Projekt:Dresdner Glossar/Nisaner
Die Nisaner waren Elbslawen, die sich um 600 n. Chr. von Pirna flussabwärts bis zur Mündung der Wilden Sau niedergelassen hatten und vorwiegend von Fischerei lebten.
Durch das bis zu 30 m tiefe Sohlenkerbtal der Wilden Sau werden die Wilsdruffer Lößplateaus geteilt, weswegen sich hier bereits in frühgeschichtlicher Zeit die Gaugrenze zwischen Nisan und Daleminzien befand.
Inhaltsverzeichnis
1 Namensherkunft
2 Siedlungsgebiet
3 Ereignisse mit Bedeutung für Nisan
3.1 6. Jahrhundert
3.1.1 Slawische Einwanderung
3.2 7. Jahrhundert
3.2.1 Zum Reich des Samo 631
3.2.2 Ende des Samoreiches 658
3.3 8. Jahrhundert
3.3.1 Die Awaren unterwerfen sich Karl dem Großen 796
3.4 9. Jahrhundert
3.4.1 Böhmen
3.4.2 Altmährisches Reich (nach) 867
3.4.3 Unterwerfung unter den Ostfrankenkönig 895
3.5 10. Jahrhundert
3.5.1 Anbindung an Bayern (vor) 913
3.5.2 Böhmenfeldzug Heinrich des Voglers 929
3.5.3 Auflehnung der Sorben 936
4 Quellen
5 Einzelnachweise
6 Weblinks
Namensherkunft
Der ursprüngliche Name Nisani leitete sich von "die Leute in der Niederung" ab. Die Nisaner waren über Böhmen zugewandert. Sie besiedelten ein Territorium, das nach der Völkerwanderung weitgehend menschenleer war. Bereits unter den Karolingern begann ihre Missionierung. Im Zusammenhang mit der deutschen Ostsiedlung wurden die Sorben gewaltsam unterworfen und teilweise vertrieben. Das Land wurde in Gaue unterteilt, zur Verteidigung und Missionierung wurden Burgwarde angelegt. Der Gau Nisan gehörte später weltlich zur Mark Meißen, wobei sich die juristische und die faktische Macht häufig unterschieden, und geistlich zum Bistum Meißen.
Siedlungsgebiet
Die Nisaner siedelten sich in Dresden zuerst rechtselbisch an, später gründeten sie auch linkselbisch einen Weiler. Viele Begriffe der Dresdner Ortsgeschichte erinnern noch heute an die sorbischen Wurzeln der Gegend, so Střelec für Strehlen.
Ereignisse mit Bedeutung für Nisan
6. Jahrhundert
Slawische Einwanderung
531 / 534: Das Königreich Thüringen wird durch die Franken militärisch zerschlagen. Nach Ansicht einiger Historiker bildete das spätere Nisan die östliche Grenzregion dieses Reiches. Lediglich die Gebiete westlich der unteren und mittleren Saale gelangen in den direkten Herrschaftsbereich des Frankenreiches, alle anderen Gebiete unterliegen nur einer Tributpflich und militärischen Hilfspflicht, möglicherweise auch das Gebiet des Dresdner Elbtalkessels.
Um 550: Slawen dringen aus dem oberen Weichselgebiet durch die Mährische Pforte die Morava entlang nach Südmähren und in die Westslowakei und danach bis nach Ostböhmen vor
555/556 Aufstand der Thüringer und Warnen (Warnenfeld östlich der unteren wie auch mittleren Saale) gegen die Tributpflicht und militärische Hilfspflicht wird von den Franken niedergeschlagen
Ab 562: Die Awaren und mit ihnen slawische Hilfsvölker dringen über die Elbe in das Saalemündungsgebiet vor, wo sie auf die Franken stoßen. Von dieser Zeit zeugt das Awarengrab von Stetzsch auf einer Niederterrasse der Elbe nahe der wichtigen frühgeschichtlichen Furt nach Serkowitz.
Ab 568: Die Langobarden ziehen von Pannonien (dem heutigen Ungarn) nach Italien und überlassen Pannonien ihren Bundesgenossen, den Awaren, welche von dort aus bis 796 zeitweise weite Teile Europas einschließlich dem Dresdner Elbtalkessel beherrschen.
