Bisher beschränkten wir uns auf ein abzählbares (Vermeidung technischer Schwierigkeiten). Es gibt jedoch Zufallsexperimente, für welche ein überabzählbares angemessen ist.
1. Messung einer physikalischen Größe mit einer großen Genauigkeit. ()
2. Exakter Zeitpunkt des Eintretens eines Erdbebenstoßes oder eines Telefonanrufs. ()
3. Idealisiertes "stetiges" Roulette. () - Winkel statt diskrete Anzahl an Kreissektoren
4. Pseudo-Zufallszahlen. ()
In Beispiel 4. verlangen wir intuitiv von einer Wahrscheinlichkeitsverteilung auf : , insbesondere
- (*) .
Das mathematische Problem besteht nun darin, dass es keine Abbildung gibt, die normiert und -additiv ist und (*) erfüllt (Maßproblem).
Ausweg aus diesem Dilemma - Maßproblem
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Statt auf ganz das Maß zu definieren, schränkt man auf einem Teilsystem der Potenzmenge von , die dann nur bestimmte Teilmengen enthält. Das Teilsystem . soll dann aber so beschaffen sein, dass die üblichen Mengenoperationen nicht aus herausführen.
Wenn man das Maß von Teilmengen aus der Potenzmenge von kennt, möchte man auch von Vereinigungen, Schnitten und Komplemente der Mengen die Maß angeben können. Damit dies überhaupt machtbar ist, müssen diese Mengenoperationen wieder Elemente aus dem Definitionsbereich des Maßes liefern. Aus diesen Anforderungen ergibt sich die Definition der -Algebra.
Ist eine beliebige, nichtleere Menge, so heißt ein Mengensystem eine -Algebra über , wenn gilt
a)
b)
c)
1. Es ist
2.
3. In c) bzw 2. können wir auch bzw. einsetzen. Setze bzw. .
4. ist eine -Algebra ('größte'), ist eine -Algebra ('kleinste').
5. Ist ein vorgegebenes Mengensystem, so existiert unter den -Algebraen, die umfassen, eine kleinste -Algebra (!). Wir nennen sie die von erzeugte -Algebra . heißt dann Erzeugendensystem von .
6. Ein Paar , -Algebra über , heißt messbarer Raum.
Ein Triplet heißt (allgemeiner) Wahrscheinlichkeitsraum, falls
a) nichtleere Menge
b) -Algebra über
c) mit
- (i)
- (ii) für paarweise disjunkte
1. heißt Wahrscheinlichkeitsverteilung auf . Auch die übrigen Bezeichnungen vom Beginn der Vorlesung sind weiterhin gültig, wenn man durch die -Algebra ersetzt ( statt (oder )).
2. Der diskrete Wahrscheinlichkeitsraum ergibt sich als Spezialfall der Definition: abzählbar, .
Konstruktion der Borelschen -Algebra über . Das Mengensystem bestehe aus allen k-dimensionalen Intervallen. Für (d.h. und sind zugelassen) mit (d.h. für ) definiert man das k-dimensionale Intervall , für .
Man führt das Mengensystem ein (beachte ).
Sei die kleinste -Algebra, die alle -dimensionalen Intervalle auf enthält. heißt -Algebra der Borelschen Mengen oder kurz Borelsche -Algebra.
Satz aus der Topologie/Maßtheorie:
a) Die -Algebra der Borelschen Mengen enthält alle offenen und alle abgeschlossenen Mengen des .
b) Es gibt nicht-Borelsche Mengen des .
c) wir auch erzeugt von jedem der drei folgenden Mengensystemen:
- das System der offenen Intervalle des .
- das System der abgeschlossenen Intervalle des .
- das System der links abgeschlossenen und rechts offenen Mengen des .
Zur Festlegung einer Wahrscheinlichkeitsverteilung auf braucht man nicht alle auf allen Intervallen. Es gilt nämlich folgender Satz.
