Amerikanische Kulturanthropologie
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Historischer Hintergrund
[Bearbeiten]Hauptthesen
[Bearbeiten]Kulturrelativismus
[Bearbeiten]Franz Boas ist der Begründer der amerikanischen cultural anthropology. Sein im Folgenden kurz dargestelltes Konzept des Kulturrelativismus ist prägend für die späteren Arbeiten seiner Schüler.
- Abgrenzung zum universalistischen Evolutionismus und zum globalen Diffusionismus
- Boas verfolgt durchaus diffusionistische Ansätze (er pocht dabei aber nicht auf deren universelle Gültigkeit, noch versucht er sie global anzuwenden)
- Er ist beeinflusst vom Deutschen Historismus, dessen Ideen er nach Amerika importiert.
- Er übernimmt die Idee der Kulturkreise und untersucht diese in Nordamerika.
- Der Überlagerung und Mischung von Kulturen wird von Boas große Bedeutung zugemessen.
- Boas verfolgt durchaus diffusionistische Ansätze (er pocht dabei aber nicht auf deren universelle Gültigkeit, noch versucht er sie global anzuwenden)
- Ablehnung der Idee einer Universalgeschichte
- Historischer Partikularismus: Jede Kultur hat ihre eigene Geschichte
- Multikausalität historischer Entwicklungen
- Jeder historische Augenblick ist unvergleichbar mit jedem anderen historischen Augenblick, jede historische Erscheinung ist einzigartig
- Historischer Empirismus
- Starke Betonung empirischer Forschung in Abgrenzung zu den stark spekulativen Ideen vor ihm
- Historischer Partikularismus: Jede Kultur hat ihre eigene Geschichte
- Ablehnung des Ethnozentrismus
- Jede Kultur ist einzigartig und nur aus sich selbst heraus zu verstehen
- Kultur wird als sinnvolles, vom Genius eine Volkes geschaffenes Ganzes betrachtet
- Diese Idee verrät die Nähe zum „Volksgeist-Gedanken“ Herders
- Ablehnung eines biologischen Determinismus
- Kultur und Sprache sind nicht biologisch begründet
- Beweist durch jahrelange Messungen an fast 20.000 Schädeln von Einwanderern, dass rassische Schädelmerkmale Fiktion sind
- Kultur wird von jedem Menschen einzeln „gelernt“ (Enkulturation)
- Kultur und Sprache sind nicht biologisch begründet
Methoden
[Bearbeiten]Franz Boas:
- Kultur muss aus sich selbst heraus verstanden werden
- Durchführung monografischer Kultur- und Sprachanalyse in historischer Perspektive, um daraus Schlüsse über die Übereinstimmungen menschlicher Kulturentwicklung zu ziehen
- Geschichtliche Prozesse und Verbreitungen müssten sich aus der ethnografischen Evidenz ergeben
- Für seine Theorie gelten nur empirisch belegte Fakten
- Boas war wie Bastian überzeugt vom Verschwinden der Kulturen und vom Sammeln ethnographischen Materials ("salvage ethnography")
Vertreter
[Bearbeiten]Franz Boas oben dargestellte Theorie wird von seinen Schülern aufgegriffen und erweitert. Man unterteilt Boas Schüler gemeinhin in zwei "Generationen" (je nachdem wo sie bei ihm gelernt haben). Die wichtigsten Arbeitsgebiete und Thesen der bedeutendsten Schüler seien hier in Kürze dargestellt.
Franz Boas Schüler der 1. Generation
[Bearbeiten]Clark Wissler (1870-1947)
- Boas ehemaliger Assistent Clark Wissler überarbeitet das Konzept der Kulturareale
für das indianische Amerika und entwickelt das Konzept der „Kulturkomplexe“.
Melville Herskovits (1895-1963)
- Wendet Kulturareale auf Afrika an
- Promoviert über den "cattle complex" bei den Großviehzüchtern in Südostafrika
Alfred Kroeber (1876-1960)
- Entwickelte das Konzept des Superorganischen (erinnert an Leo Frobenius)
- Hebt den Symbolcharakter menschlicher Kultur hervor: Kultur manifestiert sich in Symbolen (wird später von Clifford Geertz aufgegriffen)
Robert Lowie (1883-1957)
- Interpretiert Bünde, Altersklassen, Kriegergesellschaften als Keimzellen des Staats.
- Erweitert das Boassche Konzept von Kultur indem er Umweltbedingungen und psychologische Aspekte einbezieht.
Paul Radin (1883-1959)
- forscht zur kulturschaffende Rolle des Individuums
- fordert den holistischen Anspruch der Ethnologie aufzugeben
- fordert die Aufgabe der Vorstellung eines "reinen Zustands" der primitiven Gesellschaften vor dem Kontakt mit den Europäern ab
- fordert die strikte Trennung der Aussagen und Vorstellungen des Ethnologen und der seiner Gewährsleute
Edward Sapir (1884-1939)
- entwickelte ein genetisches Modell der Sprache
- er ging von Ursprache aus der sich die sprachliche Vielfalt entwickelte
- Sprache wird zum Schlüssel für Kulturgeschichte
- Sapir-Whorf-Hypothese
Franz Boas Schüler der 2. Generation
[Bearbeiten]Als Schülerinnen der 2. Generation werden diejenigen Schülerinnen bezeichnet, die Franz Boas am Barnard College (ein reines College nur für Frauen) unterrichtete. Boas 1911 erschienenes Buch "The Mind of Primitive Man" regte an, sich mit der Bedeutung von Individuum und Persönlichkeit in Kultur und Gesellschaft zu beschäftigen. Der aus diesen Betrachtungen stammende Gedanke, dass die Kultur die Persönlichkeitsentwicklung bestimmen würde, wurde vor allen Dingen in den culture and personality studies aufgegriffen. Beeinflusst von den bis dato vor allem in Deutschland verbreiteten Methoden der Psychoanalyse und Gestaltenlehre wurden Ruth Benedict (1887-1948)und etwas später Margaret Mead (1901-1978) , beide Schüler von Franz Boas, zu wichtigen Vertretern dieser Denkrichtung.