6. Jahrhundert: Die Weißen Serben dringen bis in den Raum Nisan und von dort elbabwärts weiter nach Westen vor. Sie bringen die Kultur der Prager Gruppe mit, dem westlichen Teil der Prag-Kortschak-Kultur. 7. Jahrhundert
7. Jahrhundert: Dauerhafte Besiedlung von Nisan durch die Weißen Serben.
623: Aufstand der Slawen gegen die Awaren. Nach einer siegreichen Schlacht wird der Franke Samo zum König von (zwölf) Slawenstämmen in Mähren, der Westslowakei, Niederösterreich und Karantanien gewählt - der erste slawische Staat entsteht. Ab diesem Moment verlieren die Awaren auch ihren Einfluß auf Böhmen und Nisan. Die Sorben und Böhmen und mit ihnen auch Nisan geraten unter die Herrschaft des Fränkischen Reiches.
Zum Reich des Samo 631
631: Nach der Niederlage von Dagobert I. gegen das Reich des Samo bei Wogastisburg fällt der Sorbenfürst Derwan von den Franken ab und schließt einen Lehensverband mit Böhmen, worauf der verlustreiche fränkisch-sorbische Krieg beginnt. Auch Nisan ist in diesen Krieg wahrscheinlich zumindest durch Stellung von Kriegern verwickelt. Sollte Wogastisburg in Böhmen (vorgeschlagen sind Úhošť und Rubín) oder Mähren (Mikulčice oder Hostýn) gelegen haben, wären auch Vormarsch und/oder Flucht des austrasischen Hauptheeres über Nisan möglich. Derwan tritt dem Reich des Samo bei, vermutlich auch Böhmen. Vermutlicher Beginn der Herrschaft des Samo über Nisan.
650 Um 650 dringen die Awaren wieder in das Gebiet der Westslowakei vor. Erste Zerfallserscheinungen des Reiches von Samo. Böhmen und Nisan bleiben davon aber unberührt und gehören wahrscheinlich weiterhin zu diesem ersten slawischen Staatsgebilde.
Ende des Samoreiches 658
658: Tod des Samo. Sein Reich zerfällt. Die Slawen seines Gebietes einschließlich Böhmen und Nisan geraten wieder in den Herrschafts- oder Einflußbereich der Awaren.
8. Jahrhundert
8. Jahrhundert: Kleinsiedlungen u. a. in Altmockritz, Leubnitz und Altlockwitz. Nachnutzung vorgeschichtlicher Burgwälle in Coschütz, Pillnitz und Dohna.
782: Eine awarische Gesandtschaft besucht den Hof von Karl dem Großen.
Die Awaren unterwerfen sich Karl dem Großen 796
796: Der Tudun der Awaren erscheint nach einer militärischen Niederlage gegen das Frankenreich persönlich mit seinem Gefolge bei Karl dem Großen, unterwirft sich und läßt sich sogar taufen. Südböhmen gehört zum Kernbereich, Nordböhmen und möglicherweise auch Nisan zum Einflussbereich der Awaren.
9. Jahrhundert
Böhmen
805: Drei Fränkische Heere Karls des Großen fallen in Böhmen ein, eines davon von Norden, wahrscheinlich über Nisan, wobei eventuell der Neidhart am Hafen von Nisan errichtet wird. Der böhmische Herzog Lech (Lecho) fällt.
806: Karl der Große greift das Gebiet der Sorben und ein zweites Mal Böhmen an und erzwingt die Stellung von Geiseln und Tributzahlungen. Dabei fällt der sorbische Fürst Milito (sorbisch: Miliduch). Wahrscheinlich ist auch Nisan bei dem Kriegszug aus dem Gebiet der Sorben nach Böhmen (erneut) betroffen.
845: 13. Januar: 14 böhmische Fürsten lassen sich in Regensburg taufen und huldigen Ludwig dem Deutschen, darunter wahrscheinlich auch zwei Fürsten aus den Böhmischen Niederlanden (Nisan).[1] Die böhmischen Fürsten befürchteten ein Übergreifen des seit 833 vereinigten und expandierenden mährischen Reiches, weswegen sie sich dem Schutz Ludwig des Deutschen unterstellen. Zu einer Christlichkeit Böhmens führte dieser Akt nicht.
846: Mitte August marschiert Ludwig der Deutsche in Mähren ein und regelt die Dinge nach seinem Willen[2]. So setzte er bei dieser Gelegenheit Mojmirs Neffen Rastislav als neuen Fürsten ein und hatte fast ein Jahrzehnt Ruhe in der Mährerangelegenheit. Für Böhmen und auch Nisan ist die Gefahr eines mährischen Übergriffes damit gebannt.
854: Aufstand von Ratpot, dem Präfekten des bairischen Ostlandes. Dieser Aufstand wurde durch König Ludwig niedergeschlagen, Ratpot seines Amtes enthoben. Aus den heute bekannten Quellen ist nicht zu erkennen, ob sich Rastislav mit Ratpot verbündet hatte. Allerdings nutzt Rastislav die Zwistigkeiten im östlichsten Teil des Frankenlandes für eine erneute expansive Politik des Mährerreiches.