Sei eine Abbildung, so dass gilt:
i)
ii) für paarweise disjunkte mit
Dann existiert genau eine Wahrscheinlichkeitsverteilung auf , so dass (d.h. für alle ). ( heißt Fortsetzung von auf ganz .)
Öfter ist nun eine Teilmenge von als Ergebnisraum von Interesse (z.B.: ). Dann werden alls Größen auf eingeschränkt: statt ; statt ('Borelsche Mengen in '); statt ('Restriktion von auf '). bilden einen Wahrscheinlichkeitsraum.
.
Durch wird auf eine Abbildung in definiert, welche die Eigenschaften i) und ii) des Fortsetzungssatzes erfüllt.
legt eine Wahrscheinlichkeitsverteilung auf fest ('Gleichverteilung auf ').
Zeitpunkt des Auftretens eines Ereignisses ; durch ( fest) wird eine Wahrscheinlichkeitsverteilung auf festgelegt ('Exponentialverteilung mit Paramter ').
Zukünftig schreiben wir statt ebenfalls .
Die Unabhängigkeit von Ereignissen in einem Wahrscheinlichkeitsraum definiert man wie bereits geschehen durch die Eigenschaft: für alle . Sind Wahrscheinlichkeitsverteilungene auf , so heißt die Wahrscheinlichkeitsverteilung auf Produkt der , kurz , falls für alle .
Der Begriff des Produktes von (allgemeinen) Wahrscheinlichkeitsräumen , verlangt den Begriff der Produkt--Algebra . Wir beschränken uns auf den Spezialfall , für den wir diesen Begriff nicht benötigen.
(Elementare) bedingte Wahrscheinlichkeit
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Der Begriff , falls , der (elementaren) bedingten Wahrscheinlichkeit, und die Formel von der totalen Wahrscheinlichkeit, Bayessche Formel, Produkt gelten auf die Wahrscheinlichkeitsräume , falls alle auftretenden Ereignisse aus genommen werden. Der allgemeine Begriff der bedingten Wahrscheinlichkeitsverteilung und des bedingten Erwartungswertes werden hier nicht gebraucht.
Zunächst Beschränkung auf den Wahrscheinlichkeitsraum . Zur Festlegung von Wahrscheinlichkeitsverteilungen auf (bzw. auf ) reicht es aus, wegen und , alleine die Funktion zu betrachten.
(kumulative) Verteilungsfunktion (Definition)
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Sei eine Wahrscheinlichkeitsverteilung auf . Dann heißt die Funktion , (kumulative) Verteilungsfunktion von .
(Im Folgenden sei , (falls existiert).)
Sei , Verteilungsfunktion von . Dann gilt:
i) ist (nicht notwendig streng) monoton wachsend, .
ii) ("rechtsseitig stetig")
iii)
iv)
i) Monotonieeigenschaft von .
ii) Sei . Zerlege . Dann ist
da die Reihe konvergiert.
iii) Sei . Zerlege . Dann ist
-
iv) Analog zu ii) und iii).
Die Limiten in ii), iii), iv) existieren wegen i).
Im Folgenden bezeichne für eines der Intervalle . Wobei im Fall nur und im Fall nur zugelassen wird.
Sei Verteilungsfunktion von .
- , inbesondere .
- , inbesondere .
- .
- .
1. Falls bei stetig und auf dem Intervall konstant ist, so ist .
2. Zusammen mit dem Fortsetzungssatz folgt, dass durch Vorgabe einer Verteilungsfunktion (d.i. eine Funktion , mit den Eigenschaften i), ii), iv)) eindeutig festgelegt wird, wenn man setzt .
Im Fall der Exponentialverteilung aus dem Beispiel 1.5.3, bei der
ist, stellt man fest, dass bzw. , mit .
Wahrscheinlichkeitsdichte (Definition)
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Sei , Verteilungsfunktion von . Existiert dann eine messbare Funktion mit für alle , so heißt , Wahrscheinlichkeitsdichte oder kurz Dichte von .
