Augenschein zu nehmen. Mathilde war die Tochter des sächsischen Grafen Dietrich, eines Nachfahren Widukinds. Damit entstammte sie der angesehensten Familie Sachsens. Nach seiner Rückkehr aus Herford berichtete Thietmar Otto dem Erlauchten von Schönheit und Sittsamkeit der 14-jährigen Braut, der daraufhin Thietmar ein zweites Mal nach Herford entsandt haben soll, jetzt in Begleitung von Heinrich I. und weiteren Begleitern. Erst bei einem dritten Besuch hätten sich die Brautwerber zu erkennen gegeben, und nach dem eiligen Verlöbnis sei kurze Zeit später in Wallhausen die Ehe geschlossen worden.
Einzelnachweise 2
[Bearbeiten]- ↑ Gerd Althoff: Amicitiae und Pacta. Bündnis, Einung, Politik und Gebetsgedenken im beginnenden 10. Jahrhundert. Hahn, Hannover 1992, S. 142
- ↑ Vita Mathildis ant. cap. 3: Thitemarum comitem, pueri Heinrici magistrum
- ↑ Johannes Laudage: Otto der Große: (912–973). Eine Biographie. Pustet, Regensburg 2001, ISBN 3-7917-1750-2, S. 68 übersetzt magistrum mit „Waffenlehrer“.
- ↑ Claudia Moddelmog: Ein ideales Paar? Heinrich I. und Königin Mathilde und aristokratische Polygynie in der Vita Mathildis antiquior, bei Widukind von Corvey und Thietmar von Merseburg. In: Gabriele Köster, Stephan Freund (Hrsg.): 919 – Plötzlich König. Heinrich I. und Quedlinburg. Regensburg 2019, S. 195–208, hier: S. 200
- ↑ Claudia Moddelmog: Ein ideales Paar? Heinrich I. und Königin Mathilde und aristokratische Polygynie in der Vita Mathildis antiquior, bei Widukind von Corvey und Thietmar von Merseburg. In: Gabriele Köster, Stephan Freund (Hrsg.): 919 – Plötzlich König. Heinrich I. und Quedlinburg. Regensburg 2019, S. 195–208, hier: S. 200.
- ↑ Widukind I, 11 und Thietmar I, 5 heben beide das reiche Erbe Hatheburgs hervor.
- ↑ Thietmar II, 1: Sifridi comitis Merseburgensis