855: Rastislaw nutzt die Schwäche des fränkischen Reiches und annektiert bis 855 das Gebiet zwischen Dyje und Donau sowie Territorien in der Ostslowakei. Zur Sicherung baut er in diesen Gebieten neue Festungen. König Ludwig der Deutsche übernimmt nun persönlich die Kontrolle über das baierische Ostland und unternimmt einen Feldzug nach Mähren, den er wegen dem Burgwallsystem der Mährer erfolglos abbrechen muss. Er zieht sich daraufhin mit seinem Heer plündernd aus Mähren zurück, wobei Rastislaw einen heftigen Angriff auf sein Lager führt und ihm sogar bis ins Frankenreich folgt, sehr viele grenznahe baierische Orte verwüstend.
857: Rastislav von Mähren gibt dem böhmischen Fürsten Sclavitag nach einer erfolglosen Rebellion gegen die Franken Zuflucht, nachdem Sclavitag mittels eines fränkischen Heerzuges aus Böhmen gedrängt wurde. Diese kurze Notiz über Sclavitag gibt keinen Hinweis auf die Lage Moravias, aber Sclavitags Ankunft an Rastislavs Hof ist das erste Mal, dass böhmische und mährische Geschichte miteinander verbunden sind. Bis zu diesem Zeitpunkt waren alle Konflikte zwischen den Franken und den Böhmen ohne Beteiligung der Mährer geführt worden, während Ereignisse, die die Mährer betrafen, die Böhmen nicht betroffen hatten. Während Karlmann 856 an den Grenzen der Ostmark (d.h. in den Regionen südlich der Donau, einschließlich Kärnten) beschäftigt war, begann der Feldzug gegen Sclavitag in Bayern unter der Führung von Otgar, Bischof von Eichstätt und Hruodoltus (dem "comes palatii" = Hofpfalzgraf Ludwig des Deutschen) und Ernst, Sohn des Markgrafen Ernst. Der Grund dafür könnte sein, dass die Böhmen normalerweise die Aufgabe der Markgrafen aus Bayern waren, während die Mähren von den Markgrafen aus der Ostmark in Schach gehalten wurden. Die Grafen der Ostmark waren nicht an den Angelegenheiten in Böhmen oder in den Gebieten nördlich der Donau beteiligt. Die Ostmark sollte ein Bollwerk sein, das Bayern im Osten vor allem vor Angriffen aus Pannonien verteidigte.
Altmährisches Reich (nach) 867
867: Der altmährische König Rastislav macht den Mojmiriden Svatopluk I. zum Lehensherren des Fürstentums Nitra. Der gerade erst mannbare Přemyslide Bořivoj wird Herzog der Böhmen, wahrscheinlich durch Protektion von Svatopluk I. (nach anderen Meinungen erst 871). Als Grund der Einsetzung von Bořivoj in Böhmen wird dessen Verwandtschaft mit dem Herrscherhaus der altmährischen Mojmiriden genannt, wonach Přemysliden und Mojmiriden miteinander versippt wären. Dies könnte aber allein schon durch die Verschwägerung 871 mit Svatopluk I. begründet sein. Als weiterer Grund wird genannt, der junge Bořivoj wurde am Hof von Svatopluk I. zu einer promährischen Einstellung erzogen. Beginn einer expansiven böhmischen Politik nach Norden und Osten. Nisan gehört nach dem Bayerischen Geographen wahrscheinlich (als Böhmische Niederlande) zum Herrschaftsbereich von Bořivoj. Wahrscheinlicher Beginn der Herrschaft der Přemysliden über Nisan (nach anderen Meinungen erst in den 870er oder 880er Jahren), möglicher Beginn einer indirekten Herrschaft der Mojmiriden über Nisan.
869: Method von Saloniki wird in Rom von Papst Hadrian II. zum Erzbischof von Sirmium, Pannonien und Großmähren ernannt
871: Die Markgrafen der Ostmark (Marcha orientalis), Engelschalk I. und Wilhelm II., Söhne von Wilhelm I., fallen im Krieg gegen den Svatopluk I. Svatopluk I. heiratet aus außenpolitischem Kalkül die Přemyslidin Svatožizňa, die Schwester Bořivojs. Nach einigen Historikern fällt die Einsetzung von Bořivoj durch Svatopluk I. erst in dieses Jahr (nach anderer Meinung war Bořivoj zuvor ein autonomer Herrscher).