1. Das Integral lässt sich als uneigentliches Riemann-Integral oder als Lebesgue-Integral auffassen. Der Begriff 'messbar' wird später erläutert.
2. Ist die stetige Verteilungsfunktion auf ( leer oder endlich) stetig differenzierbar, so besitzt die Dichte , ( auf beliebig festgelegt).
3. Besitzt eine Dichte, so ist stetig (d.h. ) und die Formeln für liefert für alle vier Intervalltypen die Formel .
Besitzt eine Wahrscheinlichkeitsverteilung auf eine Dichte , so gilt:
Insbesondere gilt:
Folgt direkt aus Bemerkung 3.
1. Wir können also eine Dichte durch die Eigenschaft , integrierbar mit festlegen.
2. Durch Vorgabe einer Dichte ist eine Wahrscheinlichkeitsverteilung auf eindeutig festgelegt.
3. Der Begriff der Dichte spielt im Fall die gleiche Rolle wie der Begriff der Wahrscheinlichkeitsfunktion im Falle eines abzählbaren (nur: eine Dichte braucht nicht notwendigerweise zu existieren!).
Gleichverteilung auf dem Intervall .
Dichte:
Verteilungsfunktion:
Exponentialverteilung mit dem Parameter :
Dichte:
Verteilungsfunktion:
Verwendung:
- Wartezeit (bis zum Eintreten eines Ereignisses).
Diskrete Verteilung auf (oder ) mit vorgegebener Wahrscheinlichkeitsfunktion . Setze für
-
bildet ein Wahrscheinlichkeitsmaß auf , mit der Verteilungsfunktion:
Es existiert jedoch keine Dichte!
Normalverteilung mit Parametern und :
Dichte:
Verteilungsfunktion:
Abkürzung:
Verwendung: Symmetrisch um einen 'wahren' Wert streuende Messgröße.
Spezialfall: 'Standard-Normalverteilung', man schreibt .
(Substitutionsregel)
Aus dieser Beziehung folgt:
so dass eine Dichte ist.
Das Konzept der Dichte lässt sich auch im Fall verwirklichen. Eine Dichte im ist eine nicht negative (aber messbare) Funktion mit (Integrierbarkeit vorausgesetzt):
Für ein definiert man
Wir benötigen den folgenden Satz der Integrationstheorie.
Ist eine integrierbare Funktion auf dem , so wird durch eine -additive Abbildung von in definiert. D.h. für paarweise disjunkte gilt:
Über den Satz der monotonen Konvergenz.
Sei eine Dichte und ein -dimensionales Intervall .
a) Setzt man
- (*)
so wird eine Wahrscheinlichkeitsverteilung auf eindeutig festgelegt. (Anstelle von lässt sich auch jeder andere Intervalltyp einsetzen.)
b) Für die Wahrscheinlichkeitsverteilung aus a) gilt, allgemeiner als (*):
a) Durch (*) wird eine Abbildung definiert, die wegen normiert ist und aufgrund des vorangegangenen Satzes -additiv auf ist. Nach dem Fortsetzungssatz hat sie eine eindeutige Fortsetzung auf .
b) Folgt dann aus dem vorangegangenen Satz und der Eindeutigkeitsaussage von a).
-dimensionale Normalenverteilung mit Paramter und (symmetrische -Matrix, positiv definit), kurz -Verteilung.
Dichte:
- mit
Abkürzung:
(-dimensionale Standard-Normalenverteilung).
Im Fall und (-dimensionale Einheitsmatrix) reduziert sich die Gleichung der Dichte aus dem obigen Beispiel auf
- mit .
hat die Normierungseigenschaft.
Zu Beginn der Vorlesung hatten wir jede Abbildung: als Zufallsgröße bezeichnet: . Jetzt müssen wir sicherstellen, dass die Urbilder auch Element von sind.
a) Sind messbare Räume, so heißt eine Abbildung Zufallsgröße (auf , mit Werten in ), falls
b) Ist Zufallsgröße und eine Wahrscheinlichkeitsverteilung auf , so heißt mit
Verteilung von .
