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Projekt:Dresdner Glossar/Merseburg

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Lexikon des Mittelalters

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Lexikon des Mittelalters: Band VI Spalte 543

Merseburg


Stadt an der Saale (Sachsen-Anhalt)

Burg, Pfalz und Grafschaft

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I. Burg, Pfalz und Grafschaft:

In einem seit der Jungsteinzeit besiedelten Gebiet befand sich auf dem Domhügel am W-Ufer der Saale im frühen MA eine Burg,

  • die im Hersfelder Zehntverzeichnis um 850 als civitas Mersiburc,
  • im 10. Jh. als urbs, castrum und oppidum aufgeführt wurde.

Sie beherrschte den Flußübergang wichtiger Fernstraßen vom Rhein-Main-Gebiet nach dem O.

In karol. Zeit gehörte sie zu einem seit 780 erschließbaren frk. Burgensystem, das wohl gegen die Sachsen gerichtet war. Die Burgsiedlung Altenburg wird damals schon bestanden haben.

Vor 910 gehörte die Wehranlage einem senior Erwin. Die, obwohl bald wieder aufgelöste, Ehe mit dessen Tochter Hatheburg brachte den späteren Kg. Heinrich I. in den Besitz M.s. So bildete sich umfangreiches Kg.sgut um M., dessen Burg mit einer Mauer umwehrt wurde.

Ein comitatus M. erscheint von 932 bis 1042, ein Burgward M. erstreckte sich zu beiden Seiten der Saale, die nach den Slavenzügen Heinrichs I. 929-932 ihre Funktion als Ostgrenze des Reiches verlor.

Die von Widukind v. Corvey gen., zur Grenzwacht gegen Sorben und Ungarn bestimmte legio Mesaburiorum hatte möglicherweise ihren Sitz in M. Ein 968 gen. M.er Mgf. Gunther hatte keine nachweisbaren Nachfolger, zur Ausbildung einer Mgft. ist es nicht gekommen.

Auf dem Domhügel wurde unter Kg. Heinrich I. eine nicht genau lokalisierte Pfalz erbaut, mit Kg.shof sowie einer Kg.smühle an der Saale.

Kg. Otto I. ließ vor 955 eine zweite Pfalz errichten, die er bald darauf in geistl. Besitz überführte.

Die Bezeichnungen

  • palatium 933,
  • magna domus und regalis aula 955,
  • regia domus 968,
  • curia regis 1002 und
  • curtis regia 1004

bezeugen das Bestehen einer kgl. Pfalz, die bis ins 15. Jh. nachzuweisen ist.

69 Kg.saufenthalte sind bis 1252 überliefert, 26 Hoftage fanden hier statt.

Als Grenzort zum slav. Siedlungsgebiet, als Ausgangspunkt für mehrere Heereszüge gegen Polen und Böhmen zw. 997 und 1050 und als Ort polit. Entscheidungen über den O und N Europas hatte M. in jener Zeit hervorragende Bedeutung, die jedoch unter den sal. Kg.en abnahm.

Im Tafelgüterverzeichnis des Röm. Kg.s erscheint M. als ein bes. ertragreicher Hof.

Friedrich I. Barbarossa feierte ein Pfingst- und ein Weihnachtsfest in M. und stellte bei vier Aufenthalten zahlreiche Urkk. aus. Doch hatte sich das Kgtm. damals schon weitgehend aus M. zurückgezogen, so daß die Pfalz wahrscheinl. während des Interregnums in die Verfügung der Bf.e übergehen konnte.

Die erst 1012 gen. Peterskirche dürfte bereits in frk. Zeit bestanden haben.

Bei der Pfalz wurde die Johanniskirche erbaut, die nach 955 dem hl. Laurentius geweiht war; sie diente seit 968 als Kathedralkirche.

Die neue Pfalz Ottos I. wurde zur Ausstattung des nach 955 errichteten Laurentiusstifts verwendet.

Bei der Peterskirche wurde 1059-93 ein OSB-Kl. gegründet.

Die vor 968 vorhandene Münzstätte übertrug Otto II. an das Bm.

Stadt

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II. Stadt:

Die Stadtentwicklung begann im Anschluß an die Burg- und Pfalzanlage sehr früh.

Die 1004 gen. Kaufleute in- und außerhalb der Burg mit Markt, Münze und Zoll waren wohl schon vor 981 ansässig, ebenso Juden.

Zu dieser frühen Phase wird die Stadt an der Burgstraße und um die Maximikirche (1347 forensis ecclesia) vermutet.

Um die davon etwas abgelegene, zw. 1040 und 1050 erbaute Sixtikirche bildete sich ein zweiter Stadtkern.

Im frühen 12. Jh. füllte sich der Raum der späteren Stadt mit regelmäßig angelegten Siedlungsteilen um die Gotthardsgasse und die Breite Straße ('Neustadt') auf, auch der zur Saale führende Brühl dürfte im Stadtentstehungsprozeß seine eigene Bedeutung gehabt haben.

Jedenfalls erreichte die Ausbildung der ma. Stadt noch vor 1150 ihren Abschluß.

1218 wurde sie mit einer Mauer umgeben.

An die Saalebrücke unmittelbar anschließend erwuchs seit 1188 die straßenförmige Siedlung Neumarkt mit der Thomaskirche am ö. Saaleufer.

Die wirtschaftl. Grundlagen der Stadt bildeten Kaufmannschaft und Handwerk, die geringe Größe der Stadtflur bot keinen Raum für nennenswerte Landwirtschaft.

Erst als im Spät-MA benachbarte Dörfer wüst wurden, vergrößerte sich die Stadtflur. Gegen die Konkurrenz von Leipzig und Naumburg konnte M. keine überregionale Bedeutung erlangen.