872: Bořivoj kämpft mit weiteren böhmischen Fürsten gegen ein in Böhmen eingefallenes fränkisches Heer: Schlacht an der Moldau. Erste Erwähnung Bořivojs, weswegen sein Regierungsantritt und sein Verhältnis zu Svatopluk I. umstritten sind. Zur gleichen Zeit werden die Heere der Sachsen und Thüringer von den Mährern in die Flucht geschlagen. Nisan stellt wahrscheinlich Krieger für Bořivoj.
874: Bořivoj heiratet Ludmilla, die Tochter Slavibors, des sorbischen Fürsten der Milzener um Bautzen. Durch diese Heirat wird eine antifränkische Allianz bekräftigt. Nisan stellt wahrscheinlich Krieger für Bořivoj. Svatopluk I. und Ludwig der Deutsche schließen den Forchheimer Frieden.
883: Taufe Bořivojs in (Alt)Mähren und wahrscheinlich auch von Ludmilla (vermutlich in Böhmen). Nisan bekommt ein christliches Herrscherpaar. Dieser Vorgang wird (zumeist in der Form einer gemeinsamen Taufe des Herrscherpaares) oft auch als Taufe Böhmens bezeichnet. Infolge der Zugehörigkeit der Landschaft Nisan zu Böhmen wird hierdurch auch Nisan offiziell christlich.
884: Stiftung christlicher Schulen wie in Ludmillas Heimat Bautzen (wahrscheinlich mit Kapelle) und christlicher Kirchen (auch nördlich des Erzgebirges wie in Tachau (heute zu Görlitz), in Gana und in Bresnice in Nisan) durch Ludmilla und Bořivoj.
885: Tod des Method von Saloniki, dem kirchlichen Oberhaupt von Mähren, Böhmen und damit auch von Nisan
888: Karl der Dicke stirbt, Zerfall des karolingischen Frankenreiches. Erstarkung des Altmährischen Reiches, welches sich zu Großmähren entwickelt.
890: Der böhmische Herzog Bořivoj stirbt oder wird umgebracht. Der Mährerfürst Svatopluk I. lässt sich vom ostfränkischen König Arnolf von Kärnten auf dem Omuntesperch die Vormundschaft über Bořivojs minderjährige Söhne Spytihněv I. und Vratislav I. und damit die Vorherrschaft über Böhmen legitimieren. Ausgreifen des Altmährischen Reiches über Nisan hinaus auf Daleminzien, Milsca und weitere sorbische Gebiete bis an die Saale und Beginn der direkten Herrschaft der Mojmiriden über Nisan.
894: Svatopluk I. stirbt, Nachfolger wird sein Sohn Mojmir II.. Infolge von Streit zwischen Mojmir II. und seinem Bruder Svatopluk II. kommt es zu ersten Auflösungserscheinungen des Altmährischen Reiches. Ein dritter Bruder Predslaus erhält vermutlich Bratislava (Pressburg).
Unterwerfung unter den Ostfrankenkönig 895
895: Landnahme der mit dem Ostfrankenkönig Arnolf von Kärnten und dem Byzantinischen Reich verbündeten Ungarn (Magyaren) im Karpatenbecken. Beginn der verstärkten Ungarnzüge durch Europa. Eine Abordnung aller böhmischen Großen (darunter wahrscheinlich auch aus Nisan) unter der Führung des Přemysliden Spytihněv I. und des Slavnikiden Vitislav huldigt Arnolf von Kärnten in Regensburg und zahlt Tribut für militärischen Schutz. Außenpolitisch bindet sich Böhmen nun wieder an das Ostfränkische Reich. Damit endet die Herrschaft der Mojmiriden über Nisan. Landesherr wird der Přemyslide Herzog Spytihněv I., ältester Sohn von Bořivoj.
896: Arnolf von Kärnten wird zum Kaiser gekrönt. Auf dem Höhepunkt seiner Macht bindet er kurzzeitig alle fränkischen Reichsteile an sich. Auch Böhmen und Nisan befinden sich wieder tributabhängig im fränkischen Einflussbereich.
897: 897 erklärten sich auch die Sorben für vom Mährerreich unabhängig.
898: Wiching, der Verfechter einer lateinischen Kirche in Altmähren, wird Bischof von Passau und versucht von dort aus, Böhmen und damit auch Nisan sowie die junge sorbisch-orthodoxe Kirche unter lateinische Obödienz zu bringen, wodurch etliche Sorben das Martyrium erleiden
16. Oktober 898: Märtyrertod von Gorazd von Nisan, erster Märtyrer Nisans und seiner sieben Gefährten, einer der Fünf Heiligen Nisans
899: Kaiser Arnolf von Kärnten stirbt, das Frankenreich zerfällt in der Divergenz der Partikularinteressen endgültig. Die Macht übernimmt eine Adelsfraktion um Hatto von Mainz, der Kinderkönig Ludwig das Kind ist lediglich eine Marionette in deren Händen.