1. Man zeige genau wie zu Beginn der Vorlesung, dass eine Wahrscheinlichkeitsverteilung auf ist.
2. In der Maßtheorie nennt man eine Abbildung mit der Eigenschaft a) messbar bezüglich . (Eine messbare Funktion ist also messbar bezüglich .)
3. Im Fall spricht man von einem -dimensionalen Zufallsvektor, im Fall von einer Zufallsvariablen.
4. Es gibt nichtmessbare Funktionen . Ist nämlich nicht borelsch, so ist nicht messbar.
Seien messbare Räume, sei Erzeugendensystem von (d.h. ). Die Abbildung ist genau dann Zufallsgröße, wenn
.
Aus 1) folgt 3) (trivial). Sei nun 3) erfüllt. Setze
- ,
man zeigt, dass eine -Algebra ist. Aus folgt
Sei ein messbarer Raum, ist Zufallsvariable genau dann, wenn
(äquivalent: statt )
Insbesondere ist jede stetige (stückweise stetige) Abbildung Zufallsvariable auf .
Setze . Man zeigt, dass , so dass der vorangegangene Satz anwendbar ist. Für ein stetiges ist offene Menge, ist in , also aus .
Sei eine Abbildung: , und messbarer Raum. Dann ist ein Zufallsvektor genau dann, wenn jedes eine Zufallsvariable ist ().
Es gilt:
mit an der -ten Stelle, woraus die Behauptung folgt.
Sind messbare Räume und Zufallsgrößen, so ist auch eine Zufallsgröße (Beweis klar).
Die eingeführte Notaion " ist eine Verteilungsfunktion von " und " ist Dichte von " wird durch die Verteilung von angewandt:
Man sagt dann " ist Verteilungsfunktion von "(d.h. für eine Zufallsvariable von ) und ist Dichte von (aber hat Dichte ).
Ist die Zufallsvariable eine Wartezeit und eine Exponentialverteilung (mit ), so hat die
Verteilungsfunktion:
bzw. die Dichte:
Hat der Zufallsvektor die Dichte , so gilt für ein -dimensionales Intervall :
Hat die Dichte , so hat die Komponente die Randdichte
- .
Der folgende Satz gibt die Dichte von an, wenn die Dichte von gegeben ist.
Der -dimensionale Zufallsvektor besitzt die Dichte , wobei für eine offene Menge gilt: für . Sei eine bijektive Abbildung mit stetig differenzierbar.
Dann hat der -dimensionale Zufallsvektor eine Dichte und es gilt
wobei die Funktionsmatrix von ist.
Zur Festlegung der Verteilung (und damit der Dichte) von genügt es, alleine auf festzulegen. Sind nämlich und mit , so gilt .
In der Tat, sei , dann
die zweite Gleichheit gilt wegen
da für .
Sei offen, dann gilt wegen der zweiten Gleichheit ():
wobei wir den Transformationssatz für Integrale angewandt haben. Speziell gilt für offenes :
d.h. ist Dichte von .
Besitzt der -dimensionale Zufallsvektor die Dichte , so lautet die Dichte von , (A invertierbare -Matrix, )
- ist auf bijektiv, mit und
-dimensionale Normalenverteilung.
1. Ist -verteilt (d.h. ), so besitzt ( invertierbare -Matrix, ) die Dichte
mit . (Dann ist , symmetrisch, positiv definit, ). ist also -verteilt.
2. Ist umgekehrt -verteilt ( symmetrisch, positiv definit), so ist -verteilt. Dabei ist eine intvertierbare -Matrix mit ( aus 1.).
