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Zahlen und Funktionen/Analogie/Sichtweise/Textabschnitt

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Zwischen den ganzen Zahlen einerseits und den Polynomringen über einem Körper andererseits bestehen folgende Analogien, die wir hier schon mal festhalten und die wir im Laufe des Kurses vertiefen werden. Dabei haben diese Phänomene im funktionentheoretischen Kontext eine zumeist naheliegende Bedeutung, während sie im zahlentheoretischen Kontext erst erschlossen werden müssen. Dieser Prozess erlaubt es, eine geometrische Sprache in die Zahlentheorie einzuführen, die zu Beginn etwas gewöhnungsbedürftig ist, aber bald eine gute intuitive Unterstützung für das Verständnis der Zahlentheorie gibt. Wir erwähnen die folgenden Punkte, die wir hier nur kurz funktionentheoretisch erläutern. Mit der passenden Begrifflichkeit werden aus Analogien dann gemeinsame Konzepte.

Analogien

  1. Man kann die gleichen algebraischen Konzepte anwenden.
  2. Hauptidealbereich.
  3. Punktkonzept. Restekörper.
  4. Funktion. Nullstelle.
  5. Rationale Funktionen. Polstelle.
  6. Quotientenkörper.
  7. Bilder und Urbilder.
  8. Lokale und globale Eigenschaften.
  9. Erweiterungen der Quotientenkörper. Ganzheit.
  10. Gruppenoperation.
  11. Zerlegung.
  12. Verzweigung.
  13. Singularitäten.
  14. Projektiver Abschluss.

Unterschiede

  1. Nichtidentische Ringhomomorphismen von in sich.
  2. Endlichkeit der Restekörper bei . Dies gilt auch, wenn ein endlicher Körper ist. Diese „Enge“ erzwingt häufig zusätzliche Gesetzmäßigkeiten.
  3. Analytische Methoden bei oder .
  4. Topologische Methoden bei oder .

Einige Kommentare

Ein Polynom hat an jedem Punkt einen Wert, eine besondere Rolle spielen die Nullstellen. Die Nullstellen können, wie bei , eine größere Vielfachheit haben, und dies ist dann der Fall, wenn auch noch die Ableitung eine Nullstelle an dieser Stelle besitzt. Es gibt stets, außer beim Nullpolynom, nur endlich viele Nullstellen. Auch sonst wird jeder Wert, außer bei konstanten Polynomen, nur endlich oft angenommen. Über den komplexen Zahlen ist jedes nichtkonstante Polynom surjektiv.

Die rationale Funktion besitzt an der Stelle einen Pol.

Aus Polynomen kann man durch Division auch rationale Funktionen bilden, beispielsweise , diese sind nicht überall definiert und haben an endlich vielen Stellen, nämlich den Nullstellen des Nenners, Pole. Die Menge der rationalen Funktionen bildet wie die Menge der rationalen Zahlen einen Körper.

So wie man endliche Erweiterungen

betrachten kann, kann man auch Erweiterungen wie

betrachten, dabei wird beispielsweise einem Polynom, hier , eine algebraische Quadratwurzel verpasst. Es wird also eine algebraische Funktion adjungiert. Eine Besonderheit tritt auf, wenn man aus der Variablen selbst die Quadratwurzel zieht. Dann ist nämlich

da man ja als Polynom in ausdrücken kann. In diesem Fall ist also der algebraisch definierte Erweiterungsring selbst wieder isomorph zum Polynomring selbst! Jedes Polynom in einer Variablen kann man in diesem Sinne als Ringerweiterung

interpretieren. Das Polynom definiert in diesem Sinne einen Ringhomomorphismus von nach . Ferner ist die Menge

der Graph des Polynoms . Die Abbildung

kann man darin auch so auffassen, dass zuerst eine Bijektion zwischen und dem Graphen gemacht wird und dann der Graph auf die vertikale Achse projiziert wird. Bei dieser Interpretation sieht man besonders schön, welche Punkte auf einen bestimmten Punkt abgebildet werden, nämlich die Schnittpunkte des Graphen mit der durch verlaufenden horizontalen Geraden. Es ist im Hinblick auf die zahlentheoretische Interpretation üblich, das Bild an der Hauptdiagonalen zu spiegeln, dass der Graph oberhalb der Zielgeraden liegt und die Punkte quasi herunterfallen. Das Urbild von besteht bei dieser Veranschaulichung aus den Punkten, die oberhalb von liegen, und man interessiert sich insbesondere dafür, wie diese Fasern mit variieren. Bei einfachen Beispielen wie fällt direkt ein regelmäßiges Zerlegungsverhalten der Fasern auf. Für reelles besteht bei positiv die Faser aus , bei nur aus dem Nullpunkt und bei negativ ist die Faser leer. Im Komplexen besteht die Faser für stets aus zwei Punkten. Die Einzigkeit der über der wird in einem gewissen Sinne dadurch „aufgefangen“, dass dort auch die Ableitung gleich ist, dort fallen die beiden Urbilder zusammen, es liegt „Verzweigung“ vor.

Ein vergleichbares Verhalten zeigt sich bei der Ringerweiterung

wenn man betrachtet, was dort mit den Primzahlen passiert. Für eine Primzahl mit dem Rest modulo gibt es dort eine Faktorzerlegung

in zwei neue Primelemente, eine Primzahl mit dem Rest modulo bleibt eine Primzahl, wobei der Restklassenkörper aber viele Elemente besitzt, und für gilt

was dem Verzweigungsverhalten entspricht.

Ein weiteres Phänomen tritt auf, wenn man Erweiterungen der Form

betrachtet, die zugehörige Kurve

besitzt eine Singularität im Punkt , was bei dem Graphen eines Polynoms nicht vorkommen kann. Zahlentheoretisch treten bei Erweiterungen wie , also der Adjunktion von , ähnliche Phänomene auf.