900: Benedikt IV. wird Papst und versucht, eine selbständige mährische Kirche wiederherzustellen, wobei er erneut auf den Widerstand der baierischen Bischöfe trifft (insbesondere von Richard von Passau, dem Nachfolger Wichings), welche Mähren für ihr Missions- und Erweiterungsgebiet halten
10. Jahrhundert
901: Gesandte des Altmährischen Reiches besuchen den Reichstag in Regensburg und bitten wegen der Ungarneinfälle um Frieden, der ihnen gewährt wird - Nisan gehörte noch bis 895 zum Einflußbereich von Altmähren
ab 901 verschiebt sich das Zentrum des ungarischen Siedlungsgebietes nach Westen an den Plattensee, wodurch auch Nisan in den Bereich ihrer Reiterzüge kommt
902: durch den Tod von Bischof Richard von Passau, dem Nachfolger Wichings auf dem Bischofsstuhl, kommen die Christenverfolgungen in der sorbisch-orthodoxen Kirche und damit auch in Nisan zum Erliegen - der Papst Benedikt IV., ein Anhänger von Formosus, hat sich mit dem Plan einer erneuten selbständigen mährischen Kirche durchgesetzt
906: Untergang des Altmährischen Reiches. Feldzug des späteren Königs Heinrich I. gegen die Daleminzier in der Meißner Gegend. Die Daleminzier rufen die Ungarn zu Hilfe. Spytihněv I. schließt ein Bündnis mit den Ungarn, zahlt Tribut und erlaubt die Bewegung der Ungarn in seinem Land. Nisan entwickelt sich von da an zum Aufmarschkorridor der Ungarn gegen die Sachsen.
907: In der Schlacht von Pressburg wird der bayerische Heerbann vernichtend geschlagen. Arnulf der Böse wird neuer Bayernherzog und baut ein neues Heer auf, indem er das Kirchengut einzieht und es an seine Lehnsvasallen verleiht. Spätestens an diesem Zeitpunkt gehen die böhmischen Tribute auf Bayern über. Außenpolitisch bindet sich Böhmen und damit auch Nisan nun an Bayern.
908: Geburt des Wenzel von Böhmen, Sohn von Vratislav I.
Anbindung an Bayern (vor) 913
913: Der Bayernherzog Arnulf der Böse schließt mit den Ungarn nach verlustreichen Schlachten von 909 an der Rott, 910 bei Neuching und 913 am Inn einen Waffenstillstand mit der vertragliche Zusicherung, in Bayern nicht mehr einzufallen. In der Folgezeit wird Sachsen vermehrt Ziel magyarischer Raubzüge und Tributforderungen. Nisan gewinnt als Aufmarschkorridor noch mehr an Bedeutung.
915: Spytihněv I. stirbt. Landesherr auch von Nisan wird sein jüngerer Bruder Vratislav I., der mit Drahomíra aus dem Stamm der Heveller verheiratet ist, der Tante des (späteren) Hevellerfürsten Tugumir. Ritual des Haareschneidens für den siebenjährigen Wenzel, Sohn von Vratislav I., in der Marienkirche der Prager Burg im Beisein eines Bischofs. Vratislav I. gewährt den Ungarn nicht nur freien Durchzug durch Böhmen, sondern stellt auch ganz im Sinne des ostfränkischen Dualismus zwischen Bayern und Sachsen böhmische Krieger für einen ungarischen Überfall in Sachsen. Hierdurch wird Nisan noch stärker als bisher kriegerisch frequentiert und stellt wahrscheinlich auch Krieger für Vratislav I.
919: Der ostfränkische König Konrad I. erliegt einer Verwundung, welche er bei seinen Kämpfen mit Arnulf dem Bösen erlitt. Der sächsische Herzog Heinrich I. wird als erster Nicht-Franke zum ostfränkischen König gewählt. Damit stehen Böhmen und seine traditionellen westslawischen Verbündeten wieder in Feindschaft mit dem ostfränkischen Königtum. Einen Ausgleich und gleichzeitig Schutz vor Sachsen bildet Böhmens Schutzmacht Bayern, welches die Königswahl nicht anerkennt.
921: Vratislav I. stirbt. Die böhmische Stammesversammlung, darunter wahrscheinlich auch die Vertreter Nisans, erhebt Wenzel zum Fürsten und dessen Mutter Drahomíra zur Regentin. Dieselbe Versammlung überträgt zum Ausgleich die Erziehung Wenzels und seines Bruders Boleslav auf Ludmilla. Daraufhin läßt Drahomíra Ludmilla von ihren Gefolgsleuten ermorden. Als sich der Bayernherzog Arnulf mit dem deutschen König Heinrich verständigt, lässt Drahomíra alle bayrischen Priester und Missionare aus Böhmen und damit wahrscheinlich auch aus Nisan ausweisen. Der Tributvertrag mit Bayern wird beendet.