Im frühen 15. Jh. bestanden Verbindungen zur Hanse.

Als Stadtherr erscheint stets der Bf., Rat und Bürgergemeinde werden 1289 gen.

Die Vollversammlung der Bürger besaß das Recht, Abgaben zu erheben und den Wachdienst anzuordnen.

1273 erscheint ein bfl. Schultheiß.

1478 wurde das Alte Rathaus an der Maximikirche erbaut.

Um 1500 umfaßte die ummauerte Altstadt 33 ha, der nö. anschließende Altenburg-Bereich 26 ha.

Bistum

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III. Bistum:

In der mit der Mission verbundenen Ostpolitik Kg. Ottos I. nahm der alte Grenzort M. mit seiner Pfalz einen wichtigen Platz ein.

Das Gelübde vor der Ungarnschlacht 955, im Falle des Sieges dem Tagesheiligen Laurentius in M. ein Bm. zu errichten, läßt Ottos Pläne erstmals deutl. werden.

962 stimmte eine päpstl. Bulle dieser Absicht zu, sie wurde jedoch erst im Zusammenhang mit der Gründung des Ebm.s Synode v. Ravenna 968 ins Leben trat.

Der aus St. Emmeram stammende Mönch Boso wurde zum ersten Bf. bestimmt.

Gleichzeitig wurden auch in Zeitz und Meißen Bf.e eingesetzt.

So beschränkte sich die Diöz. M. neben einem kleinen, dem Bm. Halberstadt entnommenen westsaal. Gebiet im wesentl. auf den sorb. Gau Chutizi zw. Saale und Mulde zuzügl. eines schmalen Streifens ö. der Mulde. Von den drei damals errichteten sorbenländ. Bm.ern war es das kleinste, es besaß keine Ausdehnungsmöglichkeit.

Die Ausstattung des Bm.s beruhte auf kgl. Schenkungen, die schon seit 955 vorausschauend dem Johannis-Laurentius-Stift gemacht worden waren.

Es folgten weitere Zuwendungen an Ortschaften und ganzen Burgwarden und die Verleihung der Immunität.

Bes. Ks. Otto II. bedachte das Bm., zu dessen zweitem Bf. Giselher er in engen Beziehungen stand, mit reichen Schenkungen.

Als einer der bevorzugten Berater des Ks.s in polit. Fragen setzte Giselher alle seine diplomat. Fähigkeiten ein, um den 981 vakant gewordenen Magdeburger Erzstuhl zu erlangen.

Dies führte zur ztw. Aufhebung des Bm.s M., das zw. den Diöz.en von Halberstadt, Magdeburg, Meißen und Zeitz aufgeteilt wurde.

Im Zusammenhang mit der Gestaltung der Kirchenorganisation in den ö. Nachbarländern des Reiches am Ende des 10. Jh. wurde seit der Synode v. Pavia 997 die Frage der Wiederherstellung des Bm.s M. erörtert.

Der Tod des von Ks. und Papst scharf gerügten Giselher 1004 machte den Weg dafür frei.

1009-18 war Thietmar aus dem Hause der Gf.en v. Walbeck der M.er Oberhirte. Er machte sich die Rückerwerbung des alten M.er Besitzes zur Aufgabe, die ihm allerdings nicht vollständig gelang; 1017 wurde die Mulde zur O-Grenze des Bm.s bestimmt.

Thietmar hat 1015 den Grundstein zum Bau einer repräsentativen Kathedralkirche gelegt.

Im Investiturstreit stand das Bm. M. unter Bf. Werner (1063-93) auf der Seite der Gregorian. Reform, am Sachsenaufstand gegen Kg. Heinrich IV. nahm der Bf. teil.

Sein Nachfolger hielt sich mehr an die kgl. Seite.

Im Rahmen der dt. Ostkolonisation (Landesausbau) vermehrte sich die Zahl der Dörfer und Pfarrkirchen der M.er Diöz. beträchtl.;

1186 ist erstmals eine Gliederung in fünf Archidiakonate bezeugt.

Flächenmäßig blieb M. eines der kleinsten dt. Bm.er, wies aber dank dichter Besiedlung am Ende des MA 310 Pfarr- und Filialkirchen auf.

Im Bestreben, eine eigene Landesherrschaft aufzubauen, suchten die Bf.e v. M. am Anfang des 13. Jh. ohne nachhaltigen Erfolg, Besitzansprüche an dem inzwischen weitgehend aufgeteilten Wald zw. Saale und Mulde durchzusetzen.

Mit dem Mgf.en v. Meißen kam es 1221 zum Konflikt, wobei der Bf. Exkommunikation und Interdikt einsetzte, ohne einen wirkl. Territorialgewinn zu erzielen.

Die Herrschaft über die Stadt Leipzig konnten sich die Bf.e trotz der Wirren im Hause der Wettiner nach 1288 nicht sichern.

Ihr Territorium blieb auf den Raum um Lützen und Markranstädt beschränkt, wozu im späteren 13. Jh. noch Schkeuditz und im 14. Jh. Lauchstädt traten. Sie besaßen damit ein geschlossenes, aus vier Amtsbezirken bestehendes Hochstiftsgebiet; Lützen diente als Nebenresidenz.

Gegen Ende des MA waren die Bf.e dem polit. Druck der Wettiner ausgesetzt, die sie unter Mißachtung der Reichsunmittelbarkeit in die kursächs. Landstandschaft einzuordnen suchten. Bei der Leipziger Teilung 1485 wurde das Hochstift M. dem albertin. Hzm. Sachsen zugewiesen.

K. Blaschke