Für symmetrische, positiv definite existieren verschiedene "Wurzeln" von mit (+) (oben mit ):
1. symmetrische Wurzel, symmetrisch, positiv definit
2. Cholesky Wurzel, obere Dreiecksmatrix
In jedem Fall ist und (+).
a) Die auf definierten Zufallsvariablen heißen unabhängig, falls für alle gilt:
b) Abzählbar viele Zufallsvariablen heißen unabhängig, wenn je endlich viele unabhängig sind.
Die auf definierten Zufallsvariablen sind unabhängig genau dann, wenn
- Es gelte :
Seien , dann gilt:
- Es gelte unabhängig:
Da die -Algebra von dem System der Intervalle erzeugt werden, genügt es, statt a) der Definition für alle zu finden:
Auch Intervalltypen können anstelle von (] verwendet werden.
Die Zufallsvariablen mögen die Dichten besitzen.
Dann gilt:
- unabhängig
- hat Dichte
"" Sind unabhängig, dann folgt:
- hat Dichte .
"" Analog.
ist -verteilt genau dann, wenn die unabhängig und -verteilt sind.
Sind unabhängig mit den Dichten so hat gemäß des Satzes die Dichte
mit . Umgekehrt folgt: hat die Dichte
Man stellt fest, durch Integration über die Komponenten , dass die Dichte von sein muss, so dass die Unabhängigkeit und -Verteilung der folgt.
Für unabhängige gilt:
Sind unabhängige Zufallsvariabeln mit Dichten , dann besitzt die Zufallsvariable die Dichte
Für die Verteilungsfunktion weisen wir nach. Es ist
mit der Dichte
Sind unabhängige Zufallsvariablen, so heißt die Wahrscheinlichkeitsverteilung
Faltung von (mit "" ist Faltungssymbol).
Unabhängige Wartezeiten (Beispiel) (1)
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Sei die Wartezeit zwischen dem -ten und -ten Ereignis. Die Zufallsvariable stellt die Wartezeit des -ten Ereignisses dar. Unter den Voraussetzungen
1. Die Zufallsvariablen sind unabhängig
2. Jedes ist exponentialverteilt mit dem Paramter ("-verteilt")
wollen wir die Dichte der Zufallsvariable berechnen. Es gilt:
- ( falls )
Unabhängige Wartezeiten (Beispiel) (2)
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Die Wahrscheinlichkeitsverteilung mit der Dichte heißt Gammaverteilung mit Parametern und , kurz ( heißt dann -verteilt).
- (n-mal gefaltet)
Zerlegt man einen Satz von Zufallsvariablen in disjunkte Gruppen und setzt auf die Gruppen Funktionen an, so erhalten wir unabhängige Zufallsvariablen.
seien unabhängige Zufallsvariablen, für sei eine Zerlegung der Indexmenge und Zufallsvariable auf , , . Bezeichnet den -dimensionalen Zufallsvektor , dann sind
unabhängige Zufallsvariablen.
Ohne Einschränkung sei
Zunächst zeigen wir, dass die Zufallsvektoren unabhängig sind, im Sinne von
- (*)
für alle .
Für die speziellen der Form gilt wegen :
Nach dem Fortsetzungssatz gilt dann (*) auch für alle .
Nun wird die Unabhängigkeit der gezeigt. Es gilt:
Wir führen den Begriff des Erwartungswert einer Zufallsvariable ein, indem wir uns a den entsprechenden Begriff für den diskreten Fall durch eine Approximation von (durch eine Folge diskreter Zufallsvariablen ) anhängen.
Für eine beliebige Zufallsvariable auf definiert man jedes die Zufallsvariable (-te Approximierte):
- d.h.
Es ist , so dass eine Zufallsvariable ist, und zwar mit höchstens abzählbar vielen Werten (). Gemäß der Definition für den Erwartungswert diskreter Zufallsvariablen setzen wir für die diskrete Zufallsvariable :
(mit ), sofern
a) , insbesondere
b) , denn und a)
c) , aus b) und Eigenschaften von
d) Existiert für , so existiert auch für alle , denn
e) Existiert für (mindestens) ein , so bildet eine Cauchyfolge, denn
Falls für (mindestens) ein der Erwartungswert der -ten Approximation für existiert, so setzt man (Existenz nach e) gesichert) und sagt: existiert oder besitzt einen Erwartungswert. Man schreibt auch: .