922: Arnulf der Böse überfällt wegen des ausbleibenden Tributes (und der Ausweisung der bayerischen Geistlichen) Böhmen. Zu seiner Abwehr muss sich wahrscheinlich auch Nisan wieder am böhmischen Heerbann beteiligen.
925: Wenzel vertreibt seine Mutter Drahomíra und lässt Ludmillas Reliquien nach Prag holen. Er gestattet den bayerischen Geistlichen die Rückkehr nach Böhmen, welchen nun auch wieder Nisan offensteht.
926: König Heinrich I. schließt durch Austausch eines adligen Ungarn und Tributzahlungen einen 9-jährigen Waffenstillstand mit den Magyaren. Auf dem Reichstag von Ingelheim werden wahrscheinlich langfristige Abwehrmaßnahmen wie die Burgenordnung beschlossen.
927: König Heinrich I. ist mit seiner sächsischen Basis allein nicht in der Lage, die hohen Kosten für die Ungarnkriege und -tribute zu decken. Der königliche Heerführer Thietmar (von Ostfalen) überschreitet im Schutz des Waffenstillstandes mit den Magyaren die Saale und brandschatzt die slawische Burg Dupzk (die spätere brandanburg) und wahrscheinlich weitere Burgen wie Wettin und Rothenburg (Saale). Damit wird die Invasion der slawischen Gebiete im Osten Sachsens zur Erschließung neuer Einnahmequellen eingeleitet. Auch Nisan gerät so in den Focus ostfränkisch-sächsischer Interessen.
928: König Heinrich I. dringt in das slawische Gebiet östlich der Elbe ein. Er schlägt die Wilzen bei Lenzen (Prignitz) an der Elbe, zieht weiter gegen die Liutizen und erobert im Winter die Brandenburg. Böhmenfeldzug Heinrich des Voglers 929
929: Die deutschen Truppen unter König Heinrich I. schlagen die Daleminzier, erobern, plündern und brandschatzen deren Hauptburg Gana, töten alle Erwachsenen, führen die Minderjährigen in die Sklaverei und gründen an strategisch wichtiger Stelle die Burg Meißen. Heinrich zieht weiter nach Nisan
15. Juni 929: die heilige Aquilina von Nisan konnte sich noch mit der Fähre nahe der Elbfurt (am Ausgang der heutigen Münzgasse) vor den anrückenden bewaffneten Lateinern in Sicherheit bringen, wurde jedoch auf dem Weg nach Norden im Wald eingeholt. Unwürdig einer scharfen Strafe durch das Schwert wurde Aquilina in der Elbe ertränkt. Nachdem die Soldaten Heinrichs I. nach Prag weitergezogen waren, wurde Aquilina in der Nähe der Furt (in der heutigen Münzgasse) beerdigt.
Heinrich I. zieht weiter nach Prag, wo sich Herzog Wenzel als Verhandlungspartner behaupten kann und durch Unterwerfung und Tributzahlungen das alte Verhältnis zum Ostfränkischen Reich wiederherstellt. Daraufhin wird Wenzel noch im gleichen Jahr (nach anderer Meinung erst 935) von seinem Bruder Boleslav I. ermordet.
Auflehnung der Sorben 936
936: Auflehnung der Sorben gegen die deutsche Besatzung nach dem Tod König Heinrich I. Herzog Boleslav der Grausame besiegt ein sächsisches Heer im sorbischen Gebiet. Die Burg Meißen geht bis in die 960er Jahre für die Sachsen verloren.
937: Als der König Otto I. durch den Aufstand seines Halbbruders Thankmar und der mit diesem verschworenen Adelskreise ab 937 militärisch gebunden war, nutzten die slawischen Fürsten die Gunst der Stunde und sagten sich von der Tributverpflichtung los, was zu schweren und verlustreichen Kämpfen Geros mit den Slawen in den Grenzgebieten führte.