Bedeutende Werke
[Bearbeiten]- Boas, Franz: "The Mind of Primitive Men" (1911)
- Lowie, Robert Harry: "Primitive Society" (1920)
- Mead, Margaret: "Coming of Age in Samoa" (1928)
- Benedict, Ruth: "Patterns of Culture" (1934)
Kritik
[Bearbeiten]- Der von Boas proklamierte Kulturrelativismus bezieht sich auch auf die Auffassung von Recht, so müssen auch die Menschenrechte aus einer Kultur selbst erwachsen, was diese relativ macht und sie ihrer universellen Anwendbarkeit beraubt.
Bedeutung heute
[Bearbeiten]Wichtige Begriffe
[Bearbeiten]Klausurrelevante Fragen
[Bearbeiten]Was waren die Hauptanliegen des Gründungsvaters der amerikanischen Kulturanthropologie?
- der "Vater" der amerikanischen Kulturanthropologie ist Franz Boas
- er vertritt den Kulturrelativismus, also die These, dass Kulturen nur aus sich selbst heraus erklärbar seien
- sowie den Historischen Partikularismus, also die These, dass jede Kultur einzigartig sei und ihre eigene Geschichte hätte
Welche Ethnologen befassten sich mit Kulturkomplexen?
Sind Kulturkreise und culture areas dasselbe?
- ja (Ricardo)
Nennen sie einige Charakterisitiken des südostafrikanischen "cattle complex".
Mit welchen Themenbereichen befassten sich Boas Schüler erster Generation im Gegensatz zu denen der zweiten Generation?
- Boas bedeutendste Schülerinnen der zweiten Generation waren Ruth Benedict und Margaret Mead
- diese beiden beschäftigten sich hauptsächlich mit "culture and personality studies"
- dabei geht es um Kulturdeterminismus (im Gegensatz zum biologischen Determinismus), also um die These, dass die Kultur die Persönlichkeit beeinflusst
Worum geht es bei der Sapir-Whorf-Hypothese?
Hypothese:
- entwickelt von Edward Sapir und Benjamin Lee Whorf
- exemplifiziert das linguistische Relativitätsprinzip: Sprache beeinflußt Denken und Weltbild (Beispiel: Begriffe für Schnee)
- Basiert auf Gottfried Herder und Wilhelm von Humboldt: individuelle Sprachen bilden einen Genius aus, i.e. das nichtrationalisierte Wesen der Sprache gewährt Einblick in das Leben des menschlichen Geistes (Geschichte, Fortschritt, Evolution)
- Es gibt kein Denken ohne Sprache (Sprache dient nicht dazu, einfach nur Kommunikationsprobleme zu lösen)
- Gesellschaften leben also in verschiedenen Welten: Keine zwei Sprachen sind so ähnlich, dass sie ein gleiches Gefühl für die Welt wiedergeben und als Repräsentanten derselben Wirklichkeit gelten können
Kritik:
- 1. dies ist empirisch nicht zu beweisen, und Sprecher einer Sprache sind in der Lage, verschiedene Konzepte zu entwickeln
- 2. die Hypothese beist sich in den Schwanz: wenn sie stimmt, gilt dies auch für sie selbst, d.h. sie unterliegt selbst der Determiniertheit des Denkens durch die Sprache und ist nicht falsifizierbar.
Verdienst
- zeigt die komplexe Verflechtung und Wechselwirkung von Sprache, Denken und Wirklichkeit auf und daß Sprache einen Einfluß auf das Denken hat, dies ist als schwache Hypothese nicht umstritten
Was versteht man unter dem Begriffspaar emisch und etisch?
- etisch: Blick von außen
- emisch: Blick von innen
- analog zu phonetisch/ phonemisch
Nennen Sie das Hauptwerk von Ruth Benedict, und worum es darin geht (3-4 Sätze)!
- (vermutlich meint Frau Röschenthaler damit) "Patterns of Culture"
- das Buch zeigt anhand von 3 ausgewählten unterschiedlichen Kulturen, die im Kontrast zur amerikanischen Kultur betrachtet werden, die intrinsische Verflochtenheit von Persönlichkeit und Kultur
Weshalb wurde Margaret Meads Buch "Coming of Age in Samoa" kritisiert?
- Restudy (1982) von Derek Freeman gibt ein anderes Bild von den Samoanern als die Beschreibungen Meads
AG Mitglieder
[Bearbeiten]Material
[Bearbeiten]- Basistexte
- Vorlesungsfolien
- Präsentation
- Tutoriumsmaterial
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