Dieses "-Integral von " ist von Typ "Lebesgue-Stieltjes" (Intervalleinteilung auf der -Achse), im Unterschied zum Riemann-Integral (Einteilung auf der -Achse).
a) existiert genau dann, wenn existiert (d.h. ).
b) Ist abzählbar, so ist , falls die Reihe absolut kovergiert.
a) Mehrfache Anwendung der Eigenschaften von a) liefert und , woraus a) folgt.
b) Setze . Wegen ist
- (*)
Falls die Reihe absolut konvergiert, so wegen (ähnliche Abschätzung wie (*)) auch die Reihe , so dass in (*) die Behauptung liefert.
Im speziellen Fall, dass eine Dichte besitzt, berechnet sich wie folgt.
Besitzt die Zufallsvariable eine Dichte , so ist
sofern
Wegen ist:
- (*)
(Ähnliche Überlegung zur absoluten Konvergenz in (*) liefert die Behauptung.
Allgemeiner gilt der folgende Satz (-dimensionaler Zufallsvektor , Komposition ).
Besitzt ein -dimensionaler Zufallsvektor die Dichte , und ist eine (messbare) Funktion von , gilt:
sofern
Gemäß dem Satz über Verkettung von Zufallsvariablen ist eine Zufallsvariable. Ähnlich wie oben gilt:
Wie bei diskreten Zufallsvariablen haben wir auch hier die Monotonie und die Linearität des Erwartungswertes.
Sind und Zufallsvariablen mit Erwartungswerten und , so gilt:
a) existiert und für alle
b) , falls .
c)
Folgt aus den entsprechenden Eigenschaften für diskrete Zufallsvariablen. Für die Existenz des Erwartungswertes ist das sogenannte Majorantenkriterium nützlich.
Sind Zufallsvariablen mit und existiert (d.h. ), so existiert auch (und es ist nach b)).
Für die approximierten Zufallsvariablen und gilt und deshalb:
(Letzteres für nach Voraussetzung). Also existiert auch und - nach den Eigenschaften von , a) - auch .
Existieren für unabhängige Zufallsvariablen und die Erwartungswerte und , so existiert auch der Erwartungswert für und es gilt
Man kann die Approximation in der Form schreiben, mit einer geeigneten messbaren Funktion . Somit sind dann auch unabhängige Zufallsvariablen und hat einen Erwartungswert und es gilt
Wir haben die Ungleichung
- existiert, also auch
- so dass (*) die Behauptung liefert.
Für das nun folgende ('höhere Momente') wird wiederholt folgende Ungleichung benutzt:
für alle , mit .
Diese Ungleichung folgt aus der Jensenschen Ungleichung in der Form ():
(im Beweis ist .)
Sei ein Wahrscheinlichkeitsraum.
a) Für bezeichnet die Menge aller Zufallsvariablen auf mit . Für heißt das absolute -te Moment ( das -te).
b) Für führt man noch ein: das -te zentrierte Moment und das absolute -te zentrierte Moment .
c) Speziell für heißt Varianz von und Standardabweichung von . Wie bereits bei diskreten Zufallsvariablen gilt auch hier und .
Ferner gilt:
- genau dann, wenn (', fast überall').
- genau dann, wenn (', fast überall')
gleichverteilt auf , . Dann ist gleichverteilt auf und
also .
exponentialverteilt mit Parameter
Normalverteilung
Ist -verteilt, dann ist -verteilt. Es gilt:
wegen und wegen
Ferner:
Es folgt für : ,
Die -Verteilung kann also als Normalenverteilung mit Erwartungswert und Varianz charakterisiert werden.
Den Anschluss an die Lineare Algebra/Funktionalanalysis liefert der folgende Satz.