939: Der (ehrenhalber) zum Markgrafen ernannte Gero lässt 30 sorbische Fürsten bei einem angeblichen "Versöhnungsmahl" ermorden. Sein Gefolge räumt die von Wein und Schlaf trunkenen Gäste heimtückisch in der Nacht aus dem Weg. Doch das nächtliche Dahinschlachten der slawischen Führungselite hat nicht den gewünschten Erfolg. Stattdessen führten die Slawen die Auseinandersetzungen mit zunehmender Heftigkeit. Schließlich sieht sich sogar der König Otto I. gezwungen, mehrmals mit einer eigenen Streitmacht in die Grenzkämpfe einzugreifen, weil Gero "gegen alle Völkerschaften der Barbaren zu schwach"[3] gewesen sei. Doch auch mit vereinten Kräften waren die Slawen nicht zu bezwingen, da der König dem Gegner nach der Schilderung Widukinds in der Sachsengeschichte zwar viel Schaden zufügte, aber keinen vollständigen Sieg errang.
940 / 941: Die hohen Verluste aus den lange andauernden Slawenkämpfen stürzten Ottos noch junge Königsherrschaft in eine weitere Krise.[4] Die sächsischen Adligen beklagten sich vor dem König über Gero, der ihnen eine als Ausgleich für ihre Verluste zu geringe Beteiligung an der Beute gewährt habe. Der Herrscher wies die Klagen jedoch zurück und stellte sich auf die Seite des Beschuldigten. Diese Situation machte sich Ottos Bruder Heinrich zunutze, der die unzufriedenen Adligen mit Geschenken und Versprechungen für sich zu gewinnen vermochte. Der Plan, Otto beim Osterfest 941 in Quedlinburg zu ermorden, scheiterte jedoch, und der Aufstand brach zusammen. Die Verschwörer, darunter viele Beteiligte an den Slawenkämpfen, wurden verhaftet und die meisten von ihnen hingerichtet. Diese inneren Kämpfe verhinderten, daß sich Ottos Königsherrschaft erneut wieder über Daleminzien und Nisan erstreckte - wie in der Zeit von 929 bis 936.
ab Mitte der 940er Jahre: Geros jahrelange Kämpfe mit den sorbischen Kleinstämmen an Elbe und Saale führte nicht nur zu einer Wiederherstellung der sächsischen Tributherrschaft, sondern auch zu einer geringfügigen Ausweitung der ottonischen Königsherrschaft nach Osten. Aus königlichen Urkunden der Folgejahre ergibt sich, dass das Gebiet zwischen den Flüssen Saale, Fuhne, Mulde und Elbe, bestehend aus den Gauen Serimunt und Zitizi, fortan der unmittelbaren Gewalt des Königs unterstand.[5] Dort übertrug Otto I. ab Mitte der 940er Jahre Familienangehörigen Land und vergab Lehen (allerdings kein Eigengut)[6] an Gero und andere Große.[7] Demgegenüber unterstanden die weiter südlich gelegenen Gebiete bis zur Mulde offenbar weiterhin den lokalen sorbischen Fürsten, wenn auch unter sächsischer Tributherrschaft. Insgesamt scheint Geros Massaker an den Slawenfürsten eine sorbische Herrschaftskonzentration dauerhaft unterbunden und deren politisches Gefüge nachhaltig destabilisiert zu haben.[8]
963: Gero unternimmt in weit fortgeschrittenem Alter einen Feldzug gegen die Lusitzi.[9] Diese siedelten in der Niederlausitz und waren von Heinrich I. im Jahre 932 tributpflichtig gemacht worden. Noch im Jahre 961 verfügte Otto zugunsten des Magdeburger Moritzklosters über einen Teil der Einnahmen aus den Ländern Lausitz und Selpoli.[10] Wahrscheinlich hatten die Lusitzi – vielleicht unter ihrem Fürsten Dobromir – die Tributzahlungen verweigert. Sie leisteten Geros Truppen heftigen Widerstand, denn es kam zu großen Verlusten in Geros Gefolge. Gero selbst wurde schwer verletzt.[11] Unter den vielen gefallenen Adeligen soll auch ein Neffe Geros gewesen sein.
bis 965 (Tod Geros): Wiederkehrende Vermutungen über Feldzüge Geros gegen die Milzener in der Oberlausitz[12] oder die Daleminzer im Gebiet um Meißen[13] lassen sich nicht anhand der Schriftquellen belegen. Ein ostfränkisch-frühdeutscher Feldzug in das Gebiet der Nisaner ist demzufolge für die Zeit von 936 bis 965 auszuschließen.
Zur Geschichte des Gaues Nisan ("pagus nisan") siehe:
Gau Nisan
Quellen
Mitteilungen des Sächsischen Altertumsvereins
www.dresden-und-sachsen.de
Karl Heinrich Kaufhold, Hans-Jürgen Gerhard: Struktur und Dimension: Mittelalter und Frühe Neuzeit. Franz Steiner Verlag, 1997
Eckhard Bahr: Dresden: Mit Meißen, Radebeul und Sächsischer Schweiz. Trescher Verlag, 2010
Einzelnachweise
1. Ludwig der Deutsche - RI I n. 1380a - 845 ian. 13, .... Taufe von 14 böhmischen häuptlingen, die mit ihren leuten gekommen waren, um christen zu werden. Ann. Fuld. vgl. Dümmler Ostfränk. Reich 2. A. 1,285 n. 4. Aus: RI I n. 1380a, in: Regesta Imperii Online, URI: http://www.regesta-imperii.de/id/0845-01-13_1_0_1_1_0_3101_1380a (Abgerufen am 27. Februar 2019).
↑ Annales Fuldenses ad 846: … circa medium mensem Augustum cum exercitu ad Sclavos Margenses defectionem molientes profectus est. Ubi ordinatis et iuxta libitum suum conpositis rebus ducem eis constituit Rastizen nepotem Moimari; inde per Boemanos cum magna difficultate et grandi damno exercitus sui reversus est.
↑ Widukind II, 20.
↑ Dietmar Salewsky: "Otto der Große, Magdeburg und Europa". (Katalog der 27. Ausstellung des Europarates und Landesausstellung Sachsen-Anhalt). Band 1: Essays. Verlag: von Zabern, Mainz 2001, ISBN 3-8053-2616-5, S. 53–64, hier S. 57–59.
↑ Gertraud Eva Schrage: "Zur Siedlungspolitik der Ottonen. Untersuchungen zur Integration der Gebiete östlich der Saale im 10. Jahrhundert." In: "Blätter für deutsche Landesgeschichte." Bd. 135, 1999, S. 189–268, hier S. 203 f.
↑ Gertraud Eva Schrage: "Zur Siedlungspolitik der Ottonen. Untersuchungen zur Integration der Gebiete östlich der Saale im 10. Jahrhundert." In: "Blätter für deutsche Landesgeschichte." Bd. 135, 1999, S. 189–268, hier S. 218, hebt hervor, dass kein Eigengut übertragen wurde und widerlegt damit ältere Auffassungen.
↑ In DO I, 64 an Christian, in DO I, 65 an Gero und in DO I, 69 an Folcmar und Richbert.
↑ Hagen Keller: "Das „Erbe“ Ottos des Großen. Das ottonische Reich nach der Erweiterung zum Imperium." In: "Frühmittelalterliche Studien". Bd. 41, 2007, S. 43–74, hier S. 55, doi:10.1515/9783110192407.43; Christian Lübke: "Zwischen Polen und dem Reich. Elbslawen und Gentilreligion". In: Michael Borgolte (Hrsg.): "Polen und Deutschland vor 1000 Jahren. Die Berliner Tagung über den „Akt von Gnesen“" (= "Europa im Mittelalter". Bd. 5). Akademie-Verlag, Berlin 2002, ISBN 3-05-003749-0, S. 91–110, hier S. 99. ↑ Widukind III, 67.
↑ DO I, 231; dazu Gertraud Eva Schrage: "Zur Siedlungspolitik der Ottonen. Untersuchungen zur Integration der Gebiete östlich der Saale im 10. Jahrhundert." In: "Blätter für deutsche Landesgeschichte." Bd. 135, 1999, S. 189–268, hier S. 206, Anmerkung 116, (Digitalisat).
↑ Widukind III, 67.
↑ Stanislaw Rosik: "Die Christianisierung der slawischen Stämme auf dem heutigen Gebiet der Lausitz." in: Heinz-Dieter Heimann, Klaus Neitmann, Uwe Tresp (Hrsg.): "Die Nieder- und Oberlausitz – Konturen einer Integrationslandschaft", Bd. I: Mittelalter. (= "Studien zur brandenburgischen und vergleichenden Landesgeschichte") Verlag: Lukas, Berlin 2013 S. 57–62 hier S. 57 unter Berufung auf Thietmar II, 14, der die Milzener neben den Lusizi und den Selpuli jedoch nicht erwähnt. Früher bereits Otto von Heinemann: "Markgraf Gero. Eine historische Monographie." Schwetschke und Sohn, Braunschweig 1860, S. 45.
↑ Gertraud Eva Schrage: Zur Siedlungspolitik der Ottonen. Untersuchungen zur Integration der Gebiete östlich der Saale im 10. Jahrhundert. In: Blätter für deutsche Landesgeschichte. Bd. 135, 1999, S. 189–268, S. 204 mit dem Hinweis, "dass aus der Zeit von 929 bis 968 überhaupt keine Nachrichten über Meißen vorliegen."
Weblinks
Artikel zum Gau Nisan in der deutschsprachigen Wikipedia
Thietmars Ersterwähnung von Nisani
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