Seien und vorgegeben.
a) ist ein linearer Raum.
b) für alle . D.h. aus für ein folgt für , insbesondere ist .
a) Majorantenkriterium und die Ungleichung des letzten Satzes liefern für :
b) Sei . Dann gilt für wegen auch .
Wichtig sind die folgenden stochastischen Ungleichungen.
Markov-Ungleichung:
Ist für ein , so gilt für jedes :
Tschebyschoff-Ungleichung:
Insbesondere für :
Wiederholte Anwendung der Monotonieeigenschaften von :
setzt man in die Markov-Ungleichung speziell statt ein, sowie , so erhält man die Tschebyschoff-Ungleichung.
Für Zufallsvariablen gilt und . Das '='-Zeichen gilt genau dann, wenn , fast überall für .
Im linearen Raum können wir ein 'Fast-Skalarprodukt' einführen:
Für setze . ist dann eine bilineare, symmetrische, positiv semidefinite ( ) Form. Aus folgt aber nur fast überall (und nicht ) .
Sind , dann heißen
a) die Kovarianz von und .
b) unkorreliert, falls .
c) Korrelation (oder Korrelationskoeffizient) von und , sofern .
Die Folgerungen für diskrete Zufallsvariablen bezüglich der Kovarianz gelten weiterhin sowie die Eigenschaften von der Varianz und der Kovarianz. Im Hinblick auf die obige Bemerkung gilt: unkorreliert, falls (bezüglich ).
Momente der -dimensionalen Normalverteilung.
Ist -verteilt, symmetrische, positiv definite -Matrix.
Behauptung:
Die Parameter der -Verteilung bilden also den Erwartungswert-Vektor bzw. die Matrix der Kovarianz (Cov-Matrix) des -verteilten Zufallvektors .
Für diskrete Zufallsvariablen mit Werten erwies sich die erzeugende Funktion
- als nützlich, und zwar bei der Berechnung von Momenten, Faltungen und Grenzverteilungen.
Eine vergleichbare Funktion hat die charakteristische Funktion in der allgemeinen Wahrscheinlichkeitstheorie, in der eine beliebige Zufallsvariable ist. Anstelle des Erwartungswertes (der nicht notwendigerweise existiert) bildet man den Erwartungswert der komplexwertigen Variablen "".
Für eine komplexe Zahl setze man . Es ist mit . Es gilt .
Sei ein Wahrscheinlichkeitsraum.
a) Sind Zufallsvariablen auf , () so bildet eine komplexwertige Zufallsgröße auf , ().
b) Existieren , so heißt die komplexe Zahl Erwartungswert von .
a) Sind komplexe Zufallsgrößen und existieren , so gilt:
b) .
Charakteristische Funktion (Definition)
[Bearbeiten]
Sei eine Zufallsvariable auf , so heißt die komplexwertige Funktion :
charakteristische Funktion von .
- Aus folgt wegen , die Existenz von und , also von .
- Beispiele für charakteristische Funktionen:
- Keine charakteristischen Funktionen sind:
- Wegen gilt , .
- ist gleichmäßig stetig. (ohne Beweis)
- Ist eine Zufallsvariable mit Werten in , so ist
(vgl. mit ) Also (!) lautet die charakteristische Gleichung von :
- -verteilt:
- -verteilt:
exponentialverteilt mit Paramter :
sei -verteilt:
sei -verteilt
-verteilt.
Seien Zufallsvariablen. Dann gilt:
Sind unabhängige Zufallsvariablen, so gilt .
Für den obigen Beweis wurde der folgende Hilfssatz genutzt.
Seien unabhängige Zufallsvariablen, , komplexwertige Funktionen, so gilt, falls existieren:
Es gilt .
Sei -verteilt und -verteilt, mit unabhängig.
Für die Zufallsvariable existieren für ein . Dann ist die charakteristische Funktion -mal stetig differenzierbar mit
(für gerade gilt auch die Umkehrung).